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Elektrisierende Kletterpartie

Über Sinn und Unsinn von Remakes und Reboots wird unter Kritikern und Cineasten allerorts heftig und kontrovers diskutiert. Selten hat ein filmischer Neustart allerdings so viel Spaß gemacht, wie bei Marvels wandkrabbelndem Helden im hautengen, rot-blauen Anzug. Nach Abschluss von Sam Raimis Spider-Man-Trilogie entschied man sich bei Sony aus diversen Gründen anstelle einer Erweiterung der Serie dafür, den Vorhang fallen zu lassen und im Jahr 2012 unter dem Titel The Amazing Spider-Man (Link zu IMDB) ganz neu aufzuziehen. Wie sich – entgegen aller anfänglichen Zweifel – herausstellte, war dies genau der richtige Ansatz. Überschlugen sich in Spider-Man 3 (Link zu IMDB) noch die Ereignisse und versuchten die Macher krampfhaft, möglichst viel Inhalt in etwas mehr als 2 Stunden Film zu quetschen, besannen sich die neuen Drehbuchautoren zurück auf das Wesentliche: Ein Held und dessen Entwicklung plus ein klassischer Hauptgegner. Darüber hinaus wurden die Netzdrüsen eliminiert. Jene waren Spider-Fans bereits ab dem ersten Kinoauftritt des Netzschwingers ein Dorn im Auge. Der neue, jüngere Spider-Man hatte endlich Netzdüsen!

Nach dem rundum gelungenen ersten Teil, der den Spinnenmann wieder näher an die Comicvorlage rückte, waren die Erwartungen an die Fortsetzung entsprechend hoch. Skepsis schürten jedoch die Trailer zu The Amazing Spider-Man 2: Rise of Electro (The Amazing Spider-Man 2), enthielten sie schließlich Hinweise auf drei verschiedene Feinde. Obwohl im Film neben dem titelgebenden Meister der Elektrizität auch der Green Goblin und Rhino vorkommen, schaffen es Roberto Orci und Alex Kurtzman die Geschichte so zu konstruieren, dass sie keine wilden Kapriolen schlägt und Electro nie aus dem Fokus gerät. Die restlichen Figuren werden nicht mutwillig verheizt, sondern parallel entwickelt und aufgebaut. Anders als im Vorhinein suggeriert, spielt der Mann im mechanischen Nashornanzug lediglich eine sehr untergeordnete Rolle und auch die Einführung von Harry Osborn und dessen Wandlung zum Grünen Kobold auf dem Fluggleiter vollzieht sich so, dass sie dem Gewicht und der Bedrohlichkeit des blauhäutigen Blitzverteilers nicht schadet. Geschickt ist auch die Darstellung von Electro als gebeutelte und nicht von Natur aus bösartige Existenz – eine erfrischende Abwechslung zu den üblichen intrinsischen Weltherrschaftsfantasien von Superfeinden.

Zu der nicht zu schnell, nicht zu langsam und in atemberaubenden 3D-Bildern erzählten Geschichte, die sogar genügend Raum lässt, um Peter Parkers nicht gerade unproblematisches Privatleben zu beleuchten, kommen Darsteller, die ihre Rollen allesamt sichtlich genießen. Andrew Garfield verkörpert die typischen Eigenschaften des wendigen, vorlauten und nie um einen schlagfertigen Spruch verlegenen Spider-Man so viel stärker, als es Tobey Maguire jemals gelungen ist. Mit Emma Stone als Gwen Stacy begehrt er jene Frau, die auch in den Comics seine erste große Liebe ist. Zuhause gibt sich seine Tante May, gespielt von Sally Field, alle Mühe, die Gedanken ihres Schützlings zu verstehen und ihm mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Die Figur von Dane DeHaan als Harry Osborn und Peters Freund aus Kindertagen wirkt im ersten Augenblick etwas aus dem Zusammenhang gerissen, entwickelt sich aber schnell zu einer sinnvollen Ergänzung des Gesamtkonzepts und einem guten Ansatz für die beiden bereits geplanten Fortsetzungen zu The Amazing Spider-Man 2: Rise of Electro. Die meiste Zeit des Films über macht Jamie Foxx als Electro dem Netzschwinger das Leben schwer. Dass sein Aussehen an das aus dem Ultimativen Marvel Comicuniversum angelehnt ist, passt gut zu der jungen Version des Helden und entfaltet dank Computerunterstützung optimal seine Wirkung. Der Endkampf zwischen den beiden Kontrahenten ist so gekonnt animiert, dass er wahrhaftig wirkt, als seien Bilder aus einem Comicheft zum Leben erweckt worden.

Überhaupt verbreitet die in The Amazing Spider-Man 2: Rise of Electro von Regisseur Marc Webb und seinem Team präsentierte Action durchweg pures Superheldenflair. Die zwischendurch eingestreuten, langsamen und romantischen Szenen sind zwar präsent und für den Fortgang der Geschichte durchaus von Bedeutung, werden jedoch nicht unnötig in die Länge gezogen. Etliche Anspielungen auf weitere Charaktere und Hinweise auf die zukünftigen Leinwandabenteuer von Spider-Man und ein Ende, das als langersehnte Hommage an die Vorlage gesehen werden kann, vollenden den Film zu einer elektrisierenden Kletterpartie, die das Potenzial hat, sowohl Comicleser als auch reine Kinogänger zufriedenzustellen. Mit Kamerafahrten, die Bauchkribbeln auslösen, einem coolen Helden und interessanten Gegenspielern ist The Amazing Spider-Man: Rise of Electro den Preis für die Eintrittskarte ins nächstgelegene Filmtheater wert.

Hi-Yo Silver! Away!

Würde ich meine Kinobesuche von der vorherrschenden Meinung abhängig machen, hätte ich mir Gore Verbinskis neues Werk, The Lone Ranger, wohl nicht auf der großen Leinwand angesehen. Es gab schon lange keinen Film mehr, der bereits im Voraus so oft und mit solcher Inbrunst zerrissen wurde, wie dieser. Die meisten Kritiker lassen kein gutes Haar an der erneuten Zusammenarbeit des Regisseurs mit Publikumsliebling Johnny Depp. Warum also überhaupt ins Kino gehen?

Disney macht es sich in den letzten Jahren spielfilmtechnisch zugegebenermaßen nicht gerade einfach. Schon mit John Carter: Zwischen zwei Welten (John Carter, Link zu IMDB) hauchte man einem Charakter neues Leben ein, der Jahrzehnte – in diesem Fall sogar über neunzig Jahre – zuvor erdacht wurde und heute vom Konzept her so gar nicht mehr mainstreamtauglich daher kommt. Ich mag Edgar Rice Burroughs Charaktere, lese regelmäßig die Comicabenteuer von John Carter als Warlord of Mars (Link zum ersten Heft auf der Webseite des Dynamite Verlages) und habe den Film sehr genossen. Bereits in diesem Fall blieb ich stur, ging allen schlechten Kritiken zum Trotz ins Kino und wurde äußerst positiv überrascht. Der Film bewegte sich obendrein sehr nahe an der Buchvorlage, „A Princess of Mars“, die unter dem folgenden Link zur Library of Congress online und im englischen Original völlig kostenfrei gelesen werden kann. Auch auf diversen eBook Readern gibt es das Buch gratis zum Download. Von mir eine klare Leseempfehlung. Die Geschichte ist, wie sie ist und die Filmumsetzung ist in meinen Augen sehr gelungen, weshalb es „John Carter: Zwischen zwei Welten“ bis in meine Hitliste der Filme des Jahres 2012 schaffte. Dass die Kinoversion bei vielen Zuschauern keinen Anklang fand, schreibe ich falschen Erwartungen zu. Wie die Erwartungshaltung des Gros der Kritiker genau war, kann ich nicht sagen.

Mit The Lone Ranger verhält es sich ganz ähnlich wie mit dem Marsbesucher: Das Konzept hinter dem Film könnte klassischer nicht sein – nur dass es sich dieses Mal nicht um Science-Fiction sondern um Western handelt. Die Abenteuer des letzten Texas Rangers im Wilden Westen begannen 1933 in den USA im Radio, gefolgt von der weltberühmten TV-Serie in den 1950er Jahren (Link zu Wikipedia) und einigen Filmumsetzungen. Als ich klein war lief die Serie noch immer im deutschen Fernsehen und es war vor allem die Zeichentrickserie (Link zu Wikipedia), die es mir sofort angetan hatte.

Mein Herz für Cowboy-und-Indianer-Geschichten war schon immer groß. Zu gerne schaute ich mir mit meinem Vater Westernfilme an. Im Sonntagnachmittagsprogramm lief fast immer irgendein Western. Einzig für Winnetou und Old Shatterhand konnte ich mich nie begeistern. Ich habe es versucht. Ehrlich! Ich habe die Filme geschaut und angefangen das erste Winnetou-Buch von Karl May zu lesen. Das war so ziemlich die einzige Westerngeschichte, die mir jemals zu langweilig war. Das Buch, so gebe ich offen und ehrlich zu, habe ich nach der Hälfte weggelegt und nie wieder angefasst.

Lone-Ranger-Comics aus meiner Sammlung

Den Lone Ranger hingegen, mag ich sehr. Seine Abenteuer werden nach wie vor in Comics fortgeschrieben, auch das hat er mit John Carter gemein. Links ein Beweisfoto aus meiner Comicsammlung. Ich habe für das Foto wohlgemerkt nicht alle Hefte aus ihren gemeinsamen Hüllen befreit.

Meine Begeisterung für Western und für den Charakter des Lone Ranger waren für mich Antwort genug auf die Frage danach, warum ich The Lone Ranger unbedingt im Kino sehen musste und, hier steht er dem Planetenbummler John Carter ebenfalls in nichts nach, der Film gefiel mir sehr. Sämtliche Negativkritiken kann ich persönlich nicht nachvollziehen.

The Lone Ranger erzählt die Entstehungsgeschichte des Westernhelden mit der schwarzen Dominomaske und dem weißen Cowboyhut. Nachdem John Reid sein Jurastdium erfolgreich abgeschlossen hat, reist er als frischgebackener Anwalt mit großen Träumen und Ambitionen in seine Heimatstadt Colby in Texas, um dort seinem Beruf nachzugehen und für Recht und Ordnung zu sorgen. Ganz anders als sein Bruder Dan, ein Texas Ranger mit Leib und Seele, hat John keinen Hang zu Feuerwaffen und wilden Verfolgungsjagden. Im selben Zug, in dem John entspannt gen Heimat fährt, befinden sich zwei Gefangene: der Indianer Tonto und der Gesetzlose Butch Cavendish, der in Colby für seine Verbrechen gehängt werden soll. Butchs Gefolgsleute können das über ihren Anführer verhängte Todesurteil nicht einfach hinnehmen. Deshalb überfallen kurzerhand sie den Zug. Nach der haarsträubenden Befreiungsaktion der Banditen mit dem Leben davon- und in Colby angekommen, wird John von seinem Bruder trotz geäußerter Skepsis als Texas Ranger rekrutiert. Er soll helfen Butch wieder einzufangen. Als sie die Spur der Bande verfolgen, geraten die Ranger in einen Hinterhalt. Nur John Reid überlebt und sinnt ab sofort nach Rache. An seine Seite heftet sich Tonto, der seine ganz eigenen Motive für die Verfolgung von Butch hat. Zusammen mit dem Indianer macht sich John als maskierter Lone Ranger auf die Suche nach dem Mördern seines Bruders und kommt einem viel größeren Geheimnis rund um den Bau der ersten Eisenbahnstrecke quer durch Amerika auf die Spur.

Gore Verbinski inszeniert in The Lone Ranger einen klassischen Western, in einer Art, die sowohl dem Charakter als auch dem Genre angemessen ist. Wer keine Western mag, sollte diesem Film fernbleiben. Hier gibt es weite Prärielandschaften, wilde Schießereien und schrullige Charaktere – ganz so wie es sich für den Wilden Westen gehört. Dabei wird die Zeit der Erschließung und Besiedlung Amerikas nicht glorifiziert und es wird nicht romantisiert. Das Leben in der Wüste ist staubig und das sieht man. Zusätzlich werden die Konflikte mit den Indianern, deren Enteignung und deren verzweifelter Kampf thematisiert – nicht aufdringlich aber auch nicht beschönigend. Nicht nur der Lone Ranger muss erkennen, dass die Trennung zwischen Zivilisierten und Wilden oft nicht da verläuft, wo man sie zuerst vermuten mag. Die Kämpfe und Schießereien werden vergleichsweise brutal dargestellt, schließlich geht es nicht um Kinder, die ihre ausgestreckten Zeigefinger als Pistolenersatz aufeinander richten. Bis er seine Rolle als Held, als der letzte Ranger der für die Einhhaltung der Gesetze sorgt, findet, wird John Reid mit etlichen Problemen seiner Zeit konfrontiert. Das Heldentum kommt freilich nicht zu kurz. Geschickt wechseln sich erste Themen mit hinreißenden Gags ab.

Sehr gut gefiel mir die gewählte Erzählstruktur. Die Haupthandlung wird in eine kleine aber feine Rahmenhandlung eingebettet, in der ein alter Tonto seine Geschichte einem kleinen Fan des Lone Ranger erzählt – zu der Zeit, als die Abenteuer des ungleichen Duos das erste Mal im Radio zu hören waren. Das Gespräch zwischen den beiden wird dynamisch eingesetzt, um die Hauptstory zu beschleunigen. Dinge, die man dem Zuschauer nicht in epischer Breiter zeigen muss, die sich jeder denken kann, werden ausgelassen. Das führt dazu, dass die Präsentation noch schwungvoller wird.

Armie Hammer spielt seine erste große Hauptrolle als John Reid mit sichtlicher Freude. Der Charakter des Lone Ranger passt nicht nur äußerlich gut zu ihm. Johnny Depp liefert eine ganz eigene Interpretation des Tonto ab. Sein Make-up wurde inspiriert von dem Gemälde „I am Crow“ von Kirby Sattler. Die starke Kriegsbemalung mag für Lone-Ranger-Fans zuerst befremdlich wirken, Johnny Depp nutzt sie allerdings meisterlich um seinem Tonto trotz aller Sympathie immer etwas Unberechenbares zu verleihen. Das Team aus Lone Ranger und Tonto harmoniert vortrefflich und wenn die beiden miteinander diskutieren, hört man sehr oft lautes Lachen im Kinosaal. Unterstützung erhalten die Helden von Helena Bonham Carter als Red Harrington, eine resolute Puffmutter mit Holzbein, die sich zu wehren weiß. Außergewöhnliche Rollen stehen Frau Bonham Carter einfach am besten und ich genoss, wie so oft, ihre Anwesenheit auf der Leinwand sehr. Mut zur äußeren wie innerliche Hässlichkeit beweist Willian Fichtner, der in seiner Schurkenrolle als Butch Cavendish aufgeht. Alle Herzen erobert dagegen der tierische Begleiter des Lone Ranger, ein Pferd namens Silver, das für seine Rolle noch nicht einmal umbenannt werden musste.

Bei der musikalischen Untermalung beweist Hans Zimmer ein weiteres Mal sein Talent für passgenaue und bombastische Soundtracks. Analog zur Geschichte startet die Musik langsam und mit typischen Westernsounds und wenn zum großen Finale die Wilhelm-Tell-Ouvertüre von Rossini – schon immer das Titellied des Lone Ranger – virtuos variiert wird, hüpft das Fanherz höher.

Gore Verbinski packt in The Lone Ranger alles hinein was in einen echten Lone-Ranger-Film gehört und beweist Mut indem er historische Themen zwar mit jeder Menge Slapstick-Humor versieht, jedoch die ernsten Untertöne immer mitspielen lässt. Der Abspann wirkt wie ein Abgesang auf den guten, alten Western. Vielleicht möchte der Regisseur damit sagen, dass dieser Film womöglich einer der letzten seiner Art sein könnte. Ich hoffe das nicht – auch wenn The Lone Ranger nicht den nötigen finanziellen Erfolg hat.

Wo und wie die Macher das Budget für The Lone Ranger verwendet haben und wie hoch dieses war, ist mir egal. Ich wollte einen Film sehen, der der Figur und dem Genre treu bleibt, der an den richtigen Stellen mit waghalsigen Stunts und stimmigen Spezialeffekten aufgepeppt wird und der vor allem eines: der mich unterhält. Das hat The Lone Ranger auf jeden Fall geschafft. Ich sage nur noch ein Wort: Killerkarnickel!

Die Konsequenzen, die Disney zieht, die Tatsache, dass für den nächsten Teil von „Pirates of the Caribbean“ ein geringeres Budget zur Verfügung gestellt werden soll, sehe ich übrigens unkritisch, denn ich traue es dem Team um Gore Verbinski und Johnny Depp zu, dass sie auch mit weniger Budget nach wie vor gute und unterhaltsame Filme machen können.

Wenn der Lone Ranger auf Silver aufsteigt und zum Abschied „Hi-Yo Silver! Away!“ ruft, winke ich ihm fröhlich hinterher.

Held der Helden

Wer meinen Artikeln auf diesem Blog schon länger folgt, weiß, dass meine Leidenschaft für Comics und Superhelden groß ist. Ich kann nicht mehr genau sagen mit welchem Helden genau meine Begeisterung für durchtrainierte Männer und Frauen in bunten, hautengen Kostümen anfing – ich habe jeden von ihnen sofort bei der ersten Begegnung ins Herz geschlossen. Allerdings weiß ich, dass Superman, der größte und mächtigste Held von allen, es schon sehr früh geschafft hat, meine Aufmerksamkeit zu erregen. Die Filme mit Christopher Reeve, der sich in seiner Rolle als Stählerner in den Herzen der Fans unsterblich gemacht hat, habe ich schon als Kind geliebt. Seitdem beleitet mich der muskulöse, fliegende Mann und wann immer seine Abenteuer in irgendeiner Form festgehalten werden, werden sie von mir gelesen oder angesehen. Die regelmäßig erscheinenden Comichefte, die sehr romantisch angesiedelte Serie Superman – Die Abenteuer von Lois & Clark, der sehr langweilig geratene und deshalb als Neustart im Kino ungeeignete Film Superman Returns und die grandiose Neuinterpretation von Clark Kents Jugend im TV, Smallville, ich kenne sie alle. Schon lange war ein weiterer Kinofilm, ein wirklicher Neustart, für Superman überfällig. Schließlich tummeln sich viele seiner Heldenkollegen seit einigen Jahren in regelmäßigen Abständen auf der großen Leinwand und seit Marvel’s The Avengers träume ich von einem ähnlichen Crossover-Film mit den Helden aus dem DC-Comicuniversum. Entsprechend groß war meine Vorfreude, seit bekannt wurde, dass der Mann aus Stahl tatsächlich einen Kinoneuanfang erhält. (Links in diesem und im folgenden Absatz zu IMDB)

Nachdem die erste Skepsis ob des seltsamen Fischerbootes und einem fischenden, bärtigen Clark Kent im Teaser-Trailer dank weiterer, wunderschöner Videos schnell verflogen war, stieg die Vorfreude bis zu meinem Endgültigen Kinobesuch ins Unermessliche. Gleichzeitig nagte im Hinterkopf stetig dieser kleine, sich nicht ganz auflösen wollende Zweifel, die Erinnerung and The Dark Knight Rises und an Iron Man 3, die mich beide dank krasser Änderungen bei essentiellen Charaktermerkmalen von wichtigen Figuren im Vergleich zur Comicvorlage herbe enttäuscht haben. Auch der letzte Film von Regisseur Zack Snyder, Sucker Punch, fand ganz und gar nicht meine Zustimmung, wenngleich mich seine restlichen Werke schwer begeisterten – insbesondere Watchmen und 300. Nachdem ich Man of Steel gesehen habe, kann ich bestätigen, dass der Film mit den prügelnden Schulmädchen nur ein Ausrutscher war. Herr Snyder hat es immer noch drauf und muss sich deshalb nicht in meine persönliche Negativ-Liste neben Steven Soderbergh, Taylor Hackford und Herrn Nolan einreihen. Ich kann in diesem Zusammenhang gar nicht sagen, wie froh ich bin, dass Mr. Nolan den neuen Superman-Streifen nur produziert und seine Finger vom Drehbuch gelassen hat. Zack Snyder gehört dagegen zu denjenigen Regisseuren, die ich besonders schätze, gerade weil sie einen ganz eigenen Stil haben,  diesen verfolgen und stetig optimieren. Mit Man of Steel führt er seinen beachtlichen Track Record an gelungenen Comicverfilmungen fort. Der Film profitiert auch durch Drehbuchautor David S. Goyer, der seine Liebe zu Superhelden seit Mitte der Neunziger konsequent pflegt und in Hollywood-Drehbüchern auslebt und durch das Mitwirken von Hans Zimmer, der das Geschehen auf der Leinwand mit einem bombastischen Soundtrack untermalt und das bekannte Superman-Thema auf wundervolle Weise neu interpretiert.

Die Story von Man of Steel ist schnell erzählt. Es ist die Anfangsgeschichte des Helden aller Helden, einem Außerirdischen vom Planeten Krypton. Kal-El wird als Baby von seinen Eltern kurz vor der Zerstörung seiner Heimatwelt in ein Raumschiff gelegt und zur Erde entsandt. Dort wächst er in der Obhut seiner bodenständigen und treusorgenden menschlichen Adoptiveltern Jonathan und Martha Kent auf einer kleinen Farm in Kansas unter dem Namen Clark Kent auf. Während er zu einem stattlichen und äußerst gut gebauten Mann heranwächst merkt er, dass er über verschiedene übermenschliche Fähigkeiten verfügt. Mit der Zeit lernt er diese zu beherrschen. Von Hilfsbereitschaft getrieben und auf der Suche nach seinem Platz auf der Welt reist er durch das Land, immer darauf bedacht nicht aufzufallen oder identifiziert zu werden. Sein bis dato anonymes Leben wird schlagartig auf den Kopf gestellt, als er in der Arktis eine Entdeckung macht, die ihm Klarheit über seine Herkunft verschafft und als ein weiterer Überlebender von Krypton, General Zod, die Erde bedroht und Kal-El dazu auffordert, sich zu stellen. Im Angesicht der Bedrohung vollzieht der einsame Reisende seine endgültige Wandlung zu Superman, denn nur er kann die Welt und die Menschheit retten.

Die Geschichte ist alt. Ja. Die Geschichte wurde schon mehrfach erzählt. Ja. Für einen Neustart muss sie aber ein weiteres Mal erzählt werden. Es führt einfach kein Weg daran vorbei. Die Version von Zack Snyder und David Goyer ist gleichzeitig komprimierter und düsterer, als die bisherigen Erzählungen. Man lässt sich nicht allzu lange Zeit für Vorgeplänkel. Dieser Superman wird schneller ins Kampfgeschehen geworfen, als es ihm lieb ist. Durch diverse kurze Rückblenden werden Blicke in die Vergangenheit von Clark Kent in Smallville geworfen. Inspiriert wurden die Filminhalte von so gut wie allen Auftritten des Helden, der seit dem Neustart des DC-Universums in den Heften und im Film seine rote Unterhose nicht mehr über dem blauen Anzug tragen muss. Das Comicuniversum (Mark Waids berühmte Miniserie Superman: Birthright, Link zu Wikipedia) und seine Charaktere werden zusammengeführt mit deutlich spürbaren Einflüssen der Smallville-TV-Serie und diversen Verneigungen vor den Christopher-Reeve-Filmen. Ich lag mit meinem nach Ansehen der Trailer selbstgeschaffenen Adjektiv „smallville-ig“ gar nicht so falsch. Mir gefällt die Mixtur der verschiedenen, bekannten Aspekte, kombiniert mit Zack Snyders einzigartiger Machart für Filme, sehr gut.

Was Comicverfilmungen anbelangt bin ich durchaus kein unkritischer Mensch. Wenn man Vorlagen und insbesondere Charaktere und ihre wesentlichen Eigenschaften bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt, werde ich fuchsteufelswild. Drehbuchschreiber und Regisseur haben bei Man of Steel so viele Dinge richtig gemacht. Ich persönlich bin mit diesem Neuanfang mehr als zufrieden. Es kursieren eine Menge Berichte und Meinungen in den Medien. Mark Waid, besagter Comicautor, entrüstete sich in seinem Blog über angebliche Untreue zu seiner Vorlage und mehr, dabei erzählt Man of Steel in weiten Teilen eine andere Geschichte. Spiegel Online versuchte Zack Snyder in einem Interview als stumpfsinnigen und effektgeilen Patrioten zu entlarven, dabei kann man den Film an mehreren Stellen sogar als amerikakritisch interpretieren. So begegnet man dem Stählernen im Land der unbegrenzten Möglichkeiten anfangs aus purer Angst mit einem riesigen Waffenarsenal, hinterfragt mehrmals seine Treue zu Amerika und versucht ihn sogar mit Drohnen zu beschatten. Superman begegnet allen (Lausch)angriffen und Anschuldigungen mit kühler Gelassenheit. Angebliche Super-Fans entrüsten sich über das Ende, dabei ist es dem Ausgang von „Superman 2“ mit dem als Non plus ultra hingestellten Christopher Reeve gar nicht so unähnlich. Außerdem ist es eine Comicverfilmungen und in Comics leben Totgesagte grundsätzlich länger … Ich kann die künstliche Aufregung nicht verstehen. Die gestraffte Erzählung, die wundervoll inszenierten Bilder und die brachiale Action tun dem Mann aus Stahl gut. Hätte man an dem lange praktizierten Erzählrhythmus mit Fokus auf Supermans romantischer Seite festgehalten, wäre der Film den gleichen Leuten sicher viel zu langweilig und langatmig geworden. Zack Snyder zeigt an den richtigen Stellen Mut zu Veränderungen. Kryptonit, das für Superman lebensbedrohliche Gestein seines Heimatplaneten, kommt beispielsweise in Man of Steel (noch) nicht zum Einsatz, dafür wurden andere, kreative und im Hinblick auf das Gesamtkonzept stimmige Möglichkeiten zur Beeinflussung seiner Kräfte gefunden. Gleichzeitig zollen die Macher den Vorlagen in vielen Szenen ihren aufrichtigen Respekt. Besonders gut gefiel mit eine Stelle, in der Clark Kent in einer Trucker-Bar mit einem Rüpel aneinander gerät und seine Identität im Konflikt nicht preisgeben darf. In „Superman 2“ folgte die Rache verzögert, in Man of Steel folgt sie auf dem Fuß, jedoch nicht am lebenden Objekt.

Wie sagte der Ehemann so schön als wir aus dem Kino kamen: „Das war mehr ein Actionfilm, als ein komplizierter Superheldenfilm. ‚Stirb Langsam 5‘ war dagegen eher ruhig.“ Recht hat er. Die Action steigert sich über den gesamten Film stetig und der Endkampf von Superman gegen Zod, inklusive Luftkampszenen, die direkt den Comicheften entsprungen zu sein scheinen und die mir eine wohlige Ganzkörpergänseaut bescherten, ist einfach nur atemberaubend und absolut episch. Zu viel Zerstörung und Kawumm? Wer das denkt hat noch nie ein Superman- oder Justice-League-Heft in Händen gehalten. In Superheldencomics geht regelmäßig alles zu Bruch. Das gehört so.

Die Auswahl der Schauspieler ist in Man of Steel durchweg sehr gut gelungen. Es mag durchaus weniger schauspielerisches Können, als das richtige Aussehen und erkennbare Muskelmasse vonnöten sein, um Superman darzustellen, Henry Cavill macht seine Sache jedoch sehr gut. Sein Superman ist energischer und wütender als seine Vorgänger, wird aber von denselben Motiven angetrieben und hat dieselben Ideale. In Sachen Romantik ist er um einiges weniger zögerlich, was ihn seinem Comic-Alter-Ego (dem aktuellen, seit dem Neustart des DC-Universums) gleichwohl näher bringt. Es macht großen Spaß dem neuen Leinwand-Superman zuzusehen wie er sich entwickelt. Die Freude, als er erkennt, dass er fliegen kann, die Verzweiflung, als ihn sein Feind zu einer finalen Entscheidung zwingt, das Staunen, als ihm sein leiblicher Vater, Jor-El, mehr über seine Herkunft verrät – eintönig und anspruchslsos ist das, was Henry Cavill in der Rolle des Mannes aus Stahl verkörpert, trotz aller Muskelspielchen auf keinen Fall.

Apropos Jor-El. Russell Crowe macht sich sehr gut als Supermans leiblicher Vater. Er spielt den weisen Erfinder überzeugend und wirkt als Vaterfigur glaubhaft. Positiv aufgefallen ist mir, dass man sich dazu entschieden hat, alle Kryptonier akzentfreier beziehungsweise britischer sprechen zu lassen, als die Bewohner Amerikas. Dieses Konzept gipfelte bei „Smallville“ in einem mit britischem Akzent sprechenden Zod. Michael Shannons General Zod spricht zwar nicht britisch, macht seinen Standpunkt aber stets ohne Umschweife klar. Er ist gefährlich, ein Krieger durch und durch, eine große und mächtige Erscheinung, ein würdiger Endgegner für Superman. Rache allein ist seine Motivation. Bei der Betrachtung von Zod muss ich den an Man of Steel beteiligten Kostümbildnern ein großes Lob aussprechen, denn sie unterstützen ihn und alle anderen Charaktere durch passende und aufwändige Kleindung sinnvoll. An Zods Seite treu ergeben steht Faora, gespielt von der deutschen Hollywood-Newcomerin Antje Traue. Viel bekommt sie nicht zu sagen. Wenn sie ins Bild kommt, macht sie eine gute Figur und an ihrem Schauspiel kann ich nichts aussetzen.

Eine Sache habe ich in Verbindung mit Zod doch an Man of Steel zu meckern. Meinen kritischen Augen und Ohren entgeht nichts! General Zod spricht die für ihn so typischen Worte kein einziges Mal. Dauernd dache ich „Gleich! Gleich sagt er es!“ und „Jetzt! Jetzt kommt es bestimmt!“. Jedoch kam er leider nie dazu „Kneel before Zod!“ (Kniet nieder vor Zod!) zu sagen. Es ist nur eine Winzigkeit, die mich als Fan dennoch gefreut hätte. Da der Rest so großartig ist, drücke ich hier gerne ein Auge zu.

Selbstverständlich spielt in Man of Steel auch Lois Lane mit, Supermans große Liebe. Verkörpert wird sie von Amy Adams. Ganz so gut wie die energische und in jeglicher Hinsicht schlagfertige Lois aus „Smallville“ gefiel mir die neue Lois nicht. Im Vergleich zu Erica Durace wirkt Amy Adams doch ein bisschen blass und zögerlich. Am besten kann ich die neue Lois als eine Mischung aus der Smallville-Lois und deren Vorgängerinnen bezeichnen. Sie ist energischer als Teri Hatcher und Margot Kidder, aber hilfsbedürftiger als Erica Durance. Da im Film der Held im blau-roten Anzug ganz klar im Vordergrund steht, ist die getroffene wahrscheinlich sogar die beste Lösung.

Auf der Seite der Menschen erwähnenswert sind auf jeden Fall noch Supermans Adoptiveltern, gespielt von Diane Lane und Kevin Costner. Beide Rollen sind vergleichsweise klein angesiedelt, in meinen Augen aber gut besetzt worden. Vor Kurzem wurde ich außerdem auf die Tatsache hingewiesen, dass Superman zwei Robin Hoods als Väter hat, was in vielerlei Hinsicht passend ist

Abschließend kann ich nur nochmals meine Begeisterung über Man of Steel zum Ausdruck bringen. Für mich war es ein Fest, die Rückkehr des Stählernen auf der Leinwand so gut umgesetzt zu sehen. Das Warten hat sich gelohnt und meine Vorfreude war berechtigt. Die in diesem Film gelegte Basis ist breit und bietet jede Menge Anknüpfungspunke für weitere Filme, diverse Verweise auf Supermans irdischen Erzfeind Lex Luthor inklusive. Was Zack Snyder und David Goyer bereits an Ideen für diesen Charakter verraten haben, weckt erneute Hoffnung und Vorfreude. Auch bietet die Thematik rund um die Festung der Einsamkeit – Supermans geheimer, arktischer Rückzugsort – durchaus noch Anknüpfungspunkte und über die Beziehung von Lois und Clark ist ebenfalls noch lange nicht alles erzählt.

Im nächsten Schritt wünsche ich mir eine Fortsetzung und eine gleichzeitige Vergrößerung des DC-Filmuniversums, damit irgendwann auch für Superman, Batman und Konsorten ein großes Team-Up als Justice League im Kino möglich wird.