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In den Straßen von London

TV-Serien, die in ihrem Verlauf immer besser werden und zusätzlich aus anfänglichen Fehlern lernen, sind rar gesät. Die von der BBC produzierte Fortsetzungsgeschichte um den hochintelligenten John Luther gehört zu diesen seltenen Exemplaren. Im Laufe von insgesamt drei jeweils kurzen Staffeln wird der mit unkonventionellen Methoden arbeitende Detective Chief Inspector (DCI) mit allerlei bizarren Mordfällen konfrontiert. Bei der Präsentation der Verbrechen gehen die Macher rund um Erfinder Neil Cross dabei wenig zimperlich vor. Stilistisch bedienen sie sich querbeet durch das Thriller- und Horror-Genre. Zuschauer mit schwachen Nerven gehören deshalb sicherlich nicht zur Zielgruppe der spannungsgeladenen TV-Serie.

Dass Iris Elbas schauspielerische Fähigkeiten weit über dem liegen, was im Allgemeinen als talentiert bezeichnet wird, hat er bereits eindrucksvoll in seiner Rolle als Russel „Stringer“ Bell, die rechte Hand eines Baltimorer Drogenbosses, in den fünf Staffeln von The Wire (Link zu Wikipedia) bewiesen. Die Figur des eigenbrötlerischen, mit privaten Problemen behafteten und sich um Regeln wenig scherenden John Luther ist ihm wie auf den Leib geschneidert. Als Hauptfigur der TV-Serie trägt er wesentlich zu deren Gelingen bei. In den ersten Episoden noch als etwas zu übermächtig und allwissend eingeführt, gerät der findige DCI glücklicherweise bald an seine Grenzen und wird spätestens ab er zweiten Hälfte der ersten Staffel mit ebenbürtigen Gegnern konfrontiert, die er nicht mehr auf den ersten Blick durchschaut. Stark präsentiert sich an seiner Seite Warren Brown als Detective Sergeant Justin Ripley. Der junge, engagierte Ermittler fungiert als sympathischer Teampartner für seinen mürrischen und sturen Kollegen. Zusätzlich auf Trab gehalten wird Luther durch die in mehrfacher Hinsicht begabte Alice Morgan, geschickt gespielt von Ruth Wilson.

Luther ist allerdings nicht nur wegen der exzellent ausgewählten Besetzung und den spannenden Mordfällen, für die sich im Laufe der Serie positiverweise immer mehr Zeit genommen wird, sehenswert. Es ist der durch geschicktes Framing erzeugte Look, der jeder Folge eine einzigartige Atmosphäre verleiht. Ungewöhnliche Kameraperspektiven und Bildausschnitte sind nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Im ersten Moment unter Umständen etwas gewöhnungsbedürftig, sind es jedoch genau diese Aufnahmen, welche die dunkle Seite der Hauptstadt des Vereinigten Königreichs so greifbar machen.

Mit insgesamt 14 Folgen verteilt auf 3 Staffeln ist Luther für Serienfans ein relativ kurzes Vergnügen. Ob und wie es weitergeht ist bisher nicht eindeutig bekannt. Gerüchte besagen, dass eine Fortsetzung in Form eines Films in Planung sein könnte. Eine vierte Staffel soll es laut Neil Cross allerdings nicht geben. Ob es ein Nachteil ist, eine beim Publikum beliebte und von Kritikern gefeierte TV-Serie so kurzfristig zu beenden, sei dahingestellt. Um sich vor Enttäuschungen zu schützen, sollte man sollte bekanntlich immer gerade dann aufhören, wenn es am schönsten ist. Ich persönlich würde mich freuen, wenn DCI John Luther eines Tages zurückkehren würde, um in den Straßen von London für Recht und Ordnung zu sorgen. Die Form wäre mir egal. Prinzipiell ist das Format durchaus für einen Film geeignet.

Wer Luther noch nicht gesehen hat und jetzt neugierig geworden ist, dem möchte ich den Kauf des Boxsets (Link zur Produktseite auf Amazon.co.uk) mit allen Episoden empfehlen. Wie immer lege ich jedem, der der englischen Sprache mächtig ist, die Originalversion ans Herz. Gegen die in Deutschland angebotene Fassung der Serie spricht in diesem besonderen Fall schon die Tatsache, dass sie nicht alle Episoden enthält, sondern lediglich eine für das ZDF gekürzte und auf die Länge von einem Fernsehfilm pro zwei Folgen zusammengeschnittene Version.

Göttliche Unterhaltung

Ein bisschen Bammel hatte ich schon, als ich den Kinosaal betrat, um mir den brandneuen Marvel-Streifen anzusehen. Nach dem furiosen ersten Leinwand-Team-Up der Avengers hat nach Iron Man nun der Donnergott seinen nächsten Solo-Auftritt. Das dritte Abenteuer des Mannes in der eisernen Rüstung konnte mich nicht wirklich begeistern (Interessierte können meine Kritik hier nachlesen). Hoffnung, dass das enttäuschende Erlebnis ein Einzelfall im Marvel-Filmuniversum bleiben könnte, machten Wolverines Ausflug nach Japan (hier entlang zu meiner Kritik), sowie die fantastischen Trailer zu Thor: The Dark World. Warum man den Titel für Deutschland in Thor: The Dark Kingdom umbenannt hat, kann und will ich nicht verstehen. Lokale Untertitel kann man irgendwie verargumentieren, aber ein neuer englischer Titel ist in meinen Augen schlicht unnötig.

Marvels nordische Saga um die mächtigen, außerirdischen „Götter“ war schon immer etwas Besonderes. Thor und seine Geschichten aus Asgard hoben sich seit jeher von den Erlebnissen seiner Superheldenfreunde von der Erde ab. Seine Welt ist fantastisch, mystisch und hat ihre ganz eigenen Gesetze. Die sehr originalgetreue Umsetzung des alten Königreiches mit all seinen Einwohnern und ihren aufwändigen Kostümen war es, die mich bereits vor zwei Jahren begeisterte, als Kenneth Brannagh den Donnergott zum ersten Mal ins Kino brachte – ganz ohne Angst vor großen Helmen mit markanten Hörnern. Ein Wechsel unter den Machern geht bei Filmfortsetzungen in den allermeisten Fällen mit spürbaren Unterschieden einher. So war es beispielsweise der unverkennbare Stempel von Shane Black, der meiner Meinung nach nicht ganz mit Iron Man harmonieren wollte. Mit Regisseur Alan Taylor hat man im Falle von Thor jedoch einen wirklich passenden Ersatz gefunden. Der erfahrene Filmemacher kennt sich durch seine Arbeit für diverse TV-Serien, wie Game of Thrones oder Die Sopranos, mit fantastischen und komplizierten Familiengeschichten aus (Links zu IMDB). Comicautor Christopher Yost, der sich für das Drehbuch zu Thor: The Dark Kingdom verantwortlich zeigt, bringt das nötige Wissen und den gebührenden Respekt für die Vorgeschichte des Hammerschwingers in gezeichneter und gefilmter Form mit.

Nachdem er gemeinsam mit den irdischen Helden in New York den Angriff der Chitauri erfolgreich abgewehrt hat, ist Thor zurück in seine Heimat Asgard gereist. Seinen hinterlistigen Bruder Loki, der für die Katastrophe auf der Erde verantwortlich ist, nahm er mit. Eingekerkert in einer Zelle im Verlies, verbüßt dieser seine gerechte Strafe, während Thor seiner Aufgabe als Sohn des Königs nachkommt und den Frieden in den neun Welten, über die die Asen als Beschützer wachen, wieder herstellt. Egal wo im Universum er sich befindet, sein Herz lässt ihn sich ununterbrochen nach der Menschenwelt sehnen. Mithilfe von Heimdall, dem Wächter der Götter und Herrn über die Regenbogenbrücke Bifröst, dem Reiseportal der Asen, behält er seine große Liebe, Jane Foster, stets im Blick. Als die ambitionierte Wissenschaftlerin plötzlich verschwindet, greift Thor ein. Das glückliche Wiedersehen wird überschattet von einem Fund den Jane zufällig macht. Dieser ruft das uralte, gefährliche und längst besiegt geglaubte Volk der Dunkelelfen auf den Plan, dessen Anführer Malekith nach der Zerstörung nicht nur einer Welt trachtet. Gegen den Willen von Allvater Odin schmiedet der Donnergott einen gefährlichen Plan, in dem unter anderem Loki eine wichtige Rolle spielt.

Mit Malekith erweckt Christopher Yost einen alten Feind aus den Geschichten um den Donnergott zum Leben. Trotz einiger Vereinfachung der Zusammenhänge bleiben die wichtigsten Eigenschaften des Bösewichtes erhalten, der durch Christopher Eccleston in einer beeindruckenden Maske wahrhaft bedrohlich verkörpert wird. Chris Hemsworth war von Anfang an wie geschaffen für die Rolle des aufbrausenden, blonden Haudrauf, der lieber mit seinem Hammer zuschlägt, als lange zu diskutieren. Der nicht umsonst sehr beliebte Charakter des Loki, wird ein weiteres Mal als perfekter Gegenspieler für wundervolle Dialoge mit dem Donnergott etabliert. Der doppelzüngige Meisters der Täuschung ist und bleibt Tom Hiddelstons Meisterstück. Anthony Hopkins passt als Allvater wie die Faust auf Odins gesundes Auge. In Thor: The Dark Kingdom hat er endlich ein paar wichtigere Szenen. Etwas mehr Zeit bekommen auch Lady Sif und die Drei Krieger. Die Parts der insgesamt vier Charaktere hätten, ginge es nach mir, ruhig noch etwas erweitert werden können. Volstagg (Ray Stevenson), Fandral (Zachary Levi) und Hogun (Tadanobu Asano) sowie die von Jaimie Alexander gespielte Kriegerin bieten jede Menge ungenutztes Potenzial, von dem ich hoffe, dass es in kommenden Thor-Filmen genutzt wird.

In seinen 112 Minuten gewährt der Film der Geschichte Zeit, sich zu entfalten und all seinen Charakteren Raum, fühlbar in Erscheinung zu treten und bei den Zuschauern bleibende Eindrücke zu hinterlassen. Der Wechsel zwischen Action und Romantik, Düsternis und Farbenfreude, Humor und Ernst sorgt durchgehend für Abwechslung. Komponist Brian Tyler passt seine Musik perfekt an das Geschehen an und untermalt es stimmungsvoll, aber nicht zu aufdringlich. Insgesamt kommt Thor: The Dark Kingdom etwas getragener daher als Iron Man 3 oder The Avengers, wo ein Kampf den nächsten jagt (Links zu IMDB). Ich persönlich sehe gerade darin eine Stärke des Films. So wird die Welt des Donnergottes auch für diejenigen, die keine Comics lesen, mit Hintergrund und Leben gefüllt. Wer noch tiefer in das Marvel-Filmuniversum eintauchen möchte, kann die Vorgeschichte zum Film in Comicform nachlesen (Link zur Produktseite auf der Webseite des Panini-Verlages). Ein bisschen Vorwissen ist zum Verständnis des Films generell ratsam, wenngleich nicht zwingend nötig. Wer „The Avengers“ und „Thor“ nicht gesehen hat, wird zwar die Hauptgeschichte, jedoch nicht alle Feinheiten erfassen können. Dies ist das unvermeidliche Resultat des wachsenden Marvel-Filmuniversums.

Thor: The Dark Kingdom verbindet epische Fantasy mit brachialen Heldentaten und super Schurken. Dieses Werk bringt Mjölnir und seinen Besitzer zurück zu ihren Wurzeln und bietet einfach göttliche Unterhaltung. Die nächsten Helden stehen bereits in den Startlöchern und versprechen für das kommenden Jahr jede Menge Nachschub für Superheldenfans und alle, die es werden wollen.

An alle, die Lust auf einen Gang ins Kino und einen Besuch bei Marvels Donnergott bekommen haben, erfolgt an dieser Stelle noch der wichtige Hinweis: Bitte unbedingt bis ganz zum Ende sitzen bleiben, also den GESAMTEN Abspann von „Thor: The Dark Kingdom“ abwarten!

Stadt ohne Helden

Schon lange stand The Wire auf meiner persönlichen Must-See-Liste. Inzwischen habe ich die fünf, mit jeweils 10 bis 13 Episoden relativ kurzen Staffeln der mittlerweile abgeschlossenen TV-Serie gesehen und bin restlos begeistert. The Wire wird nicht umsonst von Fans und Kritikern hoch gelobt und in den Fernseholymp gehoben.

Die Serie beleuchtet das Leben in Baltimore aus verschiedenen Blickwinkeln, wobei jede Staffel einen anderen Schwerpunkt hat. Neben der Arbeit der örtlichen Polizei mit ihren verschiedenen Einheiten, wird der Kampf gegen Drogen und Gewalt auch aus Sicht der Dealer, Drogenbosse und Süchtigen gezeigt. Darüber hinaus erzählt The Wire die Geschichten von Politikern, Hafenarbeitern, Lehrern und Journalisten und davon, welchen Herausforderungen und Problemen sie sich während ihrer Arbeit und im Rest ihres Alltags stellen müssen. Die TV-Serie folgt ihren Protagonisten stets unprätentiös, realitätsnah und ohne Übertreibung. Die Kamera verfolgt und zeigt, ohne jegliche Wertung. Auf Musikuntermalung wird, bis auf wenige Ausnahmen, fast vollständig verzichtet.

Die komplexen Verflechtungen und Zusammenhänge werden nur langsam enthüllt. Wer genau hinsieht wird oftmals mit winzigen und hochinteressanten Details belohnt. Aufgrund der schieren Masse an Charakteren verlangt The Wire dem Zuschauer einige Konzentration und Mitarbeit ab. Diese TV-Serie kann nicht einfach nebenbei konsumiert werden. Dafür sind die Inhalte außerdem zu schwer verdaulich. Gekonnt bauen die Macher ihren Plot auf, in dessen Verlauf keiner vor Enttäuschungen und Stolpersteinen sicher ist und jeder irgendwann von der bitteren und harten Realität eingeholt wird. Lichtblicke, das wird schnell klar, sind rar, klein und kostbar.

The Wire zeigt eine Stadt ohne wirkliche Helden. Jeder einzelne Charakter hat zwei Seiten. Wurde eine davon – je nachdem ob positiv oder negativ – eine Weile beleuchtet, kommt schlagartig die andere wieder zum Vorschein. Wechselbäder der Gefühle sind dem Zuschauer deshalb gewiss und Ausnahmen gibt es keine. Dafür sind alle Protagonisten ausnahmlos menschlich. Dass die Figuren so vielschichtig sind, ist nicht nur den Autoren, sondern auch den großartigen Schauspielern zu verdanken. Egal ob Dominic West als Detective McNulty, Idris Elba als Drogenboss Russel „Stringer“ Bell, Andre Rojo als Drogenabhängiger und Informant „Bubbles“, Lance Reddic als Police Lieutenant Cedric Daniels oder Michael K. Williams als Räuber Omar Little, der davon lebt, Gangster zu bestehlen – um nur einige Beispiele zu nennen – wurde jede Rolle treffsicher besetzt. Die Akteure spielen allesamt mit sichtlicher Hingabe.

Um diese Serie genießen zu können, sollte man sich im Voraus nicht zu viele Gedanken darüber machen, was einen möglicherweise erwartet und getrost die Rolle des unvoreingenommenen Beobachters, die die Macher für ihre Zuschauer vorgesehen haben, einnehmen. Die Belohnung ist ein intensives Erlebnis, eine Achterbahnfahrt der Gefühle und jede Menge Stoff zum Nachdenken. The Wire beleuchtet eine typisierte postindustrielle amerikanische Stadt. Viele der dargestellten Probleme sind allerdings auch für den Rest der Welt nicht ganz undenkbar und nicht allzu fern. Ich kann vor den Machern nur den Hut ziehen und jedem, der die TV-Serie noch nicht kennt, eine dringende Sehempfehlung aussprechen – im englischen Originalton, versteht sich.

Monstrum et Machina

Es gibt kaum eine Zukunftsvorstellung, die mehr Autoren, Filmemacher und andere Künstler beschäftigt wie Mechs (oder Mechas, Link zu Wikipedia). Zwar gibt es heute einige Einsatzgebiete, wie die Forstwirtschaft, in denen Laufroboter zum Einsatz kommen, allerdings sind die in keinster Form von menschenähnlicher Gestalt. In der Science-Fiction sind aber gerade die Maschinen und Maschinenwesen am faszinierendsten, deren Schöpfer ihnen wesentliche Merkmale ihrer selbst übertragen haben. Mechs kommen in den verschiedensten Medien vor und Vorstellungen darüber, wie man sie kontrollieren kann, gibt es viele – querbeet durch alle Länder und Kulturen.

Insbesondere in den Welten von japanischen Mangas und Animes tummeln sich mannigfaltige Visionen von Mechs. Meine persönlichen Favoriten sind die riesigen EVA-Roboter aus Neon Genesis Evangelion (kurz: NGE, Link zu Wikipedia). Dieses Universum mit seiner dramatischen Story und unglaublich vielschichtigen Charakteren, fasziniert mich ungemein. Von Menschen gesteuerte, riesige Kampfmaschinen, die gegen ebenso gigantische Monster kämpfen um die Welt zu retten – ein Grundgerüst, das in einem Satz zusammengefasst werden kann, das jedoch viel komplexer ist, als man annehmen kann. Wer den Stilmitteln japanischer Comickunst nicht abgeneigt ist und die Welt von NGE nicht kennt, dem kann ich sowohl Manga wie auch Animes ans Herz legen.

Apropos japanische Filme und Monster. Bei diesen Stichworten denk wohl jeder sofort an den König der Monster: Godzilla. Der Monsterfilm hat in Japan Tradition und wer sich etwas tiefer mit der Materie befasst, wird schnell erkennen, dass Godzilla nicht das einzige Riesenmonster (japanisch Kaiju, Link zu Wikipedia) ist. Was passiert, wenn Kaijus sich gegenseitig beharken, war schon Gegenstand diverser Filme. Aber was passiert, wenn man Kajus gegen Mechs antreten lässt? Diese Frage hat sich wohl auch Regisseur Guillermo del Toro gestellt, als die Idee für Pacific Rim entstand. Eine Realfilmkombination von Kaiju Eiga (Monsterfilm) und Mechas, funktioniert das? Ja, es funktioniert, prächtig sogar. Das Ergebnis ist ein bombastischer, fantastischer Blockbuster, der die Soundsysteme der Kinosäle in diesem Sommer erzittern lässt.

Auf dem Grund des Pazifiks hat sich ein Riss aufgetan. Dieser Spalt führt nicht ins Erdinnere, sondern in eine andere Welt. Es ist ein Portal, aus dem riesige Kreaturen auf die Erde gelangen. Diese Kaijus sind nicht allein durch ihre Größe gefährlich, sie greifen die Menschheit direkt und ohne Gnade an. In Anbetracht der nicht abreißenden Kaiju-Attacken, hat die Menschheit sämtliche Differenzen beiseite gelegt und sich zusammengeschlossen um gemeinsam neue Waffensysteme zu entwickeln, mit denen man der Lage Herr zu werden versucht. Ergebnis der gemeinsamen Bemühungen sind die Jaeger, riesige Kampfroboter, die von mutigen Piloten gesteuert werden. Um Befehle auf die Maschinen zu übertragen, ist neben technischen Eingabegeräten auch Gedankenkraft vonnöten. Weil die neurale Belastung für einen Menschen alleine zu hoch wäre, stecken in jedem Mech mindestens zwei Piloten, die einen sogenannten Drift vollziehen müssen, bei dem sie ihre Gedanken und Erinnerungen miteinander synchronisieren und zu einer Einheit werden. Die Politiker der Welt werden unruhig ob der Ressourcen, die das Jaeger-Programm verschlingt und planen den Bau einer riesigen Mauer als Alternativplan zur Abwehr der Kaiju. Commander Stacker Pentecost, der an dem Vorhaben der Regierung zweifelt und einen eigenen Plan zur Rettung der Menschheit hat, bleiben mit seinem Team nur wenige Monate, um die Kaiju-Bedrohung ein für alle Mal zu beenden. Er rüstet die verbleibenden Jaeger und ihre Piloten für den finalen Schlag.

Die Welt von Pacific Rim ist eine düstere Zukunftsvision mit einem einzigartigen, comichaften Touch. Charaktere, Monster und Roboter, alles ist ein wenig anders, individuell – außergewöhnlich eben. Ich möchte es nicht „übertrieben“ nennen, denn innerhalb des Universums ist durchaus alles stimmig, auch wenn es einzeln und für sich betrachtet als „over the top“ angenommen werden kann. Zerlegt man das Konzept in seine Bestandteile und klaubt man einzelne Aspekte heraus um sie näher zu analysieren, kommt man zu dem Schluss, dass die Macher das Rad nicht neu erfunden haben. Alles ist irgendwo schon einmal dagewesen. In diesem Fall ist das aber kein Problem, sondern vielmehr ein Merkmal. Guillermo del Toro hat – laut eigenen Angaben in diversen Interviews – dem Fanboy in sich freie Hand gelassen. Er hat all das, was ihm am liebsten ist, genommen und zu etwas Neuem, etwas Großem verwoben. Pacific Rim ist eine im wahrsten Sinne des Wortes gigantische Hommage an Monsterfilme, kombiniert mit einer Mech-Armee, wie man sie vorher noch nie im westlichen Stil und als Realfilm umgesetzt gesehen hat. Die vielen, kleinen, erkennbaren Anspielungen, das immerwährende geradezu wohlige Gefühl des Bekannten zeugen von der großen Sorgfalt, mit der beim Schaffungsprozess recherchiert wurde. Die Widmung des Films an die großen Schöpfer der Monsterfilme, Ray Harryhausen und Ishirô Honda (Links zu Wikipedia), ist nur die logische Konsequenz. Dank grandioser Tricktechnik und geschickt eingesetzten 3D-Effekten wirkt die Welt von Pacific Rim, trotz des möglicherweise für den Mainstream gewagten Ansatzes, greifbar und begreifbar.

Es ist nicht der Fantasie des Regisseurs und Autors geschuldet, dass einige Aspekte des wirklich komplexen Universums auf der Leinwand nicht so detailreich herausgearbeitet werden, wie es ihnen im Grunde gebührt. Das von Guillermo del Toro geschaffene Universum hat so viel mehr erzählerisches Potenzial, als man in 132 Minuten Film packen kann. Es gibt jede Menge interessante Ansatzpunkte, an denen man weiterdenken, sich seine eigenen Geschichten im Kopf spinnen kann. Dass in dieser Welt und ihren Bewohnern mehr schlummert, zeigt schon die Comic-Vorgeschichte, die ich bereits vor Wochen in gieriger Vorfreude verschlang, noch bevor sie bei Cross Cult auf Deutsch erschien (Link zum Comic auf der Webseite des Verlages). Wem der Film gefallen hat oder wer seine Vorfreude noch ein wenig länger auskosten will, der sollte sich dieses Buch nicht entgehen lassen. Im Film beschränkt man sich die meiste Zeit über auf brachiale Action – Metall trifft krachend auf Kaiju. Die Charaktere sind mehr oder weniger Stichwortgeber. Ihre Eigenschaften werden zwar beleuchtet, vor allem die der beiden Piloten des Jaegers namens „Gipsy Danger“, allerdings kommen wegen der schieren Anzahl andere notwendigerweise zu kurz. Ich persönlich würde mich freuen, wenn dies nicht der einzige Ausflug in das faszinierende Universum bliebe. Pacific Rim hat eine Fortführung oder Erweiterung in irgendeiner Form verdient. Comic, Film oder Serie, das ist mir egal.

Neben der Komplexität des Universums kann Pacific Rim durch seinen hervorragenden Soundtrack punkten. Auch bei der musikalischen Untermalung zeigt sich das Herzblut, das die Macher in die Entstehung des gesamten Film gesteckt haben. Ramin Djawadi hat ein markantes Hauptthema geschaffen, das über die gesamte Länge des Films geschickt variiert wird und punktgenau der Story folgend zum Einsatz kommt. Schon lange hat mich kein Score mehr so begeistert, dass ich nach dem Abspann sofort die Musik kaufen wollte.

Hauptakteure des Films sind zweifelsfrei die Kaijus und die von außen betrachteten, abstrahierten Jaeger als Repräsentanten der Menschheit. Szenen wie ein Kampf in einer Häuserschlucht, bei dem ein ganzes Schiff als Schlagwaffe gegen ein Kaiju eingesetzt wird, treiben dem geneigten Monsterfan eine angenehme Gänsehaut auf die Gliedmaßen. Die Menschenebene kommt dennoch nicht zu kurz. Schließlich gibt es die Piloten und ihren strengen Anführer, Stacker Pentecost, gespielt von Idris Elba. Die Rolle des planenden und unnachgiebigen Anführers, der die Truppe von Individualisten zusammenhält, ist keine große Herausforderung für den talentierten Schauspieler. Charlie Hunnam darf als Jaeger-Pilot Raleigh Becket seinen Charme spielen lassen und beweist gleichzeitig, dass er in der Riege der jüngeren Mimen in Hollywood durchaus zu den talentierteren gehört. Gleiches gilt für Rinko Kikuchi, die man sicher in Zukunft auch außerhalb Japans mehr sehen wird. Sie spielt die japanische Pilotin Mako Mori. Positiv aus der Masse stechen außerdem Max Martini als bodenständiger Herc Hansen und die bezaubernde Mana Ashida als junge Version von Mako Mori hervor. Charlie Day und Burn Gorman genießen ihre Rollen als schräge Wissenschaftler sichtlich und Ron Perlman brilliert als zwielichtiger Schwarzmarkthändler Hannibal Chau. Der Rest geht leider im Monstertumult aus oben genannten Gründen etwas unter.

Wochen und Monate habe ich mich auf diesen Film gefreut, habe jeden Informationsschnipsel aufgesogen. Das lange Warten auf Pacific Rim hat sich aus meiner Sich auf jeden Fall gelohnt. Ich habe jede Minute der gigantischen Monsterschlacht genossen. Dieser Film lohnt sich für jeden, der gut gemachte Science-Fiction-Action zu schätzen weiß und bereit ist, auch einen gedanklichen Blick hinter die sehenswerte Fassade zu werfen. Wie beim Blick aus dem Flugzeug, stellt sich manches nach der Landung als weniger flach heraus, als man aus der puren Draufsicht denken mag.