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Stets zu Diensten

Butler. Die diskreten, immer freundlichen und fleißigen Hausbediensteten, die ihren Arbeitgebern jeden Wunsch von den Lippen ablesen und sich stets unaufdringlich im Hintergrund halten, haben nicht nur im Buckingham Palace einen festen Platz. Egal ob in Film, Fernsehen oder Literatur – Butler bergen durch ihre Eleganz und Vielseitigkeit eine gewisse Faszination und sind über die Jahre präsent. Ihre Inkarnationen sind dabei ebenso unterschiedlich, wie ihre Aufgaben. Der gerissene Kammerdiener Jeeves, der dem leidenschaftlichen Junggesellen Bertie Wooster ungewollte Amouren vom Hals hält, der treue James, der Miss Sophie jedes Jahr an Silvester ihr Abendessen für eine Person serviert, der große, blasse und immer schlecht gelaunte Lurch, der die Familie Addams in ihrem Haus unterstützt, der mysteriöse schwarze Butler, Sebastian Michaelis, der nicht davor zurückschreckt, seine dämonischen Kräfte einzusetzen, um den jungen Ciel Phantomhive bei der Lösung von Kriminalfällen zu unterstützen und zu beschützen. Und was wäre Bruce Wayne ohne Alfred Pennyworth, der die Bathöhle in Schuss hält, während der Millionär als Fledermausmann Jagd auf die Verbrecher Gothams macht? (Links in diesem Absatz zu Wikipedia)

Regisseur Lee Daniels hat seinen neuen Film schlicht und einfach nach der Berufsbezeichnung seines Hauptcharakters, einem entfernten Kollegen der oben Aufgezählten, benannt: Der Butler (Lee Daniels‘ The Butler). Erzählt wird das Leben des afroamerikanischen Dieners Cecil Gaines, der auf einer Baumwollplantage aufgewachsen ist und sich vom mittellosen „Housenigger“ zum Butler im Weißen Haus hocharbeitet. Als Schwarzer ohne Rechte lernt Cecil in einem Land, in dem die Mehrheit der Menschen ihn aufgrund seiner Hautfarbe als minderwertig betrachtet, die Fähigkeit, sich „unsichtbar“ zu machen, zu perfektionieren. Gerade durch diese Eigenschaft ist er prädestiniert für seine Arbeit, zuerst in einem Hotel und später in der Residenz des Amerikanischen Präsidenten. Dank seiner Anstellung kann er sich eine Familie mit zwei Söhnen und sogar ein eigenes Haus leisten. Cecil arbeitet hart, um seinen Angehörigen ein gutes Leben ermöglichen zu können. Er selbst hat sich mit seinem Außenseiterdasein und damit abgefunden, stets zu Diensten sein zu müssen. Ganz anders als sein älterer Sohn, Louis, der schön früh beginnt, sich mit aller Kraft für die Rechte der Schwarzen in Amerika einzusetzen. Während Cecil ab der Eisenhower-Ära jedem neuen Präsidenten treu dient und seine Hoffnung für die Politik nicht fahren lassen will, demonstriert und kämpft Louis auf den Straßen des Landes. Die ungleichen Ansichten von Vater und Sohn stellen die gesamte Familie auf eine harte Zerreißprobe.

Die Story von Der Butler beruht auf wahren Gegebenheiten. Die Namen der Charaktere und ihre gezeigten Erlebnisse sind allerdings erfunden. Wie nahe der Film im Detail an der Realität ist, spielt keine Rolle. Sein Thema und die darin verwobenen, wahren Ereignisse, sind bedeutend genug, um dem Zuschauer eines des dunkelsten Kapitel der Geschichte Amerikas nahezubringen. Behutsam und mit leisen Tönen lässt Lee Daniels Cecil seine Geschichte erzählen. Die Kamera beobachtet, maßt es sich aber nicht an zu urteilen und zu beurteilen. Bilder und Worte sprechen für sich. Während die Jahrzehnte vergehen und mit ihnen die Amtszeiten der einzelnen Präsidenten, kommt nie Hektik auf. Gleichzeitig entsteht zu keiner Zeit der Eindruck, dass das Geschehen an den falschen Stellen beschleunigt wird. Trotz der langen Lebensgeschichte und vielen Figuren, bleibt der Fokus durchgehend auf Cecil und seine Familie gerichtet, die schonungslos und mit aller Härte die Probleme des Landes zu spüren bekommt. Geradezu meisterlich verschmelzen in dem historischen Familiendrama die verschiedensten Sichtweisen und Blickwinkel. Kontinuierlich wird der Zuschauer dazu angehalten, mitzudenken und sich wichtigen und richtigen Fragen zu stellen, die nach wie vor brandaktuell sind. Wer glaubt, dieser Film würde nicht genügend Ansatzpunkte bieten, weil er amerikanische und nicht europäische Geschichte wiedergibt, irrt gewaltig. Spätestens bei Obamas Amtsantritt wird klar, dass die Zeiten der Unterdrückung überhaupt nicht lange her sind und es auf der ganzen Welt noch viel zu tun gibt, um Vorurteile und Hass zu besiegen.

Die Besetzung von Der Butler glänzt mit einer ganzen Liste von großen Namen, deren Auftritte zumeist zeitlich äußerst begrenzt sind. Gleichzeitig kultiviert der Film seine Nebenrollen und misst jeder von ihnen genügend Bedeutung zu, so dass keine als unsinnig oder klein wahrgenommen wird. Die Riege der Schauspieler reicht von Robin Williams über John Cusack bis zu Jane Fonda. Alle Beteiligten spielen mit sichtlicher – und bei einigen von ihnen seit Längerem schmerzlich vermisster – Hingabe. Insbesondere die Darstellung der einzelnen Präsidenten verleiht Der Butler einen ungeheuren Charme. In wenigen Minuten müssen große Persönlichkeiten und ihre Facetten erschöpfend präsentiert werden. Dies gelingt ohne Ausnahme. Die Hauptrolle des Cecil Gaines übernimmt Forest Whitaker. Sein stoisch ruhiger Butler wird dazu gezwungen, die ihn plagenden Konflikte in seinem Inneren auszutragen. Diese leise, zurückgenommene Darstellung lässt den Schauspieler alle Register ziehen und ein weiteres Mal auf der Leinwand brillieren. An seiner Seite spielt Oprah Winfrey als Cecils Frau Gloria, deren sehr gute Leistung in meinen Augen die überraschendste des Films ist. David Oyelowo mimt als Louis Gaines den gleichermaßen starrköpfigen Gegenpart zu dem in seinen Mustern gefangenen Vater. Im Zusammenspiel mit Forest Whitaker muss der Zuschauer nicht bloß ein Mal für sich hinterfragen, was richtig und was falsch, was mutig und was leichtsinnig ist.

Der Butler ist ein großer und bewegender Film. Der erste seit Langem, bei dem das Wort „Oscar“ in meinem Kopf aufflammt. Mit wundervoller Musik aus den verschiedenen Jahrzehnten und leisem Piano zaubert Rodrigo Leão den passenden Klangteppich für Lee Daniels großes Erzählkino. Es ist ein gewagter Ansatz, ein solch brutales Thema wie Rassenhass vergleichsweise charmant zu verpacken. Das Experiment gelingt. Diese zurückgenommene Präsentation gefällt mir persönlich um Längen besser, als die Dampfhammermethode, mit der sich beispielsweise Quentin Tarantino in den vergangenen Jahren unangenehmer Historie näherte. Der Butler verschweigt nichts, er beschönigt – bis auf einen Hauch unvermeidlichen Hollywood-Zuckerguss am Ende – nichts, er verurteilt nicht und er übertreibt nicht. Dieses Werk erinnert daran, dass jedes Land der Welt seine dunklen Kapitel hat, die niemals in Vergessenheit geraten dürfen. Man sollte jedoch auch nicht zwanghaft darauf herumreiten. Man muss vielmehr die Veränderung leben.

Bei all dem Hype um Gravity, der gegenwärtig die Kinorubriken hierzulande lahmlegt, wünsche ich mir sehr, dass Der Butler nicht deswegen untergeht. Dieser Film ist es wert gesehen und genossen zu werden.

Zwei Ballermänner

Nach den eher enttäuschenden Kinoerlebnissen, die mir R.I.P.D. und RED 2 in den letzten Wochen bescherten, blickte ich der nächsten Verfilmung einer Comic-Miniserie mehr als skeptisch entgegen. Die Herausforderung bei der Umsetzung einer Vorlage, die nicht genügend Inhalte für einen Film von über 100 Minuten Länge bietet, ist es, möglichst nahe am Original zu bleiben und die Geschichte gleichzeitig mit sinnvollen Inhalten zu ergänzen. Gewisse Änderungen bleiben in solchen Fällen nicht aus. Der erste Teil von RED war der eindrucksvolle Beweis, wie man es richtig macht und hielt für mich nach dem eher mäßig amüsanten Trailer zu 2 Guns als letzte Hoffnung und Begründung her, mir den Film auf der großen Leinwand anzusehen. Außerdem hatte ich viel Spaß beim Lesen der Comics und wusste, dass die Story einiges Potenzial für eine Filmumsetzung birgt. (Links in diesem Absatz zu IMDB.)

Robert „Bobby“ Trench ist ein Drogenfahnder. Jahrelang hat er sich unter dem Namen „Bobby Beans“ langsam die Karriereleiter in der Organisation des mexikanischen Drogenbarons Manny „Papi“ Greco hochgearbeitet. Er steht kurz davor, die Früchte seiner Arbeit endlich ernten zu können. Der als final geplante Deal verläuft anders, als erwartet. Aufgeben kommt für Bobby jedoch nicht in Frage. In einem verzweifelten Versuch, an Papis Geld zu gelangen und den Gangster damit zum Aufgeben zu zwingen, überfällt er zusammen mit Michael „Stig“ Stigman eine Bank. Was Bobby nicht weiß: Michael, den er für einen Kleinkriminellen hält, ist ebenfalls undercover unterwegs. In Wahrheit ist er ein Ermittler der Navy, der seine ganz eigenen Pläne für das erbeutete Geld hat. Bobby, Michael und Papi sind allerdings nicht die Einzigen, die hinter der beachtlichen Beute her sind … So beginnt eine aberwitziges Verwirr- und Versteckspiel in dessen Verlauf die Loyalität jedes Einzelnen auf den Prüfstand gestellt wird.

Wer Comics mag, dem kann ich die Vorlage nur empfehlen. Anlässlich des Films gibt es das englische Original als Sammelband in einer schicken Deluxe Edition mit Prägeelementen auf dem Cover (Link zur Produktseite auf Amazon.de). Autor Steven Grant und Zeichner Mateus Santoluco haben mit 2 Guns eine äußerst unterhaltsame und charmant illustrierte Geschichte um zwei ungleiche Partner geschaffen, die trotz aller Meinungsverschiedenheiten und falscher Vorgaben zusammenarbeiten müssen. Der betont einfach anmutende Zeichenstil harmoniert dabei perfekt mit den redegewandten Protagonisten. Eine Fortsetzung ist unter dem Namen „3 Guns“ in Arbeit. Ich freue mich darauf.

Erstaunlich viel der Originalgeschichte wurde in den Film übernommen. All die wundervollen Szenen, in denen sich Bobby und Michael ein ums andere Mal einen herrlichen verbalen Schlagabtausch liefern – und wenn es bloß um ein Frühstück geht – wurden von Drehbuchautor Blake Masters gekonnt für die Leinwand adaptiert. Die Veränderungen, die vorgenommen wurden, sind nachvollziehbar und verbiegen die Handlung in keinster Weise. 2 Guns bleibt, was es vorher bereits war: Eine herzerfrischende und spannende Buddy-Story. Regisseur Baltasar Kormákur inszeniert das Thema so klassisch, wie es ihm gebührt. Stilistisch orientiert er sich dabei an lieb gewonnenen Filmen der 80er und 90er Jahre, wie Lethal Weapon oder Stirb langsam – Jetzt erst recht, in denen handfeste und teilweise explizite Action mit einer ordentlichen Portion Humor gewürzt wird. Das Ergebnis passt perfekt und bringt eine Art Film zurück, die schon lange ein würdiges Comeback verdient – nicht als Element, wie es Shane Black in Iron Man 3 versuchte, sondern als eigenständiges Werk. Die Dialoge zwischen den Charakteren sind großartig und die Szenen, in denen die beiden Helden zu ihren Ballermännern greifen und ihre Gegner aufmischen, sind eine erfrischende Abwechslung zur zunehmenden Effekthascherei Hollywoods. Von der staubigen Autoverfolgungsjagd in der Wüste bis zu einer Schleichszene in Stigs Apartment, bei der Sam Fisher neidisch werden würde, weiß 2 Guns in jeder Minute zu unterhalten. (Links in diesem Absatz zu IMDB.)

Einen Großteil seines Charmes hat 2 Guns seinen Darstellern zu verdanken. Mark Wahlberg, der seit Kurzem zu seiner alten, körperlichen Form zurückgefunden hat, passt perfekt in der Rolle des geschwätzigen und vorlauten Michael Stigman. Manchmal sind Worte eben stärker als Waffen. Im zur Seite steht Denzel Washington als tiefenentspannter Bobby Trench, der nach einigen ernsteren Rollen sichtlich Spaß an einer Abwechslung zu haben scheint. Edward James Olmos Part als Papi Greco ist vergleichsweise klein, jedoch beweist auch er eine Menge Humor. In weiteren Rollen sind Paula Patton als Deb Rees, Bobbys Partnerin bei der DEA und James Marsden als Harold Quince, Stigs Kommandant bei der Navy zu sehen. Es hat mir sehr viel Spaß gemacht, dem gesamten Ensemble bei der Arbeit zuzusehen und am Ende des Films verließ ich den Kinosaal mit einem breiten Grinsen.

Dass 2 Guns in den USA hinter den Erwartungen zurückblieb, empfinde ich persönlich als schade. Mutmaßlich ist die aktuell sehr große Konkurrenz schuld daran. Dieser Film verdient in meinen Augen mehr Beachtung, weshalb ich ihn Fans von klassischer Kumpelaction und flotten Sprüchen ans Herz legen möchte.