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Freiheit und Gleichheit

Oscarnominierte und -prämierte Filme haben den großen Vorteil, dass sie länger im Kino laufen, als andere Werke. Sie geistern zu verschiedenen Uhrzeiten durch verschiedene Lichtspielhäuser. Die Wahrscheinlichkeit, dass irgendwann eine Anfangszeit mit der eigenen Zeitplanung harmoniert, ist deshalb groß. So hatte ich diese Woche Glück und fand endlich eine Gelegenheit mir Lincoln anzusehen.

Steven Spielbergs neuester Film behandelt die letzten Monate des großen amerikanischen Präsidenten Abraham Lincoln in den Jahren 1864 und 1865. Der Amerikanische Bürgerkrieg neigt sich dem Ende zu. Abraham Lincoln wurde vor Kurzem für eine zweite Amtszeit als Präsident der Unionsstaaten bestätigt. Er ist 55 Jahre alt. Das Alter und all die tragischen Dinge, die er bis dato im Privaten, wie in seiner politischen Karriere erleben musste, liegen ihm schwer in den Knochen. Lincoln hat allerdings ein wichtiges Ziel vor Augen, eines das er mit all seinen verbleibenden Kräften verfolgt: die Verabschiedung des 13. Verfassungszusatzes im Repräsentantenhaus und die damit einhergehende Abschaffung der Sklaverei. Um die endgültige Durchsetzung sicherzustellen, muss die nötige Zweidrittelmehrheit erreicht werden, noch bevor ein Frieden mit den durch den Krieg erheblich geschwächten Konföderierten Staaten geschlossen wird. (Alle Links in diesem Absatz zu Wikipedia.)

Lincoln ist ein Historien-Drama. Das Ende ist jedem Zuschauer deshalb schon bekannt, bevor er den Kinosaal betritt. Steven Spielberg beweist mit diesem Meisterwerk allerdings eindrucksvoll, dass das kein Grund für Langeweile und für die völlige Abwesenheit von Überraschungen ist. Lincoln ist von der ersten bis zur letzten Minute fesselnd und selbst die Abstimmung im Repräsentantenhaus ist so gekonnt inszeniert, dass man als Zuschauer gebannt auf das Ergebnis wartet und mit Lincoln und seinen Mitstreitern um den Sieg bangt. Seit Jahren hat mich kein Film von Steven Spielberg mehr richtig begeistern können. Die Hoffnung auf eine Rückkehr des Meisters zu alten Höhen hatte ich schon fast aufgegeben. Umso positiver überraschte mich Lincoln.

Der Film spielt zwar an verschiedenen Orten, aber zumeist im Inneren von diversen Räumen. Diese sind allerdings mit so viel Liebe gestaltet, dass man sich sofort 150 Jahre zurückversetzt fühlt. Gleichzeitig beweisen die Macher ein geradezu meisterliches Gespür für atmosphärische Details. Lichteinfall, Staub, Rauch, Schneeflocken – einfach alles wird gezielt und absolut gekonnt eingesetzt. Untermalt wird das Ganze vom reduzierten aber gleichermaßen passenden Score von Spielbergs langem Vertrauten, John Williams. Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass das Geschehen auf der Leinwand bei den Zuschauern für Gänsehautmomente sorgt, auch wenn derart bekannte, historische Ereignisse auf den ersten Blick relativ wenig Raum für Spannung bieten mögen.

Die jahrelange und sehr gründliche Recherche des Regisseurs zur diffizilen Thematik merkt man dem Film in jeder Minute an und auch die Besetzung kann bis in die kleinste Nebenrolle überzeugen. Daniel Day-Lewis ist ein herausragender Schauspieler, der Lincoln so vielschichtig darstellt, wie es wohl kaum ein anderer gekonnt hätte. Der auf den ersten Blick gebrechliche Präsident wandelt sich von einer Sekunde auf die andere vom schweigenden Zuhörer zum flammenden Redner, dem alle Aufmerksamkeit gewiss ist, wenn er seine Anliegen mit leuchtenden Augen vorträgt. Er hat zu jedem Zeitpunkt die passende Geschichte, das passende Gleichnis parat und er ist unter keinen Umständen bereit, das ihm so wichtige Vorhaben, die Abschaffung der Sklaverei, aufzugeben. Ebenfalls brillant spielt Tommy Lee Jones seine Rolle als Rechtsanwalt Thaddeus Stevens, der mit ganzem Herzen für eine Welt kämpft, in der alle Menschen als gleich angesehen werden. Jones ist einer der ganz großen in Hollywood. Das muss ich immer wieder aufs Neue feststellen. Für seinen Mut zu oftmals ungewöhnlichen Rollen, die er ohne Angst vor dem Alter (z.B. auch als Arnold Soames in Hope Springs, Link zu IMDB) spielt, ist ihm meine Bewunderung sicher. Auch die restlichen Rollen in Lincoln wurden mit unglaublicher Treffsicherheit besetzt, sowohl was die schauspielerische Leistung anbelangt als auch im Hinblick auf die Ähnlichkeit mit den historischen „Originalen“. Wer einmal einen Blick auf Bilder aus den Jahren 1864/65 wirft, wird sofort erkennen, was ich meine. Sally Field, David Strathairn, James Spader und Jackie Earle Haley sind nur einige Beispiele für weitere Schauspieler, die mir in Lincoln positiv auffielen. Und auch Walton Goggins läuft unter der Anleitung des großen Regisseurs zu Hochform auf.

Lincoln wurde 2013 mit zwei Oscars ausgezeichnet, für 12 war er nominiert. Ich habe noch immer nicht alle Anwärter auf den Titel „Bester Film“ gesehen, allerdings rangiert Lincoln für mich schon jetzt weit vor Ben Afflecs seichtem Thriller „Argo“. Mein persönliches Unverständnis für die finale Entscheidung der Academy wurde nach Sichtung von Lincoln nur noch größer. Dafür kann ich der Vergabe der Trophäe im Bereich „Bester Hauptdarsteller“ an Daniel Day-Lewis nur zustimmen und auch der Oscar in der Kategorie „Bestes Szenenbild“ ist bei den Machern dieses Films gut aufgehoben.

Lincoln ist ein wunderbarer Film, der nicht nur in Bezug auf die historischen Begebenheiten gut gemacht ist. Seine Thematik hat heute mehr Relevanz, als es auf den ersten Blick scheinen mag. Lincoln selbst hat in erster Linie für die Abschaffung von Zwangsarbeit und damit für grundsätzliche Freiheit gekämpft. Die Befreiung der Schwarzen an sich und deren Gleichstellung mit den Weißen waren für ihn dabei eher zweitrangig. Eine Szene hat mich in diesem Zusammenhang besonders beeindruckt: eine Unterhaltung von Lincoln mit einer ehemaligen Sklavin, in der der Präsident zugibt, dass er sich an deren „Volk“ wohl selbst erst noch „gewöhnen“ müsse. Ist es nicht so, dass es auch heute genügend Menschen gibt, an die sich andere erst noch „gewöhnen“ müssen? Die aktuellen Diskussionen rund um gleichgeschlechtliche Ehen sind meiner Meinung nach Beweis genug dafür, dass es immer noch Menschen gibt, die von anderen Menschen nicht als gleich angesehen werden. Selbst die von Thaddeus Stevens als Kompromiss anstelle der totalen Gleichheit proklamierte Gleichheit vor dem Gesetz ist noch nicht in allen Bereichen und in allen Fällen gegeben. Lincoln hat deshalb, trotz grundsätzlich positiver Botschaft, viel Potenzial zum Nachdenken anzuregen.

Vielleicht hat mich dieser Film auch so begeistert, weil ich mich dank dem Videospiel „Assassin’s Creeed 3“, das in meinem Osterurlaub zu Ende gespielt habe, vor Kurzem ohnehin viel mit der amerikanischen Geschichte beschäftigt habe. Die Geschichte des Spiels spielt 100 Jahre früher als Lincoln. In diesem Zusammenhang hatte ich interessehalber auch einige Dinge nachgelesen, z.B. über George Washington und über die Boston Tea Party. Da sage noch einmal einer, Videospiele könnten keinen Beitrag zur Bildung leisten. Gerade deshalb rückte der Film nun ein weiteres, interessantes historisches Kapitel in meinen Fokus – noch etwas, mit dem ich mich zuvor noch nie so eingehend beschäftig hatte.

Bei all dem Lob muss es doch irgendwo einen Haken geben? Den gibt es und zwar in Form der fast unterirdisch schlechten deutschen Synchronisation. Leider konnte ich mir Lincoln nicht im Originalton ansehen. Das werde ich auf jeden Fall nachholen. Die deutsche Fassung fand ich allerdings grausig. Ein weiteres Beispiel dafür, wie der Versuch, Dialekte ins Deutsche zu übertragen, kläglich scheitern kann. Der Synchronsprecher von Daniel Day-Lewis verschluckt regelmäßig das „T“ am Ende von Worten, vor allem bei „nicht“. Das ist einfach nur unnötig und nimmt dem Film doch einiges der großartigen Atmosphäre. Auch wird der Slang von Sklaven in Filmen immer durch eigenartiges Verziehen der deutschen Sprache zu übertragen versucht. Das war auch in „Django Unchained“ der Fall. Ich kann in Anbetracht von so viel mangelndem Feingefühl nur den Kopf schütteln und empfehle deshalb allen Interessierten, wie so oft, auch bei Lincoln den Originalton.

Zum Schluss möchte ich noch auf die recht witzige Tatsache eingehen, dass ich nach Lincoln noch einmal an einen anderen Film denken musste, den ich bereits letztes Jahr gesehen habe und in dem der berühmte Präsident ebenfalls eine Hauptrolle spielte: Abraham Lincoln: Vapirjäger (Abraham Lincoln: Vampire Hunter, Link zu IMDB) mit Benjamin Walker als Abraham Lincoln. Wenn man sich ein wenig intensiver mit der amerikanischen Geschichte und mit Abraham Lincoln selbst beschäftig, kann man nämlich durchaus feststellen, dass die Vampirjäger-Variante doch viele sehr detaillierte Verweise auf die tatsächlichen historischen Ereignisse enthält. Die humorvolle Gruselinterpretation hat durchaus mehr Unterhaltungspotenzial, betrachtet man sie vor dem historischen Hintergrund, als wenn man sie einfach nur als Horrorfilm konsumiert.

Digitale Charakterköpfe

Es gibt viele Spieleserien, die mir in der langen Zeit, in der ich mich schon mit Videospielen beschäftige, richtig ans Herz gewachsen sind und von denen ich bedingungslos jeden neuen Teil kaufe und spiele.

Einige davon leben von ihrem inzwischen bewährten Konzept und von immer wiederkehrenden Elementen. So wäre eine neuer Teil  von Silent Hill ohne den Pyramidenkopf und die Bubble Head Nurses undenkbar, oder ein neues The Legend of Zelda ohne den grünbemützten Link und seine verschiedenen Waffen wie Bumerang oder Enterhaken. Die allermeisten dieser Serien haben gemeinsam, dass man sich in jedem Teil entweder an einen völlig neuen Hauptcharakter, oder aber an einen bewährten Charakter immer wieder neu gewöhnen muss. So ist Super Mario zwar ein bekannter Charakter, allerdings macht er in nahezu allen Teilen die gleiche Entwicklung durch, beziehungsweise durchlebt eine sehr ähnliche Story. Link wanderte schon in den verschiedensten Inkarnationen über den Bildschirm und nach Silent Hill verirrt sich in jedem Teil jemand anderes. Die Hauptelemente bleiben in jedem Teil der Reihe bestehen und das ist es auch gerade, warum ich diese Art von Serien so mag. Jedes Mal, wenn Link seinen ersten Holzschild bekommt, hüpft mein Herz höher.

Es gibt allerdings auch Spieleserien, die durch eine stetige Weiterentwicklung des Spielprinzips und der Spielmechanik, sowie durch eine zusammenhängende Story überzeugen können. Bedingt durch die Storyline bleiben vielfach Charaktere über verschiedene Teile hinweg erhalten. Ähnlich wie in einer TV-Serie wachsen sie mir als Spieler dann auch deshalb immer mehr ans Herz. Darüber hinaus spielen diese Games in riesigen Universen, die schiere Unmengen an Stoff für Erzählungen bieten.

Vergangene Woche habe ich Assassin’s Creed: Revelations beendet, den letzten Teil der Reihe, der sich der Geschichte um den Assassinen Ezio Auditore da Firenze widmet. In insgesamt drei Spielen hatte ich so viel mit Ezio erlebt, dass ich immer etwas Bedenken vor dem Ende hatte, das allerdings in meinen Augen glücklicherweise sehr gelungen ausfiel. Assassin’s Creed 3 liegt schon neben meiner Konsole bereit. Ein bisschen Bammel habe ich allerdings davor, es anzuspielen, ist mir der neue Assassinen-Charakter Connor doch noch sehr fremd. Gut, dass es die interessante und nach vier Teilen doch recht komplex gewordene Hintergrundstory gibt, die mich so neugierig macht, dass ich mich wahrscheinlich auch mit Connor schnell anfreunden werde.

Auch bei Mass Effect bin ich gespannt, wie man die Serie weiterführen wird. Nach drei Teilen endeten die Abenteuer von Commander Shepard. Bei Assassin’s Creed ist die Gestalt der Charaktere eindeutig vorgegeben. Im Gegensatz dazu hat man bei Mass Effect die Möglichkeit, seinen eigenen Shepard zu erstellen, egal ob männlich oder weiblich. Mannkann diesen Charakter dann von Teil 1 bis Teil 3 immer weiter übernehmen. Die Möglichkeit der Anpassung des Aussehens habe ich in diesem Fall zugegebenermaßen gar nicht genutzt. Ich habe den Standard-Shepard durch das epische Sci-Fi-Abenteuer begleitet. Aber auch den habe ich mit all seinen Entscheidungen, die er zu treffen hatte, seinen Beziehungen und all den Kämpfen so liebgewonnen, dass ich ihn gedanklich für einen nächsten Mass-Efect-Teil noch nicht so recht ziehen lassen will. Über das Ende von Mass Effect 3 wurde unter Gamern sehr viel gestritten. Ich fand es übrigens völlig in Ordnung. Vielleicht war ich bis dahin schon zu sehr Shepard-Fan, dass man mir alles hätte vorsetzen können, aber aus meiner Sicht passte es durchaus ins Universum und in die Geschichte.

Natürlich werde ich auch ein Mass Effect ohne Shepard spielen, so wie ich ein Gears of War ohne Marcus Fenix spielen werde. Ja, auch diese sehr brutale Spielereihe weiß mit einem eigenen und großen Universum aufzuwarten, das mich sehr fasziniert. Große Spieleuniversen gewinnen mittlerweile auch immer öfter durch andere Medien wie Comics und Bücher an Gestalt hinzu. Ich finde das toll.

Eine Spieleserie, die auch schon sehr lange läuft, ist Splinter Cell. Sam Fisher ist inzwischen einer meiner Lieblings-Spielehelden. Seit 2002 begleite ich ihn auf seinen geheimen Missionen. Splinter Cell gehört zur zweiten von mir hier aufgestellten Serienkategorie. Die Haupthandlung wird in jedem Teil mehr oder weniger fortgeführt, allerdings wurde das Spielprinzip im letzten Teil, Splinter Cell: Conviction, nicht nur weiterentwickelt, sondern quasi runderneuert. Ich persönlich habe die Neuerungen zwar als präsent empfunden, allerdings nicht als so krass, dass sie den kompletten Charakter der Serie verändert hätten. Sam Fisher, bekannt geworden durch sein Schattendasein und sein lautloses Vorgehen, kann noch immer schleichen und Stealth-Kills vollführen. Allerdings muss er das nicht mehr unbedingt, er kann auch offensiver vorgehen. Die Trailer des kommenden Teils, Splinter Cell: Blacklist, lassen vermuten, dass diese Elemente noch verstärkt werden und es bald noch offensiver zugeht. Ich werde Sam Fisher auf jeden Fall auch außerhalb der Schatten weiter begleiten.

Was mich an all dem so fasziniert, ist, dass es heute nicht nur lebende oder fiktive Charaktere auf dem Papier und in Film und Fernsehen gibt, die ihr Publikum zu begeistern wissen. Zu ihnen haben sich die digitalen Charakterköpfe gesellt, mit denen man genauso viel erleben kann und deren Abenteuer man ebenso emotional verfolgt.