Archiv der Kategorie: Gehört

Pausen für kleine Füße

Vor einigen Wochen, am 08. November 2014, war ein besonderer Tag. Genau ein Jahr zuvor begrüßte ich meinen von der Arbeit nach Hause kommenden Ehemann mit einem breiten Grinsen von einem Ohr zum anderen und den Worten „Wir bekommen Füße!“. Lange zuvor hatten wir uns schon gewünscht, dass kleine Babyfüße den Weg in unser gemeinsames Leben finden und unsere kleine Familie vervollständigen mögen. An jenem Datum war der Schwangerschaftstest dann endlich positiv.

Kleine FüsseInzwischen sind diese süßen Füße, mitsamt dem wunderbaren kleinen Minimenschen daran, bei uns eingezogen und machen uns zu tagtäglich glücklichen Eltern. Das wohl Witzigste ist, dass an besagtem Datum unser Sohn genau vier Monate auf der Welt war.

Dass jeder Mensch als Individuum geboren wird, das schärfte uns unsere äußerst kompetente und liebe Hebamme gleich nach der Geburt ein. Rasch habe ich erkannt, wie recht sie mit dieser Aussage hatte. Kein Baby ist wie das andere und es ist extrem wichtig für Eltern, die Bedürfnisse ihres schutzbefohlenen Erdenbürgers zu erkennen und ihnen bestmöglich nachzukommen. Unser Sohn hat einen extrem ruhigen Charakter. Hektik und Stress liegen ihm überhaupt nicht. Erstaunlicherweise stimmt vieles, was in seinem Babyhoroskop steht – selbst wenn man den Sternen nicht allzu viel Bedeutung beimisst (Link zur Babyhoroskop-Webseite von BabyCenter). Prinzipiell ist er ausgesprochen pflegeleicht und macht alles mit – von gelegentlichen Wachstums- und Entwicklungsschüben, die ganz normal sind und besonders anstrengende Zeiten mit viel Gequengel, allgemeiner Unlust sowie Unbehagen mit sich bringen, einmal abgesehen. Er freut sich über Ausflüge und darüber, mit mir zum Yoga (Rückbildungsyoga mit Baby) zu gehen. Allerdings genießt er anschließend jedes Mal spürbar eine Verschnaufpause zuhause, die ich ihm nur zu gerne gewähre.

Trotz des Ruhebedürfnisses was seine Umwelt anbelangt, stehen die Füße unseres Sohnes tagsüber nur selten still. Während seiner mittlerweile 20 Wochen außerhalb meines Bauchs hat er schnell begriffen, was es mit dem Wechsel zwischen Tag und Nacht auf sich hat und dass, solange die Sonne draußen für Helligkeit sorgt, alles viel zu interessant ist, um möglicherweise etwas zu verschlafen. Daher haben die Nickerchen zwischendurch rasant abgenommen und werden momentan nur noch in absoluten Notfällen gemacht, also wenn er die Augen gar nicht mehr aufhalten kann. Das führt dazu, dass er für gewöhnlich den ganzen Tag wach ist und ich entsprechend dauerbeschäftigt mit seiner Unterhaltung bin. Teilweise genügt es ihm, mich in seiner Babywippe sitzend oder auf einer Krabbeldecke liegend zu beobachten, wenn ich normalen Tätigkeiten im Haushalt nachgehe. So kann ich glücklicherweise zwischendurch ein paar Sachen erledigen. Hauptsache es passiert irgendetwas. Immerhin schläft der Sohnemann dafür des Nachts umso besser. 8 bis 10 Stunden Schlaf am Stück sind derzeit die Regel. Er schätzt sein Bett, seine gemütlichen Schlafsäcke und das abendliche Einschlafritual sehr.

Selbstverständlich kann und wird sich das alles wieder ändern, aber durch die actionreichen Tage pausiert gegenwärtig vieles in meinem Leben, was etwas mehr Zurückgezogenheit und Ausdauer bedarf, so zum Beispiel das Schreiben und das Konsolenspielen. Abends bin ich dazu meistens zu müde. Darüber hinaus muss man sich als Eltern stets ein wenig Zweisamkeit am Tag bewahren. Folglich passiert auch auf diesem Blog derzeit weniger als gewohnt.
Ich liebe meine Aufgaben als Mama und vermisse nichts. Morgens gibt es nichts Schöneres, als an das Babybettchen zu treten, in dem der Nachwuchs jeden Tag ganz entspannt mit langsamem Aufwachen beginnt und mit einem Ausdruck purer, echter Freude angelächelt zu werden. Mit ihm Zeit zu verbringen und zu spielen, bereitet mir allergrößte Freude. Ohne Zweifel kommt mein Sohn für mich immer an erster Stelle. Pausen für kleine Füße lege ich deshalb gerne und ohne Zögern ein.

Schließlich möchte ich nichts verpassen, in dieser Zeit, in der die Entwicklung so schnell voranschreitet und es für uns Eltern so viel zu lernen gibt. Es ist faszinierend, zu sehen, wie ausgeprägt bestimmte Vorlieben bereits in einem solch zarten Babyalter sein können. Besonders gut kann man dies bei Musik erkennen. In den ersten Wochen hörte unser Sohn am liebsten Entspannungsmusik mit Naturgeräuschen. Mittlerweile hat er seinen Geschmack erweitert. Unlängst suchte er sich das neue Album V von Maroon 5 (Link zum Album auf iTunes) als Untermalung für seinen Mittagsschlaf aus – sofern er denn gelegentlich einen solchen hält, beziehungsweise sich auf meinem Arm dazu überzeugen lässt, die Augen für circa 30 Minuten zu schließen. Ich bezeichne den Vorgang hier ausdrücklich als Aussuchen, denn als ich diese Musik zufällig hörte, entspannte er sich sofort und lauschte besonders intensiv. Meine Mutter erzählte mir oft, dass ich im gleichen Alter und lange darüber hinaus nur zu den Klängen von James Last eingeschlummert bin und diese Musik ebenfalls selbständig durch entsprechende Reaktionen gewählt hatte.

Wir alle sind eben glücklicherweise doch nie vollständig durch äußere Einflüsse formbar und kommen mit einem in mehrfacher Hinsicht ganz eigenen Kopf auf die Welt.

Die Macht der Fantasie

Zwar habe ich es – trotz guten Vorsätzen – 2013 wieder nur ein einziges Mal in die Oper geschafft, immerhin ist das Jahr aber nicht ganz ohne den Genuss eines großen, klassischen Werkes verstrichen. Die Geschichte und die Musik der Zauberflöte begleiten mich schon sehr lange. Mozarts Komposition und Emanuel Schikaneders Texte habe ich schon in verschiedenen Inszenierungen gehört und gesehen. Von kindgerechten Varianten bis zu Aufnahmen bekannter Opernaufführungen, die Magie der Zauberflöte entfaltet sich beinahe von selbst – ganz unabhängig davon, wie pompös die Umsetzung auf der Bühne ist. Diese Oper ist eine der wenigen, deren Musik ich nicht bloß bruchstückhaft verinnerlicht habe. Das mag daran liegen, dass sie gemeinhin als leicht verständliche Kost gilt. Gerade in diesem Aspekt verbirgt sich allerdings die Genialität der Schöpfer.

Die von mir besuchte Aufführung in der Oper Frankfurt zeigte Die Zauberflöte in der Inszenierung von Alfred Kirchner (Links zu Wikipedia und der Webseite der Oper Frankfurt). Wenngleich es einige krankheitsbedingte Umbesetzungen gab, haben alle Mitwirkenden eine großartige Leistung erbracht, allen voran Andreas Bauer als Tamino und Björn Bürger als Papageno. Was die Damen anbelangt, habe ich hier und da schon voluminösere Stimmen gehört. Die Zauberflöte ist jedoch eine Oper mit relativ vielen Protagonisten, was dazu führt, dass sie sich (oftmals unterstützt von Chören) mühelos gegenseitig über schwächere Passagen hinwegtragen können. Kritik möchte ich deshalb keine anbringen, denn das musikalische Gesamterlebnis war wunderbar.

Das bunte und fantasievolle Bühnenbild von Michael Sowa und Vincent Callara, das wie die Faust aufs Auge zu der oftmals als unlogisch bezeichneten Erzählung passt, ist beeindruckend. Beim Anblick der aufwändigen Kulissen und Kostüme fällt es dem Zuschauer leicht, sich in die Welt von Sarastro und der Königin der Nacht zu begeben und das Märchen vom Prinzen mit dem verzauberten Instrument und dem exzentrischen Vogelfänger in vollen Zügen zu genießen. Seltsamerweise ist es ausgerechnet Papageno, dessen Äußeres im Gegensatz zu anderen Inszenierungen eher reduziert wirkt. Dies lässt dem Darsteller gleichzeitig mehr Freiraum zum Spiel. Alles in allem kommt die Oper unter der Regie von Alfred Kirchner besonders schwungvoll, leichtfüßig und vor allem absolut sehenswert daher.

Im Gegensatz zu vielen literarischen Werken ist die Zauberflöte, wie mir auffiel, noch „unzensiert“. Monostratos ist nach wie vor ein Mohr in Wort und Bild. Wenn ich an die Diskussionen um gewisse Änderungen an Kinderbüchern denke, frage ich mich, wie lange es dauert, bis hier jemand unnötigerweise Hand anzulegen versucht. Klassische Werke – egal ob geschriebene oder gesungene – sollten als solche belassen und genossen werden. Die Zauberflöte ist ausgezeichnet dafür geeignet, um ein jüngeres Publikum an die Materie heranzuführen. Ich spreche da aus eigener Erfahrung. Mit Wohlwollen nahm ich deshalb die große Anzahl noch-lange-nicht-erwachsener Besucher in der Vorstellung wahr und hoffe, dass Mozarts Musik und die Macht der Fantasie bei vielen weiteren Einsteigern und auch bei eingefleischten Opernfans noch ewig erfolgreich wirken können.

Die vom Wege Abgekommene

In die Oper gehen, das ist auch so eine Sache, die ich viel zu wenig mache. Seit langer Zeit habe ich endlich wieder einmal die Frankfurter Oper besucht. Zu sehen und zu hören gab es Giuseppe Verdis La Traviata in der Inszenierung von Axel Corti (Links zu Wikipedia und der Webseite der Oper Frankfurt). Ich habe die Aufführung sehr genossen, wenngleich ich die restlose Begeisterung vieler für die Inszenierung nicht ganz nachvollziehen kann.

Die Musik von Verdi ist absolut einzigartig, gefühlvoll und mitreißend. Der Lobgesang auf den Genuss am Ende des ersten Aktes dürfte vielen bekannt sein, auch wenn sie sich nicht besonders intensiv mit Opern beschäftigen.

Mit der Kunst, egal in welcher Form sie daherkommt, halte ich es einfach: Entweder etwas gefällt einem, oder es gefällt einem nicht. Das bedeutet natürlich nicht, dass man nicht offen darüber diskutieren und sich austauschen sollte. Ganz im Gegenteil: Andere Meinungen sind stets interessant, auch wenn man sie nicht teilt.

Mehr durch Zufall habe ich bei meinem Besuch eine der letzten Vorstellungen der Traviata in der von Axel Corti entwickelten Inszenierung gesehen. Wie ich gelesen habe, will die Oper Frankfurt diese nach mehr als 20 Jahren aus dem Programm nehmen. Aus meiner Sicht vielleicht keine ganz so schlechte Entscheidung, wird dadurch hoffentlich Platz gemacht für neue Interpretationen der Geschichte.

Der Regisseur beschäftigte sich gerne und viel mit dem Nationalsozialismus, was in der Inszenierung sehr deutlich wird. Er lässt die Geschichte im von den Nazis besetzten Paris spielen und macht Barone zu Nazioffizieren. Das Bühnenbild an sich hat mir gut gefallen, besonders der vielschichtige Bahnhof im letzten Akt. Allerdings empfand ich die ständige Präsenz des Faschismus-Themas besonders dort als störend. Nazipatrouillen durchstreiften ständig das Geschehen und führen nach und nach immer mehr Menschen aus dem Bahnhof ab, während sich im Vordergrund das tragische Schicksal der sterbenden Violetta erfüllte.

Nach den mit relativ vielen Darstellern bevölkerten ersten beiden Akten konzentriert sich der dritte Akt von La Traviata voll und ganz auf die Hauptrollen. Die nötige Intensität und Tragik wird dem Ganzen meiner Ansicht nach genommen, wenn im Hintergrund zu viel passiert und der Zuschauer zu sehr vom eigentlichen Geschehen abgelenkt wird.

Ich finde moderne Inszenierungen von Opern, grundsätzlich gut. So gefiel mir eine Inszenierung von Giacomo Puccinis Tosca sehr, die ich vor einigen Jahren in der Frankfurter Oper sah und die mit einem sehr stilisierten und reduzierten Bühnenbild arbeitete. Auch hat mich eine  Fernsehübertragung von den Salzburger Festspielen diesen August sehr beeindruckt, bei der Anna Netrebko und Piotr Beczala die Hauptrollen in La Bohème sangen und bei der der Spielzeugverkäufer Parpignol als fliegender Superheld dargestellt wurde. Gerne können Inszenierungen von Opern für mich ungewöhnlich und bunt sein und auch der Integration von kritischen Themen bin ich nicht gänzlich abgeneigt. Lenkt das Ganze jedoch vom eigentlichen Inhalt des Stücks zu sehr ab, empfinde ich es als störend, seien es nun Nazis oder andere Gestalten.

Gleichwohl bin ich froh, die vielgefeierte Inszenierung von Corti gesehen und mir ein eigenes Bild gemacht zu haben. Die Leistung der Sängerinnen und Sänger habe ich im Übrigen als sehr gut empfunden. Es mögen keine absoluten Ausnahmetalente darunter gewesen sein, aber ich war dennoch von der Leistung sehr beeindruckt. Besonders Cristina Antoaneta Pasaroiu als Violetta und Jean-François Lapointe als Giorgio Germont haben wundervoll gesungen.

Der gute Vorsatz für das neue Jahr wird sein, doch wieder mehr in die Oper zu gehen. Es ist einfach immer ein schönes Erlebnis.