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Eine gar nicht öde Einöde

In der dunklen Jahreszeit stehen nicht nur das Weihnachtsfest und der Jahreswechsel an. Liebhaber von J. R. R. Tolkiens Büchern freuen sich aus einem weiteren Grund auf den Winter: Ein Jahr nach dem Kinostart des ersten von drei Hobbit-Filmen werden mit Der Hobbit – Smaugs Einöde (The Hobbit: The Desolation of Smaug) die Abenteuer des Halblings Bilbo Beutlin und seiner tapferen Reisegruppe endlich fortgesetzt.

Eine Frage, die wohl viele Kinogänger und Mittelerde-Fans nach wie vor bewegt, ist die nach der Sinhaftigkeit, den Stoff eines einzigen und relativ kompakten Buches auf drei Filme zu verteilen. Wo bei der ebenfalls dreigeteilten Verfilmung zu „Der Herr der Ringe“ aus Zeitgründen gekürzt und beschleunigt werden musste, da wird bei der Geschichte um Bilbo sämtliches verfügbares Material herangezogen, um das Geschehen um weitere Details zu ergänzen. Teils bedient sich Regisseur und Drehbuchautor Peter Jackson dabei den Anhängen des Ringe-Epos, teils lässt er seiner Fantasie freien Lauf. Nachdem ich Der Hobbit – Smaugs Einöde nun endlich gesehen habe, kann ich sagen, dass diese Vorgehensweise der Materie in meinen Augen nicht schadet. Die Tolkiensche Welt der Halblinge, Zwerge und Elben ist dank ihres ambitionierten Schöpfers so groß und reich an Interpretationsspielraum, dass an allen Ecken und Enden genügend Möglichkeiten für Ergänzungen bestehen, ohne dass dabei Langeweile aufkommen oder Einfallslosigkeit erkennbar werden muss.

Der Hobbit – Smaugs Einöde setzt dort an, wo „Der Hobbit – Eine unerwartete Reise (The Hobbit: An Unexpected Journey) endete. Bilbo (Martin Freeman) und die Zwergengruppe sind unter der Leitung des Thronerben Thorin Eichenschild (Richard Armitage) nach wie vor auf der Reise zum Berg Erebor. Die altehrwürdige Heimat der Zwerge unter dem „Einsamen Berg“ wird besetzt vom mächtigen Drachen Smaug. Diesen gilt es zu vertreiben und das Königreich der Zwerge wieder aufzubauen. Doch der Weg ist lang und die Zeit drängt. Auf dem Marsch quer durch das Land treffen die Wanderer auf allerlei fremde und ihnen nicht immer wohlgesonnenen Kreaturen und Völker. Dabei ist ihnen eine Armee von Orks ständig auf den Fersen.

Wer denkt, der Inhalt des Buches sei am Ende von Der Hobbit – Smaugs Einöde bereits nahezu vollständig erzählt, der irrt gewaltig. Peter Jackson nimmt sich so viel Zeit, dass genügend Stoff verbleibt, um damit einen weiteren Film füllen zu können. Mit dem Hinzudichten geht er dabei so behutsam um, dass selbst die Szenen mit Legolas (Orlando Bloom) nicht aufgesetzt und störend wirken. Der blonde Elb hat, orientiert man sich streng an der Vorlage, in der Handlung nichts verloren. Da Elben viel älter werden als Menschen und der König der Waldelben, Thranduil (großartig gespielt von Lee Pace), Legolas Vater ist, erscheint die mitunter sehr lustige Begegnung mit den Reisenden jedoch nicht als allzu unwahrscheinlich. Zusätzlich zu einer Fülle an Querverweisen zu seiner „Der Herr der Ringe“-Trilogie ergänzt Peter Jackson die von Männerfreundschaften strotzende Erzählung um eine erfrischende Prise zarte, aber nie zu schnulzige Romantik. Ich für meinen Teil gönne Zwerg Killi jedenfalls seine Gespräche mit der schönen Elbin Tauriel (Evangeline Lilly). Als besonders positiv empfinde ich den sorgfältigen Umgang mit Nebenfiguren, wie dem Pelzwechsler Beorn (Mikael Persbrand) oder dem von Stephen Fry hinreißend schrullig gemimten Meister der Seestadt Esgaroth. Gerade wegen dieser Details ist Der Hobbit – Smaugs Einöde meiner Meinung nach trotz Änderungen und Ergänzungen insgesamt noch näher an der Vorlage als sein Vorgänger.

Bei der Betrachtung von Peter Jacksons gesamtem Mittelerde-Filmuniversum bis zum jetzigen Zeitpunkt kann ich nach wie vor nur den Hut vor der großartigen Leistung aller Beteiligten ziehen. Die einzigen Fragen, die ich mir stelle, betreffen nicht die Hobbit-Filme, sondern vielmehr die „Der Herr der Ringe“-Trilogie. Jetzt, da ich sehe, wie mehr Zeit den präsentierten Inhalten nutzt, sind mir manche Änderungen an dem doch weitaus umfangreicheren Abenteuer von Frodo und seinen Gefährten fast ein Rätsel. Wie gerne hätte ich Tom Bombadil und Goldbeere auf der Kinoleinwand gesehen! Und hätte man das Schmieden von Aragorns Schwert oder die Szene mit dem Schattenheer mit einigen zusätzlichen Filmminuten nicht doch näher an der Vorlage orientieren können? All das ist allerdings Jammern auf hohem Niveau.

Höhepunkt von Der Hobbit – Smaugs Einöde ist zweifellos die Begegnung zwischen Bilbo und dem Drachen Smaug (im englischen Original gesprochen von Benedict Cumberbatch). Das rote Ungetüm, das auf einem Schatz sitzt, bei dem Dagobert Duck neidisch würde, ist das Ergebnis großartiger Animationskunst. Wenn die Haut am langen Hals des Lindwurms beim Sprechen wackelt und seine Brust zu glühen beginnt, bevor er eine Feuersbrunst aus seinem Innern auf seine Feinde ergießt, hüpft mein Herz vor Freude und Verzückung in die Höhe. Besser hätte man das geldgierige Monster nicht auf die Leinwand bringen können. Daher begrüße ich das unvermeidliche Wiedersehen mit Smaug im nächsten Jahr sehr.

Mit einer Spielzeit von 161 Minuten ist Der Hobbit – Smaugs Einöde lang, dank zahlreichen und unterschiedlichen Charakteren sowie wunderschönen Bildern aber nie langweilig. Ich für meinen Teil kann von Mittelerde einfach nicht genug bekommen. Das ist mit Sicherheit auch der Grund dafür, weshalb ich gewisse Déjà-vu-Momente in Punkto Szenerie und Kamerafahrten nicht als störend oder ermüdend empfinde. Es ist vielmehr das wohlige Gefühl in eine bekannte und geschätzte Fantasiewelt zurückkehren zu können. Wer Angst vor langen Fußmärschen und ausgiebigen Gesprächen hat, dem sei versichert, dass Der Hobbit – Smaugs Einöde das Erzähltempo im Vergleich zum ersten Teil erhöht. Bilbo und die Zwerge müssen sich des Öfteren in temporeichen Szenen auf verschiedenste Arten ihrer Haut erwehren. Alles in allem gehört dieser Film für mich definitiv zu den unterhaltsamsten und besten des Jahres.

Kleiner Halbling, großes Kino

Lange Jahre mussten Fans von J. R. R. Tolkiens Büchern warten, bis Der Hobbit, die Vorgeschichte zu Der Herr der Ringe, endlich seinen Weg auf die Kinoleinwand fand. Nach einigem Hin-und-her machte sich Regisseur Peter Jackson, der schon die Herr-der-Ringe-Trilogie verfilmte, daran, die Geschichte um den Halbling Bilbo Beutlin zu verfilmen. (Links zu Wikipedia)

Zuerst war von zwei Filmen die Rede. Auf der diesjährigen Comic Con in San Diego wurde schließlich bekannt, dass das Projekt am Ende doch erneut drei Filme umspannen wird. Als ich dies hörte, war ich zuerst sehr skeptisch. Der Herr der Ringe besteht aus insgesamt drei Teilen/Büchern, von denen jedem ein Film gewidmet wurde. Der Hobbit ist nur ein einziges Buch, das zudem im Vergleich zu seinem Nachfolger in meinen Augen erheblich leichterer Lesestoff ist, schrieb es der Autor doch auch von vornherein für ein jüngeres Publikum.

Woher sollte also der ganze Inhalt für eine weitere Filmtrilogie kommen? Die Antwort ist inzwischen bekannt und lautet: Aus den Anhängen zu Der Herr der Ringe. Diese erklären viel davon, was in und zwischen Der Hobbit und Der Herr der Ringe in Mittelerde geschah und noch einiges darüber hinaus. Sie wurden bei der Verfilmung des letzteren Werkes fast gänzlich außen vor gelassen. Die momentanen Informationen lassen vermuten, dass die Handlung des Buches Der Hobbit mit dem zweiten Film zu großen Teilen abgeschlossen wird und dass der dritte Teil fast ausschließlich Stoff aus den Anhängen enthalten wird.

Pünktlich zur Weihnachtszeit lief nun der erste Film an: Der Hobbit – Eine unerwartete Reise (The Hobbit: An Unexpected Journey), den ich mir als großer Fan von Herrn Tolkiens Büchern natürlich nicht entgehen lassen konnte. So läutete ich den Weihnachtsurlaub mit einem ausgiebigen Kinobesuch ein. Der Film fordert seinen Zuschauern mit seinen 169 Minuten wieder einiges an Sitzfleisch ab.

Ja, der Film ist lang. Allen, die sich fragen, ob er in meinen Augen zu lang ist, kann ich aber mit einem ganz klaren „Nein!“ antworten. Peter Jackson entwickelt mit seiner Darstellung von Mittelerde einen solchen Sog, dass der Zuschauer für die gesamte Zeit einfach in dieser fantastischen Welt gefangen ist und gar nicht merkt, wie die Zeit vergeht. In meinen Augen hatte der neueste James-Bond-Streifen Skyfall mehr Längen als der Hobbit, wenngleich man die beiden Filme vom Genre her nicht miteinander vergleichen kann.

Viel wird diskutiert über die neue HFR-3D-Technologie (High Frame Rate 3D). Mir persönlich hat das Ergebnis sehr gut gefallen. Dank einer höheren Bildwiederholfrequenz von 48 Bildern pro Sekunde (im Vergleich zu standardmäßigen 24 Bildern pro Sekunde), wirken die Bilder klarer und die Landschaften erhalten eine ungeheure Tiefe. Darüber hinaus kann man mit dieser Technologie offenbar die sonst bei 3D-Produktionen oftmals ungewohnten und teilweise nervigen Tiefenunschärfen vermeiden. Der Zuschauer erhält dadurch ein einzigartiges 3D-Erlebnis und kann den Film trotzdem sehen, wie er es möchte. Die in 3D-Filmen gelegentlich auftretenden Unschärfen in der Umgebung lassen dem Betrachter oftmals gar nicht die Möglichkeit, die Landschaften und das, was um die Charaktere herum passiert, zu betrachten. Gleichzeitig ist das in meinen Augen aber genau einer der Punkte, die es so interessant machen, Filme auf der großen Kinoleinwand zu sehen. HFR 3D macht dies nun zusätzlich zu 3D-Efekten möglich. Gleichzeitig sorgt die Produktion in und für 3D dafür, dass was die Tiefe anbelangt, sowohl vor  vor und hinter der Leinwand Raum gewonnen wird. Peter Jackson nutzt in seinem ersten Film alle Räume vorzüglich aus. Der Hobbit – Eine unerwartete Reise bietet 3D-Kino at its best und ist deshalb auch für technikbegeisterte Cineasten äußerst interessant.

Wurde die Handlung des Buches wie schon bei Der Herr der Ringe für den Film verändert? Ja. Die Handlung des Films folgt nicht eins zu eins dem Buch. Der Regisseur präsentiert dem Zuschauer den Film allerdings als Erzählung des aus Der Herr der Ringe bekannten, älteren Bilbo Beutlin, als dieser gerade dabei ist, seine Erlebnisse aufzuschreiben. Darüber hinaus gibt Gandalf im Film den verschmitzten Hinweis, dass Geschichten dazu da sind, ausgeschmückt zu werden. Aufgrund dieser charmanten Präsentation bin ich persönlich durchaus bereit, die Unterschiede zur Vorlage anzuerkennen. Was mir im Großen und Ganzen auffiel ist, dass die Rollen einiger Figuren verändert, einige Aspekte aus den Anhängen hinzugefügt und einige Dinge weiter ausgeschmückt wurden. Für mich persönlich bewegt sich aber alles in einem Rahmen, den man als künstlerische Freiheit sehen kann. Schließlich gibt es auch von der Buchvorlage verschiedene Übersetzungen, über die die Fangemeinde diskutiert.

Was Peter Jackson meiner Meinung nach ein bisschen weiter herausarbeiten hätte können, ist der dem Buch so eigene Humor. Der Film kommt düsterer und getragener daher, jedoch ohne den Humor ganz vermissen zu lassen. Es gibt durchaus humorige Stellen, mehr als bei Der Herr der Ringe und das ist auch vollkommen richtig so, für meinen Geschmack hätte es an der einen oder anderen Stelle aber ruhig noch etwas mehr sein können. Durch diesen Eingriff erreichen die Macher allerdings, dass der Hobbit sich als Herr-der-Ringe-Prequel besser in das Gesamtkonzept einfügt. Dafür sind die Actionszenen aber viel rasanter inszeniert, als bei Der Herr der Ringe, was zum Teil sicherlich dem technischen Fortschritt geschuldet ist.

Sehr positiv fiel mir auf, dass die Bewohner von Mittelerde nun endlich einmal singen – zumindest die Zwerge. In den Büchern lebt Mittelerde durch seine Gedichte und Lieder. Jedes Volk hat seine eigenen. Gerade diese Lieder habe ich in den Herr-der-Ringe-Filmen schmerzlich vermisst, machen sie doch die sagenhafte Welt und ihre Charaktere noch lebendiger. Die Szene, als die Zwerge in Bilbos Hobbithöhle ankommen, dort ein Fest veranstalten und anschließend beisammen sitzen und singen, hat deshalb mein Herz erwärmt und höher schlagen lassen. Generell ist die musikalische Untermalung von Howard Shore ganz wundervoll und mehr als passend, geradezu perfekt.

Am Ende waren es in meinen Augen gerade die ruhigeren Szenen, die den Film zu einem so einzigartigen Erlebnis machen. Wenn Gandalf über Freundschaft und seine Vermutungen, wer wie Einfluss auf die Geschicke der Welt nehmen kann, erzählt und Ian McKellen großartige Schauspielkunst darbietet, bin ich in Mittelerde angekommen. Außerdem ist Peter Jackson ein absoluter Detail-Künstler. Von der Ausrüstung der Charaktere bis zum kleinsten Nebenpart (z.B. ein kleiner Ork-Bote auf einer Seilbahn) ist alles bis ins Kleinste ausgearbeitet.

Generell ist es schön, dass die aus Der Herr der Ringe bekannten Figuren von denselben Schauspielern verkörpert werden, wenngleich ich nach wie vor Hugo Weaving als Elrond für eine der größten Fehlbesetzungen aller Zeiten halte. Elrond wird in den Büchern als ausgesprochen schöner Halbelb beschrieben. Es mag ja alles Geschmacksache sein, aber ich habe ihn mir eher so vorgestellt, wie Thranduil, der am Anfang von Der Hobbit – Eine unerwartete Reise auftaucht. Die restliche Besetzung halte ich im Übrigen für äußerst gelungen. Martin Freeman spielt seine Rolle als junger Bilbo mit offenkundiger Freude an der Sache und dementsprechend sehr überzeugend.

Das Highlight des Films war für mich die Szene, in der Bilbo auf Gollum trifft. Atemberaubende Tricktechnik und ein überragender Andy Serkis machen eine unglaublich detaillierte Darstellung dieser zutiefst in sich zerrissenen Figur möglich, bei der der Zuschauer wie auch Bilbo zwischen Verwunderung, Respekt, Angst und Mitgefühl hin und her gerissen wird. Hier wird sich kein Kinobesucher einer emotionalen Reaktion erwehren können.

Peter Jackson zeigt mit Der Hobbit – Eine unerwartete Reise wieder einmal sein einzigartiges Gespür und seine Leidenschaft für Tolkiens Werke. Er hat ein großartiges Kinoerlebnis geschaffen, das ich Fans und Mittelerde-Neulingen gleichermaßen ans Herz legen möchte. Ich bin mittlerweile der Meinung, man hätte Herrn Jackson die Möglichkeit geben sollen, aus Der Herr der Ringe mehr als drei Filme zu machen. Zu viel wurde selbst in der Extended Edition gekürzt (Tom Bombadil) und augenscheinlich auch aus Zeitgründen verändert (Armee der Toten). Denn es sind weniger die Schlachten, als die ruhigen Szenen, in denen man ganz und gar in Mittelerde ankommt und die unglaubliche Tiefe und Komplexität dieser Welt klar vor Augen hat. Fragt man mich nach meinem Gesamturteil, so recke ich alle Daumen, die ich habe, nach oben und ich freue mich schon jetzt auf den zweiten Teil Der Hobbit – Die Einöde von Smaug (The Hobbit: The Desolation of Smaug), der jedoch leider noch ein ganzes Jahr auf sich warten lässt.