Archiv für den Monat Mai 2014

Für eine Handvoll Lacher

Mit dem Countdown zum baldigen Ende meiner Schwangerschaft läuft für mich gleichzeitig die verbleibende Restzeit bis zu einer voraussichtlich längeren Kinopause ab. Der Inhalt dieses Blogs wird deshalb sicherlich alleine aus diesem Grund in Zukunft wieder weniger eintöniger Natur sein. Ein paar Wochen verbleiben jedoch noch, und so nutzte ich die Gelegenheit, um mir Seth MacFarlanes neue Komödie anzusehen.

Mit dem sprechenden Plüschbären namens Ted (Link zu IMDB) gelang dem vielbegabten und in Hollywood äußerst umtriebigen Regisseur und Drehbuchautor vor zwei Jahren die Erschaffung einer echten Kultfigur. Kein Wunder, dass das sehr erwachsen agierende Spielzeug in absehbarer Zeit in einer Fortsetzung auf die große Leinwand zurückkehren wird. Zwischenzeitlich hat sich Seth MacFarlane ein gänzlich anderes Thema vorgenommen und möchte mit A Million Ways to Die in the West erneut einen Angriff auf die Lachmuskeln der Kinozuschauer starten. Leider vermag der Film die in den durchaus witzigen Trailern geschürten Erwartungen nicht zu erfüllen.

A Million Ways to Die in the West spielt, wie der Titel verrät, im Wilden Westen Amerikas, zur Zeit von Cowboys und Indianern. Als der Schaffarmer Albert (Seth MacFarlane) von seiner Freundin Louise (Amanda Seyfried) verlassen wird, bricht für ihn eine Welt zusammen. Alle Versuche, die Angebetete umzustimmen, versagen und treiben diese noch mehr in die Arme des reichen Schnurrbartfachgeschäftbesitzers Foy (Neil Patrick Harris). Nur sein bester Freund Edward (Giovanni Ribisi) hält Albert vorerst von der Flucht aus der staubigen Präriestadt Old Stump ab. Der schicksalsgeplagte Farmer hasst den Wilden Westen und wird derweil nicht müde über die millionenfachen Möglichkeiten zu referieren, in diesen gefährlichen Zeiten schnell und unerwartet den Tod zu finden. Eines Tages naht für den mittel- und erfolglosen Wollproduzenten mit dem losen Mundwerk Rettung in Form der schönen Anna (Charlize Theron). Die blonde Frau auf der Suche nach Abwechslung kann unglaublich schnell mit dem Revolver umgehen und willigt beherzt ein, Albert dabei zu helfen, Louise zu beweisen, dass sie einen schweren Fehler begangen hat. Dass Anna in Wirklichkeit die Frau von Clinch, dem schlimmsten Banditen in der Gegend, ist, ahnt der Schaffarmer selbstverständlich nicht.

Was als durchaus amüsantes Abenteuer mit schrulligen Charakteren und viel Liebe zu Details und Klischees beginnt, wandelt sich im Laufe von insgesamt 116 Minuten rasch zu einem repetitiven Abarbeiten immer gleicher Gags. Dabei driftet A Million Ways to Die in the West immer weiter von seinem Titelthema ab. Die Anzahl der eingestreuten Szenen, in denen jemand – als Beweis für Alberts ständiges Lamentieren über die katastrophalen Zustände in Old Stump und die mannigfaltigen Sicherheitsrisiken – plötzlich, brutal und auf aberwitzige Weise stirbt, ist relativ gering. Zusätzlich wurden nahezu alle bereits in den Vorschauen verraten. Die verbleibenden guten Ideen, wie die von dem frommen Freudenmädchen Ruth (Sarah Silverman), das im Saloon hart arbeitet und gleichzeitig ihrem Freund die körperliche Liebe vor der Hochzeit verwehrt, sind rar, werden schier unendlich wiederholt und bis ins Letzte ausgeschlachtet. Was bleibt ist primitiver Pennäler-Humor, der anhaltend und heftig unter die Gürtellinie zielt. Das Versagen dieses Konzepts hat nichts mit dem individuellen Maß an Prüderie zu tun. Das Problem von Witzen über männliche und weibliche Körperteile sowie menschliche Körpersekrete ist, dass es bei ihnen extrem auf die Dosierung ankommt. Bei Dauerbeschallung stumpfen die Zuschauer – ganz unabhängig von ihrer Schmerzgrenze – schnell ab. Wo Ted den Spagat zwischen derbem Humor und charmanten Scherzen mühelos schaffte, versagt A Million Ways to Die in the West schlichtweg.

Am wenigsten können die Schauspieler dafür, dass die storytechnisch sehr bemüht wirkende Westernkomödie nicht zünden will. Die namhafte Besetzung gibt ihr Bestes und zeigt durchweg erstaunlich wenig Angst vor der Lächerlichkeit. Es wird geprügelt, geschossen, gesungen und getanzt – ganz wie es sich für den Wilden Westen gehört. Bloß kann das Schnurrbartlied einfach nicht mit dem Donnersong mithalten und auch die paar durchaus gelungenen, direkten Anspielungen auf andere Filme können das Blatt nicht wenden. Es ist auch nicht so, dass A Million Ways to Die in the West überhaupt keine lustigen Momente enthält. Nur sind es eben nicht genug. Für eine Handvoll Lacher rentiert sich der Preis für die Kinokarte in Anbetracht des derzeit vorherrschenden Überangebots an Blockbustern nicht.

Bleibt nur zu hoffen, dass Seth MacFarlane bei Ted 2 wieder ein besseres Händchen für den richtigen Mix an verschiedenartigen Gags beweisen wird.  Liebhaber von schrägem Klamauk gedulden sich, bis die Farrelly-Brüder Jim Carrey und Jeff Daniels in Dumb and Dumber To (Link zu IMDB) Anfang kommenden Jahres wieder als Lloyd und Harry loslassen.

König der Monster

Von Zeit zu Zeit entdeckt Hollywood den Reiz und den Charme von Monsterfilmen für sich neu. In Japan haben Riesenungeheuer (jap. Kajiū) hingegen eine lange Tradition und immer Saison. Das wohl berühmteste von ihnen ist Godzilla (jap. Gojira). Seit seiner Schöpfung vor 60 Jahren erfreut sich der König der Monster auch außerhalb Japans extremer Beliebtheit. Sogar ein Stern auf dem Walk of Fame wurde ihm bereits gewidmet. Im Jahre der Zeit hat die gigantische, aufrecht gehende Echse allerlei Nachahmer und Verehrer auf den Plan gerufen. 1998 versuchte sich Roland Emmerich am ersten, außerhalb Japans produzierten Godzilla-Film. Visuell zwar zum Erscheinungstermin auf dem neuesten Stand und mit allerlei Szenen ausgestattet, in denen der Regisseur seiner Leidenschaft für die imposant arrangierte Zerstörungswut freien Lauf ließ, fand das modernisierte Aussehen von Godzilla nicht überall Anklang, vornehmlich bei den eingefleischten Fans des Klassikers. Einen gänzlich anderen Ansatz wählte jüngst Guillermo del Toro, der sich mit seinem Actionspektakel Pacific Rim tief vor dem gesamten Kaiju-Genre verneigte. (Links in diesem Absatz zu IMDB.)

Zurück zu den Wurzeln. So lautet das Motto von Gareth Edwards, dem Inszenator von Godzillas neuestem Leinwandabenteuer. Seine große Liebe zum Original ist dabei von der ersten bis zur letzten Sekunde deutlich erkennbar und offenbart sich nicht nur im Monsterdesign. Die mit viel Ruhe erzählte Geschichte von Godzilla kommt mit wenigen Hauptcharakteren aus. Besonders Bryan Cranston brilliert einmal mehr mit seinem schier unerschöpflichen, schauspielerischen Talent. Wenngleich sein Auftritt verhältnismäßig kurz ist, mimt er den Familienvater Joe Brody, der sich auf einer verzweifelten Suche nach der Wahrheit befindet, mit extremer Eindringlichkeit und macht dessen Hysterie und Angst spürbar. Aaron Taylor-Johnson gibt sich als sein Sohn, Ford Brody, redlich Mühe, lässt als Charakterdarsteller allerdings einige Schwächen erkennen, vor allem in der Interpretation unterschiedlicher Gefühlsregungen. Sehr routiniert spielt Ken Watanabe seinen Part als Wissenschaftler und Godzilla-Experte Dr. Ichiro Serizawa. Dass er nicht mehr von seinem Talent zeigen kann, liegt nicht an ihm, sondern in der Konzentration des Films auf die Konsequenzen für die Masse und nicht für den Einzelnen.

Es gibt einiges, was Godzilla nicht ist. Dieses Werk ist kein Monsterfilm im eigentlichen Sinne. Es entpuppt sich vielmehr als waschechter Katastrophenfilm, garniert mit Riesenungeheuern. Diese überdimensionierten Launen der Natur setzen auf ihrem Weg zum alles entscheidenden Endkampf folgenschwere Ereignisse in Gang, welche verheerende Auswirkungen für die Menschheit haben. Dabei werden sie nicht einmal als absolut böse und niederträchtig dargestellt. Sie folgen einfach ihren Instinkten. Die zum Zuschauen gezwungenen Menschen können nichts weiter tun, als fieberhaft nach Mitteln zu suchen, um möglichst viele Exemplare der eigenen Art rechtzeitig in Sicherheit zu bringen und vor der unabwendbaren, ultimativen Zerstörung zu retten. Der Ansatz, die Motivation der Monster nicht als intrinsisch offensiv abzustempeln, ist ein erfrischender Gegensatz zu den sonst so oft genutzten Schwarz-Weiß-Mustern. Endlich darf der Zuschauer wieder Verständnis für alle Seiten aufbringen und sich mit dem sich daraus ergebenden Gewissenskonflikt auseinandersetzen. Wie im Original stehen die Ungeheuer darüber hinaus für wesentlich mehr als für allein wegen ihrer Größe zerstörerische Kolosse. Eine Menge Anspielungen auf reale Katastrophen der letzten Jahre und nicht nur unterschwellig integrierte Atomkraft-Kritik veranschaulichen die mutige Botschaft, dass die Menschheit zur Selbstüberschätzung neigt und niemals die vollständige Herrschaft über die Natur erlangen wird. An intensiven, düsteren und nachdenklichen Momenten mangelt es dem Film daher nicht.

Godzilla ist außerdem kein Non-Stop-Actionfeuerwerk. Der Weg ist das Ziel. So werden die monströsen Kombattanten von der Handlung die meiste Zeit über auf ihrer Reise zum endgültigen Treffpunkt begleitet. Verglichen mit Pacific Rim bietet Godzilla deshalb wenig „echte“ Monsteraction. Die finale Schlacht ist quasi als Sahnehäubchen auf beeindruckenden Katastrophenszenen zu sehen. Entsprechend spärlich ist der Anteil der Spielzeit von etwas mehr als zwei Stunden, welche auf den König der Monster selbst entfällt. Dafür orientiert sich sein Erscheinungsbild wieder eindeutig mehr an dem seines japanischen Urahnen als in Roland Emmerichs Film. Fans freuen sich außerdem über sein wirklich gelungenes und majestätisch anmutendes Gebrüll. Über das eigenwillige Design des Gegenparts kann man streiten. Um die Handlung und deren Inhalte in den Vordergrund zu rücken, wählten die Macher offenbar absichtlich keinen bekannten Godzilla-Gegner, sondern erfanden ein neues Kaiju. Hier haben Guillermo del Toro und sein Team bessere Arbeit geleistet, als sie die Feinde für die Jaeger in Pacific Rim entwarfen. Nichtsdestotrotz wirkt der sogenannte M.U.T.O. (massiver unbekannter terrestrischer Organismus) bedrohlich und ernstzunehmend genug, um zum Schluss einen würdigen Kontrahenten für Godzilla abzugeben.

Trotz aller Kritikpunkte ist Godzilla ein sehr gelungener Neustart für den Monsterkönig. In beeindruckenden Bildern und mit viel Gefühl erzählt, mit einem bombastischen Soundtrack hinterlegt und nahe am Erbe des Originals hat Gareth Edwards ein monumentales Abenteuer geschaffen, das seine Wirkung im dunklen Kinosaal und auf der großen Leinwand vollständig zu entfalten vermag.

Vergängliche Zukunft

Verschiedene Heldenteams, verschiedene Zeiten, verschiedene Filmstudios. So kontinuierlich sich Comic-Charaktere aus dem Hause Marvel in mehr oder minder regelmäßigen Abständen im Kino farbenfrohe und effektstrotzende Schlachten liefern, so zerfasert ist das stetig wachsende Filmuniversum mittlerweile. Geschuldet ist dies vor allem der wirren Verteilung der Rechte durch Lizenzgeber Marvel quer über die größten Studios Hollywoods. Nachdem Disney mit The Return of the First Avenger (Captain America: The Winter Soldier) und Sony mit The Amazing Spider-Man 2: Rise of Electro (The Amazing Spider-Man 2) in den letzten Monaten kräftig vorgelegt haben, ist nun 20th Century Fox mit dem neuesten Mutantenabenteuer X-Men: Zukunft ist Vergangenheit (X-Men: Days of Future Past) an der Reihe, den Bedarf der nach Heldengeschichten dürstenden Fans zu decken. Schließlich sind es Superheldenfilme, die wie kaum ein anderes Blockbuster-Genre auf spielerische Art zu unterhalten wissen und daher von Groß und Klein gleichermaßen geliebt werden.

Nach der von Regisseur Bryan Singer im Jahr 2000 äußerst erfolgreich gestarteten X-Men-Trilogie, bestehend aus X-Men, X-Men 2 (X2, 2003) und X-Men – Der letzte Widerstand (X-Men: The Last Stand, 2006), entschied man sich 2011 für den filmischen Neustart der Reihe mit X-Men: Erste Entscheidung (X-Men: First Class) für ein Prequel. Eingeführt wurde ein verjüngtes und in der Vergangenheit tätiges Mutantenteam um James McAvoy als Professor X, das nun in X-Men: Zukunft ist Vergangenheit seinen zweiten Einsatz hat. Der Clou: der neueste X-Men-Film ist nicht nur eine Fortsetzung, sondern auch in mehrfacher Hinsicht ein Comeback. So findet Bryan Singer den Weg zurück in den Regiestuhl und altbekannte Gesichter aus den ersten Filmen füllen erneut die Leinwand. Dies freut insbesondere all diejenigen, die  sich mit den in Jahren und Taten unerfahrenen X-Men bisher noch nicht richtig anfreunden konnten.

Große Namen prangen auf den Plakaten zu X-Men: Zukunft ist Vergangenheit gleich an mehreren Stellen, denn die Liste der bekannten Schauspieler ist lang und schon der Titel weckt bei Comicfans eine Menge Erwartungen. Wie schon X-Men: Erste Entscheidung basiert allerdings auch X-Men: Zukunft ist Vergangenheit nur sehr lose auf seiner gezeichneten Vorlage. Wer eine 1:1 Umsetzung erwartet, wird enttäuscht. Dennoch merkt man den Drehbuchautoren Simon Kinberg, Matthew Vaughn (Regisseur von X-Men: Erste Entscheidung) und Jane Goldman die Liebe zu den Figuren und ihren Abenteuern auf dem Papier an.

X-Men: Zukunft ist Vergangenheit spielt mit der Idee der in Comics äußerst beliebten Paralleluniversen und verschiedenen Realitäten. So ist es der Professor X aus einer düsteren Zukunftsversion der Erde (Patrick Stewart), der verzweifelt nach einer Möglichkeit sucht, einen alles vernichtenden Krieg gegen Mutanten und Menschen zu verhindern – und zwar bevor dieser überhaupt begonnen hat. Um sein jüngeres Ich rechtzeitig auf den richtigen Weg zu bringen, schickt er den Geist von Wolverine (Hugh Jackman) mithilfe der phasenverschiebenden Kräfte von Shadowcat (Ellen Page) in die Vergangenheit. Dessen nicht-alternder und selbstheilender Körper ist für die Strapazen der Zeitreise am besten geeignet (anders als in der Vorlage, in der Kitty Pride selbst zeitreist). 2023 im letzten Gefecht Seite an Seite vereint, stehen sich Professor X (James McAvoy) und Magneto (Michael Fassbender) 50 Jahre zuvor als Erzfeinde gegenüber. Dem von Natur aus aufbrausenden und ungeduldigen Wolverine werden somit gleich mehrere, wichtige Aufgaben zuteil. Er muss einen in Selbstmitleid zerfließenden und ganz und gar nicht an Heldentaten interessierten Charles E. Xavier davon überzeugen, sich aufzuraffen und die Welt zu retten, den in einem Hochsicherheitsgefängnis untergebrachten Magneto befreien und die beiden Streithähne dazu bringen, zusammenzuarbeiten. Nur mit vereinten Kräften, so die Meinung ihrer Alter Egos in der Zukunft, können sie den Start des sogenannten Sentinel-Programms stoppen. Es sind nämlich jene waffenstrotzenden Riesenroboter, die für die Vernichtung nahezu der gesamten Erdbevölkerung verantwortlich sein werden. Die Bedeutung der Redensart „erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt“ wird Wolverine bei seiner Zeitreise nur allzu schnell klar.

Das große Produktionsbudget merkt man X-Men: Zukunft ist Vergangenheit sofort an. Hier wird an allen Ecken und Enden geklotzt und nicht gekleckert. Die Spezialeffekte sind großartig umgesetzt und entfalten ihre Wirkung vor allem in den in 3D deutlich erkennbaren, winzigen Details. Superheldenschlachten werden diffizil ausgestaltet und zelebriert. Dabei schöpfen die Macher aus den Vollen und verhelfen einer Menge neuer Charaktere zu mehr oder weniger langen Auftritten. Die Mutanten Bishop (Omary Sy), Quicksilver (Evan Peters), und Blink (Fan Bingbing) sind nur ein paar Beispiele. Zuschauern, die mit der Welt der X-Men weniger vertraut sind, dürfte es deshalb schwer fallen, sämtliche Feinheiten zu erfassen. Fans freuen sich an unzähligen kleinen Anspielungen dafür umso mehr. Die rasant und fast ohne größere Verschnaufpausen erzählte Geschichte bildet eine geschickte Brücke zwischen den zuvor eher nebeneinanderher existierenden X-Men-Gruppen aus zwei Zeiten. Dass sie quasi auch als Abschied der „alten“ X-Men gesehen werden kann, stimmt jeden traurig, der sich fragt, wann James MyAvoy endlich seine langen Haare lässt und ob er mit Glatze wenigstens etwas mehr wie der Professor X aus den Comics wirkt. Patrick Stewart ist diese Rolle schon allein wegen seines Aussehens auf den Leib geschneidert.

Das überzeugendste Mitglied der jungen Mutantenversionen ist Michael Fassender als Magneto. Mühelos geht er in der Rolle des Superschurken auf und lässt diesen trotz vorhersehbarer Charakterentwicklung facettenreich wirken. Herrlich fies und gerissen wirkt auch Peter Dinklage als Erfinder der Sentinels, Bolivar Trask. Dass kein Anderer für den Part des Wolverine besser in Frage käme, als Hugh Jackman, steht schon lange und nicht erst seit seinen Soloauftritten im Kino außer Zweifel. Sehr talentiert zeigt sich außerdem Jennifer Lawrence, die zum zweiten Mal als Mystique zu sehen ist. Für eine äußerst positive Überraschung sorgt Evan Peters. Seine Interpretation des blitzschnellen Mutanten Quicksilver ist extrem charmant und die Szenen mit ihm gehören zu den besten des gesamten Films. Für den nächsten Avengers-Streifen The Avengers 2: Age of Ultron (geplanter Kinostart: 2015) bleibt in Anbetracht dessen nur zu hoffen, dass Aaron Taylor-Johnson die ältere Version dieser Figur ebenso gekonnt verkörpern und dass das Regieteam den Einsatz seiner Kräfte in ähnlich beeindruckenden Bildern umsetzen wird. An der Notwendigkeit, dass für zwei Filme zwei Schauspieler für eine einzige Figur zu benötigt werden, zeigt sich die eingangs bereits erwähnte, größte Schwäche des Marvel-Filmuniversums. Unterschiedliche Zeitlinien und unterschiedliche Filmstudios lassen von Fans heiß ersehnte Crossovers und Team-Ups nicht zu – zumindest bisher.

X-Men: Zukunft ist Vergangenheit übertrifft seinen Vorgänger in Sachen Unterhaltsamkeit, Effekte und „echtes“ X-Men-Gefühl meilenweit. Bryan Singers Handschrift ist deutlich zu spüren. Als „Meister der Mutanten“ schafft er den nicht unanspruchsvollen Spagat zwischen zwei Zeitgefügen und rückt die verschieden alten Ausführungen der Charaktere näher zueinander. Obschon ein wirklich gelungener und definitiv sehenswerter Superheldenfilm, verbleibt am Ende das Gefühl, dass in der Fortsetzung X-Men: Apocalypse (geplanter Kinostart: 2016) noch einiges getan werden muss, um die neue Truppe ähnlich routiniert und glaubwürdig aussehen zu lassen, wie Patrick Stewart, Ian McKellen und den Rest der Ur-Film-X-Men, deren Kinozukunft, mit Ausnahme der von Wolverine, vorerst so vergänglich ist, wie in der Handlung von X-Men: Zukunft ist Vergangenheit.

Alle Links in diesem Artikel zu IMDB.

Leben am Zeitlimit

Wer sich bei 3 Days to Kill, dem neuesten Leinwandabenteuer mit Hollywoodveteran Kevin Costner in der Hauptrolle, die Liste der Beteiligten ansieht, könnte eine gewisse Erwartungshaltung einnehmen. Auf den ersten Blick lässt die Kombination aus Regisseur McG und Drehbuchautor und Produzent Luc Besson durchaus auf ein gewaltiges Actionfeuerwerk hoffen. Doch bereits der zweite Trailer vermittelte, dass bei 3 Days to Kill neben handfesten Handgemengen und Shootouts der Humor ebenfalls nicht zu kurz kommt.

Die Geschichte um den an einer aggressiven Krebsform erkrankten CIA-Agenten Ethan Renner (Kevin Costner), der nach der niederschmetternden Diagnose in den vorzeitigen Ruhestand geschickt wird, kann nicht mit innovativen Ideen bestechen. Dem Vater einer Tochter (Hailee Steinfeld), die weitgehend ohne seine Anwesenheit aufwuchs, bleiben nur wenige Monate, um die während ständiger Einsätze in geheimer Mission versäumte Zeit mit seiner Familie aufzuholen. Als ihn die mysteriöse Agentin Vivi Delay (Amber Heard) bereits kurz nach seinem Eintreffen in Paris mit dem Versprechen auf ein experimentelles Medikament zur Verlängerung seiner Lebenszeit reaktiviert, beginnt eine rasante Hetzjagd auf einen gefährlichen Waffenhändler (Richard Sammel), der unter dem Namen „Der Wolf“ bekannt ist und nur von Ethan identifiziert werden kann. Vollprofi im Ausführen von Befehlen und Töten, jedoch völlig unerfahren in Familienangelegenheiten, muss der betagte aber wehrhafte Agent versuchen, alle Herausforderungen unter einen Hut zu bringen – und dabei nicht noch früher als ohnehin durch seine Erkrankung drohend sein Leben zu lassen.

Trotz des immanenten Gefühls des Bekannten und etlichen zu langatmigen und kitschigen Momenten, birgt die Mischung aus Elementen, welche quer durch das Actionfilmgenre bereits Verwendung gefunden haben, ein nicht zu vernachlässigendes Unterhaltungspotenzial. Hier und da hätten McG und Luc Besson noch eine Schippe drauflegen können, vor allem im Hinblick auf die Feuergefechte. Ethan Renners Leben am Zeitlimit wird mit seinem ständigen Wechsel aus komödiantischen Szenen und gut gemachter Action über die gesamten 117 Minuten Film allerdings nie langweilig.

In Kombination mit einem gut aufgelegten und erstaunlich viel Selbstironie beweisenden Hauptdarsteller, der von einer großen Anzahl ebenso motivierter Kollegen – darunter Connie Nielsen als Ethans Exfrau Christine Renner und Tómas Lemarquis als kahlköpfiger Verbrecher „Der Albino“ – unterstützt wird, ergibt sich am Ende eine solide Actionkomödie. 3 Days to Kill bietet einerseits weder Explosionen noch Schenkelklopfer am laufenden Band, ist andererseits doch weit von einem filmischen Totalausfall entfernt. Ungeachtet aller vernichtenden Kritiken ist es der Film allemal wert, gesehen zu werden.