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Super Helden und super Schurken

Unaufhörlich rollt sie heran, die große Welle der Comicverfilmungen aus dem Hause Marvel, die in den nächsten Monaten über das Kinoprogramm hereinbrechen wird. Mit insgesamt vier Filmen innerhalb eines Jahres erreichen die Neuveröffentlichungen 2014 zahlenmäßig einen bisher unerreichten Höhepunkt. Den Anfang macht Captain America, der wohl amerikanischste aller Superhelden, in The Return of the First Avenger (Captain America: The Winter Soldier). Nach dem äußerst gelungenen ersten Solo-Auftritt des dank Kälteschlaf aus dem Zweiten Weltkrieg in die Gegenwart transportierten Gutmenschen vor drei Jahren (Captain America: The First Avenger, Link zu IMDB) waren die Erwartungen an die Fortsetzung entsprechend hoch. Das Endergebnis hält was die Trailer versprechen und bietet einen Superhelden-Blockbuster, an dem Comicbegeisterte und Actionfans gleichermaßen ihre Freude haben werden.

Die Ereignisse von The Return of the First Avenger sind zeitlich nach The Avengers (Link zu IMDB) und auch nach den zwischenzeitlich absolvierten Kinoabenteuern der übrigen Helden aus dem Marvel-Filmuniversum angesiedelt. Seine Zusammenarbeit mit Tony Stark alias Iron Man, dem Donnergott Thor und Konsorten hat Steve Rogers gut überstanden. In seine Rolle als Captain America und Galleonsfigur der Verbrechensbekämpfungsorganisation S.H.I.E.L.D. hat er sich schnell eingefunden, ist er bei seinen Missionen doch stets der Überzeugung das Richtige zu tun. Da ihm die Anpassung an die moderne Zeit noch immer schwer fällt, stürzt er sich lieber in kontinuierliches Training und waghalsige Aufträge, statt daran zu arbeiten, sich ein neues Privatleben aufzubauen. Als ein unbekannter Feind, der auf den Namen Winter Soldier hört und dem Cap beim Kräftemessen in nichts nachsteht, auftaucht und das Herz von S.H.I.E.L.D. attackiert, wird das mühsam und frisch aufgebaute Weltbild von Steve Rogers in den Grundfesten erschüttert. Gemeinsam mit Black Widow macht er sich auf die Suche nach dem brutalen und maskierten Übeltäter. Was er herausfindet reißt nicht nur alte Wunden auf, sondern offenbart eine Bedrohung, die so gewaltig ist, dass sie die gesamte Welt in katastrophaler Weise verändern könnte.

The Return of the First Avenger ist pures Kinovergnügen von der ersten bis zur letzten Sekunde. Dank der bei Marvel-Filmen gewohnten Mid- und Post-Credit-Scenes ist dies sogar wortwörtlich zu nehmen. Die Action reicht von explosiven Gefechten und Verfolgungsjagden bis zu grandios inszenierten Stealth-Missionen, bei deren Anblick Fans der Videospielreihe Splinter Cell feuchte Augen bekommen und sich für den kommenden Leinwandauftritt ihres Helden Sam Fisher nur eine ähnlich gute Umsetzung wünschen können. Sämtliche Kampfszenen des Caps sind treffsicher durchchoreografiert, sodass sein Schild für nicht-comiclesende Zuschauer als Waffe zu keinem Zeitpunkt seltsam wirkt. Die Dialoge sitzen und enthalten – neben jeder Menge kleinen Querverweisen zu anderen Avengers-Mitgliedern – stets die nötige Prise Humor, damit der vor Gutmütigkeit, Freiheitsliebe und Patriotismus triefende Held niemals abgehoben oder befremdlich wirkt. Hier haben die Drehbuchautoren Christopher Markus und Stephen McFeely erneut ihre Spuren hinterlassen. Scarlett Johansson, nimmt ihre Rolle als schlagkräftige Black Widow an der Seite von Captain America überzeugend wieder auf. Ergänzt wird die Heldentruppe durch Anthony Mackie, der als flügelbewehrter und äußerst wendiger Falcon den perfekten Gegenpart und gleichzeitig Teampartner zu Chris Evans in vielerlei Hinsicht blauäugigem Helden bildet. Samuel L. Jackson hat sichtlichen Spaß daran, zum wiederholten Mal den kauzigen S.H.I.E.L.D.-Anführer Nick Fury zu mimen. Der geheimnisvolle Winter Soldier wird von dem überraschend wandlungsfähigen Sebastian Stan verkörpert, auf dessen geplante Rückkehr in weiteren Filmen sich Marvel-Fans freuen können. Der Einzige, der etwas blass wirkt, ist Robert Redford als zwielichtiger S.H.I.E.L.D.-Mitarbeiter Alexander Pierce.

Wo der erste Teil mit Zurückhaltung und einem vergleichsweise gemächlichen Erzähltempo aufwartete, macht The Return of the First Avenger seinem Titelhelden ordentlich Feuer unter dem Hintern. Trotz einer Menge super Helden und super Schurken hat die Action jedoch durchweg genug Bodenhaftung, um nicht zu fantastisch und zu übertrieben zu wirken. Anthony und Joe Russo setzen damit den von Joe Johnston eingeschlagenen, realitätsnahen Kurs fort. Die Rückkehr des ersten Avenger ist furios und der Wechsel im Regiestuhl hat dem Gesamtbild, das sich aus beiden Captain-America-Filmen ergibt, nicht geschadet. Für Comicfans ist der Besuch des nächstgelegenen Filmtheaters für The Return of the First Avenger ohnehin Pflichtprogramm, immerhin hat der Cap seinen Erzfeind und einen seiner bekanntesten Teampartner im Gepäck. Wenngleich die Geschichten von deren Alter Egos im Vergleich zu den Comics variiert wurden, sind die Charaktere ihren Vorlagen doch erstaunlich nahe – viel näher, als es der Mandarin aus Iron Man 3 (Link zu IMDB) je sein wird. Liebhabern von gut gemachten Actionfilmen ist es durchaus ebenfalls zu empfehlen, eine Eintrittskarte für The Return of the First Avenger zu lösen und sich von den Heldenqualitäten der schlagfertigen Protagonisten zu überzeugen, selbst wenn sie bisher möglicherweise vor kostümierten Helden mit wundersamen Kräften zurückschreckten.

Murphy und das Gesetz

Einer der bekanntesten Actionhelden feiert einen cineastischen Neubeginn! Nach Judge Dredd (1995 vs. 2012) und Douglas Quaid (1990 vs. 2012) hebt sich nun der Vorhang erneut für RoboCop. Der markante Titel, der im Jahre 1987 wie heute mit dem Namen, beziehungsweise der Bezeichnung, der Hauptfigur übereinstimmt, ruft bei Fans des Originals wohlige Erinnerungen an ein Spektakel wach, das ob seiner Härte und Zeitlosigkeit der Utopie weiterhin seinesgleichen sucht. Die ungeschnittene Fassung von Paul Verhoevens Kracher war in Deutschland bis vor Kurzem indiziert. Kein Wunder also, dass die mit FSK 12 sehr niedrig angesetzte Altersfreigabe der Neuverfilmung bereits im Voraus bei Actionliebhabern zu wilden Diskussionen und großer Skepsis führte. Der Vorwurf, dass der Polizist im Roboterkörper durch fehlende Kunstblutergüsse zwangsläufig seinen Biss verliert, ist jedoch nicht berechtigt – zumindest dann nicht, wenn man der Geschichte um die Menschmaschine den Vorzug gibt. José Padilha beweist mit seiner Version von RoboCop, dass die Erzählung ihren Reiz auch ohne ausufernde Gewalt entfalten kann. (Links in diesem Absatz zu IMDB)

Alex Murphy (Joel Kinnaman) lebt im Jahr 2028. Er ist ein pflichtbewusster Polizist und liebender Familienvater. Seiner Arbeit geht er ohne Rücksicht auf Probleme oder gar Verluste nach. Das einzige Ziel des ehrgeiziges Cops ist die Durchsetzung von Recht und Ordnung in seiner Heimatstadt Detroit. Politik interessiert Alex wenig. Als er sich bei einem hinterlistigen Mordanschlag schwerste Verletzungen zuzieht, wird er unfreiwillig zum Spielball des Machtstrebens des Megakonzerns OmniCorp. In einem Akt vorgetäuschter Selbstlosigkeit lässt Firmenchef Raymond Sellars (Michael Keaton) den dahinsiechenden Polizisten von seinem besten Wissenschaftler, Dr. Robert Norton (Gary Oldman), retten. Eingebaut in eine stählerne Hülle bekommen Alex klägliche Überreste einen neuen, gepanzerten Körper mit übermenschlichen Fähigkeiten. Dass die Erschaffung von RoboCop weniger humanitären Zielen dient, sondern vor allem der Überzeugung des amerikanischen Volkes vom Nutzen der von OmniCorp für Kriegseinsätze produzierten Roboter, merken Alex, seine Frau Ellen (Abbie Cornish) und der von guten Vorsätzen getriebene Dr. Norton spät. Während die politischen Ränkespiele in vollem Gange sind, kämpft der in Metall gefangene Cop seinen ganz eigenen Kampf – mit dem Teil von ihm, der nun eine Maschine ist und gegen die Verbrecher, die das Attentat auf ihn verübten.

Der neue RoboCop ist nicht nur als Figur vielschichtiger als sein Vorbild. Drehbuchautor Joshua Zetumer verleiht dem Plot Tiefe und webt über die gesamte Spielzeit unübersehbare Gegsellschaftskritik in die Geschichte ein. Die Sinnhaftigkeit von Generalverdächtigungen gegen ganze Völker und die Vormachtstellung der USA auf dem Gebiet der Sicherheit und des Friedens sind nur zwei Aspekte, die der exzentrische Moderator und OmniCorp-Freund Pat Novak (Samuel L. Jackson) in seiner reißerischen TV-Show „The Novak Element“ geradezu verzweifelt beackert. Bedenken, dass RoboCop dadurch und dank Familienbande zum nachdenklichen Weichei mutiert sein könnte, sind unangebracht. Trotz heruntergeschraubtem Gewaltgrad geht es im neuen Abenteuer des Roboterpolizisten ordentlich zur Sache. Man denke nur an Filme, wie Transformers oder Iron Man, die bereits vorgemacht haben, dass Heldenaction nicht zwangsläufig blutig sein muss, um überzeugen zu können (Links zu IMDB). So sitzt RoboCops Anzug auch im neuen Design perfekt und am Budget für Spezialeffekte wurde ganz offensichtlich nicht gespart. Die Feuergefechte sind laut, ausgedehnt und gut choreografiert – ganz wie es sich für einen echten Actionfilm gehört. Wer sich den Spaß von fehlenden Folterszenen nicht verderben lässt, der sollte RoboCop eine faire Chance geben.

Ein Soundtrack, der alte geschickt mit neuen Themen verbindet, sowie die durchweg mit talentierten Schauspielern besetzten Rollen tragen ihr Übriges zur bunten aber deswegen nicht weniger bedrohlichen Atmosphäre des Werkes bei. Dabei entfällt auf Joel Kinnaman als RoboCop dank wuchtiger Rüstung fast der leichteste Part. Michael Keaton hat seit Langem sichtlichen Spaß an einer größeren Rolle und Jackie Earle Haley briliert haupthaarlos als fieser Anführer von OmniCorps Robotertruppen, Rick Mattox. Die Auftritte von Michael K. Williams als Alex Partner bei der Polizei, Jack Lewis, hätten ruhig länger ausfallen können – vor allem seine Interaktionen mit RoboCop. Gleiches gilt für Gary Oldman als Dr. Robert Norton.

Eine Frage, die es sich zu stellen lohnt, ist die, wo RoboCop innerhalb der verschiedenen Wiederauferstehungen von klassischen Actionhelden angesiedelt werden kann. So schwachbrüstig wie Colin Farrells Douglas Quaid ist er gewiss nicht. Nähe zum Original und stoische Treue zum Charakter hat ihm Karl Urbans Dredd allerdings voraus. Dafür, wie nahe ein weithin akzeptiertes Remake der Vorlage sein sollte, gibt es kein Patentrezept. Wer dem brutaleren RoboCop nachtrauert, der findet in der aktuellen und von Frank Miller geschriebenen Comicserie, RoboCop: Last Stand Trost (auf 8 Ausgaben angelegte Miniserie, erscheint bei Boom! Studios, Link zum ersten Heft auf der Webseite des Verlags). Gut sortierte Comicshops führen die bisher nur in den USA erschienene Geschichte. Alle Actionfans und Liebhaber gut gemachter Science-Fiction, die bereit sind, eine sehr kurzweilige und unterhaltsame, zusätzliche Version von RoboCop neben dem zweifelsohne nach wie vor unverwüstlichen und in sich unantastbaren Original bestehen zu lassen, lösen eine Eintrittskarte an der Kinokasse.