Archiv für den Monat Juli 2013

Und es hat Snikt gemacht

Comicfiguren gibt es viele. Zahllose Helden und Schurken bevölkern die bunten Seiten der Superheldencomics. Wenn es dann gar um ganze Teams geht, schwirrt so manchem, der sich nicht intensiv und regelmäßig mit der Materie befasst, der Kopf. Aufgrund der vielen Comicverfilmungen, die seit über 10 Jahren verstärkt über die Kinoleinwände flimmern, sind immer mehr Menschen mit verschiedenen Figuren vertraut. Die Mutantentruppe der X-Men (Link zu IMDB) hat es – dank sorgfältig ausgewählter Besetzung und grandioser Inszenierung durch Regisseur Bryan Singer – innerhalb des sich kontinuierlich verstärkenden Superhelden-Booms recht früh geschafft, ihren Weg ins Kino zu finden. Zu den bekanntesten X-Men gehört zweifelsfrei der mit Adamantiumklauen und Selbstheilungskräften ausgestattete Wolverine. Ob durch Comic oder Film veranlasst, hat er mit seiner direkten Art und coolen Sprüchen nicht nur mein Herz erobert, sondern das vieler Fans. Er ist mein Lieblings-X-Man, seit ich die Geschichten der mutigen Mutanten verfolge. Nun kehrt er in Wolverine: Der Weg des Kriegers (The Wolverine) in seinem zweiten Soloabenteuer auf die Leinwand zurück.

Die Geschichte von Wolverine: Der Weg des Kriegers spielt nach dem dritten X-Men-Film aus dem Jahr 2006, X-Men: Der letzte Widerstand (X-Men: The Last Stand, Link zu IMDB). Nach den dramatischen Ereignissen um die nahezu unaufhaltsame Phoenix-Kraft, im Zuge derer er gezwungen war seine X-Kollegin Jean Grey zu töten, hat Logan seine Wolverine-Identität an den Nagel gehängt und sich komplett aus der Welt zurückgezogen. Mitten in der Wildnis lebt er zwischen Grizzlybären und wird regelmäßig von Albträumen heimgesucht. Zu groß war seine Liebe zu Jean, zu groß sind die ihn quälenden Schuldgefühle. Eines Tages wird der Einsiedler von den Japanerin Yukio aufgesucht, die ihn bittet, sie in ihre Heimat zu begleiten. Er willigt widerstrebend ein und trifft daraufhin in Tokyo einen sehr alten Bekannten wieder, dem der grimmige Mutant mit dem großen Herzen einst im Pazifikkrieg das Leben rettete. Für Wolverine folgt ein actionreiches Abenteuer im Land der aufgehenden Sonne, bei dem er nicht nur auf jede Menge neuer Gegner – wie die Ninjas der Organisation „Black Hand“ – trifft, sondern sich auch mit seinem Wesen, seiner Vergangenheit und seiner Zukunft auseinandersetzen muss. Um den Kampf gewinnen zu können muss der Mutant mit den markanten Klauen nicht nur sich selbst, sondern auch einen Weg finden sein Herz für eine neue Liebe zu öffnen.

Als Basis für die Story von Wolverine: Der Weg des Kriegers dient die Comic-Miniserie aus dem Jahr 1982 mit dem schlichten Titel „Wolverine“, geschrieben von Chris Claremont und gezeichnet von Comiclegende Frank Miller. Diese berühmte „Japan-Episode“ bildete gleichzeitig den Start für weitere Solo-Abenteuer mit dem damals braun-gelb gekleideten Helden und machte Wolverine zu einem der beliebtesten Marvel-Mutanten. Wer sich für das „Original“ interessiert, der kann dieses in einer aktuellen deutschen Neuauflage von Panini Comics erstehen (Link zum Comic auf der Webseite des Verlages). Die Geschichte des Films basiert nur lose auf der Vorlage, die sich zwar auf Wolverine konzentriert, zum Ende hin aber weitere X-Men involviert. Mariko war Wolverine im Comic schon aus seinen Abenteuern mit den X-Men bekannt, währen denen er sich in die schöne Japanerin verliebte. Diese zwei Details zeigen bereits, dass eine Eins-zu-eins-Adaption der Comicvorlage im bestehenden Marvel-Filmuniversum quasi unmöglich war.

Viel wurde verändert und umgeschrieben. Wolverine: Der Weg des Kriegers unterscheidet sich an allen Ecken und Enden von seiner Vorlage. Da ich jeglichen Unterschieden zum Trotz der Meinung bin, dass es sich um einen sehr guten und unterhaltsamen Film handelt, möchte ich gar nicht alles im Detail analysieren. Ich untersage mir dies quasi selbst. Am wichtigsten bei Comicverfilmungen ist es mir, dass die wesentlichen Merkmale der einzelnen Charaktere erhalten bleiben und das ist bei Wolverine: Der Weg des Kriegers der Fall, sogar mehr als im ersten Leinwand-Alleingang des einzelgängerischen X-Man aus dem Jahr 2009, X-Men Origins: Wolverine (Link zu IMDB). Das Einzige, was mir wirklich stört, sind die ständigen Gedankenexperimente mit Jean Grey, die dazu führen, dass die rothaarige Telekinetikerin und Telepthin nach wie vor als größte Liebe im Leben von Wolverine verbleibt. Zusätzlich wird dem Film dadurch viel Eigenständigkeit geraubt. Gerade im Hinblick auf die kommenden Mutantenabenteuer im Marvel-Filmuniversum, wäre eine konsequente Umsetzung des Urkonzeptes, einen Film zu schaffen, den auch Zuschauer vollständig verstehen können, die noch neu in Wolverines Welt sind, in meinen Augen etwas sinnvoller gewesen. Dadurch dass Wolverine sich ständig mit Jean beschäftigt, gibt es kaum Raum für die Entwicklung einer Liebe zwischen dem klauenbewehrten Mutanten und Mariko, die nur annähernd der besonderen Beziehung der beiden zueinander in den Comics gleicht. Die Macher haben den Fokus in meinen Augen etwas zu sehr auf die Vergangenheit und zu wenig auf die Zukunft gerichtet. Das ist für all jene, die wie ich große Fans der X-Men-Filme mit Patrick Steward als Professor X sind, leicht zu verschmerzen, zumal die Geschichte in Zukunft fortgeführt wird. Nur Quereinsteiger haben es schwer.

Ich möchte an dieser Stelle noch einmal betonen, dass ich Wolverine: Der Weg des Kriegers trotz der aufgeführten Schwächen sehr genossen habe. Nie war Wolverine seinem gezeichneten Vorbild näher als in diesem Film. Nie wurden seine animalische Art, seine inneren Konflikte und die Tatsache, dass er sich als Einzelgänger wohler als in jedem Team fühlt, besser verdeutlicht. Außerdem gibt es viele Szenen – wie den Kampf gegen eine ganze Horde Ninjas in einem Dorf – die herrlich nahe an der Comicvorlage sind und beim Zuschauen mein Herz hüpfen lassen. Regisseur James Mangold beweist mit diesem Werk erneut seine Vielseitigkeit und dass er auch im anspruchsvollen Metier der Comicverfilmungen, beobachtet von Fans mit Argusaugen, gut aufgehoben ist.

Bei der Besetzung leistet allen voran Hugh Jackman als Wolverine wieder einmal großartige Arbeit in seiner Paraderolle. Der Australier IST Wolverine, er lebt und atmet die Figur des grimmigen Eigenbrötlers mit jeder Faser seines gestählten Körpers. In Wolverine: Der Weg des Kriegers bekommt er endlich die Gelegenheit den Charakter eigenständig weiterzuentwickeln und zu vertiefen. Ich kann mir nach wie vor keinen Anderen und keinen Besseren für diese Rolle vorstellen. Tao Okamoto spielt ihre Version der attraktiven Mariko Yashida mit vornehmer Zurückhaltung. Da der Film den Fokus klar auf Wolverine legt, ist dies verständlich, allerdings hätte ein energischerer weiblicher Gegenpart – vor allem in Anbetracht der dominanten Präsenz von Famke Janssen als Jean Grey – nicht geschadet. So schafft es Rila Fukushima als Yukio mühelos und verdient diese Funktion zu übernehmen, was wiederum dazu beiträgt, dass die Bedeutung der Beziehung zwischen Wolverine und Mariko leidet. Nicht überzeugen konnte mich Svetlana Khodchenkova, die als giftspeiende Mutantin Viper mehr bemüht als überzeugend wirkt. Der Rest der Schauspieler wurde gut gecastet, allerdings sticht keiner durch sein Talent wirklich aus der Masse heraus.

Wolverine: Der Weg des Kriegers ist für alle Mutantenfans einen Gang ins gut klimatisierte Kino wert – auch in 3D – und wer den Kinosaal nicht sofort beim Start des Abspanns verlässt, wird sogar mit einem kleinen Teaser auf die kommenden Ereignisse im Mutantenstadel des Marvel-Filmuniversums belohnt. Ich hoffe auf viele weitere X-Men-Filme mit Hugh Jackman als Woverine und freue mich schon jetzt auf die ungeschnittene und blutigere Version von Wolverine: Der Weg des Kriegers auf Blu-ray, die den Film zumindest auf der Actionebene sicherlich noch etwas näher an die Comicvorlage rücken wird.

Auf das 2014 bevorstehende Crossover-Filmabenteuer der Ur-Film-X-Men und ihrer jüngeren Versionen aus X-Men: Erste Entscheidung (X-Men: First Class, Link zu IMDB) blicke ich nicht ohne Sorgenfalten im Gesicht. Mein Herz schlägt für die älteren X-Men und ich möchte nicht, dass sie von James McAvoy und Konsorten abgelöst werden. „X-Men: Erste Entscheidung“ hat mir nicht gefallen. Mein Professor X ist „Captain Picard“. Mir bleibt deshalb nichts anderes übrig, als auf Bryan Singer zu vertrauen und zu hoffen, dass er die epische Comic-Storyline „Days of Future Past“ congenial auf die Leinwand bringen wird. Immerhin wird Wolverine wieder dabei sein.

Für alle, die Wolverines markantes Soundword aus der Überschrift nicht kennen, hier der erklärende Link zum Urban Dictionary.

Wo Zorn und Rache heiraten …

… da wird die Grausamkeit geboren. Dieses russische Sprichwort enthält viel Wahrheit und kann stellvertretend für das Grundthema von Nicolas Winding Refns neuem Filmkunstwerk Only God Forgives stehen. Der dänische Autor und Regisseur gehört für mich zweifelsfrei zu den talentiertesten Personen im aktuellen Filmgeschäft. Sein letztes Werk, Drive (Link zu IMDB), erhielt verdientermaßen viele Nominierungen und Auszeichnungen und frenetischen Beifall von Seiten der Kritiker. Ganz im Gegensatz dazu spaltete Only God Forgives schon bei seiner ersten Aufführung bei den diesjährigen Filmfestspielen in Cannes die Zuschauer. Die einen jubelten, andere äußerten sich gar in Form von Buhrufen. Mich machten die geteilten Meinungen nur noch neugieriger und so habe ich keine Mühen gescheut, um mir Only God Forgives schon am Startwochenende anzusehen. Angesichts der Masse an bereits angelaufenen und noch bevorstehenden Sommerblockbustern war es gar nicht so einfach, ein Kino zu finden, das dieses Arthouse-Meisterwerk in sein Programm aufgenommen hatte. So unternahm ich also einen Ausflug nach Offenbach, der sich lohnte.

In Only God Forgives erzählt Nicolas Winding Refn die Geschichte des Drogendealers, Julian Thompson, der mit seinem Bruder Billy einen Fight Club in Bangkok besitzt. Dieser dient gleichzeitig als Fasade für ihre Geschäfte. Billy ist ein extrem gewalttätiger und triebgesteuerter Charakter. Eines Nachts vergewaltigt und tötet er auf abscheuliche Weise eine minderjährige Prostituierte. Seine Rechnung hat er dabei ohne den nicht minder gewaltbereiten Polizeichef Chang gemacht, der dem Vater des Mädchens kurzerhand erlaubt, Billy für seine Tat zu bestrafen und zu töten. Der Tod seines Bruders ruft Julians herrschsüchtige Mutter Cystal auf den Plan, die nach blutiger Rache sinnt. Es entbrennt eine Spirale der Gewalt, in deren Verlauf Julian die Bedeutung des eingangs genannten Sprichwortes nur allzu klar wird.

Only God Forgives ist ein schwerer und brutaler Rachethriller. Zartbesaitete Gemüter sollten definitiv Abstand nehmen. Auch wer eine Fortsetzung von oder etwas Ähnliches wie „Drive“ erwartet, wird enttäuscht werden. Ich bin mir ziemlich sicher, dass derartige Enttäuschungen für die Schmährufe in Cannes verantwortlich waren. Wer allerdings bereit ist, sich auf einen Film einzulassen, der seine Geschichte schonungslos erzählt und in visuell grandiosen aber expliziten Bildern malt, der erlebt intensives Autorenkino der Extraklasse.

Nicolas Winding Refn versteht es wie kaum ein anderer Bild und Ton zu einer untrennbaren Einheit zu verbinden, deren Wucht den Zuschauer in den Kinosessel drückt, selbst wenn der Klang bisweilen zart daherkommt und wenige Worte fallen. Seine erfolgreiche Zusammenarbeit mit Komponist Cliff Martinez setzt er fort. Der Autor und Regisseur erzählt seine düstere Story kompromisslos. Er setzt das um, was sich in seinem Kopf formt und hat auf Nachfrage von Journalisten schon mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass er sich nicht verbiegen lässt. Die Widmung für Alejandro Jodorowksy am Ende des Films bekräftigt diese Aussage. Gerade deswegen bewundere ich ihn: Es ist ihm egal, ob seine Filme massentauglich sind. Only God Forgives ist das sicherlich nicht, aber eben deshalb für jeden, der bereit ist, sich der Materie ohne Vorurteile und ohne bestimmte Erwartungen zu nähern, ein absolut fesselndes Erlebnis.

Aktuelles Geschehen verschmilzt mit Ausblicken auf unvermeidbare Konsequenzen und mit Visionen der Charaktere. Wenn Julian von den Ereignissen in einen Irrgarten aus Entscheidungen und Gewalt getrieben wird, folgt ihm die Kamera vorsichtig durch bedrohlich wirkende Gänge. Er, der sich in seinem Leben die Rolle des Zuschauers zu Eigen gemacht hat, wird manipuliert und gedrängt, bis er verzweifelt dem Weg folgt, auf den andere ihn zerren. Nicolas Winding Refns Version der Unterwelt von Bangkok ist trotz leuchtendem Farbspiel düster und trotz der Schönheit vieler Aufnahmen hässlich. Ich möchte an dieser Stelle absichtlich nicht zu viele Details verraten, denn ich bin der festen Überzeugung, dass der Film seine Wirkung nur dann komplett entfalten kann, wenn man nicht zu viel weiß. Only God Forgives ist in meinen Augen ein vielschichtiges Meisterwerk, das gerade durch seine im Gegensatz zu „normalen“ Thrillern lose Erzählstruktur überzeugt. Der Macher lässt seine Zuschauer am Ende mit mehr Fragen als Antworten zurück und verlangt ihnen dadurch quasi Mitarbeit im Geiste ab. Welche Denkansätze der Einzelne für sich am Ende verfolgt, wie er vieles von dem Gesehenen interpretiert, bleibt jedem selbst überlassen. Es gibt kein Richtig. Es gibt kein Falsch.

Der Film lebt nicht allein durch die Machart. Nicolas Winding Refn hat ein einzigartiges Gespür dafür, seine Darsteller zu Höchstleistungen zu treiben, sie ganz ihren individuellen Fähigkeiten nach in das Gesamtkonzept einzubauen. Ryan Gosling beweist in der Rolle des Julian erneut sein außergewöhnliches Talent, mit minimalen Mitteln maximale Ausdrucksstärke zu transportieren. Man muss seine Mimik sehr genau beobachten, denn nur wenn man das tut, wird einem die Genialität des Dargebotenen bewusst. Kein anderer Schauspieler kann innere Konflikte kongenial darstellen, von denen Julian einige auszufechten hat. Die eiskalte Mutter wird überzeugend und eindringlich verkörpert von Kristin Scott Thomas, die unter der Hand des Regisseurs zu Bestform aufläuft. Dank ihr wirkt die absolut unmütterliche und manipulative Crystal, die mehr einem Dämon denn einer Bezugsperson in Julians Leben gleicht, trotz aller Härte glaubwürdig und nicht aufgesetzt, was bei einem solchen Charakter eine wirklich große schauspielerische Leistung ist. Tom Burke hat als Billy nur einen relativ kurzen Auftritt, schafft es aber selbst in der kurzen Zeit die Abgründe von Julians Bruder aufzuzeigen. Über allem schwebt Vithaya Pansringarm als Racheengel Chang, der seine ganz eigenen Vorstellungen von Recht und Gesetz brutal durchsetzt mit dem Kurzschwert Urteile vollstreckt. Seine Rolle spielt er absolut bestechend und zeigt gerade bei den Wechseln von Familienvater zu Polizeichef zu Richter und Henker in einer Person die ganze Widersprüchlichkeit des Charakters. Darüber hinaus kann er mit seinem Gesang beeindrucken.

Only God Forgives ist kein leicht verdauliches Werk. Es ist eine Geschichte über Rache, Manipulation, Macht, Dominanz, Recht und Gerechtigkeit, in deren Verlauf trotz aller Brutalität etliche Fragen aufgeworfen werden, die sich viele Zuschauer selbst schon einmal gestellt haben werden. Vielleicht ist es gerade das Gefühl ertappt worden zu sein, vorgeführt zu werden und die möglichen Konsequenzen von gewissen Gedankengängen vorgeführt zu bekommen, die Ursache dafür, dass der Film bei manch einem Empörung hervorruft. Ich kann mich nur ein weiteres Mal vor der Genialität von Nicolas Winding Refn verneigen und mir viele weitere Filme von ihm wünschen – jeder neu und anders, keiner ein Abklatsch von den bisherigen. Wer Arthouse-Kino mag und bereit für eine fiebrige, albtraumhafte Vision der besonderen Art und für ein bisschen Stoff zum Nachdenken ist, der sollte sich Only God Forgives nicht entgehen lassen.

Monstrum et Machina

Es gibt kaum eine Zukunftsvorstellung, die mehr Autoren, Filmemacher und andere Künstler beschäftigt wie Mechs (oder Mechas, Link zu Wikipedia). Zwar gibt es heute einige Einsatzgebiete, wie die Forstwirtschaft, in denen Laufroboter zum Einsatz kommen, allerdings sind die in keinster Form von menschenähnlicher Gestalt. In der Science-Fiction sind aber gerade die Maschinen und Maschinenwesen am faszinierendsten, deren Schöpfer ihnen wesentliche Merkmale ihrer selbst übertragen haben. Mechs kommen in den verschiedensten Medien vor und Vorstellungen darüber, wie man sie kontrollieren kann, gibt es viele – querbeet durch alle Länder und Kulturen.

Insbesondere in den Welten von japanischen Mangas und Animes tummeln sich mannigfaltige Visionen von Mechs. Meine persönlichen Favoriten sind die riesigen EVA-Roboter aus Neon Genesis Evangelion (kurz: NGE, Link zu Wikipedia). Dieses Universum mit seiner dramatischen Story und unglaublich vielschichtigen Charakteren, fasziniert mich ungemein. Von Menschen gesteuerte, riesige Kampfmaschinen, die gegen ebenso gigantische Monster kämpfen um die Welt zu retten – ein Grundgerüst, das in einem Satz zusammengefasst werden kann, das jedoch viel komplexer ist, als man annehmen kann. Wer den Stilmitteln japanischer Comickunst nicht abgeneigt ist und die Welt von NGE nicht kennt, dem kann ich sowohl Manga wie auch Animes ans Herz legen.

Apropos japanische Filme und Monster. Bei diesen Stichworten denk wohl jeder sofort an den König der Monster: Godzilla. Der Monsterfilm hat in Japan Tradition und wer sich etwas tiefer mit der Materie befasst, wird schnell erkennen, dass Godzilla nicht das einzige Riesenmonster (japanisch Kaiju, Link zu Wikipedia) ist. Was passiert, wenn Kaijus sich gegenseitig beharken, war schon Gegenstand diverser Filme. Aber was passiert, wenn man Kajus gegen Mechs antreten lässt? Diese Frage hat sich wohl auch Regisseur Guillermo del Toro gestellt, als die Idee für Pacific Rim entstand. Eine Realfilmkombination von Kaiju Eiga (Monsterfilm) und Mechas, funktioniert das? Ja, es funktioniert, prächtig sogar. Das Ergebnis ist ein bombastischer, fantastischer Blockbuster, der die Soundsysteme der Kinosäle in diesem Sommer erzittern lässt.

Auf dem Grund des Pazifiks hat sich ein Riss aufgetan. Dieser Spalt führt nicht ins Erdinnere, sondern in eine andere Welt. Es ist ein Portal, aus dem riesige Kreaturen auf die Erde gelangen. Diese Kaijus sind nicht allein durch ihre Größe gefährlich, sie greifen die Menschheit direkt und ohne Gnade an. In Anbetracht der nicht abreißenden Kaiju-Attacken, hat die Menschheit sämtliche Differenzen beiseite gelegt und sich zusammengeschlossen um gemeinsam neue Waffensysteme zu entwickeln, mit denen man der Lage Herr zu werden versucht. Ergebnis der gemeinsamen Bemühungen sind die Jaeger, riesige Kampfroboter, die von mutigen Piloten gesteuert werden. Um Befehle auf die Maschinen zu übertragen, ist neben technischen Eingabegeräten auch Gedankenkraft vonnöten. Weil die neurale Belastung für einen Menschen alleine zu hoch wäre, stecken in jedem Mech mindestens zwei Piloten, die einen sogenannten Drift vollziehen müssen, bei dem sie ihre Gedanken und Erinnerungen miteinander synchronisieren und zu einer Einheit werden. Die Politiker der Welt werden unruhig ob der Ressourcen, die das Jaeger-Programm verschlingt und planen den Bau einer riesigen Mauer als Alternativplan zur Abwehr der Kaiju. Commander Stacker Pentecost, der an dem Vorhaben der Regierung zweifelt und einen eigenen Plan zur Rettung der Menschheit hat, bleiben mit seinem Team nur wenige Monate, um die Kaiju-Bedrohung ein für alle Mal zu beenden. Er rüstet die verbleibenden Jaeger und ihre Piloten für den finalen Schlag.

Die Welt von Pacific Rim ist eine düstere Zukunftsvision mit einem einzigartigen, comichaften Touch. Charaktere, Monster und Roboter, alles ist ein wenig anders, individuell – außergewöhnlich eben. Ich möchte es nicht „übertrieben“ nennen, denn innerhalb des Universums ist durchaus alles stimmig, auch wenn es einzeln und für sich betrachtet als „over the top“ angenommen werden kann. Zerlegt man das Konzept in seine Bestandteile und klaubt man einzelne Aspekte heraus um sie näher zu analysieren, kommt man zu dem Schluss, dass die Macher das Rad nicht neu erfunden haben. Alles ist irgendwo schon einmal dagewesen. In diesem Fall ist das aber kein Problem, sondern vielmehr ein Merkmal. Guillermo del Toro hat – laut eigenen Angaben in diversen Interviews – dem Fanboy in sich freie Hand gelassen. Er hat all das, was ihm am liebsten ist, genommen und zu etwas Neuem, etwas Großem verwoben. Pacific Rim ist eine im wahrsten Sinne des Wortes gigantische Hommage an Monsterfilme, kombiniert mit einer Mech-Armee, wie man sie vorher noch nie im westlichen Stil und als Realfilm umgesetzt gesehen hat. Die vielen, kleinen, erkennbaren Anspielungen, das immerwährende geradezu wohlige Gefühl des Bekannten zeugen von der großen Sorgfalt, mit der beim Schaffungsprozess recherchiert wurde. Die Widmung des Films an die großen Schöpfer der Monsterfilme, Ray Harryhausen und Ishirô Honda (Links zu Wikipedia), ist nur die logische Konsequenz. Dank grandioser Tricktechnik und geschickt eingesetzten 3D-Effekten wirkt die Welt von Pacific Rim, trotz des möglicherweise für den Mainstream gewagten Ansatzes, greifbar und begreifbar.

Es ist nicht der Fantasie des Regisseurs und Autors geschuldet, dass einige Aspekte des wirklich komplexen Universums auf der Leinwand nicht so detailreich herausgearbeitet werden, wie es ihnen im Grunde gebührt. Das von Guillermo del Toro geschaffene Universum hat so viel mehr erzählerisches Potenzial, als man in 132 Minuten Film packen kann. Es gibt jede Menge interessante Ansatzpunkte, an denen man weiterdenken, sich seine eigenen Geschichten im Kopf spinnen kann. Dass in dieser Welt und ihren Bewohnern mehr schlummert, zeigt schon die Comic-Vorgeschichte, die ich bereits vor Wochen in gieriger Vorfreude verschlang, noch bevor sie bei Cross Cult auf Deutsch erschien (Link zum Comic auf der Webseite des Verlages). Wem der Film gefallen hat oder wer seine Vorfreude noch ein wenig länger auskosten will, der sollte sich dieses Buch nicht entgehen lassen. Im Film beschränkt man sich die meiste Zeit über auf brachiale Action – Metall trifft krachend auf Kaiju. Die Charaktere sind mehr oder weniger Stichwortgeber. Ihre Eigenschaften werden zwar beleuchtet, vor allem die der beiden Piloten des Jaegers namens „Gipsy Danger“, allerdings kommen wegen der schieren Anzahl andere notwendigerweise zu kurz. Ich persönlich würde mich freuen, wenn dies nicht der einzige Ausflug in das faszinierende Universum bliebe. Pacific Rim hat eine Fortführung oder Erweiterung in irgendeiner Form verdient. Comic, Film oder Serie, das ist mir egal.

Neben der Komplexität des Universums kann Pacific Rim durch seinen hervorragenden Soundtrack punkten. Auch bei der musikalischen Untermalung zeigt sich das Herzblut, das die Macher in die Entstehung des gesamten Film gesteckt haben. Ramin Djawadi hat ein markantes Hauptthema geschaffen, das über die gesamte Länge des Films geschickt variiert wird und punktgenau der Story folgend zum Einsatz kommt. Schon lange hat mich kein Score mehr so begeistert, dass ich nach dem Abspann sofort die Musik kaufen wollte.

Hauptakteure des Films sind zweifelsfrei die Kaijus und die von außen betrachteten, abstrahierten Jaeger als Repräsentanten der Menschheit. Szenen wie ein Kampf in einer Häuserschlucht, bei dem ein ganzes Schiff als Schlagwaffe gegen ein Kaiju eingesetzt wird, treiben dem geneigten Monsterfan eine angenehme Gänsehaut auf die Gliedmaßen. Die Menschenebene kommt dennoch nicht zu kurz. Schließlich gibt es die Piloten und ihren strengen Anführer, Stacker Pentecost, gespielt von Idris Elba. Die Rolle des planenden und unnachgiebigen Anführers, der die Truppe von Individualisten zusammenhält, ist keine große Herausforderung für den talentierten Schauspieler. Charlie Hunnam darf als Jaeger-Pilot Raleigh Becket seinen Charme spielen lassen und beweist gleichzeitig, dass er in der Riege der jüngeren Mimen in Hollywood durchaus zu den talentierteren gehört. Gleiches gilt für Rinko Kikuchi, die man sicher in Zukunft auch außerhalb Japans mehr sehen wird. Sie spielt die japanische Pilotin Mako Mori. Positiv aus der Masse stechen außerdem Max Martini als bodenständiger Herc Hansen und die bezaubernde Mana Ashida als junge Version von Mako Mori hervor. Charlie Day und Burn Gorman genießen ihre Rollen als schräge Wissenschaftler sichtlich und Ron Perlman brilliert als zwielichtiger Schwarzmarkthändler Hannibal Chau. Der Rest geht leider im Monstertumult aus oben genannten Gründen etwas unter.

Wochen und Monate habe ich mich auf diesen Film gefreut, habe jeden Informationsschnipsel aufgesogen. Das lange Warten auf Pacific Rim hat sich aus meiner Sich auf jeden Fall gelohnt. Ich habe jede Minute der gigantischen Monsterschlacht genossen. Dieser Film lohnt sich für jeden, der gut gemachte Science-Fiction-Action zu schätzen weiß und bereit ist, auch einen gedanklichen Blick hinter die sehenswerte Fassade zu werfen. Wie beim Blick aus dem Flugzeug, stellt sich manches nach der Landung als weniger flach heraus, als man aus der puren Draufsicht denken mag.

Von fleißigen Magiern und faulen Tricks

Zauberkünstler und ihre Darbietungen faszinieren mich seit ich mich erinnern kann. Kein Clown der Welt konnte jemals eine ähnliche Anziehungskraft auf mich ausüben – mit Ausnahme von Pennywise und der beschränkt sich nicht auf den primären Wirkungsbereich von Clowns, an den ich im Zusammenhang mit Shows denke. Es war schon immer das scheinbar Übermenschliche, das mein Interesse weckte. So genoss ich – nachdem ich nur wenige Jahre auf der Welt war – die Shows des berühmten Mr. Cox (Link zu Wikipedia), der in den Achtzigerjahren auf der Showbühne im Hansapark in Sierksdorf an der Ostsee (Link zur Homepage des Parks) unglaubliche und aufwändige Illusionen vorführte. Dass der gute Mann ein wirklich großer seiner Zunft war – inzwischen ist er leider verstorben – begriff ich bereits im Kindesalter, spätestens als er bei „Wetten, dass ..?“ im Fernsehen auftrat. Ich erinnere mich noch heute gut und gerne an einen Trick, bei dem er kopfüber in einem Wassertank versenkt wurde und Sekunden später mit dem Motorrad die Treppe im Zuschauerraum heruntergefahren kam. Als Kind klappte mir vor Erstaunen glatt der Unterkiefer herunter.

Freizeitparks, Zirkusse, Feste – meine Eltern unternahmen viele schöne Dinge mit mir und wenn am Ausflugsort ein Zaubershow stattfand, wurde diese sofort in die Planung eingebaut und besucht. Angesichts dessen verwundert es sicher nicht, dass ich mich selbst schon früh an einigen Tricks aus dem Zauberkasten versuchte. Eine Hand voll kleiner Illusionen kann ich mit ein bisschen Übung immer noch vollführen. Diese beschränken sich allerdings auf Karten und Kordeltricks.

Meine Faszination für Zauberkünstler hat bis heute nicht gelitten. In der Zwischenzeit habe ich viele Shows und Fernsehsendungen gesehen, mit Zauberern und Solchen, die Magier und ihre Trick entlarven. Obwohl ich allerhand Erklärungen gehört und gesehen habe, lasse ich mich gerne in die Welt der Illusionen entführen. Normalerweise mag ich es gar nicht, an der Nase herumgeführt zu werden. Die Einzigen, von denen ich mich gerne hinters Licht führen lasse, sind und bleiben Magier.

Nachdem mit Now You See Me nun ein Film über Zauberer ins Kino kam, war ich schnell neugierig. Zwar entgingen mir mit einem Auge und einem Ohr die mäßigen Kritiken im Vorfeld nicht, abhalten ließ ich mich davon allerdings nicht. Meine Erwartungen an den Film waren – trotz meiner Begeisterung für Zauberer – zugegebenermaßen nicht besonders groß und detailliert. Ich wollte einfach unterhalten werden, brauchte ich doch eigentlich „nur“ einen Film um die Lücke zwischen dem hinreißenden Ich – Einfach unverbesserlich 2 und der bevorstehenden Mega-Kinowoche mit Pacific Rim und Only God Forgives (Links zu IMDB) zu schließen. Was ich sah, hat meine Erwartungen um einiges übertroffen und das geboten, was eine jede gute Zaubershow den Zuschauern bieten sollte: gute Unterhaltung.

Now You See Me erzählt die Geschichte von vier anfangs nur mäßig erfolgreichen Zauberern, die auf geheimnisvolle Weise zusammengeführt werden um gemeinsam in den Zauberolymp aufzusteigen. Die Auftritte der „Vier Reiter“, wie sie sich als Truppe bezeichnen, übertreffen alles bisher Dagewesene. Als sie während einer Show in Las Vegas eine Bank in Paris ausrauben und das Geld an die Zuschauer verteilen, haben sie nicht nur die Aufmerksamkeit des gesamten Publikums sicher, sondern ziehen auch die Blicke des FBI sowie des Zauberkritikers Thaddeus Bradley auf sich. Letzterer will die faulen Tricks der fleißigen Magier um jeden Preis enthüllen. Es beginnt ein rasanter Wettlauf auf der Suche nach der Wahrheit, nach den Erklärungen für die Illusionen, nach den Magiern und nach deren Plan, in dessen Verlauf mehrere Personen erkennen müssen, dass man seinen Augen nicht immer trauen kann.

Die Story von Now You See Me klingt im ersten Moment simpler und einfallsloser, als sie am Ende tatsächlich ist. Die Autoren können mit dem einen oder anderen Plottwist aufwarten und sorgen dafür, dass die Gehirne der Zuschauer den gesamten Film über nicht ermüden. In Verbindung mit dem aus seinen Transporter-Filmen bekannten dynamischen Erzählstil von Regisseur Louis Leterrier ergibt sich ein kurzweiliger Film, der für 116 Minuten gute Kinounterhaltung bietet und der dank gezielt eingesetzter Tricktechnik auf der großen Leinwand auch optisch ein Vergnügen ist. Hier und da sind ein paar Lücken erkennbar, die man besser hätte füllen können, die dem Vergnügen in diesem Fall jedoch nicht abträglich sind, da sie dank hohem Erzähltempo sowie schwung- und humorvoller Inszenierung geschickt kaschiert werden.

Schauspielerisch kann sich Now You See Me gleich mit einer ganzen Liste an Hollywoodbekanntheiten schmücken. Die „Vier Reiter“ werden verkörpert von Jesse Eisenberg als J. Daniel Atlas, Dave Franco als Jack Wilder, Isla Fisher als Henley Reeves und einem großartig aufgelegten Woody Harrelson als Merritt McKinney. Jeder der Vier ist auf ein anderes Gebiet der Zauberkunst spezialisiert und hat unterschiedliche Begabungen. Leider wird mit diesem durchaus interessanten Konzept in meinen Augen zu wenig experimentiert. Das ist nicht die Schuld der Schauspieler, sondern Drehbuch und Regie anzulasten. Nur Woody Harrelson als wortgewandter und verbal schlagfertiger Mentalist sticht durchgehend storytechnisch und schauspielerisch heraus. Der Rest der Zaubertruppe macht einen guten Job – nicht mehr und nicht weniger. Mehr überzeugen konnte mich dagegen Mark „Hulk“ Ruffalo als ehrgeiziger und verbissener FBI-Agent Dylan Rhodes, der seine Rolle mit sichtbarem Vergnügen und überzeugend bis zum Schluss spielt. Im Vergleich zu ihm wirkt sein Gegner im Wettrennen um die Wahrheit hinter dem großen Plan der Magier, Morgan Freeman als Thaddeus Bradley, doch recht blass und müde. Das ihm sonst so eigene Blitzen in den Augen fehlt bei Now You See Me leider gänzlich. Er muss sich in diesem Fall der Schauspielkunst des wie immer brillanten Michael Caine, der auch den kleinsten Rollen seinen einzigartigen Charme verleiht, geschlagen geben.

Wer einen Film sucht, der für einen Kinobesuch die einer Zauberdarbietung eigene, angenehme Kurzweil bietet, für den ist Now You See Me genau das Richtige. Für alle, die ihre Erwartungen allerdings allzu hoch schrauben, könnte sich dieser Film am Ende dennoch als Enttäuschung herausstellen. Ist das humorvolle, bunte und soundgewaltige Gesamtkonstrukt konsumiert, ist es etwas flüchtig. Außerhalb des Kinosaals löst sich die gute Unterhaltung auf, wie Pyropapier bei einem Zaubertrick und hinterlässt nur wenige Angriffspunkte für nachträgliche Überlegungen. Now You See Me ist leichte Kinokost für laue Sommerabende, die bei mir den folgenden, nicht negativ zu interpretierenden Gedanken auslöste: „Schön war’s und das war’s, aber kein Vergleich zu einem Liveauftritt von Mr. Cox.“ In diesem Sinne: Ruhe in Frieden, Mr. Cox.

Gelbes Gewusel

In den letzten Wochen und Monaten liefen ausgesprochen viele Animationsfilme im Kino an, von denen ich einige ausgelassen habe, weil ich mich zugunsten anderer Filmen entschied. Glücklicherweise gibt es diese kleinen, glänzenden Scheiben und andere Methoden, mit denen man das Heimkino befeuern kann. Dank immer kürzer werdenden Veröffentlichungszyklen muss man auch nicht mehr allzu lange warten, bis man verpasste Filme zuhause genießen kann. Ein Animationsfilm, den ich mir nicht entgehen lassen konnte, weil ich seinen Vorgänger bereits sehr genoss, ist Ich – Einfach unverbesserlich 2 (Despicable Me 2). Und siehe da, ich habe den Kinobesuch nicht bereut.

Die Geschichte von Ich  – Einfach unverbesserlich 2 knüpft nahtlos an die des ersten Teils an. Ex-Superschurke Gru hat dem Bösen endgültig entsagt. In seiner Rolle als Adoptivvater der drei Mädchen – Margo, Edith und Agnes – geht er vollständig auf. Einzig sein Arbeitsleben läuft noch nicht ganz so erfolgreich, wie er es gerne hätte. Die Marmeladen, die er mithilfe seiner treu ergebenen Minions herstellt, sind einfach ungenießbar. Bevor er an Rezepten zu deren Verbesserung arbeiten kann, wird er von der zielstrebigen Agentin Lucy Wilde entführt. Er soll als Agent der Geheimorganisation AVL (Anti-Verbrecher-Liga, Anti Villain League) rekrutiert werden und helfen, einen im Verborgenen arbeitenden Superschurken zu enttarnen und dessen finstere Pläne zu vereiteln. Wer eignet sich schließlich besser, einen Fiesling aufzuspüren, als jemand, der selbst einmal einer war? So beginnt ein kunterbuntes Abenteuer, in dessen Verlauf es um viel mehr geht als um den immerwährenden Kampf zwischen Gut und Böse. Gru hat dank seiner Mädels nämlich ein Familienleben, das auch ohne Helden und Schurken schon genug Herausforderungen bietet.

Ich – Einfach unverbesserlich 2 ist ein wunderschöner und moderner Animationsfilm mit hinreißenden Charakteren, denen man anmerkt, dass jeder von ihnen mit viel Liebe zum Detail entwickelt und gestaltet wurde. Der Begriff „Charakter“ trifft gleich in mehrfacher Hinsicht auf jede der Figuren zu. Alle sind äußerlich und innerlich absolute Unikate und Individualisten. Sie sind liebenswert und knuffig – vor allem in 3D – und gleichzeitig sind sie alle herrlich unperfekt. Agentin Wilde beispielsweise ist trotz ihrer großen Nase in ihrer Animationswelt eine überzeugende und attraktive Erscheinung. Alleine durch das Aussehen der Figuren wird bereits eine wunderbare Botschaft vermittelt, die man mit menschlichen Darstellern nicht besser hätte transportieren können.

Im Verlauf der Story werden von allen der animierten Darsteller vielfältige Wesenszüge offenbart. Der Film nimmt sich trotz der beachtlichen Anzahl verschiedener Figuren Zeit zu deren Entwicklung – diverse Wandlungen und Erkenntnisse inbegriffen. Mit viel Gefühl werden die unterschiedlichsten Themen behandelt. Von den kleinen aber feinen Herausforderungen im Familienleben über Jobangelegenheiten bis hin zu Freundschaft, Partnerschaft, Urteilen und Vorurteilen lässt Ich – Einfach unverbesserlich 2 kaum ein interessantes Thema aus.

Wer denkt, dass Ich – Einfach unverbesserlich 2 nur durch die kleinen gelben Minions lebt, der täuscht sich gewaltig. Die wuseligen überraschungseierkapselförmigen Helferlein sind in der Tat ein unverzichtbares Element in der Welt von Gru und seinen Freunden und ihre Abenteuer sind das Salz in der Animationssuppe. Das ist aber nicht gleichbedeutend damit, dass die restlichen Figuren weniger wichtig oder weniger charmant sind. Mehr noch ist das Gesamtkonzept von der Gestaltung über die Geschichte und ihre Botschaften bis zur Synchronisation gelungen. Dank schwungvoller Präsentation weiß dieser Film Groß und Klein zu begeistern und gefällt mir persönlich sogar einen Tick besser als sein Vorgänger.

Wer Animationsfilme mag und Ich – Einfach unverbesserlich 2 noch nicht gesehen hat, sollte nun schleunigst aufhören zu lesen und ins Kino gehen. Alle, die den Film bereits gesehen haben, können weiterlesen, denn im Folgenden werde ich noch einige Ideen los, die mir nach dem Ende so durch den Kopf spukten, die aber nicht spoilerfrei sind.

ACHTUNG SPOILER!

Von mir aus hätte die Story nämlich gerne noch ein bisschen abgefahrener sein, bzw. einige Wendungen mehr haben können. Teilweise hatte ich fast das Gefühl, man habe es sich hier und da ein wenig leicht gemacht, was aber durchaus sinnvoll sein kann, wenn man Zuschauer aus verschiedenen Altersgruppen gleichzeitig ansprechen will.

Ich jedenfalls hätte beispielsweise auf die lila Aggro-Minions verzichten können, denn ich finde sie in Originalform ungleich unterhaltsamer. Ein Endkampf zwischen einer Armee aus normalen, gelben Minions und Killerkarnickeln oder Killerhühnern wäre sicher ebenfalls cool gewesen. Andererseits hat der einzelne Aggro-Minion, der automatisch nachhause wanderte, zur Lösung beigetragen. Dann allerdings hätte die Freilassung der lila Armee noch für einige wahnsinnige Action sorgen können – dank Geleekanonen hätte man sie am Ende ja trotzdem unschädlich machen können.

Interessant wäre es sicher auch gewesen, einen weiteren Superbösewicht als Endgegner zu etablieren, den man während des Films noch nicht oder nur kurz im Hintergrund zu Gesicht bekommt (z.B. der grimmige, gemeine Verkäufer aus dem Einkaufszentrum). In diesem Zusammenhang hätte El Macho ebenfalls ein Ex-Fiesling sein können, der sich zur Ruhe gesetzt hat und das Familienleben genießt. Er hätte den Dritten dann zusammen mit Gru bekämpfen können. Immerhin hat Gru in der Filmlösung von Anfang an Recht, was in der zwischenzeitlichen Verwirrung um den Besitzer des Perrücken-Shops durchaus in Frage stand.

So oder so, meine Ideen sollen keine schwerwiegende Kritik an Ich – Einfach unverbesserlich 2  sein. Der Film ist gut, so wie er ist und bietet genügend Inhalte und wie man sieht beflügelt er enorm die Fantasie. Alles Weitere hätte die Erzählung wahrscheinlich unnötig verkompliziert. Für den sicher nicht ganz unwahrscheinlichen Fall, dass ein dritter Teil geplant wird und Hollywood jemanden sucht, der sich abgefahrene Geschichten ausdenken kann, wäre ich jedenfalls nicht abgeneigt etwas beizusteuern. Ich hätte da sicher noch ein paar Ideen für die Minions parat …

Die Kunst des Knotens

Es ist immer wieder erstaunlich, über welche Themen in den Medien – besonders in den Online-Medien – berichtet wird. Nicht alles, was im Internet publiziert wird, ist interessant. Viele Seltsamkeiten tummeln sich im Netz. An nicht wenigen kuriosen Berichten und Bildern bleibe ich regelmäßig hängen. Es ist sicher die kunterbunte Vielfalt im Netz, die auch große News-Seiten dazu inspiriert, das Interesse ihrer Leser mit auf den ersten Blick seltsam anmutenden Artikeln zu wecken, die näher betrachtet aber interessante Botschaften vermitteln. Hauptsache die Neugierde wird geweckt! So widmet sich Spiegel Online in einem lesenswerten Artikel dem Zusammenhang von Schuhen, Schnürsenkeln und Mathematik. (Quelle: Spiegel Online)

Zuerst faszinierte mich das Geschriebene, mehr noch weckte das letzte Bild der dazugehörigen Fotostrecke mein Interesse. Als ich den Text unter dem Bild las, traute ich meinen Augen kaum. Das Binden einer Schleife mag für den Außenstehenden nun nicht gerade ein spektakuläres Thema sein, über das es sich länger nachzudenken lohnt. Es gab diesbezüglich allerdings ein Erlebnis in meiner Kindheit, an das ich mich immer erinnern werde.

Es begab sich in den frühen Achtzigerjahren. Ich war im Kindergarten. Da die nette, verständnisvolle und für die Gruppe normalerweise zuständige Erzieherin aus irgendeinem Grund nicht zur Hand war, versuchte sich eine Vertreterin am täglichen Gruppenspiel im Stuhlkreis. Die resolute Dame mit der Absicht, den Kleinen an diesem Tag unbedingt etwas fürs Leben zu lehren, teilte an jedes Kind ein langes Band aus. Dieses musste im Sitzen um einen Oberschenkel gewickelt werden, auf dessen Oberseite eine Schleife gebunden werden sollte. In der Tat konnten einige Kinder sich noch nicht alleine die Schuhe zubinden. Dieser Zustand sollte nun für immer beendet werden.

Die Vertretungserzieherin zeigte langsam, wie das Schleifebinden ihrer Meinung nach richtig ging: Ein einfacher Knoten. Eine Schlaufe. Das andere Band um die Schlaufe herum. Durchziehen. Festziehen. Fertig. So musste das gemacht werden.

Dumm nur, dass ich nicht zu den Kindern gehörte, die keine Schleife binden konnten. Meine Mutter hatte mir schon längst beigebracht, meine Schuhe selbst zuzubinden, allerdings auf eine weniger komplizierte Art: Ein einfacher Knoten. Zwei Öhrchen (Schlaufen). Mit den Öhrchen einen weiteren einfachen Knoten binden. Festziehen. Fertig. Für mich als Kind ging das viel einfacher von der Hand, als die umständliche Wickelaktion mit anschließendem Durchziehen.

Zuerst versuchte ich der Verzieherin – in Anbetracht ihrer Sturheit sicher der passendere Ausdruck – zu erklären, dass es nicht nur eine Möglichkeit gab, musste mich argumentativ aber einem mehrfachen, profanen „Nein!“ geschlagen geben. Solche Situationen sollten mir im weiteren Leben – vor allem im Arbeitsleben – noch öfter begegnen. Sie wollte einfach nicht hören. Argumentieren zwecklos. Schließlich hatte sie sich zuvor penibelst zurechtgelegt, was sie an diesem Tag lehren wollte und es wäre ja unerhört, wenn sie sich da von einem kleinen Naseweis dazwischenfunken hätte lassen. Und wie sie es lehren wollte! Als es um das Leeren des Gruppenraumes am Ende des Vormittages ging, setzte sie kurzerhand fest, dass nur diejenigen Kinder aufstehen und gehen durften, die erfolgreich eine Schleife gebunden hatten.

Ein Mädchen neben mir verzweifelte an dem für Kinderhände komplizierten Knoten. Ich konnte das nicht mit ansehen und verweigerte mich zu dem Zeitpunkt innerlich schon aus purem Trotz dem Lerninhalt. Als die Verzieherin sich verzog und mir den Rücken zuwandte, da sie damit beschäftigt war, anderen Kindern ihre Wahrheit über schön gebundene Schleifen einzutrichtern, zeigte ich dem Mädchen geschwind meine Schleifentechnik. Sie begriff es sofort und freute sich. Verschwörerisch sah ich sie an und legte meinen Finger auf den Mund: „Pssst!“ Im nächsten Moment rief ich die sture Madam herbei und wir präsentierten ihr unsere Ergebnisse. Sie nickte erfreut und lobte obendrein die schönen, gleichmäßigen Schleifen. Dass diese anders gebunden worden waren, als von ihr vorgegeben, bemerkte sie auch mit prüfendem Blick nicht. Wir durften (endlich) gehen.

Jahre später stupste mich eines Tages bei einem Bummel in meiner Heimatstadt ein weibliches Wesen von der Seite an. „Hey! Ja! Du bist es!“ Ich war verwirrt. Wer war sie? Woher kannte sie mich? „Wir waren zusammen im Kindergarten! Du hast mir beigebracht, wie man Schuhe zubindet! Erinnerst du dich? Die Schleifen!“ Natürlich erinnerte ich mich an die Verzieherin, auch wenn ich inzwischen längst beide Schleifentechniken beherrschte. Aus dem Mund der jungen Dame folgte der erstaunlichste Satz der ganzen Geschichte: „Weißt du, ich binde meine Schuhe bis heute so zu!“ Ich war total baff und absolut gerührt. Weder den Tag im Kindergarten, noch das Wiedersehen werde ich jemals vergessen.

Zurück zum Foto auf Spiegel Online und dessen Beschreibungstext, in dem etwas von Kreuzknoten und Altweiberknoten steht, die miteinander verglichen werden. Beim Lesen ratterte es in meinem Hirn und da ich nicht sofort etwas mit den beiden Begriffen anfangen konnte, forschte ich nach. Wikipedia sei Dank (Links im Text) fand ich schnell heraus, was sich hinter den beiden Worten verbirgt und wo die Unterschiede liegen. Schleife ist eben doch nicht gleich Schleife! Die Methode, die mir meine Mutter als die einfachere beibrachte, die zwei kleinen Mädchen lange Erklärungen von einer sturen Frau ersparte, stellte sich am Ende doch als die eigentlich vorteilhaftere Schleife zum Schuhebinden heraus.