Ein viel versprechender Trailer, eine Besetzung aus nachweislich talentierten Schauspielern und ein Kinoprogramm, das mit wenig Alternativen aufwarten konnte. Gründe, mir Denis Villeneuves Thriller Prisoners anzusehen, gab es genug. Die Geschichte um zwei entführte Mädchen versprach einen spannenden Kinoabend. Eine Verheißung, die der Film für mich persönlich am Ende leider nicht einlösen konnte.
Thanksgiving. Einer der wichtigsten Feiertage in den USA. Zwei Familien feiern zusammen. Nach dem Essen geschieht das Unfassbare: Die beiden kleinen Töchter, Anna Dover und Joy Birch, verschwinden spurlos. Eine verzweifelte Suche beginnt, in deren Verlauf der für den Fall zuständige Detective Loki und Vater Keller Dover nichts unversucht lassen, um die Mädchen zu finden. Mehr soll an dieser Stelle zum Inhalt gar nicht verraten werden.
Die Idee hinter Prisoners ist gut. Der Film will den Zuschauer, vor dem Hintergrund eines bewegenden Themas, mit vielen verschiedenen Fragen konfrontieren. Das realitätsnahe Szenario trägt dazu bei, dass die Story nie ungreifbar oder unwahrscheinlich wird. Die Position der Gefangenen wird über den Plot hinweg mehrfach und unterschiedlich vergeben und beleuchtet. Jeder der Protagonisten ist in irgendeiner Form gefangen, egal wie weit er mit seinen Taten geht und versucht die Ketten aus Vorschriften und Gedanken, die ihn fesseln, zu sprengen. Die kalte und teilweise fast farblose Präsentation der Bilder wird geschickt eingesetzt, um die Trostlosigkeit und Verzweiflung der Situation zu unterstreichen. Es sind auch nicht die Schauspieler, die Prisoners – zumindest in meinem Fall (dem Ehemann ging es übrigens genauso) – ziemlich schnell die Spannung geraubt haben. Jake Gyllenhaal gehört zu den echten Talenten in Hollywood und beweist sein Können in der Rolle des sich langsam und verbissen voran kämpfenden Detectives Loki, der sich von nichts und niemandem von seinem Weg abbringen lässt, eindrucksvoll. Hugh Jackman ist die Rolle des anpackenden Familienvaters, Keller Dover, der das Schicksal seiner Tochter nicht allein in die Hände von anderen legen will, wie auf den Leib geschrieben. Kaum ein Anderer kann so schön wütend werden wie der Mann, der dem wütendsten aller Superhelden sein Gesicht auf der Leinwand leiht. Die restlichen Rollen sind Beiwerk. Prisoners konzentriert sich im Wesentlichen auf die beiden männlichen Figuren, die sich das gleiche Ziel gesetzt haben, es jedoch mit völlig unterschiedlichen Methoden erreichen wollen. Diese fokussierte Erzählweise ist als Ansatz völlig richtig.
Was ist es also, das dem Thiller sein essenzielles Element nahm? Es sind all die Hinweise, die viel zu früh gestreut werden und die Auflösung für Genrefans zu einem Zeitpunkt offenbaren, an dem noch zu viele Minuten der Spielzeit übrig sind. Hinzu kommen einige Stellen, an denen die Figuren offen dargebotene Hinweise übersehen oder Dinge schlichtweg vergessen. Vielleicht habe ich einfach schon zu viele Bücher gelesen und zu viele Filme gesehen. Ich halte das durchaus für möglich. In meinen Augen verpackt Prisoners ein gutes Konzept in einen bewährten und mittlerweile zu oft genutzten Handlungsablauf. Statt neue Wege zu gehen, werden durch andere Werke bereits ausgetretene beschritten.
Nicht allen im Kinosaal erging es wie mir. Das konnte ich an den Reaktionen der Menschen ringsum erkennen. Mehr als genug haben länger gerätselt, einige davon sogar bis zum Ende. Wer Thriller mag, der sollte Prisoners deshalb ruhig eine Chance geben. Schauspielerisch und visuell kann der Film überzeugen. Geübte Hobbyprofiler laufen lediglich Gefahr, den Täter zu früh zu entlarven.