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Verbranntes Potenzial

Es ist schon eine Weile her, da berichtete ich über Burn Notice und darüber, warum mir diese TV-Serie so gut gefällt (Link zu meinem Artikel aus dem Jahr 2012). Inzwischen wurde die Geschichte um den von der CIA unehrenhaft aus dem Dienst entlassenen Agenten Michael Westen und sein schlagfertiges Team zu Ende erzählt. Nachdem sich der Tagesrhythmus unserer kleinen Familie vorerst eingependelt zu haben scheint, haben der Ehemann und ich in den vergangenen Wochen wieder etwas mehr Zeit für gemütliche abendliche Stunden und zum DVD-Schauen gefunden. Immerhin haben wir einiges aufzuholen. Jüngst sahen wir uns also die siebte und letzte Staffel von Burn Notice an.

Ein über mehr als 100 Folgen gewachsenes Konstrukt zu einem Serienende zu führen, das sich sowohl zeitlich als auch storytechnisch nahtlos an alle vorherigen Handlungsstränge anfügt und einen tatsächlichen Schlusspunkt setzt, ist für alle Beteiligten sicherlich immer schwierig. Dass dies kein unmögliches Unterfangen ist, beweisen konsequent zum Ziel geführte Konkurrenzproduktionen wie Breaking Bad und The Wire. Leider kann sich Burn Notice nicht in die Riege der in meinen Augen von A bis Z gelungenen TV-Serien einreihen. Zu stark fällt Staffel 7 qualitativ im Vergleich zu ihren Vorgängern ab. Zu konstruiert, lückenhaft und gehetzt wirkt Michael Westens letzte Mission, zu pseudo-dramatisch und gewollt die finale Folge. In Anbetracht der Tatsache, dass ich noch bis zum Ende der sechsten Staffel erstaunlich wenig zu beanstanden hatte, empfinde ich dies als äußerst bedauerlich.

Im Folgenden gehe ich noch etwas genauer auf die Geschehnisse des finalen Agentenabenteuers ein. Deshalb ergeht an dieser Stelle eine

!!! SPOILERWARNUNG !!!

Dass es in den Reihen der Geheimorganisationen hinter jedem Hintermann einen weiteren und noch gefährlicheren Gegner gibt, haben Fans im Verlauf von sechs Staffeln Burn Notice gelernt. Warum also mussten die Macher ausgerechnet zum Schluss noch einmal ein komplett neues Fass aufmachen? Entgegen allen lieb gewonnenen Regeln der Serie wird Michael Westen (Jeffrey Donovan) von der CIA auf eine langwierige Undercover-Mission geschickt. Seinen alten Job, den er so gerne zurück haben wollte, übt er dabei nicht freiwillig aus, sondern gezwungenermaßen. Sollte Michael versagen, drohen seinen Freunden und sogar seiner Mutter (Sharon Gless) lebenslange Gefängnisstrafen. Daher folgt der Superagent brav seinen Befehlen und infiltriert eine brandgefährliche Allianz von ehemaligen Agenten, die allerdings nicht mit üblichen Motiven aufwartet, sondern ihrerseits dort eingreift, wo die Justiz versagt. Dies bringt ihn, der die ganze Zeit über ähnlichen Leitgedanken folgte, in Gewissenskonflikte. Hinweise auf die große und unglaublich gut organisierte Gruppe gab es in der gesamten Serie zuvor keine. Dabei hätte einem übermächtigen und mit schier endlosen Mitteln ausgestatteten Netzwerk das Tun des in Miami gestrandeten Agenten schon lange auffallen müssen – und umgekehrt.

Kleinere Aufträge gibt es für Herrn Westen nur in Verbindung mit seiner großen Aufgabe. Zwar involviert er hier und da Sam Axe (Bruce Campbell), Fiona Glenanne (Gabrielle Anwar) und Jesse Porter (Coby Bell), die jedoch gleich einen ganzen Haufen eigener Probleme wälzen. Das Zusammenspiel der Charaktere verliert durch diesen schweren Ballast extrem an jener der Serie so eigenen Leichtigkeit.

Generell ist plötzlich nichts mehr wie es vorher war. Von sämtlichen bewährten Prinzipien wird systematisch abgewichen. In gleichem Umfang wie der Joghurtkonsum der Protagonisten schwindet auch deren Spaß an der Teamarbeit. Verwunderlich ist das nicht, büßt Michael Westen doch plötzlich ein großes Maß seiner Zielstrebigkeit ein und wird als leicht beeinflussbar und wechselhaft dargestellt – zwei Eigenschaften, die dem sonst so cleveren Helden überhaupt nicht liegen. Alles gipfelt in einem Finale, das zwar mit einigen liebevollen Anspielungen aufwarten kann und vom Prinzip her einen für mich – bis auf das Opfer von Madeline Westen – annehmbaren Ausklang präsentiert, aber in mehrfacher Hinsicht an allen Ecken und Enden zusammengeschustert und überfrachtet wirkt.

Als Totalausfall kann ich Burn Notice trotz allem auf keinen Fall einstufen. Einschließlich Staffel 6 gilt meine Empfehlung weiterhin ohne Einschränkungen. Es geht mir nur ähnlich wie bei Dexter: ich wittere eine Menge verbranntes Potenzial und komme nicht umhin, mir bessere Finalszenarien auszumalen.