Lachflash und Kulturclash

Die Legende vom Schneemenschen im Himalaya ist alt. Lange hat man nichts mehr vom Yeti gehört. Sein Mysterium wirkt mittlerweile geradezu entzaubert. Für die Animationsstudios von Warner Bros. Pictures, allen voran für Autor und Regisseur Karey Kirkpatrick, schien es deshalb höchste Zeit zu sein, dem alten Märchen neues Leben einzuhauchen. Herausgekommen ist Smallfoot (Link zu IMDB), ein herzerfrischender Film für die ganze Familie, der neben einer ordentlichen Portion Slapstick viel Aktualität enthält und mehr Bedeutung birgt, als man auf den ersten Blick meinen könnte.

Smallfoot erzählt die Geschichte des Yeti Migo, der aus Tollpatschigkeit zufällig einen Menschen beobachtet. Dabei gibt es die winzigen Wesen mit den filmtitelgebenden kleinen Füßen doch bloß in der Phantasie! So wiederholt es zumindest der Anführer des zurückgezogen lebenden Volks aus haarigen Giganten streng und mantraartig. Migos Geschichte will er gar nicht erst anhören. Die „Wahrheit“ ist buchstäblich in Stein gemeißelt. Migo ist sich allerdings ziemlich sicher, was er gesehen hat, und weigert sich, seine Darstellung der Geschehnisse vor dem Rest des Dorfes zwangsweise öffentlich zu widerrufen. Stattdessen macht er sich lieber auf den Weg, um Beweise für die Existenz des Smallfoot zu finden. Zu Hilfe eilt ihm dabei eine Gruppe wissbegieriger Gleichgesinnter, die den alten Dichtungen von der Welt und davon, wie diese angeblich funktioniert, schon lange keinen Glauben mehr schenken und sich stattdessen durch Ausprobieren und Erfahren selbst ein Bild machen wollen. Unter der ewigen Wolkendecke, die den Gipfel des höchsten Berges und damit die Heimat der Yetis umgibt, findet Migo schließlich nicht das angeblich dort befindliche Nichts, sondern eine völlig neue Welt. Dort trifft er auf den Tierfilmer und ehemaligen Social-Media-Star Percy Patterson, der mittlerweile nur noch leidlich erfolgreich, hoch verschuldet und auf der Suche nach einer Geschichte ist, die seiner Karriere neuen Schwung verleihen kann. Nach anfänglichen Verständigungsproblemen und aus ungleichen Motiven freunden sich die beiden an und kehren zusammen in Migos Heimat zurück. Das ist der Anfang von einem gewaltigen Kulturclash, der den Himalaya von den Bergspitzen bis ins Tal kräftig erschüttert und von dem kein Bewohner der Bergwelt, unabhängig von seiner Fußgröße, verschont bleibt.

Oberflächlich betrachtet könnte man sich als Zuschauer in Anbetracht der vielen Gags – Migo kriegt von verschiedenen Seiten oftmals eins auf den fellbewachsenen, gehörnten Yetischädel und stolpert munter durch die Schneelandschaft – einfach von einem Lachflash zum nächsten tragen lassen. Doch das allein würde dem Film nicht gerecht, der inhaltlich viel mehr zu bieten hat. Ähnlich wie in den Werken von Illumination Entertainment (z.B. Ich – Einfach unverbesserlich, Link zu IMDB) hat es das Team von Warner Bros. Animation geschafft, in Smallfoot eine facettenreiche Story mit einer Menge Wahrheit und Tiefgang zu erzählen. Die lustig anmutenden, nasenlosen, riesenhaften Gipfelbewohner müssen sich mit brandaktuellen Themen rund um kulturelle Abschottung auseinandersetzen. Feinfühlig wird darauf verwiesen, in welche Sackgassen des Denkens man gelangt, wenn man sich von Neugier, Wissenschaft und Fakten abwendet und krampfhaft versucht, aus Angst vor Veränderung, den Satus quo zu bewahren. Auf der Seite der Menschen wird Percy Patterson mit den Verlockungen des Internets, der Vergänglichkeit von Berühmtheit und dem wahren Wert von Freundschaft konfrontiert. In der heutigen Zeit kann es keine wichtigere Botschaft geben, als die für mehr Offenheit und ein gutes Miteinander. Alles, was bei flüchtiger Beurteilung fremd, seltsam und unverständlich erscheinen mag, verdient es, dass man genauer hinsieht und hinhört – auch wenn man durch das, was man dadurch erkennt, möglicherweise gezwungen wird, sein bisheriges Weltbild komplett auf den Kopf zu stellen.

Nicht nur story-, sondern auch animationstechnisch ist Smallfoot sehr gelungen. Obwohl wegen der weitläufigen Schneelandschaften und zerklüfteten Berge gestalterisch oftmals Ton in Ton gearbeitet werden musste, lässt der Detailreichtum keine Wünsche offen. Geschickt ist die Darstellung der Kommunikation zwischen Yeti und Mensch, denn die beiden Gruppen sprechen den ganzen Film über nicht die gleiche Sprache und müssen sich mit Gesten verständigen. Für die Zuschauer wechseln dabei der Blickwinkel und das sprachliche Verständnis je nach Szene. Die eingängigen, poppigen Songs von Karey und Wayne Kirkpatrick brauchen sich nicht hinter den Liedern aus diversen Disneyfilmen zu verstecken, und der von Heitor Pereira komponierte Score vervollständigt die passgenaue musikalische Untermalung.

Smallfoot hat mich rundum positiv überrascht und ist für alle Animationsfans – egal wie groß deren Füße sind – einen Kinobesuch wert.

Randalerammler

In Zeiten, in denen sich über die sozialen Netzwerke Menschen mithilfe der abstrusesten Behauptungen Gehör verschaffen, ist es sogar möglich, dass eine Familienkomödie ob der darüber geführten Debatten geradezu skandalös wirkt. So geschehen im Fall Peter Hase (Peter Rabbit, Link zu IMDB). Zum einen waren da die vorlagentreuen Puristen aus dem Vereinigten Königreich. Denen kräuselte sich – so hatte man beim Lesen so manchen Artikels das Gefühl – beinahe die sorgfältig kultivierte „Stiff upper lip“, weil Regisseur Will Gluck in seiner rasanten Interpretation der Geschichte so gar kein klassisches Kuschelfeeling aufkommen lässt. Zum anderen ereiferten sich in den Vereinigten Staaten Allergiker über eine bestimmte Szene und riefen gar zum Boykott des Films auf (Link zur News auf moviepilot.de), wodurch sich Sony Pictures tatsächlich zu einer öffentlichen Entschuldigung genötigt fühlte. Das ganze internationale Gewese führte dazu, dass man auch hierzulande im Radio pünktlich zum Filmstart fröhlich über die Altersfreigabe und die Eignung des Werkes für das ganz junge Publikum debattierte. Am Ende musste ich meinen Ehemann, der dies gehört hatte und deswegen eine leichte Verunsicherung verspürte, quasi zu einem Kinobesuch mit der ganzen Familie überreden. Der Trailer gefiel mir und dem mittlerweile schon zum kleinen Cineasten gewordenen Junior zu gut, als dass ich mir das Hasenabenteuer auf der großen Leinwand entgehen lassen wollte.

Warum sich allzu eng an die bestehenden Geschichten halten, wenn es schon eine ganze Animationsserie (Link zu Peter Hase auf fernsehserien.de) gibt, die sich an junge Zuschauer richtet? Diese in meinen Augen absolut berechtigte Frage mögen sich Will Gluck und Rob Lieber gestellt haben, als sie begannen, das Drehbuch für ihre Version zu schreiben. Obwohl ich selbst in der Regel zu denjenigen gehöre, die Buchverfilmungen lieber nicht zu weit vom jeweiligen Original entfernt sehen, muss ich sagen, dass dies bei Peter Hase zu einem viel langweiligeren und in Anbetracht der wirklich süß gemachten Kinderserie überflüssigen Ergebnis geführt hätte. So bietet das schwungvoll inszenierte Kinoabenteuer vom wehrhaften Mümmelmann Peter (deutsche Stimme: Christoph Maria Herbst) einen ganz anderen Blick auf die Thematik. Der kämpft mit seinen tierischen Freunden nämlich verbissen um ein Stück Land, von dem er und seine Familie von einem alten Griesgram rabiat vertrieben wurden. Nachdem der Besetzer das Zeitliche gesegnet hat, wähnen sich die Waldbewohner in Sicherheit und übernehmen nicht nur den Gemüsegarten, sondern gleich das ganze Haus. Die wilde Party, bei der sich Fuchs und Hase gemeinsam prächtig amüsieren, wird jäh unterbrochen als der Erbe, Thomas McGregor (Domhnall Gleeson), einzieht und sich als noch unfreundlicher und streitsüchtiger erweist als sein entfernter Onkel. Obendrein versteht er sich auffallend gut mit Bea (Rose Byrne), der einzigen menschlichen Tierfreundin und standhaften Fürsprecherin Peters weit und breit. Das bringt für den frechen Randalerammler das Fass zum Überlaufen. Entschlossen, den Neuankömmling schnellstmöglich zu vertreiben, stürzt er sich in eine immer weiter ausufernde Auseinandersetzung.

Wenngleich eine amerikanische Produktion, ist der Humor bei Peter Hase durchweg recht britisch geraten. Garniert mit einer ordentlichen Prise Slapstick und Haudraufhumor, servieren die Macher einen Film, bei dem sich Groß und Klein über ganz unterschiedliche Dinge gemeinsam amüsieren können. Sehr geschickt geschriebene Charaktere, von denen kein einziger ein lupenreiner Sympathieträger ist, sorgen gleichzeitig für eine in Komödien selten anzutreffende Tiefgründigkeit. Im wahren Leben bewegen sich Konfliktparteien nachweislich ebenfalls zumeist eher in Grauzonen, als dass sie eindeutig als gut oder böse zu identifizieren wären. Das althergebrachte Schema „Held gegen Schurke“ funktioniert in Geschichten zwar immer gut, wir sollten unseren Kindern aber trotzdem das Verständnis für etwas komplizierter gestrickte Konzepte zutrauen. Und wenn es nach dem Film Gesprächs- oder Diskussionsbedarf gibt: umso besser. Man kann ruhig einmal darüber reden, dass Sympathie und Antipathie keine vordefinierten Ansichten sind und jeder seine guten und seine schlechten Seiten hat. Dabei muss meiner Meinung nach keiner Angst haben, dass die Kleinen nach der berüchtigten Szene, in der Peter Hase die Allergie von Mr. McGregor heimtückisch zu seinem Vorteil auszunutzen versucht, Menschen mit einer solchen Erkrankung nicht mehr ernst nehmen. Ganz im Gegenteil: das Krawallkarnickel bekommt für die Aktion – und für weitere Gemeinheiten – ordentlich Gegenwind von seinen Verbündeten. Die Action ist zusätzlich so überzogen, dass – ähnlich wie einst bei den Holzhammergags der Looney Tunes – niemand im Nachhinein ernsthaft Gedanken zum Nachmachen hegen sollte. Um unter allem Gelächter eine Botschaft zu transportieren, müssen Witze einfach manchmal dahin zielen, wo es weh tut.

Wer das ganz naturnahe Motiv vom Fressen und Gefressenwerden und die Visualisierung eines Konfliktes, bei dem auf beiden Seiten mit harten Bandagen gekämpft wird, scheut, der sollte sich Peter Hase nicht ansehen – und im übrigen auch keine alten Märchen der Gebrüder Grimm lesen. Im Konflikt zwischen Hoppler und Hausherr geht es ordentlich zur Sache. Wer sich von der heilen Welt der Bücher nicht lösen kann, der sollte bei diesen bleiben oder sich die noch harmlosere Serie anschauen. Alle, die eine gut gemachte Familienkomödie sehen wollen, die bei näherer Betrachtung mehr Tiefgang offenbart, als man zuerst meinen könnte, und die vor möglichen interessanten Gesprächen mit ihren Kindern hinterher nicht zurückweichen, sind im Kino dagegen richtig aufgehoben. Nebenbei bemerkt haben sich mein Mann und mein Sohn am Ende beide gut amüsiert – und ich ebenso.

Eine Insel mit zwei Bergen

Deutsche Kinofilme und Fernsehproduktionen haben es schwer mit mir. Der Großteil davon trifft überhaupt nicht meinen Geschmack, vor allem dann, wenn krampfhaft versucht wird, mit beschränktem Budget möglichst nahe an Blockbuster-Hollywoodproduktionen mit ähnlicher Thematik heranzukommen. Das ruft bei mir regelmäßig schon beim Ansehen der Trailer heftiges Kopfschütteln hervor, denn meiner bescheidenen Meinung nach liegt das Können der heimischen Filmemacher nicht in diesem Bereich, sondern viel mehr bei der Familienunterhaltung. Hier gibt es seit jeher einen Output mit erstaunlicher Qualität. Dank namhafter deutscher Kinder- und Jugendbuchautoren, die jede Menge weltbekannte Klassiker verfasst haben, existiert genug Stoff, der eine (Neu-)Verfilmung wert ist. Mit großem Wohlwollen habe ich deshalb beobachtet, dass seit einigen Jahren die Werke von Otfried Preußler mit ihren Kinoversionen gewissermaßen ein kleines Comeback feiern – ganz verschwunden waren sie aus den Bücherregalen glücklicherweise nie. Das kleine Gespenst und Die kleine Hexe sind beide sehenswert. (Links bei Filmtiteln zu IMDB)

Gleichwohl opulenter und kostenintensiver produziert als die Geschichten vom Nachtgespenst und der guten Hexe kommt nun die Umsetzung von Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer daher. Für Regisseur Dennis Gansel und sein Team war dies zweifellos kein leichtes Unterfangen, sorgt doch allein das Lesen des Titels bei Generationen von Eltern und Großeltern für wohlige Erinnerungen an spannende (Vor-)Lesestunden und einen Ohrwurm. Kultstatus genießt Michael Endes Vorlage verdientermaßen – in Buchform und als Fernsehstück der Augsburger Puppenkiste (Link zu Wikipedia). Sein altersgruppenübergreifend beliebtes Opus gegen Abschottung und Vorurteile, für Weltoffenheit und Abenteuerlust ist inhaltlich heute so aktuell wie zur Zeit seiner Entstehung.

Es ist erstaunlich, wie nahe am Roman der Film über die gesamte Spielzeit hinweg bleibt. Vom Casting über die Szenenbilder und die Kostüme bis zu den technisch hervorragenden Spezialeffekten haben die Macher ganze Arbeit geleistet. Die fantastische Welt von Findelkind Jim Knopf, der auf der winzigen Insel Lummerland in Gesellschaft der vier dort ansässigen, schrulligen Bewohner aufwächst, wird mit jeder Menge liebevoller Details zum Leben erweckt. Zusammen mit dem handfesten aber herzensguten Lokomotivführer Lukas und dessen empfindsamer Dampflokomotive Emma begibt sich Jim auf eine Reise, die die beiden Abenteurer bis ans Ende ihrer vor Wunderlichkeiten strotzenden Welt führt – und sogar noch darüber hinaus. Dabei trotzen sie extremen Naturgewalten, begegnen im wahrsten Sinne des Wortes fabelhaften Wesen und suchen nach einer verschwundenen Prinzessin.
Bleibe stets neugierig und begegne allem, was dir im ersten Augenblick fremd erscheinen mag, mit offenem Herzen. Die Welt ist groß, aber du musst dich nicht von ihrer Vielfältigkeit geängstigt fühlen. Das ist es, was uns die Abenteuer von Jim und Lukas in Buch und Film aufzeigen: Etwas immanent Wichtiges, das mein Mann und ich unserem Sohn stets vermitteln wollen.

Das Schauspielensemble harmoniert bis in die Nebenrollen und ist in bester Spiellaune. Henning Baum und Solomon Gordon transportieren die Freundschaft zwischen Lukas und Jim Knopf sehr überzeugend. Annette Frier und Christoph Maria Herbst mimen zusammen mit Uwe Ochsenknecht den herrlich seltsamen Rest der Lummerlandbevölkerung. Positiv aufgefallen ist mir außerdem die Leistung von Michael Herbig als Synchronsprecher für den animierten Halbdrachen Nepomuk, da er diesem einen eigenen Charakter verleiht, ohne seine Stimme künstlich zu verstellen und in eine seiner bekannten Rollen zu verfallen.

Musikalisch schafft es Ralf Wengenmayr das Lummerlandlied, das Fans der Augsburger Puppenkiste so ans Herz gewachsen ist, nicht überzustrapazieren. Er nutzt es als wiederkehrendes Thema, das in den restlichen Score geschickt und nie zu aufdringlich eingeflochten wird. Die von einem gewissen österreichischen Volksmusiker neu aufgenommene, viel diskutierte und völlig unnötige Version des einprägsamen Liedes hat es zum Glück nicht in den Film geschafft.

Alles in allem ist Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer eine sehr gelungene Inszenierung des Kinderbuchklassikers für die große Leinwand, an der vermutlich auch der Verfilmungen sonst eher kritisch gegenüber gestandene Michael Ende seine Freude gehabt hätte. Ein Besuch im Lichtspielhaus lohnt sich folglich allemal. Zusammen mit meiner Familie freue ich mich ab sofort auf den für 2020 geplanten zweiten Teil. Bis dahin lese ich dem Sohnemann das Buch vor. Wir haben gleich nach dem Verlassen des Kinosaals die Neuauflage mit Bildern aus dem Film gekauft (Link zum Buch auf Amazon.de). Die althergebrachte Fassung lagert derweil gut behütet im Bücherregal meiner Mutter. Der Weg zwischen Film und Buch kann also nebenbei umgekehrt funktionieren. Witzigerweise war dies bei mir als Kind im Fall der Unendlichen Geschichte genauso.

Schwer begeistert

Um 2017 mit einer gemeinsamen Familienunernehmung ausklingen zu lassen und dem Sohn seinen schon seit langem geäußerten Wunsch zu erfüllen, den „Film mit den Geistern“ im Kino anzusehen, begaben wir uns am Silverstertag zu dritt in das Lichtspielhaus unseres Vertrauens und sahen uns das neueste Animationsabenteuer aus dem Hause Pixar an: Coco (Link zu IMDB). Der Junior hat ein großes Herz für Gespenster und fabulöse Wesen – genau wie seine Mama. Eine Geschichte, in der es von Skeletten nur so wimmelt, schien da schon bei erster Sichtung des Trailers wie für uns gemacht. Aber nicht nur die schiere Anwesenheit von liebenswerten Knochenmännern und -frauen ließ uns alle das Kino am Ende in mehrfacher Hinsicht schwer begeistert verlassen.

Coco ist etwas ganz Besonderes. Dieser Film ist so viel mehr als eine nette Unterhaltung, die man einfach so konsumiert. Die Handlung um den mexikanischen Jungen Miguel, dessen Traum es ist, Musiker zu werden, ist so facettenreich wie das wirkliche Leben. Zu diesem gehört – da gibt es nichts zu rütteln – nun mal auch der Tod. Mit dem Tag der Toten (Día de los Muertos, Link zu Wikipedia) haben die Mexikaner eine ganz und gar wunderbare Tradition gefunden, mit diesem schwierigen Thema umzugehen, die sich nicht umsonst weltweit immer größerer Popularität erfreut. Als der ehrgeizige Miguel eben an diesem Festtag für die Verstorbenen die Gitarre eines großen Mariachi aus dessen Gruft entwendet, zieht er damit einen Fluch auf sich, der ihn in das Reich der Toten wechseln lässt. Wenngleich in bester Absicht geschehen, um die Familie von seinem Herzenswunsch zu überzeugen, bestiehlt man die Geister nicht – schon gar nicht an ihrem großen Tag. Den Segen der resoluten Ur-Ur-Großmutter, der ihn in die Welt der Lebenden zurückbringen kann, lehnt Miguel kurzerhand ab, da er an die Bedingung geknüpft ist, das Streben nach einem Dasein als Mariachi für immer aufzugeben. Zu seiner großen Verwunderung haben nicht nur seine lebenden Verwandten der Musik komplett abgeschworen, nachdem ein gitarrespielender Vorfahr Frau und Tochter verließ und nie zurückkehrte, weil er seinen Traum verwirklichte. So beginnt für Miguel eine wahnwitzige Reise durch die Welt der Skelette, auf der Suche nach eben diesem schon lange verschiedenen Abtrünnigen der Familie, mit der Hoffnung, dass wenigstens dieser seine Ambitionen verstehen und ihm ohne Zwänge seinen Segen erteilen kann.

Von der ersten bis zur letzten Sekunde ist Coco eine Augenweide. Die Charaktere – lebende und tote – sind mit so viel Liebe zum Detail gestaltet, dass einem nur warm ums Herz werden kann, egal in welcher Welt das Geschehen gerade spielt. Das Team um Regisseur Lee Unkrich führt großen und kleinen Zuschauern mühelos die Schönheit vor Augen, die jedem Lebewesen innewohnt, ganz unabhängig von dessen Alter, Herkunft und Gattung. So sind die vielen Falten von Miguels Uroma Coco – Namensgeberin des Films – und das etwas zerzauste Aussehen des treuen Straßenhundes Dante lediglich Zeichen der Zeit, von denen man nie auf das wahre, innere Wesen schließen sollte. Und selbst die Toten werden nicht auf ihren Knochenbau reduziert, sondern tragen bei näherer Betrachtung allesamt ganz individuelle Merkmale.

Die wertvollen Botschaften, die in Coco vermittelt werden, sind so groß an der Zahl, dass man sie unmöglich alle einzeln aufzählen kann. Es geht um das Leben und Sterben. Es geht um den Respekt vor dem Alter und den Umgang mit den Alten. Es geht um Erinnerungen, die es zu bewahren und über Generationen weiterzugeben gilt. Es geht um Zusammenhalt und um die Bedeutung der Familie. Es geht darum, Veränderungen offen gegenüberzutreten und darum, vergeben zu können. Dies sind allesamt wichtige Aussagen in Zeiten, in denen Missgunst, Neid und Hass nur allzu oft öffentlich ausgelebt und ausgekostet werden und das Dissen manchmal, so scheint es, zum Volkssport erhoben wird. Damit diese Nachrichten bei Zuschauern aller Altersgruppen ankommen, wechseln sich leise und laute Töne ab und das Erzähltempo wird niemals zu sehr angezogen. Die Geschichte ist an keiner Stelle vorhersehbar und weiß immer wieder zu überraschen. Für Erwachsene gibt es genauso viele Gags und Anspielungen (Stichwort: Frida Kahlo) wie für Kinder. Dass der Funke selbst auf die Kleinsten überspringt, hat unser Sohn bewiesen, der am Ende von Coco entzückt in seinem Kinositz zur Musik hin und her wippte. Komponist Michael Giacchino leistet mit seiner folkloristisch inspirierten Untermalung einen wichtigen Beitrag zur Schaffung der wundervollen Welt dieses außergewöhnlichen Werks.

Geadelt wurde Coco in unserer Familia dann schließlich durch meinen Mann, der Animationsfilme nicht zwangsläufig zu seinen persönlichen Favoriten zählt, sich jedoch schon jetzt gemeinsam mit mir und dem Junior auf die Veröffentlichung fürs Heimkino freut. Ich persönlich habe noch nie einen Film gesehen, der so viele sensible Themen derart offen und feinfühlig thematisiert wie Coco. Zu allem Überfluss sind hier ausgerechnet Geisterskelette in der Lage, den Grusel abzubauen, der so manchen der Inhalte innewohnt. Hut ab vor Pixar für dieses mutige und aus der Masse angenehm herausragende Kinoabenteuer.

Back on Track

Autos: Eine Faszination die sich mein Sohn und ich großzügig teilen. Umso glücklicher ist er darüber, dass mir bereits im Jahr 2006 der erste Teil von Cars (Link zu IMDB) aus dem Hause Pixar so gut gefiel, dass ich einige der Charaktere in Form von Spielzeugautos erwarb. Nachdem wir eben diesen Film im Heimkino zusammen angesehen hatten, wurden Lightning McQueen und seine druckgegossenen Freunde vom Nachwuchsfan freudig annektiert und haben obendrein ordentlich Zuwachs bekommen. Außerdem hat er verstanden, dass Mamas gelber Fiat 500 nicht ohne Grund auf den Namen Luigi hört.

Für Fahrten durchs Wohnzimmer und Schlangenbildung an den Bahnübergängen der Holzeisenbahn eignen sich die unzähligen Protagonisten aus Cars 2 (Link zu IMDB) ebenfalls prima, wenngleich die Fortsetzung weder mich noch den kleinen Mann restlos begeistern konnte. Hier wollte man von allem zu viel in einen Film packen. Eine überfrachtete Story, die neben dem Thema Autorennen zusätzlich einen Geheimagentenplot beackert, eine schier endlose Zahl an neuen Figuren, die zu Schlagwortgebern verkommen, und konfuse Action lassen Cars 2 um einiges weniger charmant wirken als seinen Vorgänger. Daran ändert auch mehrmaliges Ansehen nichts.

Kann nun also ein dritter Teil nach 6 weiteren Jahren geraderücken, was Cars 2 aus der durch ihre zahlreichen Anspielungen auch erwachsenen Rennsportliebhabern ans Herz gewachsenen Marke gemacht hat? Eine Restskepsis hielt sich beim Betreten des Kinosaals trotz der vielversprechenden Trailer hartnäckig in meinem Kopf. Diese wurde aber bereits in den ersten Filmminuten weggewischt. Cars 3: Evolution (Link zu IMDB) ist genau die Evolution, welche Pixars Autohelden verdient haben.

Lightning McQueen ist zurück in seinem Element: der Rennstrecke. Dort fährt er mit seinen Konkurrenten sportlich und fair um die Wette. Die Teams respektieren sich gegenseitig und gehen herzlich miteinander um. Dieser fröhliche Rennzirkus wird empfindlich gestört, als der Hightechwagen Jackson Storm auftaucht und mühelos alle Rekorde bricht. Für ein Miteinander ist er nicht zu haben. Er kennt nur das reine Gegeneinander und das Streben nach dem Sieg. So kommt es, dass sich die alteingesessenen Rennautos nach und nach zum Aufgeben gezwungen sehen. Ein Generationenwechsel steht bevor. Eine Entwicklung, die der ehrgeizige Lightning McQueen  nicht einfach so hinnehmen will, obwohl er nach einem schweren Unfall erst zu alter Agilität und Geschwindigkeit zurückfinden muss. Mit seiner neuen Trainerin Cruz Ramirez im Schlepptau setzt er bei seiner Rehabilitation auf ganz eigene, unkonventionelle Methoden und weigert sich schlichtweg, auf den Technikhype aufzuspringen. Im Rennsport ist es nämlich wie überall im Leben: Es kommt nicht auf das bloße Equipment an, sondern vielmehr darauf, dass Herz und Verstand am rechten Fleck sitzen.

Mit einer Geschichte, die sich auf das Wesentliche konzentriert und Szenen, die das Herz von großen und kleinen Rennautofans höher schlagen lassen, ist Cars 3: Evolution ab der ersten Sekunde die Fortsetzung, welche Cars 2 schon hätte sein sollen. Durch die intensive Kameraführung fühlt man sich sofort, als säße man mitten auf dem heißen Asphalt zwischen Lightning McQueen und seinen Kollegen. Fast meint man, den Gummiabrieb und das Benzin riechen zu können. Wer schon einmal ein echtes Autorennen etwas genauer verfolgt hat, der wird die vielen liebevoll umgesetzten Details bemerken. Einführungsrunde und fliegender Start sind nur zwei einfache und offensichtliche Beispiele. Die Macher beweisen ein großes Herz für Motorsport. Satte Sounds runden das Gesamtbild ab und sorgen (besonders in Dolby Atmos) für echtes Rennfeeling.

Auf ihrer Trainingsreise durch das Land treffen Lightning McQueen und Cruz Ramirez auf alte und neue Gesichter, wobei sich die Anzahl letzterer in einem Rahmen bewegt, der nicht das Zuschauerhirn überlastet und alle Namen sofort wieder vergessen lässt. Wie gewohnt basieren viele der Protagonisten auf echten Rennlegenden. Einzig ein Demolition Derby, an dem der Champion zu Übungszwecken inkognito teilnimmt, war mir persönlich stellenweise etwas zu hektisch und unübersichtlich inszeniert. Angenehm ist auch, dass der in Cars 2 überpräsente und bisweilen sehr anstrengende Hook wieder als echte Nebenrolle auftritt. Das Zusammenspiel zwischen dem roten Flitzer und seiner ambitionierten Lehrerin und die Entwicklung der beiden Hauptcharaktere bietet genug Stoff für eine rundum spannende und herzerwärmende Geschichte.

Die Botschaften, die das neueste Abenteuer von Lightning McQueen seinen großen und kleinen Zuschauern mit auf den Weg gibt, sind in Zeiten, in denen Generationenkonflikte nicht nur im Sport schwelen, besonders wertvoll. Das Neueste vom Neuen ist nun einmal nicht gleichzeitig das Beste für alle. Sterile Technik garantiert kein echtes Rennfeeling. Manchmal muss man sich tatsächlich die Reifen schmutzig machen, um etwas Großes zu erreichen. Dabei darf man nie den Respekt vor den Alten und deren Errungenschaften verlieren, denn sportliche Wettkämpfe waren schon immer spannend. Außerdem sollte man nie eine Disziplin – sportlich oder anderweitig geartet – herabwerten, die für einen selbst von nicht ganz so großem Interesse zu sein scheint wie eine andere. Demolition Derbys oder Monster-Truck-Wettkämpfe zählen beispielsweise auch zum Motorport und erfordern von ihren Teilnehmern bestimmte Qualitäten. Und letztlich und endlich ist man nicht automatisch ein Verlierer, wenn man merkt, dass sich die eigenen Fähigkeiten im Laufe des Lebens ändern und man seinen Lebenswehg entsprechend anpassen muss.

Mit Cars 3: Evolution schafft das Team um Regisseur Brian Fee eine Wiederbelebung der Filmreihe, die großen und kleinen Kinogängern gleichermaßen Spaß bereitet und die bei den Fans an das Gefühl des erfolgreichen ersten Teils anknüpfen kann. Da zwischen Lightning McQueens Erstauftritt und diesem satte 11 Jahre liegen, vollzieht sich ein Generationenwechsel nicht nur auf der Leinwand, sondern auch im Kinosaal. Dadurch ist Cars 3: Evolution im Grunde obendrein ein Neustart, der großes Potenzial für weitere Fortsetzungen bietet. Der Sohn und ich, wir würden uns generationenübergreifend über solche freuen.

Dicker als Wasser

In dem Moment, in dem unser Sohn das erste Mal ein Bild von den Minions sah, haben die niedlichen Wesen auf der Stelle sein Herz erobert. Noch bevor wir die dazugehörigen Filme zusammen gesehen hatten, hat sich ein ganzer Plüschstamm dieser gelben Kreaturen in unserer Wohnung niedergelassen. Inzwischen kennt der Junior deren Abenteuer in bewegten Bildern und schwärmt gleichzeitig für den Big Boss der Minions: Gru. Da die Begeisterung für Leinwandabenteuer irgendwie erblich zu sein scheint und wir mit Feuerwehrmann Sam – Achtung Außerirdische! (Link zu meiner Kritik) und Bob, der Baumeister – Das Mega-Team (Link zu IMDB) bereits zwei Familienkinobesuche absolviert haben, ist es kaum verwunderlich, dass er für den neuesten Teil dieser Filmreihe nach Sichtung des Trailers lauthals den Gang in ein Lichtspielhaus verlangte. So haben wir einen Regentag für einen Mama-Sohn-Kinonachmittag genutzt und uns Ich – Einfach unverbesserlich 3 (Despicable Me 3, Link zu IMDB) angesehen.

Die Drehbuchautoren Cinco Paul und Ken Daurio erfinden ihre Serie zusammen mit den Regisseuren Kyle Balda und Pierre Coffin im aktuellen Abenteuer der wohl komischten Patchworkfamilie der Kinogeschichte nicht neu. Das müssen sie gar nicht, denn als Fortsetzung funktioniert die Story, in deren Verlauf sich die Macher durchgehend in den Vorgängern bewährten Handlungsmustern der Figuren bedienen, prima. Der auf die Seite der verbrechensbekämpfenden Agenten übergelaufene Gru (Steve Carell, deutsche Fassung: Oliver Rohrbeck) liebäugelt trotz Familienleben noch immer ein wenig mit seiner Vergangenheit als Schurke – besonders nach dem Verlust seines aktuellen Jobs aufgrund von akutem Versagen. Auch sein plötzlich Kontakt suchender, vermögender Zwillingsbruder Dru setzt alles daran, in ihm den alten Gauner für einen gemeinsamen Coup ein letztes Mal zu wecken. Obwohl das seiner Frau Lucy (Kristen Wiig, deutsche Fassung: Martina Hill) ganz und gar nicht passt, nutzt Gru die Gelegenheit und schmiedet einen Plan, der es ihm obendrein ermöglichen soll, sich an dem Fiesling Balthazar Bratt (Trey Parker, deutsche Fassung: Joko Winterscheidt) zu rächen, der ihm den Rausschmiss aus der Anti-Verbrecher-Liga beschert hat.

Was Ich – Einfach unverbesserlich 3 zu einem absolut gelungenen Film für die Groß und Klein macht, sind nicht nur die wohldosierten Auftritte der Minions, sondern auch die ein weiteres Mal unglaublich schrägen und gleichzeitig unvergleichlich charmanten Figuren. Von diesen ist jede einzelne vielschichtiger, als es auf den ersten Blick erscheinen mag. Genau deshalb ist ihre verrückte, schrullige Animationswelt spürbar nahe an der Realität und lässt den Zuschauer bei genauerer Betrachtung einiges lernen. Während sich bei uns – mit großer Unterstützung der (sozialen) Medien – noch der Kopf über Familienbilder zerbrochen wird, sich Verfechter verschiedenster Lebens-, Rollen-, und Erziehungsmodelle verbale Gefechte bis an den Rand des Erträglichen liefern und man den Eindruck hat, dass so manche Eltern andere ihrer Art wegen verschiedener Meinungen am liebsten zerfleischen würden, wird bei Familie Gru einfach gehandelt. Die auf diesem Gebiet recht unbedarfte Lucy erfährt beispielsweise, dass das Mamasein täglich mit neuen Herausforderungen aufwartet. Genau aus diesem Grund gerät sie – wie alle Mütter (und Väter) – im Laufe der Geschichte immer wieder an Punkte, an denen etwas bei der Erziehung ihrer drei grundverschiedenen Adoptivkinder neu für sie ist und sie gezwungen ist, nach dem Prinzip von Versuch und Irrtum nach passenden Lösungen zu suchen. Irren ist menschlich und was moderne Eltern sich und anderen zu oft nicht zugestehen, ist fester Bestandteil der Welt von Ich – Einfach unverbesserlich 3. Wie heißt es doch so schön: Hinfallen, aufstehen, Krone richten und weitergehen. Fehler einräumen, daraus lernen, sich gegenseitig unterstützen und dabei bloß nicht den Mut verlieren. Die Wichtigkeit und Richtigkeit dieses Prinzips müssen alle Mitglieder der bunt zusammengewürfelten Sippschaft rund um Gru lernen – sogar die Minions, die ihrem Boss die Gefolgschaft kündigen und nach diversen Eskapaden im Gefängnis landen. Blut ist dicker als Wasser und Familie ist kein festes Bild, sondern eine Frage des Gefühls und der individuellen Definition. Gäbe es im richtigen Leben mehr Menschen mit dem Gemüt der kleinen Agnes, die statt einem Einhorn eben (nur) die beste Ziege der Welt bekommt und sich über diese so sehr freut, als wäre sie das sehnlichst erhoffte Fabeltier … die Welt wäre eine Bessere.

Diese Feinheiten, ebenso wie die vielen kleinen Seitenhiebe auf Hollywood und die 80er Jahre, bleiben den jüngsten Zuschauern freilich verborgen. Den Spaß an Ich – Einfach unverbesserlich 3 mindert das jedoch dank jeder Menge Slapstickeinlagen für sie nicht. Darüber hinaus passt die musikalische Untermalung in jeder Szene wie Grus Faust im furiosen Endkampf auf das Auge des durchgeknallten Balthazar Bratt. Erwachsene freuen sich über die Zeitreise in die 80er Jahre, während die Kleinen ihre Ohren spitzen und etwas Neues hören können.

Ein Wermutstropfen ist für mich das atemlose Erzähltempo, das bei Ich – Einfach unverbesserlich 3 im Vergleich zu den Vorgängern um einige Stufen erhöht wurde. Das hätte nicht sein müssen und raubt den Zuschauern – vor allem den jüngeren – die Gelegenheit, länger bei den lieb gewonnenen Figuren zu verweilen und die grandios umgesetzten Animationen zu genießen. Ferner wirkt die geschmacklose Anspielung auf die Konkurrenz von Disney/Pixar gleich zu Beginn des Films absolut unangebracht und unnötig.

Davon abgesehen – da stimmt mir mein Sohn eifrig nickend zu – ist den Machern ein weiteres Mal großartige Familienunterhaltung gelungen, die man bedenkenlos weiterempfehlen kann.

Kinocomeback

Der Geruch von Popcorn! Das Gefühl, in einem Kinosessel zu sitzen! War das lange her! Umso größer war meine Begeisterung, als ich nach fast genau 2 Jahren und 7 Monaten wieder ein Lichtspielhaus betrat. Das Beste daran: Dieses Mal begleitete mich neben meinem geliebten Ehemann auch unser Sohn. Letzterer schnupperte zum ersten Mal in seinem Leben Kinoluft und war sofort Feuer und Flamme – und das nicht nur weil sein Lieblingsheld, Feuerwehrmann Sam, eifrig über die große Leinwand huschte und diverse Brände löschte. Möglicherweise liegt ihm die Faszination für Filmpaläste ja im Blut.

Mit Feuerwehrmann Sam – Achtung Außerirdische! (Fireman Sam: Alien Alert, Link zu MoviePilot) hatten wir für unser Kinocomeback gleich ein echtes Highlight erwischt. Der kleine Mann liebt die Abenteuer der fleißigen Feuerwehrleute aus dem walisischen Küstenstädtchen Pontypandy heiß und innig, und ich halte diese für eine der derzeit besten Serien für die klein(st)en Zuschauer. Sowohl die alten, noch in Stop-Motion-Technik produzierten, als auch die neuen Folgen von Feuerwehrmann Sam (Link zu Wikipedia) sind mit ihrer Länge von nur 10 Minuten und den wenigen, äußerst liebenswerten Charakteren perfekt für junge Feuerwehrfans geeignet. Humorige Hintergrundgeschichten und augenzwinkernde Anmerkungen sorgen dafür, dass die Eltern beim gemeinsamen Ansehen mit dem Nachwuchs ebenfalls gut unterhalten werden.

Wo Feuerwehrmann Sam draufsteht, ist Feuerwehrmann Sam drin. Das gilt auch für den neuen Film. Wie der Titel besagt, bekommen es die Bewohner von Pontypandy dieses Mal mit fliegenden Untertassen zu tun. Um den seltsamen Erscheinungen auf den Grund zu gehen, begibt sich der berühmte Weltraumdetektiv und Fernsehstar Buck Douglas (im Original passenderweise gesprochen von David Tennant) in das beschauliche Örtchen. Dessen Ankunft versetzt – angefangen bei Schlitzohr Norman Price bis zum gutherzigen und musikbegeisterten Feuerwehrmann Elvis Cridlington – endgültig die gesamte Bevölkerung in helle Aufregung. Einzig und allein Feuerwehrmann Sam Jones kann dem ganzen Trubel nichts abgewinnen und steht dem Neuankömmling kritisch gegenüber. Immerhin sorgt der mit wilden Geschichten dafür, dass er seine alienjagenden Mitbürger ständig aus brenzligen Situationen befreien muss.

Wer altersmäßig der sehr jungen Zielgruppe entwachsen ist, sollte sich Feuerwehrmann Sam – Achtung Außerirdische! dennoch mit Kinderaugen ansehen. Für diese ist der Film schließlich gemacht. Wenn ich lese, dass sich diverse Kritiker über den zugegebenermaßen sehr leicht durchschaubaren Plot, die kurze Spieldauer und die einfach gehaltenen Animationen mokieren, kann ich offen gestanden nur die Stirn runzeln. Um diese Dinge geht es dem eigentlichen Publikum nämlich keinesfalls. Ganz im Gegenteil wäre es meines Erachtens sogar kontraproduktiv, würde man hier plötzlich eine bombastische Special-Effects-Show abliefern, in der sich jeder Grashalm und jeder Zweig bewegt. Zu viel Gewusel, zu sehr verzweigte Handlungsstränge und zu viele Darsteller überfordern die Jüngsten leicht. Wer High-End-Animationen sehen will, der schaut sich die Werke von Pixar und Illumination Entertainment an, die jedoch allesamt – trotz Freigabe ohne Altersbeschränkung – eine nicht von der Hand zu weisende Komplexität besitzen, welche Kinder erst ab einem späteren Alter annähernd alle Details erfassen lässt.

60 Minuten sind absolut ausreichend, um eine unterhaltsame Geschichte zu präsentieren, die für Groß und Klein viele Momente zum Lachen und Mitfiebern bietet. Wann immer ich mich im Kinosaal umgehen habe, blickte ich ringsum in leuchtende Kinderaugen und konnte ich – inklusive unserem Sohn – jede Menge glühende Feuerwehrmann-Sam-Fans beobachten, die wild gestikulierend mitgefiebert haben, zu einer Story die – ungeachtet ihrer einfachen Struktur – aktueller kaum sein könnte. Mit dem Versuch der (endlich in einer 3D-Animationsversion zurückgekehrten) Pizzabäckerin Bella Lasagne gemeinsam mit Erfinder Joe Sparks, einen futuristischen Lieferservice in Pontypandy zu etablieren, der leckeres italienisches Essen per Flugdrohne beim Kunden abliefern soll, bekommt sogar Amazon einen geschickten Seitenhieb verpasst.

Das Wertvollste an Feuerwehrmann Sam – Achtung Außerirdische! ist, was neben den obligatorischen Sicherheitstipps vermittelt wird:

  • Glaubt nicht alles, was euch aufgetischt wird, selbst wenn es irgendwo schwarz auf weiß geschrieben steht.
  • Folgt nicht jedem (vermeintlichen) Hype, nur um dabei zu sein.
  • Bleibt kritisch und wachsam und scheut euch nicht, Dinge zu hinterfragen.
  • Hört auf euer Bauchgefühl.

In einer Zeit, in der sich Verschwörungstheoretiker, Aluhutträger, Selbstdarsteller und Fakenewsverbreiter lauthals in den sozialen Medien breit machen und dort eine beängstigend große Anhängerzahl um sich scharen, kann es meiner Meinung nach kaum bessere Botschaften für die kommende Generation geben.

Für uns war der erste Familienkinobesuch dank Feuerwehrmann Sam – Achtung Außerirdische! ein voller Erfolg. Nun warten wir gemeinsam sehnsüchtig auf die Veröffentlichung der Kaufversion zum Immer-wieder-Ansehen im Mai.

Gelbe Gemeinschaft

Sich um einen kleinen Menschen zu kümmern und ihm beim Aufwachsen zu helfen, ist nach wie vor die Aufgabe, welche die meiste Zeit meines Tages bestimmt. Sie verlangt mir einigen Einsatz ab und bereitet mir gleichzeitig unglaubliche Freude. Meine Hobbys müssen derweil weiterhin hintanstehen. Im Schrank stapeln sich die DVDs und Blu-rays und warten darauf, angesehen zu werden. Die Begeisterung für Filme und TV-Serien ist mir in den vergangenen Monaten freilich nicht abhanden gekommen. Umso schöner war es, als der Ehemann und ich unlängst endlich wieder einmal Zeit hatten, uns dieser gemeinsamen Passion hinzugeben. Gemeinsam geschaut haben wir Minions (Link zu IMDB), den mittlerweile dritten Film mit den niedlichen, gelben Superschurkenhelferlein.

Warum bei jedem der beiden Teile von Ich – Einfach unverbesserlich (Despicable Me, Link zu meiner Kritik des zweiten Teils) und nun auch bei den Minions im Vorhinein meine Erwartungen verhältnismäßig niedrig waren, kann ich nicht genau sagen. Jedes Mal war ich von den Trailern begeistert und gleichzeitig unsicher, ob man ein solch hohes Niveau an Gags und Sympathie über die gesamte Filmlänge würde halten können. Jedes Mal konnte mich das Team um Regisseur Pierre Coffin und Produzent Chris Meledandri eines Besseren belehren.

In Minions wird erstmals die Entstehungsgeschichte der pillenförmigen Lebewesen mit dem sonnengelben Gemüt und dem unstillbaren Hunger nach Bananen enthüllt. Von der Ursuppe an treibt die Minions die Suche nach dem ultimativen Superschurken, ihrem Big Boss, zu immer neuen Höchstleistungen. Aller Mühe zum Trotz steht der Stamm irgendwann im Laufe der Geschichte dennoch ohne Anführer da. Mit dem schlauen Kevin, dem musikalischen Stuart und dem kindlichen Bob brechen drei mutige Individualisten schließlich auf, um dieser Misere ein Ende zu bereiten. Auf ihrer Reise um die Welt müssen sie aberwitzige Abenteuer bestehen. Bis sie – wie der geneigte Fan aus den ersten beiden Filmen weiß – Gru (Steve Carell) treffen, ist es ein langer Weg.

Den besonderen Charme von Minions machen nicht alleine die allseits bekannten und unglaublich sympathischen Namensgeber aus. Jede einzelne der Figuren ist so perfekt unvollkommen und fehlerhaft, dass man sie – ganz unabhängig von ihrer Gesinnung – nur in Herz schließen kann. Wenn die Minions sich bei den fiesesten Fieslingen der Welt auf der streng geheimen Messe „Villain-Con“ bewerben, können sich nicht nur eingefleischte Comicfans und erfahrene Conventiongänger vor Lachen kaum mehr halten. Sei es die vom großen Ruhm träumende Superschurkin Scarlet Overkill (Sandra Bullock) oder ihr in vollkommender Ergebenheit förmlich zerfließender Ehemann Herb (Jon Hamm), jeder Charakter ist von der Pike auf durchdacht und mit viel Liebe zum Detail gestaltet.

91 Minuten lang präsentiert Minions keine weichgespülte, heile Welt, sondern ist an Aktualität kaum zu übertreffen. Wer sich darauf einlässt, kann eine Menge Botschaften entdecken, die neben allem Spaß im Nachhinein durchaus zum Nachdenken anregen können. Man muss nämlich nicht immer die gleiche Sprache sprechen, um sich zu verständigen – respektive Banana sprechen, um die Minions zu verstehen. Was könnte unsere reale Welt davon profitieren, wenn wir dem Unbekannten so ungeniert und mutig gegenüberträten, wie Kevin, Stuart und Bob! Auch ist der Zusammenhalt der gelben Gemeinschaft innerhalb des gesamten Minion-Stammes einzigartig und absolut inspirierend. Nicht zu vergessen, dass so mancher (vermeintlicher oder tatsächlicher) Übeltäter auch in der Realität mehr Facetten als sein bedrohliches Äußeres und furchterregendes Gebaren hat und man sich bei Einschätzungen seines Gegenüber und dessen mögliche Fähigkeiten niemals nur auf ein (unscheinbares) Äußeres verlassen sollte. Dies sind nur ein paar Beispiele, wie man Minions ebenfalls betrachten kann.

Alles in allem kann ich kleinen und großen Animationsfans diesen in jeder Hinsicht wunderbar gemachten Film nur empfehlen. Jüngere Zuschauer können gewiss nicht jede Anspielung aus Popkultur und Zeitgeschichte erkennen, sich aber trotzdem an genug Slapstick-Einlagen erfreuen. Für mich persönlich hat sich die Anschaffung der Blu-ray (Link zur produktweite auf Amazon.de) absolut gelohnt. Preis, Qualität und Extras stimmen und um alle Feinheiten zu Entdecken, sollte man sich Minions auf jeden Fall mehr als ein Mal ansehen.

Verbranntes Potenzial

Es ist schon eine Weile her, da berichtete ich über Burn Notice und darüber, warum mir diese TV-Serie so gut gefällt (Link zu meinem Artikel aus dem Jahr 2012). Inzwischen wurde die Geschichte um den von der CIA unehrenhaft aus dem Dienst entlassenen Agenten Michael Westen und sein schlagfertiges Team zu Ende erzählt. Nachdem sich der Tagesrhythmus unserer kleinen Familie vorerst eingependelt zu haben scheint, haben der Ehemann und ich in den vergangenen Wochen wieder etwas mehr Zeit für gemütliche abendliche Stunden und zum DVD-Schauen gefunden. Immerhin haben wir einiges aufzuholen. Jüngst sahen wir uns also die siebte und letzte Staffel von Burn Notice an.

Ein über mehr als 100 Folgen gewachsenes Konstrukt zu einem Serienende zu führen, das sich sowohl zeitlich als auch storytechnisch nahtlos an alle vorherigen Handlungsstränge anfügt und einen tatsächlichen Schlusspunkt setzt, ist für alle Beteiligten sicherlich immer schwierig. Dass dies kein unmögliches Unterfangen ist, beweisen konsequent zum Ziel geführte Konkurrenzproduktionen wie Breaking Bad und The Wire. Leider kann sich Burn Notice nicht in die Riege der in meinen Augen von A bis Z gelungenen TV-Serien einreihen. Zu stark fällt Staffel 7 qualitativ im Vergleich zu ihren Vorgängern ab. Zu konstruiert, lückenhaft und gehetzt wirkt Michael Westens letzte Mission, zu pseudo-dramatisch und gewollt die finale Folge. In Anbetracht der Tatsache, dass ich noch bis zum Ende der sechsten Staffel erstaunlich wenig zu beanstanden hatte, empfinde ich dies als äußerst bedauerlich.

Im Folgenden gehe ich noch etwas genauer auf die Geschehnisse des finalen Agentenabenteuers ein. Deshalb ergeht an dieser Stelle eine

!!! SPOILERWARNUNG !!!

Dass es in den Reihen der Geheimorganisationen hinter jedem Hintermann einen weiteren und noch gefährlicheren Gegner gibt, haben Fans im Verlauf von sechs Staffeln Burn Notice gelernt. Warum also mussten die Macher ausgerechnet zum Schluss noch einmal ein komplett neues Fass aufmachen? Entgegen allen lieb gewonnenen Regeln der Serie wird Michael Westen (Jeffrey Donovan) von der CIA auf eine langwierige Undercover-Mission geschickt. Seinen alten Job, den er so gerne zurück haben wollte, übt er dabei nicht freiwillig aus, sondern gezwungenermaßen. Sollte Michael versagen, drohen seinen Freunden und sogar seiner Mutter (Sharon Gless) lebenslange Gefängnisstrafen. Daher folgt der Superagent brav seinen Befehlen und infiltriert eine brandgefährliche Allianz von ehemaligen Agenten, die allerdings nicht mit üblichen Motiven aufwartet, sondern ihrerseits dort eingreift, wo die Justiz versagt. Dies bringt ihn, der die ganze Zeit über ähnlichen Leitgedanken folgte, in Gewissenskonflikte. Hinweise auf die große und unglaublich gut organisierte Gruppe gab es in der gesamten Serie zuvor keine. Dabei hätte einem übermächtigen und mit schier endlosen Mitteln ausgestatteten Netzwerk das Tun des in Miami gestrandeten Agenten schon lange auffallen müssen – und umgekehrt.

Kleinere Aufträge gibt es für Herrn Westen nur in Verbindung mit seiner großen Aufgabe. Zwar involviert er hier und da Sam Axe (Bruce Campbell), Fiona Glenanne (Gabrielle Anwar) und Jesse Porter (Coby Bell), die jedoch gleich einen ganzen Haufen eigener Probleme wälzen. Das Zusammenspiel der Charaktere verliert durch diesen schweren Ballast extrem an jener der Serie so eigenen Leichtigkeit.

Generell ist plötzlich nichts mehr wie es vorher war. Von sämtlichen bewährten Prinzipien wird systematisch abgewichen. In gleichem Umfang wie der Joghurtkonsum der Protagonisten schwindet auch deren Spaß an der Teamarbeit. Verwunderlich ist das nicht, büßt Michael Westen doch plötzlich ein großes Maß seiner Zielstrebigkeit ein und wird als leicht beeinflussbar und wechselhaft dargestellt – zwei Eigenschaften, die dem sonst so cleveren Helden überhaupt nicht liegen. Alles gipfelt in einem Finale, das zwar mit einigen liebevollen Anspielungen aufwarten kann und vom Prinzip her einen für mich – bis auf das Opfer von Madeline Westen – annehmbaren Ausklang präsentiert, aber in mehrfacher Hinsicht an allen Ecken und Enden zusammengeschustert und überfrachtet wirkt.

Als Totalausfall kann ich Burn Notice trotz allem auf keinen Fall einstufen. Einschließlich Staffel 6 gilt meine Empfehlung weiterhin ohne Einschränkungen. Es geht mir nur ähnlich wie bei Dexter: ich wittere eine Menge verbranntes Potenzial und komme nicht umhin, mir bessere Finalszenarien auszumalen.

Pausen für kleine Füße

Vor einigen Wochen, am 08. November 2014, war ein besonderer Tag. Genau ein Jahr zuvor begrüßte ich meinen von der Arbeit nach Hause kommenden Ehemann mit einem breiten Grinsen von einem Ohr zum anderen und den Worten „Wir bekommen Füße!“. Lange zuvor hatten wir uns schon gewünscht, dass kleine Babyfüße den Weg in unser gemeinsames Leben finden und unsere kleine Familie vervollständigen mögen. An jenem Datum war der Schwangerschaftstest dann endlich positiv.

Kleine FüsseInzwischen sind diese süßen Füße, mitsamt dem wunderbaren kleinen Minimenschen daran, bei uns eingezogen und machen uns zu tagtäglich glücklichen Eltern. Das wohl Witzigste ist, dass an besagtem Datum unser Sohn genau vier Monate auf der Welt war.

Dass jeder Mensch als Individuum geboren wird, das schärfte uns unsere äußerst kompetente und liebe Hebamme gleich nach der Geburt ein. Rasch habe ich erkannt, wie recht sie mit dieser Aussage hatte. Kein Baby ist wie das andere und es ist extrem wichtig für Eltern, die Bedürfnisse ihres schutzbefohlenen Erdenbürgers zu erkennen und ihnen bestmöglich nachzukommen. Unser Sohn hat einen extrem ruhigen Charakter. Hektik und Stress liegen ihm überhaupt nicht. Erstaunlicherweise stimmt vieles, was in seinem Babyhoroskop steht – selbst wenn man den Sternen nicht allzu viel Bedeutung beimisst (Link zur Babyhoroskop-Webseite von BabyCenter). Prinzipiell ist er ausgesprochen pflegeleicht und macht alles mit – von gelegentlichen Wachstums- und Entwicklungsschüben, die ganz normal sind und besonders anstrengende Zeiten mit viel Gequengel, allgemeiner Unlust sowie Unbehagen mit sich bringen, einmal abgesehen. Er freut sich über Ausflüge und darüber, mit mir zum Yoga (Rückbildungsyoga mit Baby) zu gehen. Allerdings genießt er anschließend jedes Mal spürbar eine Verschnaufpause zuhause, die ich ihm nur zu gerne gewähre.

Trotz des Ruhebedürfnisses was seine Umwelt anbelangt, stehen die Füße unseres Sohnes tagsüber nur selten still. Während seiner mittlerweile 20 Wochen außerhalb meines Bauchs hat er schnell begriffen, was es mit dem Wechsel zwischen Tag und Nacht auf sich hat und dass, solange die Sonne draußen für Helligkeit sorgt, alles viel zu interessant ist, um möglicherweise etwas zu verschlafen. Daher haben die Nickerchen zwischendurch rasant abgenommen und werden momentan nur noch in absoluten Notfällen gemacht, also wenn er die Augen gar nicht mehr aufhalten kann. Das führt dazu, dass er für gewöhnlich den ganzen Tag wach ist und ich entsprechend dauerbeschäftigt mit seiner Unterhaltung bin. Teilweise genügt es ihm, mich in seiner Babywippe sitzend oder auf einer Krabbeldecke liegend zu beobachten, wenn ich normalen Tätigkeiten im Haushalt nachgehe. So kann ich glücklicherweise zwischendurch ein paar Sachen erledigen. Hauptsache es passiert irgendetwas. Immerhin schläft der Sohnemann dafür des Nachts umso besser. 8 bis 10 Stunden Schlaf am Stück sind derzeit die Regel. Er schätzt sein Bett, seine gemütlichen Schlafsäcke und das abendliche Einschlafritual sehr.

Selbstverständlich kann und wird sich das alles wieder ändern, aber durch die actionreichen Tage pausiert gegenwärtig vieles in meinem Leben, was etwas mehr Zurückgezogenheit und Ausdauer bedarf, so zum Beispiel das Schreiben und das Konsolenspielen. Abends bin ich dazu meistens zu müde. Darüber hinaus muss man sich als Eltern stets ein wenig Zweisamkeit am Tag bewahren. Folglich passiert auch auf diesem Blog derzeit weniger als gewohnt.
Ich liebe meine Aufgaben als Mama und vermisse nichts. Morgens gibt es nichts Schöneres, als an das Babybettchen zu treten, in dem der Nachwuchs jeden Tag ganz entspannt mit langsamem Aufwachen beginnt und mit einem Ausdruck purer, echter Freude angelächelt zu werden. Mit ihm Zeit zu verbringen und zu spielen, bereitet mir allergrößte Freude. Ohne Zweifel kommt mein Sohn für mich immer an erster Stelle. Pausen für kleine Füße lege ich deshalb gerne und ohne Zögern ein.

Schließlich möchte ich nichts verpassen, in dieser Zeit, in der die Entwicklung so schnell voranschreitet und es für uns Eltern so viel zu lernen gibt. Es ist faszinierend, zu sehen, wie ausgeprägt bestimmte Vorlieben bereits in einem solch zarten Babyalter sein können. Besonders gut kann man dies bei Musik erkennen. In den ersten Wochen hörte unser Sohn am liebsten Entspannungsmusik mit Naturgeräuschen. Mittlerweile hat er seinen Geschmack erweitert. Unlängst suchte er sich das neue Album V von Maroon 5 (Link zum Album auf iTunes) als Untermalung für seinen Mittagsschlaf aus – sofern er denn gelegentlich einen solchen hält, beziehungsweise sich auf meinem Arm dazu überzeugen lässt, die Augen für circa 30 Minuten zu schließen. Ich bezeichne den Vorgang hier ausdrücklich als Aussuchen, denn als ich diese Musik zufällig hörte, entspannte er sich sofort und lauschte besonders intensiv. Meine Mutter erzählte mir oft, dass ich im gleichen Alter und lange darüber hinaus nur zu den Klängen von James Last eingeschlummert bin und diese Musik ebenfalls selbständig durch entsprechende Reaktionen gewählt hatte.

Wir alle sind eben glücklicherweise doch nie vollständig durch äußere Einflüsse formbar und kommen mit einem in mehrfacher Hinsicht ganz eigenen Kopf auf die Welt.