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Göttliche Unterhaltung

Ein bisschen Bammel hatte ich schon, als ich den Kinosaal betrat, um mir den brandneuen Marvel-Streifen anzusehen. Nach dem furiosen ersten Leinwand-Team-Up der Avengers hat nach Iron Man nun der Donnergott seinen nächsten Solo-Auftritt. Das dritte Abenteuer des Mannes in der eisernen Rüstung konnte mich nicht wirklich begeistern (Interessierte können meine Kritik hier nachlesen). Hoffnung, dass das enttäuschende Erlebnis ein Einzelfall im Marvel-Filmuniversum bleiben könnte, machten Wolverines Ausflug nach Japan (hier entlang zu meiner Kritik), sowie die fantastischen Trailer zu Thor: The Dark World. Warum man den Titel für Deutschland in Thor: The Dark Kingdom umbenannt hat, kann und will ich nicht verstehen. Lokale Untertitel kann man irgendwie verargumentieren, aber ein neuer englischer Titel ist in meinen Augen schlicht unnötig.

Marvels nordische Saga um die mächtigen, außerirdischen „Götter“ war schon immer etwas Besonderes. Thor und seine Geschichten aus Asgard hoben sich seit jeher von den Erlebnissen seiner Superheldenfreunde von der Erde ab. Seine Welt ist fantastisch, mystisch und hat ihre ganz eigenen Gesetze. Die sehr originalgetreue Umsetzung des alten Königreiches mit all seinen Einwohnern und ihren aufwändigen Kostümen war es, die mich bereits vor zwei Jahren begeisterte, als Kenneth Brannagh den Donnergott zum ersten Mal ins Kino brachte – ganz ohne Angst vor großen Helmen mit markanten Hörnern. Ein Wechsel unter den Machern geht bei Filmfortsetzungen in den allermeisten Fällen mit spürbaren Unterschieden einher. So war es beispielsweise der unverkennbare Stempel von Shane Black, der meiner Meinung nach nicht ganz mit Iron Man harmonieren wollte. Mit Regisseur Alan Taylor hat man im Falle von Thor jedoch einen wirklich passenden Ersatz gefunden. Der erfahrene Filmemacher kennt sich durch seine Arbeit für diverse TV-Serien, wie Game of Thrones oder Die Sopranos, mit fantastischen und komplizierten Familiengeschichten aus (Links zu IMDB). Comicautor Christopher Yost, der sich für das Drehbuch zu Thor: The Dark Kingdom verantwortlich zeigt, bringt das nötige Wissen und den gebührenden Respekt für die Vorgeschichte des Hammerschwingers in gezeichneter und gefilmter Form mit.

Nachdem er gemeinsam mit den irdischen Helden in New York den Angriff der Chitauri erfolgreich abgewehrt hat, ist Thor zurück in seine Heimat Asgard gereist. Seinen hinterlistigen Bruder Loki, der für die Katastrophe auf der Erde verantwortlich ist, nahm er mit. Eingekerkert in einer Zelle im Verlies, verbüßt dieser seine gerechte Strafe, während Thor seiner Aufgabe als Sohn des Königs nachkommt und den Frieden in den neun Welten, über die die Asen als Beschützer wachen, wieder herstellt. Egal wo im Universum er sich befindet, sein Herz lässt ihn sich ununterbrochen nach der Menschenwelt sehnen. Mithilfe von Heimdall, dem Wächter der Götter und Herrn über die Regenbogenbrücke Bifröst, dem Reiseportal der Asen, behält er seine große Liebe, Jane Foster, stets im Blick. Als die ambitionierte Wissenschaftlerin plötzlich verschwindet, greift Thor ein. Das glückliche Wiedersehen wird überschattet von einem Fund den Jane zufällig macht. Dieser ruft das uralte, gefährliche und längst besiegt geglaubte Volk der Dunkelelfen auf den Plan, dessen Anführer Malekith nach der Zerstörung nicht nur einer Welt trachtet. Gegen den Willen von Allvater Odin schmiedet der Donnergott einen gefährlichen Plan, in dem unter anderem Loki eine wichtige Rolle spielt.

Mit Malekith erweckt Christopher Yost einen alten Feind aus den Geschichten um den Donnergott zum Leben. Trotz einiger Vereinfachung der Zusammenhänge bleiben die wichtigsten Eigenschaften des Bösewichtes erhalten, der durch Christopher Eccleston in einer beeindruckenden Maske wahrhaft bedrohlich verkörpert wird. Chris Hemsworth war von Anfang an wie geschaffen für die Rolle des aufbrausenden, blonden Haudrauf, der lieber mit seinem Hammer zuschlägt, als lange zu diskutieren. Der nicht umsonst sehr beliebte Charakter des Loki, wird ein weiteres Mal als perfekter Gegenspieler für wundervolle Dialoge mit dem Donnergott etabliert. Der doppelzüngige Meisters der Täuschung ist und bleibt Tom Hiddelstons Meisterstück. Anthony Hopkins passt als Allvater wie die Faust auf Odins gesundes Auge. In Thor: The Dark Kingdom hat er endlich ein paar wichtigere Szenen. Etwas mehr Zeit bekommen auch Lady Sif und die Drei Krieger. Die Parts der insgesamt vier Charaktere hätten, ginge es nach mir, ruhig noch etwas erweitert werden können. Volstagg (Ray Stevenson), Fandral (Zachary Levi) und Hogun (Tadanobu Asano) sowie die von Jaimie Alexander gespielte Kriegerin bieten jede Menge ungenutztes Potenzial, von dem ich hoffe, dass es in kommenden Thor-Filmen genutzt wird.

In seinen 112 Minuten gewährt der Film der Geschichte Zeit, sich zu entfalten und all seinen Charakteren Raum, fühlbar in Erscheinung zu treten und bei den Zuschauern bleibende Eindrücke zu hinterlassen. Der Wechsel zwischen Action und Romantik, Düsternis und Farbenfreude, Humor und Ernst sorgt durchgehend für Abwechslung. Komponist Brian Tyler passt seine Musik perfekt an das Geschehen an und untermalt es stimmungsvoll, aber nicht zu aufdringlich. Insgesamt kommt Thor: The Dark Kingdom etwas getragener daher als Iron Man 3 oder The Avengers, wo ein Kampf den nächsten jagt (Links zu IMDB). Ich persönlich sehe gerade darin eine Stärke des Films. So wird die Welt des Donnergottes auch für diejenigen, die keine Comics lesen, mit Hintergrund und Leben gefüllt. Wer noch tiefer in das Marvel-Filmuniversum eintauchen möchte, kann die Vorgeschichte zum Film in Comicform nachlesen (Link zur Produktseite auf der Webseite des Panini-Verlages). Ein bisschen Vorwissen ist zum Verständnis des Films generell ratsam, wenngleich nicht zwingend nötig. Wer „The Avengers“ und „Thor“ nicht gesehen hat, wird zwar die Hauptgeschichte, jedoch nicht alle Feinheiten erfassen können. Dies ist das unvermeidliche Resultat des wachsenden Marvel-Filmuniversums.

Thor: The Dark Kingdom verbindet epische Fantasy mit brachialen Heldentaten und super Schurken. Dieses Werk bringt Mjölnir und seinen Besitzer zurück zu ihren Wurzeln und bietet einfach göttliche Unterhaltung. Die nächsten Helden stehen bereits in den Startlöchern und versprechen für das kommenden Jahr jede Menge Nachschub für Superheldenfans und alle, die es werden wollen.

An alle, die Lust auf einen Gang ins Kino und einen Besuch bei Marvels Donnergott bekommen haben, erfolgt an dieser Stelle noch der wichtige Hinweis: Bitte unbedingt bis ganz zum Ende sitzen bleiben, also den GESAMTEN Abspann von „Thor: The Dark Kingdom“ abwarten!

Älter, härter, aber nicht besser

Die Verfilmung des gleichnamigen Comics, RED, aus dem Jahr 2010, ist ein Paradebeispiel dafür, wie man einer Comic-Miniserie für das Medium Film gleichzeitig treu bleiben und sie erweitern kann (Links zu Wikipedia und IMDB). Zugegebenermaßen wäre es nur ein Kurzfilm geworden, wäre man der Vorlage in diesem Fall akribisch gefolgt. Der Film seinerseits führte zu weiteren Comicheften, basierend auf den in ihm enthaltenen Neuerungen. Comic und Film und Comic zum Film konnten mich gleichermaßen begeistern weswegen ich mich sehr auf die Kinofortsetzung freute. Sehr zu meiner Enttäuschung kann das Endprodukt, RED 2, nicht das halten, was der unterhaltsame Trailer verspricht.

Die Geschichte der Fortsetzung schließt zeitlich relativ nahe an die des ersten Teils an. Frank Moses, CIA-Top-Agent im Ruhestand und seine ehemalige Sachbearbeiterin, Sarah Ross, versuchen sich an einem normalen Leben als Paar. Franks bester paranoider Freund und ehemaliger Kollege, Marvin Boggs, ist davon überzeugt, dass die beiden nach wie vor verfolgt werden und dass deshalb auch Sarah in Gefahr ist. Die Warnungen ignoriert Frank galant, bis er schließlich von einer Horde feindlicher Agenten angegriffen wird. Zusätzlich erfährt er von der englischen MI6-Agentin Victoria, dass sie beauftragt wurde, ihn und Marvin zu töten. Die beiden sind die letzten Agenten, die von einer geheimen Operation namens Nightshade wissen. Nightshade ist eine gefährliche Waffe, die von Dr. Edward Bailey, einem hochintelligenten Wissenschaftler entwickelt wurde. Die Rentneragenten begeben sich auf die Suche nach Nightshade und deren Erfinder. Ihre Jagd führt sie quer durch Europa, wobei ihnen der Profikiller Han Cho-Bai immer auf den Fersen ist.

Die Gefühle, die mich bei RED 2 während des gesamten Films beschlichen, waren ganz ähnliche wie bei R.I.P.D. (Link zum Artikel). Ein weiteres Mal wurde großes Potenzial mit einer hanebüchenen Geschichte verschenkt. Zu hektisch wechselt das Geschehen von einem Ort zum anderen, wenngleich die Überblendungen im Comicstil filmisch sehr gut gemacht sind. Zu abstrus ist das Gebilde rund um die Superwaffe und ihre angebliche Wirkung. RED 2 wirkt wie eine Ansammlung aneinandergereihter und obendrein misslungener kurzer Sketche, in denen der rote Faden zu oft einfach unter geht. Eine Story rund um supergeheime Superagenten kann freilich anderen Gesetzen unterliegen, als die Realität. Diese müssen jedoch erkennbar bleiben. Die Macher von RED 2 scheinen sich darauf verlassen zu haben, dass der Humor all die Lücken und an den Haaren herbeigezogenen Plottwists gekonnt überspielen würde. Leider schwächelt der Film auch in Sachen Gags. Langgezogene Unterhaltungen kommen nicht auf den Punkt, Pointen bleiben teilweise ganz aus und wahnsinnig viele Möglichkeiten für Anspielungen – beispielsweise auf andere Rollen des gesamten Ensembles oder auf andere Filme – werden schlichtweg nicht genutzt. Trotz einiger wirklich gut gemachter Actionszenen will RED 2 einfach nicht zünden.

Die Schwächen hinsichtlich der Story sind rätselhaft, waren für RED 2 doch die gleichen Drehbuchschreiber am Werk, wie für den ersten Teil. Vielleicht liegt es tatsächlich bloß am Wechsel des Regisseurs. Dean Parisot gelingt es nicht, das Erbe von Robert Schwentke gekonnt weiterzuführen. Bei der Betrachtung des Filmteams kann ich nicht umhin, zu denken, die Regisseure von RED 2 und „R.I.P.D.“ hätten eventuell besser ihre Stühle getauscht.

Der Besetzung von RED 2 kann man wenig vorwerfen. Ihre Bereitschaft, mit viel Humor an die Arbeit zu gehen, ist durchweg erkennbar. Es hapert einfach an der Verwertung. Bruce Willis ist nach wie vor die Idealbesetzung für den harten Agenten, Frank Moses, und auch Marvin Boggs könnte von keinem gekonnter verkörpert werden, als von John Malkovich. Die beiden Schauspieler harmonieren als Dream-Team perfekt. So sind die wenigen Szenen gleichzeitig die unterhaltsamsten, welche die Zwei alleine bestreiten. Die Rolle von Mary-Louise Parker als Sarah Ross wurde meiner Meinung etwas zu groß angelegt. Anthony Hopkins bekommt hingegen als undurchsichtiger Dr. Edward Bailey viel zu wenig Zeit auf der Leinwand. Die Paarprobleme zwischen Sarah und Frank werden von der Randerscheinung zum unnötigen Hauptthema des Films. Das Agentenrentnertum, dem RED 2 (RED = Retired Extremely Dangerous) seinen Namen verdankt, gerät deshalb an zu vielen Stellen in den Hintergrund. Großartig spielt ein weiteres Mal Helen Mirren und beweist ein solches Maß an Selbstironie, wie es in Hollywood selten zu finden ist. Wenn sich ihre Figur als geistesgestört ausgibt, um sich in ein Sanatorium einzuschleusen und behauptet, sie sei die Queen, kann man nur herzlich lachen. Dass Byung-hun Lee der geborene Actionstar ist spätestens seit den beiden GI-Joe-Hollywoodblockbustern bekannt. Wirklich negativ fällt lediglich das versteinerte Gesicht von Catherine Zeta-Jones auf. Ihre Darbietung als russische Topspionin und Exfreundin von Frank wirkt schrecklich lust- und emotionslos.

Im direkten Vergleich mit anderen Filmen aus dem aktuellen Kinoprogramm ist RED 2 mit besseren Actionszenen unterhaltsamer als „R.I.P.D.“. Wenn Byung-hun Lee und Helen Mirren zusammen im blauen Sportwagen eine Autoverfolgungsjagd in bester Fast-and-Furious-Manier hinlegen, ist das wirklich sehenswert. Gemeinsam haben die beiden Filme, dass sie ihre besten Szenen bereits in den Trailern verheizen. Roland Emmerichs klassisch inszenierter Actioner, „White House Down“, kann in Sachen lockerer Atmosphäre und Story verglichen mit RED 2 an entscheidenden Stellen punkten.

Als Fan des ersten Teils will ich RED 2 mögen. Dank zu vieler verschenkter Chancen will mir das am Ende jedoch einfach nicht gelingen. Frank Moses und Konsorten sind älter und vielleicht auch härter geworden, aber besser ist ihr neuer Kinoauftritt leider nicht.

HITCH Your Wagon to a Star

Sir Alfred Hitchcock. Sein Name ist eine Legende. Seine Filme sind weltberühmt. Es gibt wohl kaum jemanden – sogar in der jugendlichen Bevölkerung – der nicht mindestens einen seiner Filme gesehen, oder zumindest von ihm gehört hat. Sein berühmtestes und gleichzeitig erfolgreichstes Werk ist Psycho (Link zu IMDB). Die Entstehungsgeschichte dieses Meisterwerkes, das den Schrecken auf der Leinwand salonfähig machte und als Grundstein sowohl des Psychothriller- wie auch des Slasher-Genres gilt, erzählt der Film Hitchcock.

Schon der Trailer und der hochkarätige Cast hatten mich neugierig auf Hitchcock gemacht. Bei einer Veranstaltung durfte ich den Film dann sogar schon einen Tag vor seinem offiziellen Deutschlandstart sehen. Eine glückliche Fügung.

Hitchcock ist ein Biopic, das von seiner Erzählweise und Gangart an ein fröhliches Jazzstück erinnert. Die Geschichte des Films beginnt mit einem Alfred Hitchcock, der sich mit dem Altern auseinandersetzt, auf der Suche nach einer neuen Idee ist und gleichzeitig versucht, sich selbst neu zu erfinden. Ihm zur Seite steht unerschütterlich seine Gattin Alma Revill. Bis am Ende der fertige Film „Psycho“ das erste Mal über eine Kinoleinwand flimmert, müssen die beiden einigen Widrigkeiten trotzen und nicht unerhebliche Risiken auf sich nehmen.

Die Besetzung von Hitchcock ist mit Sir Anthony Hopkins als Alfred Hitchcock und Helen Mirren als Alma Reville absolut gelungen. Die beiden Hauptdarsteller beweisen großes Talent und sind in sichtlicher Spiellaune. Einziger Nachteil ist in meinen Augen die relativ prominente Maske, unter der Anthony Hopkins ein wenig zu sehr „begraben“ wird. Natürlich tragen Kostüm- und Maskenteile an Körper und Gesicht dazu bei, ihn dem realen Vorbild ähnlicher werden zu lassen, allerdings nehmen sie ihm auch etwas Freiheit, insbesondere im Hinblick auf die Mimik. Vielleicht wäre etwas weniger hier mehr gewesen, aber Anthony Hopkins ist so talentiert, dass er schon mit seinen Augen enorm viel ausdrücken kann. Das Auftreten und markante Verhalten von Hitchcock hat er verinnerlicht. Allerdings gebührt mein vollster Respekt und der Hauptteil meiner Begeisterung in diesem Fall Helen Mirren, die in ihrer Rolle als eigenwillige, schnodderige und nicht minder liebenswerte Hitchcock-Gattin alle an die Wand spielt. Eine, wie ich finde, großartige Leistung, denn sie transportiert damit den Hauptteil der sympathischen Atmosphäre des gesamten Films.

Hitchcock beleuchtet viele verschiedene Aspekte der Entstehungsgeschichte von „Psycho“. Zum einen ist da der Regisseur, der sich in eine Idee verbeißt und bereit ist, dafür seine komplette Karriere, sowie sein Hab und Gut aufs Spiel zu setzen. Die Ehefrau, die an ihren Mann glaubt, ihm zur Seite stehen will und trotzdem gegen Zweifel und Verlockungen ankämpft. Die Studiobosse, die von dem Projekt alles andere als begeistert sind, denen Hitchcock aber noch einen Film schuldig ist. Die Zensurbehörde, die das neuartige und alles andere als gewaltfreie Filmexperiment mit Argusaugen beobachtet. Das Flair des alten Hollywood. Die Auswahl der Schauspieler. Zum anderen beleuchtet der Film auch die Beziehung von Mr. und Ms. Hitchcock, die sehr eigenwilliger Natur ist.

Viele Dinge werden nur kurz angerissen oder nur angedeutet. An einigen Stellen hätte ich mir durchaus ein paar mehr Details gewünscht. Andererseits ist Hitchcock ja keine Dokumentation, sondern ein Biopic, was letzten Endes doch wieder ein Hollywoodfilm über das Leben einer realen Person ist. Regisseur Sacha Gervasi hatte auch sicher nicht den Anspruch von A bis Z historisch korrekte Szenen zu präsentieren. Er hält die Legende Hitchcock am Leben und erweitert sie um ein paar Details, Spekulationen und Visionen. Zu viel Realität hätte dem Film viel Charme genommen. Da bin ich mir sicher. Dafür, dass manche Kritiker dennoch meinen, fehlenden Realismus lautstark beklagen zu müssen, habe ich keinerlei Verständnis (Beispiel: SPON-Kritik vom 11.03.2013).

Bei meinem Besuch in den verschiedenen Filmstudios in Hollywood wusste beinahe jeder der Touristenführer einige tolle Geschichten über den großen „Meister des Suspense“ zu erzählen. Das Bild, das ich vor Ort vermittelt bekam, deckt sich an vielen Stellen mit dem, was in Hitchcock vermittelt wird. Alfred Hitchcock war zweifelsohne ein schrulliger Typ mit einigen Eigenarten. Er war ein absolutes Ausnahmetalent mit einem einzigartigen Gespür für neue Ideen und dafür, wie man bestimmte Inhalte am besten präsentiert – nicht nur in seinen Filmen, sondern auch darum herum. Er war auch ein Marketing-Genie, sowohl filmbezogen wie auch bezogen auf seine Person.

Alfred Hitchcock verdient Bewunderung, er verdient es eine Legende zu sein und zu bleiben. Auch wenn Sacha Gervasi sie den Zuschauern humorvoll näher bringt, verliert die schillernde Figur dadurch nicht an Glanz und Mysterie. Es könnte so gewesen sein, es könnte aber auch sein, dass alles ganz anders war. Dieses Gefühl vermittelt der Film mit einem stetig spürbaren Augenzwinkern. Ich habe das Gefühl, dass vor allem die Szene, in der sich Hitchcock bei der Filmpremiere von „Psycho“ auf charmante Art an den Zuschauerreaktionen ergötzt, dem echten Hitchcock sehr nahe kommt.

Bates Motel,  Universal Studios, HollywoodWas mir an Hitchcock sehr gut gefällt, sind die authentischen Kulissen, die natürlich in Form der Studios noch heute einfach vor Ort stehen. Ich habe den Weg vor Alfred Hitchcocks Büro in den Paramount Studios schon abgeschritten. Ich habe das Bates Motel und das Bates-Haus mit eigenen Augen gesehen. Diese Orte im Film wiederzusehen ließ mein Herz fröhlich hüpfen, auch wenn mir in einer Szene nicht entging, dass man das BBates-Haus, Psycho,  Universal Studios, Hollywoodates-Haus direkt hinter Hitchcocks Paramount-Büro montiert hatte, obwohl sich die Filmkulisse in den Universal Studios befindet, die von dort aus nicht annähernd in Sichtweite sind. Es war nämlich gerade die Anordnung von Motel und Haus an einem Hügel und die Perspektive, die Hitchcock besonders begeisterte. Außerdem wurde der Film tatsächlich in zwei verschiedenen Studios gedreht. Aber das sind im Wesentlichen Kleinigkeiten und alles andere hätte vermutlich erzählerisch zu weit geführt.

Die Frage „Mr. Hitchcock, wie haben Sie das gemacht?“, die sich François Truffaut auf dem deutschen Titel seines berühmten Buches stellt, beantwortet Hitchcock mit dem Ratschlag, an Ideen festzuhalten, zusammenzuhalten und die Eigenarten von anderen anzunehmen, egal was kommen mag. Wer zu den Sternen greift, sollte beherzt zugreifen und sich treu bleiben. Meiner Meinung nach ist das eine sehr schöne Botschaft.

Hitchcock-Fans und Fans von Anthony Hopkins und Helen Mirren sollten sich Hitchcock allen negativen und durchwachsenen Kritiken zum Trotz ansehen. Dieser Film weiß zu unterhalten. Außerdem bietet er gerade dadurch, dass so viele Dinge angerissen werden, jede Menge Stoff für Interpretationen, Spekulationen und andere Gedankenexperimente.