Schlagwort-Archive: Luc Besson

Im Ghetto ist die Hölle los

Über Sinn und Unsinn von Remakes kann man sich streiten. Ich persönlich habe nicht grundsätzlich etwas dagegen, wenn ein bestehender Film, der schon einige Jahre auf dem Buckel hat, einen neuen Anstrich verpasst bekommt, oder wenn ein bewährtes Konzept noch einmal hervorgeholt und mit neuen Ideen angereichert wird. Einer Neuauflage von Luc Bessons Ghettoganz (Banlieue 13, Link zu IMDB) aus dem Jahre 2004 hätte es nur zehn Jahre später zugegebenermaßen (noch) nicht unbedingt bedurft. Für Regisseur Camille Delamarre und sogar für Schöpfer und Drehbuchautor Luc Besson ist dies offenbar kein Grund gewesen, von einem solchen Projekt Abstand zu nehmen. Ganz im Gegenteil tritt das französische Multitalent bei Brick Mansions sogar erneut als Produzent auf.

Viel Arbeit hatte Herr Besson mit diesem Remake sicherlich nicht, wurde die Geschichte doch beinahe komplett bloß von Paris nach Detroit verlegt. Einzig zum Ende hin gibt es spürbare Veränderungen – vielleicht weil RZA trotz seinem Part als Gangsterboss Tremaine Alexander auch ein bisschen den Helden spielen wollte. Der größte Saubermann des Films wird vom kürzlich verstorbenen Paul Walker verkörpert, der sich als Detective Damien Collier in den vom Rest der Stadt abgeriegelten Armenbezirk Brick Mansions wagt, um eine gefährliche Bombe zu entschärfen. Jene ist in die Hände der in dieser nahen, dystopischen Zukunft dort regierenden Verbrecher geraten. Dem fähigen Polizisten kommt diese Gelegenheit gerade Recht, hat doch Anführer Tremaine seinen Vater umgebracht. Bemerkenswert ist, dass die zweite Hauptrolle an die selbe Person vergeben wurde wie im Original. So spielt David Belle erneut einen agilen Ghettobewohner mit großen Ambitionen, der sich auf die Seite von Damien schlägt und ihn bei seiner Suche nach der Massenvernichtungswaffe unterstützt. Die beiden mischen den Stadtteil, in dem keinerlei Gesetze außer dem Recht des Stärkeren gelten und es weder Polizeischutz noch Schulen gibt, gründlich auf und im Nu ist im Ghetto die Hölle los.

David Belle ist einer der Mitbegründer der spektakulären Fortbewegungsart Parkour. Dass er einer der besten Läufer seiner Zunft ist, kann man unschwer erkennen. Die Szenen, in denen er behände die unmöglichsten Hindernisse des heruntergekommenen Brick Manisons überwindet, das seinem Namen alle Ehre macht, sind die besten des Films. Schade, dass man – vermutlich um Paul Walker als bekennendem Liebhaber schneller Autos entgegenzukommen – den Fokus nicht erneut vollständig auf wilde Verfolgungsjagden zu Fuß legte. Hinzu kommt der unglaubliche Wankelmut, welchen fast alle Figuren über die gesamte Handlung hinweg an den Tag legen. Ihre Haltung zueinander ändern sie bisweilen buchstäblich in Sekundenschnelle. Dieses Gebaren raubt der Geschichte einiges an Charme und lässt sie sehr konstruiert wirken – insbesondere zum raschen Ende des mit 90 Minuten relativ kurz geratenen Actionfilms hin.

Ist Brick Mansions also aufgrund seiner nicht wenigen Schwächen ein völlig misslungenes Werk? Nein.

Wenn man als Zuschauer gewillt ist, sein Hirn einen Gang herunter zu schalten, und rasante Action mag, auch wenn sie mit Dialogen im B-Movie-Style daherkommt, dann sollte man Brick Mansions ruhig eine Chance geben. Dank dem unablässig pumpenden Soundtrack von Trevor Morris und etlichen sehr gut choreografierten Kampfszenen, die nie ganz und gar realitätsfremd wirken, birgt der Film ausreichend Unterhaltungspotenzial, um nicht als Reinfall gesehen zu werden. Manchmal muss es für ein wenig filmische Kurzweil schließlich nicht der ganz große Wurf sein und es genügt, wenn sich jeder mit jedem auf amüsante Art prügelt. Die große Leinwand braucht Brick Mansions nicht notwendigerweise, um seine Wirkung zu entfalten. Interessierte können deshalb getrost auf die Veröffentlichung fürs Heimkino warten und sich stattdessen eine Kinokarte für einen der großen Sommerblockbuster gönnen.

Leben am Zeitlimit

Wer sich bei 3 Days to Kill, dem neuesten Leinwandabenteuer mit Hollywoodveteran Kevin Costner in der Hauptrolle, die Liste der Beteiligten ansieht, könnte eine gewisse Erwartungshaltung einnehmen. Auf den ersten Blick lässt die Kombination aus Regisseur McG und Drehbuchautor und Produzent Luc Besson durchaus auf ein gewaltiges Actionfeuerwerk hoffen. Doch bereits der zweite Trailer vermittelte, dass bei 3 Days to Kill neben handfesten Handgemengen und Shootouts der Humor ebenfalls nicht zu kurz kommt.

Die Geschichte um den an einer aggressiven Krebsform erkrankten CIA-Agenten Ethan Renner (Kevin Costner), der nach der niederschmetternden Diagnose in den vorzeitigen Ruhestand geschickt wird, kann nicht mit innovativen Ideen bestechen. Dem Vater einer Tochter (Hailee Steinfeld), die weitgehend ohne seine Anwesenheit aufwuchs, bleiben nur wenige Monate, um die während ständiger Einsätze in geheimer Mission versäumte Zeit mit seiner Familie aufzuholen. Als ihn die mysteriöse Agentin Vivi Delay (Amber Heard) bereits kurz nach seinem Eintreffen in Paris mit dem Versprechen auf ein experimentelles Medikament zur Verlängerung seiner Lebenszeit reaktiviert, beginnt eine rasante Hetzjagd auf einen gefährlichen Waffenhändler (Richard Sammel), der unter dem Namen „Der Wolf“ bekannt ist und nur von Ethan identifiziert werden kann. Vollprofi im Ausführen von Befehlen und Töten, jedoch völlig unerfahren in Familienangelegenheiten, muss der betagte aber wehrhafte Agent versuchen, alle Herausforderungen unter einen Hut zu bringen – und dabei nicht noch früher als ohnehin durch seine Erkrankung drohend sein Leben zu lassen.

Trotz des immanenten Gefühls des Bekannten und etlichen zu langatmigen und kitschigen Momenten, birgt die Mischung aus Elementen, welche quer durch das Actionfilmgenre bereits Verwendung gefunden haben, ein nicht zu vernachlässigendes Unterhaltungspotenzial. Hier und da hätten McG und Luc Besson noch eine Schippe drauflegen können, vor allem im Hinblick auf die Feuergefechte. Ethan Renners Leben am Zeitlimit wird mit seinem ständigen Wechsel aus komödiantischen Szenen und gut gemachter Action über die gesamten 117 Minuten Film allerdings nie langweilig.

In Kombination mit einem gut aufgelegten und erstaunlich viel Selbstironie beweisenden Hauptdarsteller, der von einer großen Anzahl ebenso motivierter Kollegen – darunter Connie Nielsen als Ethans Exfrau Christine Renner und Tómas Lemarquis als kahlköpfiger Verbrecher „Der Albino“ – unterstützt wird, ergibt sich am Ende eine solide Actionkomödie. 3 Days to Kill bietet einerseits weder Explosionen noch Schenkelklopfer am laufenden Band, ist andererseits doch weit von einem filmischen Totalausfall entfernt. Ungeachtet aller vernichtenden Kritiken ist es der Film allemal wert, gesehen zu werden.