Von Essenswächtern und Erleuchtungen

Wenn ich lese, dass Foodwatch sich wieder einmal zu irgendetwas geäußert hat, kann ich mir mittlerweile ein präventives Stirnrunzeln kaum verkneifen. Regelmäßig rege ich mich über die Feststellungen und Erkenntnisse des gemeinnützigen Vereins auf, der auf seiner Webseite unter dem Motto „Die Essensretter“ für seine Kampagnen wirbt. Die Wächter von Foodwatch haben es sich als Ziel gesetzt, die Werbelügen der Lebensmittelindustrie schonungslos aufzudecken und die Verbraucher zu schützen. Prinzipiell ist das ein lobenswertes Vorhaben. Was dabei herauskommt, sind meiner Ansicht nach jedoch nicht mehr als banale Allgemeinplätze.

Ein gutes Beispiel ist die aktuelle Kampagne von Foodwatch gegen Cerealien und Frühstücksflocken, die speziell Kinder ansprechen sollen oder in irgendeiner Weise als für Kinder geeignet gekennzeichnet sind. Der Stern berichtete am 17. Dezember 2012 in einem Artikel auf seiner Webseite darüber.

Dass man Kinder nicht schon früh an viel Zucker und zu süße Lebensmittel gewöhnen soll, ist richtig, aber die Tatsache, dass die meisten Cerealien – und dabei spielt es keine Rolle, ob sie für Kinder oder für Erwachsene entwickelt wurden – im Grunde zu viel Zucker enthalten, ist keine Neuigkeit. Das war schlichtweg schon immer so. Aus was soll die weiße Kruste auf den bereits eine gefühlte Ewigkeit auf dem Markt befindlichen Kellogg’s Frosties bitte sonst sein? Wer etwas, das er seinen Kindern zu essen gibt, immer zuerst einmal selbst testet, wird schnell feststellen, wie süß es schmeckt, seien es Cerealien oder andere Lebensmittel. Das wiederum kann ja nur an Zucker oder anderen Süßungsmitteln (die alle nicht minder ungesund sind) liegen.

Generell würde ich, trotz aller Nachteile und Gefahren, davon abraten Cerealien generell zu verurteilen. Kinder können meiner Meinung nach ruhig ein paar süße Frühstücksflocken essen, solange die restliche Ernährung stimmt. Eine kleine Portion Cerealien ist noch weniger schlimm, wenn sie als Frühstück beispielsweise mit Obst und einem Vollkornbrot kombiniert wird. Ich selbst habe als Kind schon süße Cerealien als Frühstücksbestandteil gegessen und es hat mir, zumindest soweit ich es beurteilen kann, nicht geschadet. Man muss alles immer relativ betrachten.

Ich bin kein Freund von falschen Werbeversprechen, und ich bin auch der Meinung, dass auf diversen Produkten (nicht nur auf Lebensmitteln) mit zu großen Versprechen geworben wird, die am Ende nicht eingelöst werden können. Allerdings ist Schönreden doch die Kernaufgabe von Marketing und Werbung. Diese simple Tatsache ist kein Geheimnis und sollte mittlerweile jedem Verbraucher ausreichend bekannt sein. Zu oft und zu viel werden wir überall und jeden Tag mit Werbung aller Art konfrontiert – egal ob online oder offline, ob mit Bildern oder ohne.

Die entscheidende Frage, die ich mir bei den Kampagnen der „Essensretter“ stelle, egal ob sie Frühstücksflocken oder andere Lebensmittel betreffen, ist: Für wie unmündig und unwissend hält Foodwatch uns eigentlich?

Eltern, denen ihre Kinder am Herzen liegen, informieren sich über gesunde Ernährung und wollen ihnen eine solche bieten. Generell halte ich die Masse der Verbraucher heute für so schlau, dass sie nicht blind alles glaubt, was ihr auf Produktverpackungen und in der Werbung vorgekaut wird. Dafür sind einfach zu viele Informationen zu leicht für jeden verfügbar. Ich halte die große Mehrheit für clever und mündig genug, zu verstehen, dass etwas, was süß schmeckt, nicht unbedingt gesund ist und dass Zusatzstoffe, egal was sie (angeblich) bewirken sollen, keine Alternative zu Vitaminen und Mineralien sind, die ganz natürlich in ausgewogener Nahrung vorkommen. Soviel Eigenständigkeit muss man den Konsumenten zutrauen und ich sehe es auch als Pflicht der Verbraucher und insbesondere von Eltern an, sich umfassend zu informieren und sich mit ihrem Konsumverhalten und dem ihrer Kinder zu befassen.

Warnungen sind gut, allerdings habe ich ein großes Problem mit überflüssigen Informationen, wie sie Foodwatch farbenfroh aufbereitet und als regelrechte Erleuchtungen präsentiert und ich habe ein Problem mit unnötiger Panikmache wie bei den Weihnachtlichen Warentests. Es wäre einfach schön, wenn die Warentester, Verbraucherschützer und Medien ihrem Publikum etwas mehr zutrauen würden und wenn sie endlich aufhörten an der falschen Stelle, mutmaßlich mehr um die eigene Existenz zu rechtfertigen als aus wohlwollenden Gründen, Dinge so schrecklich aufzubauschen.