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Über tigermaus8

Comic fan, cineast, toy collector, video gamer and Fiat 500 driver, who loves TV series and reads books by Stephen King and Tom Clancy.

Blut, Schweiß und der Amerikanische Traum

Es gibt Regisseure, die experimentieren gern und erfinden sich im Laufe der Zeit immer wieder neu. Es gibt aber auch Regisseure, die bleiben wie Schuster bei ihren Leisten. Sie haben ihre Leidenschaft und ihren Stil gefunden und arbeiten stetig an dessen Perfektion. Roland Emmerich ist einer von ihnen. Er liebt es, Weltuntergangsszenarien und große Bedrohungen zu inszenieren. Ein weiterer Filmemacher dieser Gattung ist Michael Bay, Meister der Explosionen. Mit geradezu kindlicher Begeisterung inszeniert er große Action, die die gesamte Leinwand ausfüllt – egal ob mit Riesenrobotern oder ohne.

Wenn sich ein Künstler, egal wie und wo er seine Kunst präsentiert, mehr oder minder in einem Genre festgefahren hat, polarisiert seine Arbeit. Die Ergebnisse seines Schaffens sind unverkennbar mit ihm verknüpft. Ich bin ein großer Fan von Michael Bay und seiner Art Filme zu machen. Bisher konnten mich nur wenige seiner Werke nicht überzeugen. Seine Transformers-Filmreihe treibt mir als Liebhaberin der bunten Actionfiguren geradezu Freudentränen in die Augen und ich freue mich schon jetzt unbändig auf den nächsten Film mit Optimus Prime und Konsorten und auch die von ihm produzierte Neuauflage der Teenage Mutant Ninja Turtles für die große Leinwand kann ich kaum erwarten.

Michael Bay wird von Vielen belächelt. Seine Filme werden als zu bunt, zu steril und zu anspruchslos kritisiert. Was dabei oft vergessen wird ist die einzige Zielsetzung, die der Regisseur verfolgt und die er selbst regelmäßig betont: Er will unterhalten. Ich liebe es, im Kino gut unterhalten zu werden und brauche dazu nicht immer tiefgründige Denkansätze. Manchmal tut es auch ein gut gemachter, bunter Actionfilm. Das und die Bewunderung für Herrn Bay waren für mich Grund genug, sein neues Werk Pain & Gain im Kino anzusehen.

Pain & Gain handelt von der Sun Gym Gang, einer Bande von Bodybuildern, die beschließen, dass sie in ihrem Leben genug geschwitzt und malocht haben. In den Augen von Daniel Lugo und seinen beiden Kumpels ist es endlich an der Zeit ist, dass auch sie ein Stück von diesem Amerikanischen Traum abbekommen, von dem sie so viel gehört haben. Daniel hat jede Menge Halbwissen über das perfekte Verbrechen zusammengetragen und entwickelt daraus kurzerhand einen Plan. Zusammen mit dem steroidgeschwängerten Adrian Doorbal und dem bekehren Muskelberg Paul Doyle, entführt er einen seiner neureichen Fitnessstudiokunden namens Victor Kershaw. Die drei Bodybuilder zwingen Victor, ihnen sein gesamtes Hab und Gut rechtsgültig zu überschreiben und versuchen anschließend, ihn zu töten. Es bleibt bei einem Versuch. Der Gepeinigte überlebt und da ihm die Polizei kein Wort glaubt, engagiert Victor den Privatdetektiv Ed DuBois, der sich an die Fersen der Verbrecherbande heftet. Die Sun Gym Gang genießt derweil das Leben in vollen Zügen. Die Muskelmänner erkennen derweil, dass Geld schneller ausgegeben ist, als man es rauben kann und schmieden immer gewagtere Pläne.

Die Geschichte der Self-Made-Gangster basiert auf wahren Gegebenheiten. Das, was in den 90er Jahren in Miami passierte war grausam und unglaublich zugleich. Michael Bay entschied sich für seinen Film, unter der Prämisse unterhalten zu wollen, dazu den harten Stoff in komödiantischer Form aufzubereiten. Herausgekommen ist eine schrille und bis ins kleinste Detail stilisierte Actiongroteske. Der präsentierte Humor ist schwärzer als die Nacht. So mancher Spruch, den die Charaktere beiläufig fallen lassen, entfaltet seine Wirkung erst im Nachhinein. Vieles wird so überspitzt inszeniert, dass einem das Lachen im Halse stecken bleibt. Mit optischen und sprachlichen Schlägen unter die Gürtellinie wird ebenfalls nicht gespart und auch bei Gewaltdarstellungen gehen die Macher nicht gerade zimperlich vor. Aus diesen Gründen ist Pain & Gain sicherlich weniger massentauglich als Michael Bays bisherige Filme. Der eine oder andere Zuschauer wird sich unter Garantie vor den Kopf gestoßen fühlen.

Durch diese Stilmittel, kombiniert mit lupenreiner Optik in stylischen Neonfarben, schafft es der Regisseur, das Publikum stets auf Distanz zu halten. Dieser Ansatz ist meiner
Meinung nach sehr interessant und äußerst geschickt gewählt, denn er trägt dem ernsten Hintergrund trotz aller guten Laune Rechnung. Echte Helden und Sympathiepersonen findet man in Pain & Gain keine. Dennoch habe ich vor allem bei einer Szene, in der der von den Bodybuildern übelst zugerichtete Victor versucht, der Polizei zu erklären, was mit ihm passiert ist, seit langem einmal wieder buchstäblich Tränen im Kino gelacht.

Dazu beigetragen, dass mich Pain & Gain für 129 Minuten wirklich gut unterhielt, haben vor allem auch die Schauspieler, die allesamt mit sichtlicher Freude bei der Sache sind und von denen jeder mindestens ein Mal im Verlauf des Films die Fähigkeit zu vortrefflicher Selbstironie beweist. Allen voran zeigt sich Mark Wahlberg als Daniel Lugo nicht nur körperlich in Bestform. Gnadenlos rechnet er mit der Zeit ab, in der er sich selbst als Fitness-Guru versuchte. An seiner Seite zeigt Dwayne „The Rock“ Johnson ein weiteres Mal, dass er schauspielerisch weit mehr kann, als den grimmigen Actionhelden zu mimen. Anthony Mackie vervollständigt die Sun Gym Gang als Adrian Doorbal, der sich in die Krankenschwester Robin Peck, hinreißend gespielt von Rebel Wilson, verliebt und beweist, dass Gegensätze sich an- bzw. ausziehen. Brillant ist auch die Darbietung von Tony Shalhoub als erstes Opfer der Verbrecherbande, Victor Kershaw. Ed Harris macht sich als alternder Privatdetektiv Ed DuBois auf die Jagd nach den Muskelmännern und Ken Jeong drischt im Hintergrund als Motivationstrainer Phrasen, die allgemeingültiger nicht sein könnten. Ob körperliche Figur, Intelligenz, Alter, Sexualität, die Schauspieler nehmen in ihren Rollen alles aufs Korn, worüber manch einer aufgrund guter Erziehung vielleicht lieber nicht lachen würde. Gerade dadurch führen sie dem Zuschauer vor Augen wie unsinnig die Realität sein kann.

Steve Jablonsky, mit dem Michael Bay schon seit etlichen Filmen erfolgreich beim Thema Musik zusammenarbeitet, untermalt die durchgestylten Bilder mit lauten Beats und 90er-Jahre-Musik. Er rundet das überdrehte Leinwandgeschehen musikalisch ab und findet für jede Szene die passende musikalische Untermalung, egal ob gerade gefeiert wird oder ob eine Leiche in einem Fass langsam im Wasser versinkt.

Alle, die schwarzen Humor nicht schätzen oder ein Problem mit Michael Bays Filmen haben, können sich auch für Pain & Gain den Kinobesuch sparen – obwohl es dieses Mal vergleichsweise wenige Explosionen gibt. Ich fühlte mich jedenfalls gut unterhalten und kann den Film trotz allen verhaltenen Kritiken empfehlen. Die ganz eigene Geschichte von Schweiß und Blut und dem Amerikanischen Traum, die übrigens an Originalschauplätzen gedreht wurde, enthält trotz aller Klischees und optischer Finessen viel Wahrheit und das nicht wegen der zugrunde liegenden Tatsachen. Mein letzter Überzeugungsversuch für alle 90er-Jahre-Teenies: Mary Mark zeigt sich mal wieder nur mit einer Calvin-Klein-Unterhose bekleidet.

Ein schmaler Grat

Viele Dinge konnten lange Zeit nur auf dem Papier und in den Köpfen von Lesern existieren und funktionieren. Es ist der harten Arbeit von Filmemachern und Spezialeffektspezialisten zu verdanken, dass auf der Leinwand mehr und mehr unmögliche Dinge möglich werden. Fans wie ich freuen sich in diesem Zusammenhang über die immer weiter steigende Anzahl von Comicverfilmungen. Unter den Bildergeschichten, die jede Woche ihren Weg in die Comicläden der Welt und in die Hände der Leser finden, gibt es allerdings einige, die nicht aufgrund von technischen Möglichkeiten, sondern vielmehr ihrer Inhalte wegen schwer als Filme umsetzbar sind. Zusätzlich werden die Gelder der Produzenten in den allermeisten Fällen nicht aus reinem Idealismus und der Freude an einem bestimmten Thema vergeben. Sie sind an die Bedingung geknüpft, im Nachhinein einen großen Profit zu erwirtschaften. Das ist nur recht und billig, trägt jedoch dazu bei, dass bestimmte Dinge so umgeschrieben werden müssen, dass sie für den Massenmarkt tauglicher werden. Der Massenmarkt hat sich glücklicherweise gewandelt, weshalb wiederum mehr möglich gemacht und von der Filmindustrie umgesetzt wird.

Mit Kick-Ass (Link zu IMDB) hat im Jahr 2010 ein sehr spezieller Comic eine Filmumsetzung spendiert bekommen. Autor der Vorlage ist Mark Millar, der  – insbesondere in seinen persönlichen Projekten, die er unter dem Label „Millarworld“ veröffentlicht – vielfach gewagten und stets in gewissem Sinne berechtigten Fragen provokant nachgeht. Im Fall von „Kick-Ass“ waren Comic und Film ein voller Erfolg. Die Geschichte über den im richtigen Leben erfolglosen Jungen, der so sehr ein Superheld sein will, dass er sich kurzerhand ein Kostüm anzieht und auf Verbrecherjagd geht, wusste zu begeistern. Die Fortsetzung in Comicform folgte auf dem Fuße, und nach 3 Jahren Wartezeit startet nun der Film Kick-Ass 2 im Kino.

Kick-Ass 2 knüpft nahtlos an seinen Vorgänger an. Die Geschichte beginnt dort, wo die des ersten Films aufhörte. Dave Lizewski hat sein Superheldenkostüm und seine Einsätze als Kick-Ass an den Nagel gehängt. Mindy MacCready hingegen kämpft, trotz Verbot durch ihren Steifvater Markus, noch immer als Hit-Girl gegen das Verbrechen. Ihr Vater, der sie von klein auf trainierte, starb im ersten Teil als maskierter Big Daddy. Als Dave bemerkt, dass sein Leben als Kick-Ass doch aufregender war, als sein schnödes Schülerdasein, lässt er sich von Mindy trainieren. Da Hit-Girl nicht viel von heldenmäßiger Zusammenarbeit hält und – inspiriert von den Ereignissen im ersten Teil – inzwischen weitere Normalbürger in Kostümen ihr Glück als Helden versuchen, schließt sich Kick-Ass einem geheimen Team namens Justice Forever an. Während sich die Helden organisieren und wortwörtlich mit Gewalt versuchen Gutes zu tun, findet ein weiterer Charakter eine neue Bestimmung: Chris D’Amico, der einst als Red Mist ein Superheld sein wollte, wechselt sein Kostüm, nennt sich ab sofort der Motherfucker und setzt alles daran der erste Superbösewicht der Welt zu werden. Er will sich an Kick-Ass rächen, der seinen Vater, einen New Yorker Drogenbaron, im Endkampf des ersten Films tötete. Um gegen die wachsende Anzahl Helden bestehen zu können, schart er eine Armee aus Verbrechern und Wahnsinnigen um sich und macht Jagd auf Kick-Ass.

Schon an der Inhaltsangabe wird erkennbar, dass man den ersten Teil gesehen haben sollte, um der Geschichte von Kick-Ass 2 folgen zu können. Der Film ist zwar so konstruiert und mit mündlichen Berichten der Protagonisten bestückt, dass auch Zuschauer ohne Vorkenntnisse einen Kinobesuch wagen können, im Zusammenhang mit dem ersten Teil werden jedoch viele Details klarer. Betrachtet man die Vorlage so ist Kick-Ass 2 ein ganzes Stück näher am Comic als sein Vorgänger. Damit einhergehend wurde der Gewaltgrad hochgeschraubt und es fallen mehr derbe Sprüche. Das Faszinierendste an den Kick-Ass-Comics sind für mich die trotz aller Überspitztheit nachvollziehbaren Charaktere. In Kombination mit expliziter Gewaltdarstellung und dem einzigartigen, teilweise fast groben Zeichenstil von Zeichner John Romita Jr. beschreibt Mark Millar ein nicht ganz undenkbares Was-wäre-wenn-Szenario und die Zusammenhänge zwischen Gut und Böse. Die Künstler bescheren den Lesern Wechselbäder zwischen lautem Lachen und einem gehörigen Kloß im Magen und schrecken dabei thematisch vor nichts zurück. Der Film Kick-Ass 2 verbindet zwei Comic-Miniserien miteinander: „Hit-Girl“, die dierekte Fortsetzung von „Kick-Ass“ und die gleichnamige Heftserie „Kick-Ass 2“. Beide Comicserien, sowie die Vorlage zum ersten Teil, sind bei Panini Comics auf Deutsch erschienen (Link zur Kick-Ass-Übersichtsseite auf der Webseite des Verlages). Von mir ein echter Lesetipp. Momentan arbeiten Autor und Zeichner übrigens an „Kick-Ass 3“, der letzten Kick-Ass-Heftserie.

Schon die Fülle der Inhalte von zwei Vorlagen bringt es mit sich, dass der Film sich in einigen Teilen davon unterscheiden muss. Sämtliche Kürzungen, die damit zusammenhängen, sind aus meiner Sicht logisch und nachvollziehbar. Allerdings wurden einige Veränderungen an den Charakteren vorgenommen, bei denen ich mir ein Stirnrunzeln leider nicht verkneifen konnte. Regisseur und Drehbuchautor Jeff Wadlow hatte offenbar keine Angst vor zu viel Gewalt in seinem Film und setzte das Meiste eins zu eins um. Das weiß ich als Fan durchaus zu würdigen. An einigen Stellen hatte ich dennoch das Gefühl, dass die Macher Zweifel überkamen, weshalb sie dann doch lieber etwas filmischen Weichspüler beigaben – beispielsweise was die Beziehung zwischen Kick-Ass und Hit-Girl anbelangt. Die Methoden von Mindy, sich in die Gemeinschaft gleichaltriger Mädchen an der Schule einzufügen, hielt man offenbar ebenfalls nicht für Kinotauglich und ersetzte sie lieber mit übertriebenem Fäkalhumor, den ich persönlich als noch unpassender empfand. Besonders die Figuren von Hit-Girl und dem Motherfucker wollte man, da bin ich mir sicher, weniger hart als in der Vorlage darstellen. An einigen Stellen führt dies aber zu solch eklatanten Veränderungen, dass manches, was eigentlich nicht gar nicht lächerlich ist, trotz allem lächerlich und dümmlich wirkt. Zwischen staubtrockenem Humor, bei dem Lesern, beziehungsweise  Zuschauern, das Lachen fast im Hals stecken bleibt und Lächerlichkeit gibt es große Unterschiede. Warum man das Ende im Vergleich zur Vorlage abwandelte, kann ich übrigens auch nicht nachvollziehen. Immerhin legte sich mein erster Schock etwas, nachdem ich mir den Abspann bis ganz zum Ende angesehen hatte.

Die Besetzung von Kick-Ass 2 wurde zu großen Teilen aus dem ersten Film übernommen. Aaron Taylor-Johnson spielt Dave Lizewski und schafft es dabei besonders in der Maskierung als Kick-Ass, wenn der grüne Neoprenanzug das meiste von ihm verdeckt, Emotionen zu transportieren. Die Rolle von Mindy McCready übernimmt erneut Chloe Grace Moretz, die logischerweise in den letzten drei Jahren sichtbar älter geworden ist. Sie kann in ihrem Part überzeugen. Für die meisten Unterschiede zum Comic im Bezug auf Hit-Girl mache ich das Drehbuch und nicht die Schauspielerin verantwortlich. Die Mindy in der Comicvorlage ist zwar jünger, da die Geschichte nahtlos fortgeschrieben wird, ein Schauspielerwechsel wäre in diesem Fall jedoch ungeschickt gewesen. Der einzige Mime, der etwas an seiner Darbietung hätte ändern können, ist in meinen Augen Christopher Mintz-Plasse. Sein Motherfucker wirkt zu oft mehr wie ein tollpatschiger Möchtegern, als wie ein verärgerter Jugendlicher, der einen sinistren Racheplan ausheckt. Sehr gut gefallen hat mir Olga Kurkulina als muskelbepackte und scheinbar unbezwingbare Superschurkin Mother Russia. Die Bodybuilderin spielte ihre Rolle mit sichtlicher Freude. Seitdem ich sie auf der Leinwand sah, rotiert in meinem Kopf die Frage, warum um alles in der Welt man in der (meiner Meinung nach unterirdischen) Verfilmung von Thomas Harris Buch „Hannibal“ Masons Schwester Margot, einen der schillerndsten Charaktere des Buchs, vollständig gestrichen hat … aber zurück zu Kick-Ass 2 … Ob sich Jim Carrey die Comicvorlage nicht ansah, oder was ihn sonst zu seinen Äußerungen bezüglich der Gewalt in Kick-Ass 2 und seiner nachträglichen Unzufriedenheit mit seiner Rolle trieb, ist mir schleierhaft. Er passt jedenfalls gut als Colonel Stars and Stripes, ein ehemaliger Mafiakiller, der sich neu orientiert hat und als Held durchschlagende Erfolge feiert. Optisch passen auch die restlichen Schauspieler sehr gut zu ihren Vorbildern auf dem Papier.

Kick-Ass 2 wird den aus der Vorlage übernommenen Teilen zum Großteil gerecht. Manchmal lässt sich gleichwohl auf hohem Niveau gut jammern, vor allem wenn es sich um etwas handelt, das einem lange und fest ans Herz gewachsen ist. Der erste Film näherte sich seiner Vorlage wesentlich vorsichtiger und wies viel mehr Unterschiede auf. Vielleicht ist es der Gedanke „Wenn schon so, dann richtig!“ der mich dieses Mal etwas verhaltener reagieren lässt. Zwischen Originaltreue und sinnvollen Veränderungen, zwischen krass und zu krass, zwischen lustig und lächerlich verläuft jeweils ein schmaler Grat. Jeff Wadlow bewandert diesen über die Dauer des gesamten Films zumeist stabil. Hin und wieder droht er abzurutschen, fängt sich dann aber in der Regel schnell. Der liebevolle Umgang mit Sprechblasen und anderen Comicelementen, sowie diverse Anspielungen und Andeutungen, entschädigen für viele Abweichungen und Auslassungen. Für Comicfans und Liebhaber von schrillen Komödien mit derbem Humor lohnt sich der Besuch im Kino für Kick-Ass 2 allemal. Zartbesaitete Gemüter, die bei flotten Sprüchen unterhalb der Gürtellinie und Arschtritten rot werden, sind im Kinosaal wenigstens durch die Dunkelheit geschützt.

Heilung und Seelenheil

Wer in der griechischen Mythologie in der Gunst der Götter besonders hoch steht, hat es gut. Er erhält nach dem Tod, oder wenn er genügend Aufgaben für die hohen Herren und Damen im Olymp erledigt hat, Zutritt zu den elysischen Gefilden (auch Elysion oder lateinisch Elysium), wunderschönen Inseln, auf denen Nektar und Ambrosia fließen. Dort angekommen, sind alle Sorgen und Nöte ein für alle Mal vorbei. Diesem uralten Mythos bedient sich Regisseur und Autor Neill Blomkamp nicht nur beim Namen seines neues Science-Fiction-Meisterwerks Elysium – vier Jahre nach District 9 (Link zu IMDB) sein zweiter Kinofilm.

Elysium spielt im Jahr 2154. Die Erde ist verbraucht und ausgelaugt. Die Spuren von industrieller Ausbeutung und Überbevölkerung sind unübersehbar. Von den einst glitzernden Hochhäusern von Los Angeles sind nur noch Ruinen übrig. Die Stadt hat sich in ein einziges, großes Armenviertel verwandelt. Bei näherer Betrachtung ist dies nicht verwunderlich, leben dort schließlich nur noch diejenigen, die gesellschaftlich den untersten Schichten angehören. Wer es sich leisten kann, hat den sterbenden und im wahrsten Sinne des Wortes verwüsteten Planeten längst verlassen und sich nach Elysium zurückgezogen. Auf der riesigen, kreisförmigen Raumstation, die die Erde umrundet und wie ein hohles Auge auf die Reste der Menschheit herabblickt, herrschen wahrhaft paradiesische Zustände. Im Schutz ihres Rings wurde eine neue Welt für die Reichen und Schönen errichtet, in der es großzügige Gärten und saubere Häuser gibt und in der keiner leiden muss. Modernster Technologie sei Dank wurden Krankheiten neben der lästigen Armut gleich mit eliminiert. Wer doch einmal Unbehagen verspürt, legt sich in eine Maschine, die ihn in Sekundenschnelle heilt und die, wenn gewünscht, gleich obendrauf noch schicken Körperschmuck anbringen kann. Dieser Luxus wird den auf der Erde Verbliebenen natürlich nicht zuteil. Unerwünschte Eindringlinge auf Elysium werden sofort deportiert und wieder dem Regime auf der Erdoberfläche unterworfen, das von Maschinen emotions- und rücksichtslos durchgesetzt wird.
In dieser harten und erbarmungslosen Realität versucht Max DeCosta, ein verzweifelter Arbeiter, der dem Tod Auge in Auge gegenüber steht und der schon sein Leben lang davon träumt, die erlösende Raumstation zu besuchen, sein Seelenheil auf Elysium zu finden. Von Not getrieben läst er sich auf den riskanten Plan ein, der ihn mitten in die Schusslinie und in einen Kampf katapultiert, den er in dieser Form zu kämpfen nicht geplant hatte.

Neill Blomkamps Kinodebüt „District 9“ zählt in meinen Augen nach wie vor zu den besten Filmen der letzten Jahre. Kaum ein anderer Film hat es geschafft, mich mit seinen Figuren derartig zu berühren und mich mit seiner Thematik noch Wochen nach dem Verlassen des Kinosaals zu beschäftigen. Mit Elysium präsentiert der Regisseur seinem Publikum nun erneut düstere und sozialkritische Science-Fiction. Im Vorhinein war ich sehr kritisch, ob ein Konzept, das von seiner Grundstruktur seinem Vorgänger so ähnlich ist, ein weiteres Mal funktionieren würde. Ich wurde eines Besseren belehrt. Ja, auch in Elysium wird die Kluft zwischen Arm und Reich thematisiert. Ja, auch in Elysium gibt es einen Helden, der zu seinem Schicksal mehr getrieben wird, als dass er es sich selbst aussucht und der gejagt wird. Neill Blomkamp zeigt dennoch eine völlig neue Welt und beleuchtet ganz andere Aspekte, allem voran die Frage danach, wie Heilung und Seelenheil zusammenhängen. Die Welten, die der gebürtige Südafrikaner schafft, sind viel größer als seine Filme. Sowohl „District 9“ als auch Elysium beleuchten nur kleine Teilaspekte von riesigen Gedankenexperimenten, die es wert sind, sich damit noch weit über die jeweils etwas mehr als 100 Minuten zu beschäftigen.

Elysium kann als Actionfilm, der in der Zukuft spielt, konsumiert werden. Er bietet einen Anfang, eine Story, in deren Verlauf es ordentlich zur Sache geht und mit gut gemachten Spezialeffekten nicht gegeizt wird, sowie ein Ende, das die erzählte Geschichte abschließt. Wer allerdings davon ausgeht, dass er am Ende mit dem guten Gefühl, bei der Rettung der Welt durch einen starken Helden dabei gewesen zu sein, nachhause geht, könnte enttäuscht werden. Ich persönlich hatte eher den Eindruck nur einen Anfang gesehen zu haben. Das ist in diesem Fall sehr positiv gemeint. Die Lupensicht auf die Ereignisse, diese herrliche Fülle an Lücken, genau an den richtigen Stellen platziert um weiterzudenken, die vollkommene Unvollkommenheit sind es, die den Film meiner Meinung nach so sehenswert machen.

Für mich ist Neill Blomkamp einer der vielversprechendsten Filmemacher dieser Tage. Er verbindet große Science-Fiction mit Autorenkino. Ich hoffe auf viele weitere Ideen von ihm für unvollkommene Welten und darauf, dass es in den kommenden Jahren weitere Produzenten geben wird, die ihn bei der Verwirklichung dieser Gedanken nicht beschränken, sondern bestärken. Die Geschichten, die er erzählt, sind einzigartig und seine Art Filme zu machen überzeugt. Er beweist, dass Gegensätze sich anziehen indem er laut und leise, dunkel und hell, langsam und schnell gerade dort einsetzt, wo man es nicht erwartet. Dadurch werden die Eindrücke, die er vermittelt, so nachhaltig.

Stark ist auch die Leistung der beteiligten Schauspieler, vor allem von Matt Damon als Held wider Willen. Mit geschorenem Kopf und Exoskelett kämpft er sich als Max DeCosta seinen Weg frei. Er schafft es die verschiedenen Aspekte des Charakters – seine kriminelle Vergangenheit, sein Streben nach Besserung, seine schier unglaubliche Naivität, seine Fähigkeit zu fast kindlicher Träumerei – zu vereinen und glaubhaft darzustellen. Dass in vielen Köpfen immer noch „Team America“ nachhallt, wenn sein Name zur Sprache kommt, ist lustig, wenn auch sehr unfair. Jodie Foster spielt die eiskalte und berechnende Ministerin Delacourt routiniert. Sie vermittelt nicht dass Gefühl, dass diese Rolle eine große Herausforderung für sie war. Auf die Seite der Gegner gewechselt hat Sharlto Copley, Hauptdarsteller aus „Dirstrict 9“, der seine Rolle als fieser Agent Kruger, der alles daransetzt, Max am Erreichen seines Ziels zu hindern, sichtlich genießt. Er ist ein Schauspieler mit großem Potenzial und ich freue mich darauf, ihn in weiteren Rollen – egal ob gut oder böse – zu sehen. William Fichtner brilliert als aalglatter und raffgieriger Firmenboss. Max Freundin aus Kindertagen, Frey, wird solide gespielt von Alice Braga. Auch die Nebenrollen sind durchweg passend besetzt, zum Beispiel mit Wagner Moura als Schleuser namens Spider.

Wer kritisieren will, kann sagen, dass sämtliche Elemente, aus denen Elysium als Gesamtwerk besteht, nicht neu sind. Das entbehrt zugegebenermaßen nicht einer gewissen Wahrheit. Es ist jedoch die richtige Mischung der Zutaten, gewürzt mit neuen Ideen, kritischen Untertönen und einer rundum stimmigen Präsentation, die diesen Film für meinen Geschmack zu einem echten Leckerbissen macht.

Hi-Yo Silver! Away!

Würde ich meine Kinobesuche von der vorherrschenden Meinung abhängig machen, hätte ich mir Gore Verbinskis neues Werk, The Lone Ranger, wohl nicht auf der großen Leinwand angesehen. Es gab schon lange keinen Film mehr, der bereits im Voraus so oft und mit solcher Inbrunst zerrissen wurde, wie dieser. Die meisten Kritiker lassen kein gutes Haar an der erneuten Zusammenarbeit des Regisseurs mit Publikumsliebling Johnny Depp. Warum also überhaupt ins Kino gehen?

Disney macht es sich in den letzten Jahren spielfilmtechnisch zugegebenermaßen nicht gerade einfach. Schon mit John Carter: Zwischen zwei Welten (John Carter, Link zu IMDB) hauchte man einem Charakter neues Leben ein, der Jahrzehnte – in diesem Fall sogar über neunzig Jahre – zuvor erdacht wurde und heute vom Konzept her so gar nicht mehr mainstreamtauglich daher kommt. Ich mag Edgar Rice Burroughs Charaktere, lese regelmäßig die Comicabenteuer von John Carter als Warlord of Mars (Link zum ersten Heft auf der Webseite des Dynamite Verlages) und habe den Film sehr genossen. Bereits in diesem Fall blieb ich stur, ging allen schlechten Kritiken zum Trotz ins Kino und wurde äußerst positiv überrascht. Der Film bewegte sich obendrein sehr nahe an der Buchvorlage, „A Princess of Mars“, die unter dem folgenden Link zur Library of Congress online und im englischen Original völlig kostenfrei gelesen werden kann. Auch auf diversen eBook Readern gibt es das Buch gratis zum Download. Von mir eine klare Leseempfehlung. Die Geschichte ist, wie sie ist und die Filmumsetzung ist in meinen Augen sehr gelungen, weshalb es „John Carter: Zwischen zwei Welten“ bis in meine Hitliste der Filme des Jahres 2012 schaffte. Dass die Kinoversion bei vielen Zuschauern keinen Anklang fand, schreibe ich falschen Erwartungen zu. Wie die Erwartungshaltung des Gros der Kritiker genau war, kann ich nicht sagen.

Mit The Lone Ranger verhält es sich ganz ähnlich wie mit dem Marsbesucher: Das Konzept hinter dem Film könnte klassischer nicht sein – nur dass es sich dieses Mal nicht um Science-Fiction sondern um Western handelt. Die Abenteuer des letzten Texas Rangers im Wilden Westen begannen 1933 in den USA im Radio, gefolgt von der weltberühmten TV-Serie in den 1950er Jahren (Link zu Wikipedia) und einigen Filmumsetzungen. Als ich klein war lief die Serie noch immer im deutschen Fernsehen und es war vor allem die Zeichentrickserie (Link zu Wikipedia), die es mir sofort angetan hatte.

Mein Herz für Cowboy-und-Indianer-Geschichten war schon immer groß. Zu gerne schaute ich mir mit meinem Vater Westernfilme an. Im Sonntagnachmittagsprogramm lief fast immer irgendein Western. Einzig für Winnetou und Old Shatterhand konnte ich mich nie begeistern. Ich habe es versucht. Ehrlich! Ich habe die Filme geschaut und angefangen das erste Winnetou-Buch von Karl May zu lesen. Das war so ziemlich die einzige Westerngeschichte, die mir jemals zu langweilig war. Das Buch, so gebe ich offen und ehrlich zu, habe ich nach der Hälfte weggelegt und nie wieder angefasst.

Lone-Ranger-Comics aus meiner Sammlung

Den Lone Ranger hingegen, mag ich sehr. Seine Abenteuer werden nach wie vor in Comics fortgeschrieben, auch das hat er mit John Carter gemein. Links ein Beweisfoto aus meiner Comicsammlung. Ich habe für das Foto wohlgemerkt nicht alle Hefte aus ihren gemeinsamen Hüllen befreit.

Meine Begeisterung für Western und für den Charakter des Lone Ranger waren für mich Antwort genug auf die Frage danach, warum ich The Lone Ranger unbedingt im Kino sehen musste und, hier steht er dem Planetenbummler John Carter ebenfalls in nichts nach, der Film gefiel mir sehr. Sämtliche Negativkritiken kann ich persönlich nicht nachvollziehen.

The Lone Ranger erzählt die Entstehungsgeschichte des Westernhelden mit der schwarzen Dominomaske und dem weißen Cowboyhut. Nachdem John Reid sein Jurastdium erfolgreich abgeschlossen hat, reist er als frischgebackener Anwalt mit großen Träumen und Ambitionen in seine Heimatstadt Colby in Texas, um dort seinem Beruf nachzugehen und für Recht und Ordnung zu sorgen. Ganz anders als sein Bruder Dan, ein Texas Ranger mit Leib und Seele, hat John keinen Hang zu Feuerwaffen und wilden Verfolgungsjagden. Im selben Zug, in dem John entspannt gen Heimat fährt, befinden sich zwei Gefangene: der Indianer Tonto und der Gesetzlose Butch Cavendish, der in Colby für seine Verbrechen gehängt werden soll. Butchs Gefolgsleute können das über ihren Anführer verhängte Todesurteil nicht einfach hinnehmen. Deshalb überfallen kurzerhand sie den Zug. Nach der haarsträubenden Befreiungsaktion der Banditen mit dem Leben davon- und in Colby angekommen, wird John von seinem Bruder trotz geäußerter Skepsis als Texas Ranger rekrutiert. Er soll helfen Butch wieder einzufangen. Als sie die Spur der Bande verfolgen, geraten die Ranger in einen Hinterhalt. Nur John Reid überlebt und sinnt ab sofort nach Rache. An seine Seite heftet sich Tonto, der seine ganz eigenen Motive für die Verfolgung von Butch hat. Zusammen mit dem Indianer macht sich John als maskierter Lone Ranger auf die Suche nach dem Mördern seines Bruders und kommt einem viel größeren Geheimnis rund um den Bau der ersten Eisenbahnstrecke quer durch Amerika auf die Spur.

Gore Verbinski inszeniert in The Lone Ranger einen klassischen Western, in einer Art, die sowohl dem Charakter als auch dem Genre angemessen ist. Wer keine Western mag, sollte diesem Film fernbleiben. Hier gibt es weite Prärielandschaften, wilde Schießereien und schrullige Charaktere – ganz so wie es sich für den Wilden Westen gehört. Dabei wird die Zeit der Erschließung und Besiedlung Amerikas nicht glorifiziert und es wird nicht romantisiert. Das Leben in der Wüste ist staubig und das sieht man. Zusätzlich werden die Konflikte mit den Indianern, deren Enteignung und deren verzweifelter Kampf thematisiert – nicht aufdringlich aber auch nicht beschönigend. Nicht nur der Lone Ranger muss erkennen, dass die Trennung zwischen Zivilisierten und Wilden oft nicht da verläuft, wo man sie zuerst vermuten mag. Die Kämpfe und Schießereien werden vergleichsweise brutal dargestellt, schließlich geht es nicht um Kinder, die ihre ausgestreckten Zeigefinger als Pistolenersatz aufeinander richten. Bis er seine Rolle als Held, als der letzte Ranger der für die Einhhaltung der Gesetze sorgt, findet, wird John Reid mit etlichen Problemen seiner Zeit konfrontiert. Das Heldentum kommt freilich nicht zu kurz. Geschickt wechseln sich erste Themen mit hinreißenden Gags ab.

Sehr gut gefiel mir die gewählte Erzählstruktur. Die Haupthandlung wird in eine kleine aber feine Rahmenhandlung eingebettet, in der ein alter Tonto seine Geschichte einem kleinen Fan des Lone Ranger erzählt – zu der Zeit, als die Abenteuer des ungleichen Duos das erste Mal im Radio zu hören waren. Das Gespräch zwischen den beiden wird dynamisch eingesetzt, um die Hauptstory zu beschleunigen. Dinge, die man dem Zuschauer nicht in epischer Breiter zeigen muss, die sich jeder denken kann, werden ausgelassen. Das führt dazu, dass die Präsentation noch schwungvoller wird.

Armie Hammer spielt seine erste große Hauptrolle als John Reid mit sichtlicher Freude. Der Charakter des Lone Ranger passt nicht nur äußerlich gut zu ihm. Johnny Depp liefert eine ganz eigene Interpretation des Tonto ab. Sein Make-up wurde inspiriert von dem Gemälde „I am Crow“ von Kirby Sattler. Die starke Kriegsbemalung mag für Lone-Ranger-Fans zuerst befremdlich wirken, Johnny Depp nutzt sie allerdings meisterlich um seinem Tonto trotz aller Sympathie immer etwas Unberechenbares zu verleihen. Das Team aus Lone Ranger und Tonto harmoniert vortrefflich und wenn die beiden miteinander diskutieren, hört man sehr oft lautes Lachen im Kinosaal. Unterstützung erhalten die Helden von Helena Bonham Carter als Red Harrington, eine resolute Puffmutter mit Holzbein, die sich zu wehren weiß. Außergewöhnliche Rollen stehen Frau Bonham Carter einfach am besten und ich genoss, wie so oft, ihre Anwesenheit auf der Leinwand sehr. Mut zur äußeren wie innerliche Hässlichkeit beweist Willian Fichtner, der in seiner Schurkenrolle als Butch Cavendish aufgeht. Alle Herzen erobert dagegen der tierische Begleiter des Lone Ranger, ein Pferd namens Silver, das für seine Rolle noch nicht einmal umbenannt werden musste.

Bei der musikalischen Untermalung beweist Hans Zimmer ein weiteres Mal sein Talent für passgenaue und bombastische Soundtracks. Analog zur Geschichte startet die Musik langsam und mit typischen Westernsounds und wenn zum großen Finale die Wilhelm-Tell-Ouvertüre von Rossini – schon immer das Titellied des Lone Ranger – virtuos variiert wird, hüpft das Fanherz höher.

Gore Verbinski packt in The Lone Ranger alles hinein was in einen echten Lone-Ranger-Film gehört und beweist Mut indem er historische Themen zwar mit jeder Menge Slapstick-Humor versieht, jedoch die ernsten Untertöne immer mitspielen lässt. Der Abspann wirkt wie ein Abgesang auf den guten, alten Western. Vielleicht möchte der Regisseur damit sagen, dass dieser Film womöglich einer der letzten seiner Art sein könnte. Ich hoffe das nicht – auch wenn The Lone Ranger nicht den nötigen finanziellen Erfolg hat.

Wo und wie die Macher das Budget für The Lone Ranger verwendet haben und wie hoch dieses war, ist mir egal. Ich wollte einen Film sehen, der der Figur und dem Genre treu bleibt, der an den richtigen Stellen mit waghalsigen Stunts und stimmigen Spezialeffekten aufgepeppt wird und der vor allem eines: der mich unterhält. Das hat The Lone Ranger auf jeden Fall geschafft. Ich sage nur noch ein Wort: Killerkarnickel!

Die Konsequenzen, die Disney zieht, die Tatsache, dass für den nächsten Teil von „Pirates of the Caribbean“ ein geringeres Budget zur Verfügung gestellt werden soll, sehe ich übrigens unkritisch, denn ich traue es dem Team um Gore Verbinski und Johnny Depp zu, dass sie auch mit weniger Budget nach wie vor gute und unterhaltsame Filme machen können.

Wenn der Lone Ranger auf Silver aufsteigt und zum Abschied „Hi-Yo Silver! Away!“ ruft, winke ich ihm fröhlich hinterher.

Die Geister, die sie jagten

Während Fans der gepflegten Geisterjagd seit Jahren auf einen neuen Film mit den Ghostbusters warten – und wohl leider auch noch eine Weile warten werden – müssen sich in James Wans neuem Film Conjuring – Die Heimsuchung ganz andere Geisterjäger einer übernatürlichen Bedrohung stellen. Die gut gemachten Trailer versprachen einen klassischen Geisterfilm mit Gänsehautgarantie und außerdem sind kalte Schauer jeglicher Art im Sommer etwas Verlockendes. Gründe genug dafür, dass ich mir diesen Film im Kino nicht entgehen lassen konnte.

Conjuring – Die Heimsuchung erzählt eine Geisterhausgeschichte, wie sie typischer für das gute, alte und seit einiger Zeit fast in Vergessenheit geratene Genre nicht sein könnte. Es ist das Jahr 1971. Die Familie Perron hat ein altes Farmhaus auf dem Land erworben und möchte sich dort, nach finanziellen Problemen in der Vergangenheit, ein neues Leben aufbauen. Kurz nach dem Einzug müssen die neuen Bewohner jedoch feststellen, dass sie in ihrem Domizil nicht allein sind. Dunkle Mächte haben sich dort versammelt und beginnen – sowohl mit den Eltern, als auch mit den 5 Töchtern – des Nachts immer üblere Spiele zu spielen. Was als Geisterschabernack beginnt, wächst sich innerhalb kürzester Zeit zu einer waschechten Bedrohung für Leib und Leben aus. Als Mutter Carolyn nicht mehr weiter weiß, geht sie auf die Geisterjäger Ed und Lorraine Warren zu und bittet diese verzweifelt um Hilfe. Die Warrens haben auf ihren Reisen durch die USA, immer auf der Suche nach dem Übernatürlichen, schon viel gesehen und schon etliche Geister und Dämonen besiegt. Auf ihrem Gebiet sind sie Experten, die ihre Erfahrungen mit der Öffentlichkeit in Vorträgen, Interviews und Berichten teilen. Was sie in dem alten Haus erwartet, übersteigt die Erwartungen der Spezialisten, die nach ihrer Ankunft am Ort der Geschehnisse schnell erkennen, dass sie nicht nur der Perrons wegen den Kampf gegen das Böse aufnehmen müssen. Die Geister, die sie bisher jagten, waren nichts im Vergleich zu denen, die das renovierungsbedürftige Haus der gepeinigten Familie bewohnen.

Regisseur James Wan bewies schon im Jahr 2004 mit Saw (Link zu IMDB), dem Film, der ihm zum Durchbruch verhalf, dass er ein außergewöhnliches Gespür dafür hat, das Erzähltempo zu variieren, Gänsehautatmosphäre aufzubauen und Schockmomente gezielt zu platzieren. Conjuring – Die Heimsuchung ist zwar weder von der Machart noch vom Subgenre her vergleichbar mit „Saw“, zeigt allerdings ebenfalls, dass Wan es versteht, durch das Medium Film eine unglaublich beklemmende Stimmung zu transportieren. Mit seinem neuesten Werk erbringt er den ultimativen Beweis dafür, dass es auch mit sehr reduzierten Stilmitteln nach wie vor möglich ist, die Zuschauer das Fürchten zu lehren. Geister brauchen nicht notwendigerweise einen Bombastsoundtrack und ein Spezialeffektgewitter, um ihre gruselige Wirkung zu entfalten. „Back to the roots“ ist das Grundthema, das bei Conjuring – Die Heimsuchung von der ersten Sekunde an mitschwingt. Von der Ausstattung des Geisterhauses über die Geschichte bis zur Bildkomposition merkt man dem Film an, dass die Macher sehr viel Mühe in seine Entstehung investiert haben. Der Retro-Gedanke ist im positiven Sinne allgegenwärtig.

Conjuring – Die Heimsuchung ist ein sehr ruhiger Horrorfilm, der sich größtenteils auf seine Atmosphäre verlässt. Wer viel und blutige Geisteraction erwartet, wird enttäuscht werden. Gegen Ende nimmt das Ganze durchaus noch einmal Fahrt auf, dies betrifft aber in der Summe die wenigste Zeit des Films. Davor wird langsam und bedächtig, teilweise für meine Begriffe etwas zu schleppend, erzählt. An der einen oder anderen Stelle hätte der Spuk ruhig noch etwas ausgeprägter, sogar drastischer, dargestellt werden können. So entstehen doch einige spürbare Längen, die Potenzial für zusätzliche Schockmomente geboten hätten. Auch hätte das Finale meiner Meinung nach ruhig etwas heftiger ausfallen können – gar nicht im Bezug auf Gore-Effekte, sondern vielmehr im Hinblick auf eine größere Entladung der aufgebauten Spannung. Im letzten Viertel des Films wird, im Gegensatz zu seinem Rest, mit vielen vorher ungenutzten Elementen experimentiert. Es gibt buchstäblich schwindelerregende Kamerafahrten, die ich absolut großartig fand, die von großem Einfallsreichtum zeugen und die mich fast vor Freude jubeln ließen. Die Schauspieler dürfen noch einmal richtig aus sich herausgehen. Aufgrund der in weiten Teilen zelebrierten Langsamkeit wirkt all das jedoch wie der sprichwörtliche Tropfen auf dem heißen Stein.

Im Nachhinein entpuppt sich leider auch die Geschichte als ein sehr gewolltes Konstrukt mit vielen gedanklichen Stolperfallen. Nicht die regelmäßigen Hinweise darauf, dass das Gezeigte auf einer wahren Begebenheit basiert, störten mich. Vorlagen und reale Ereignisse werden in Filmen regelmäßig zurechtgebogen. Das ist bis zu einem gewissen Grad auch legitim, vor allem dort wo viel Fantasie ins Spiel kommt. Die Story von Conjuring – Die Heimsuchung ist in sich und innerhalb ihrer eigenen Gegebenheiten, also den selbst auferlegten Rahmenbedingungen, nicht schlüssig und wirkte auf mich zu schnell zusammengeschustert, insbesondere das Ende. In meinem Hirn rotierten beim Verlasen des Kinosaals einfach zu viele Fragen, die im Laufe des Films erst aufgeworfen, dann aber nicht konsequent genug beantwortet wurden. Ich habe nichts gegen ein paar offene Enden, die zum Weiterdenken anregen, zu viele Widersprüchlichkeiten sind allerdings zu vermeiden. Darüber hinaus fühlte ich mich vom zweiten Trailer zum Film belogen, in dem prominent in Texteinblendungen gesagt wird, worum es bei Conjuring – Die Heimsuchung angeblich NICHT geht. Durch diesen hatte ich als Auflösung etwas Anderes, etwas Neues, erwartet.

Der beste Schauspieler in Conjuring – Die Heimsuchung ist in meinen Augen übrigens Hund Dusty. Das Tier spielt seine – leider sehr kurze – Rolle als Sadie, Familienhund der Perrons, einfach hinreißend. An seine Darbietung kann keiner der anderen Beteiligten heranreichen. Die Geisterjäger werden verkörpert von Patrick Wilson als Ed Warren und Vera Farmiga als Lorraine Warren. Positiv ist zu bemerken, dass Lorraine zwar als medial veranlagt aber gleichzeitig als nervenstark, also nicht zu zerbrechlich, dargestellt wird. So wird es glaubhaft, dass die Experten für Geister und Dämonen gut als Team funktionieren. Innerhalb der Familie Perron übernimmt Lili Taylor als Mutter Carolyn die stärkste Rolle. Die Veränderungen, die sie während des Films durchmacht, spielt sie überzeugend. Ron Livingston als Roger Perron geht etwas im Geschehen unter. Dafür ist die schauspielerische Leistung der Akteurinnen, die die fünf Töchter spielen, nicht zu verachten. Positiv fiel mir insbesondere Joey King als Christine Perron auf, die die Zuschauer Angst und Schrecken intensiv mitfühlen lässt.

Conjuring – Die Heimsuchung ist ein atmosphärisch dichter Horrorfilm, der durch seine klassische Machart und mit viel Liebe zum Detail bei der Inszenierung punkten kann. Das volle Potenzial der Geschichte wurde meiner Meinung nach nicht ausgeschöpft, was dazu führt, dass Längen als solche deutlich wahrgenommen werden. Wer Lust auf gut gemachtes Retro-Gruseln hat – oder wer auf der Suche nach Ideen für fiese Streiche ist, die er seinen Mitmenschen in der Nacht spielen kann – für den ist dieser Film trotzdem die richtige Wahl.

Und es hat Snikt gemacht

Comicfiguren gibt es viele. Zahllose Helden und Schurken bevölkern die bunten Seiten der Superheldencomics. Wenn es dann gar um ganze Teams geht, schwirrt so manchem, der sich nicht intensiv und regelmäßig mit der Materie befasst, der Kopf. Aufgrund der vielen Comicverfilmungen, die seit über 10 Jahren verstärkt über die Kinoleinwände flimmern, sind immer mehr Menschen mit verschiedenen Figuren vertraut. Die Mutantentruppe der X-Men (Link zu IMDB) hat es – dank sorgfältig ausgewählter Besetzung und grandioser Inszenierung durch Regisseur Bryan Singer – innerhalb des sich kontinuierlich verstärkenden Superhelden-Booms recht früh geschafft, ihren Weg ins Kino zu finden. Zu den bekanntesten X-Men gehört zweifelsfrei der mit Adamantiumklauen und Selbstheilungskräften ausgestattete Wolverine. Ob durch Comic oder Film veranlasst, hat er mit seiner direkten Art und coolen Sprüchen nicht nur mein Herz erobert, sondern das vieler Fans. Er ist mein Lieblings-X-Man, seit ich die Geschichten der mutigen Mutanten verfolge. Nun kehrt er in Wolverine: Der Weg des Kriegers (The Wolverine) in seinem zweiten Soloabenteuer auf die Leinwand zurück.

Die Geschichte von Wolverine: Der Weg des Kriegers spielt nach dem dritten X-Men-Film aus dem Jahr 2006, X-Men: Der letzte Widerstand (X-Men: The Last Stand, Link zu IMDB). Nach den dramatischen Ereignissen um die nahezu unaufhaltsame Phoenix-Kraft, im Zuge derer er gezwungen war seine X-Kollegin Jean Grey zu töten, hat Logan seine Wolverine-Identität an den Nagel gehängt und sich komplett aus der Welt zurückgezogen. Mitten in der Wildnis lebt er zwischen Grizzlybären und wird regelmäßig von Albträumen heimgesucht. Zu groß war seine Liebe zu Jean, zu groß sind die ihn quälenden Schuldgefühle. Eines Tages wird der Einsiedler von den Japanerin Yukio aufgesucht, die ihn bittet, sie in ihre Heimat zu begleiten. Er willigt widerstrebend ein und trifft daraufhin in Tokyo einen sehr alten Bekannten wieder, dem der grimmige Mutant mit dem großen Herzen einst im Pazifikkrieg das Leben rettete. Für Wolverine folgt ein actionreiches Abenteuer im Land der aufgehenden Sonne, bei dem er nicht nur auf jede Menge neuer Gegner – wie die Ninjas der Organisation „Black Hand“ – trifft, sondern sich auch mit seinem Wesen, seiner Vergangenheit und seiner Zukunft auseinandersetzen muss. Um den Kampf gewinnen zu können muss der Mutant mit den markanten Klauen nicht nur sich selbst, sondern auch einen Weg finden sein Herz für eine neue Liebe zu öffnen.

Als Basis für die Story von Wolverine: Der Weg des Kriegers dient die Comic-Miniserie aus dem Jahr 1982 mit dem schlichten Titel „Wolverine“, geschrieben von Chris Claremont und gezeichnet von Comiclegende Frank Miller. Diese berühmte „Japan-Episode“ bildete gleichzeitig den Start für weitere Solo-Abenteuer mit dem damals braun-gelb gekleideten Helden und machte Wolverine zu einem der beliebtesten Marvel-Mutanten. Wer sich für das „Original“ interessiert, der kann dieses in einer aktuellen deutschen Neuauflage von Panini Comics erstehen (Link zum Comic auf der Webseite des Verlages). Die Geschichte des Films basiert nur lose auf der Vorlage, die sich zwar auf Wolverine konzentriert, zum Ende hin aber weitere X-Men involviert. Mariko war Wolverine im Comic schon aus seinen Abenteuern mit den X-Men bekannt, währen denen er sich in die schöne Japanerin verliebte. Diese zwei Details zeigen bereits, dass eine Eins-zu-eins-Adaption der Comicvorlage im bestehenden Marvel-Filmuniversum quasi unmöglich war.

Viel wurde verändert und umgeschrieben. Wolverine: Der Weg des Kriegers unterscheidet sich an allen Ecken und Enden von seiner Vorlage. Da ich jeglichen Unterschieden zum Trotz der Meinung bin, dass es sich um einen sehr guten und unterhaltsamen Film handelt, möchte ich gar nicht alles im Detail analysieren. Ich untersage mir dies quasi selbst. Am wichtigsten bei Comicverfilmungen ist es mir, dass die wesentlichen Merkmale der einzelnen Charaktere erhalten bleiben und das ist bei Wolverine: Der Weg des Kriegers der Fall, sogar mehr als im ersten Leinwand-Alleingang des einzelgängerischen X-Man aus dem Jahr 2009, X-Men Origins: Wolverine (Link zu IMDB). Das Einzige, was mir wirklich stört, sind die ständigen Gedankenexperimente mit Jean Grey, die dazu führen, dass die rothaarige Telekinetikerin und Telepthin nach wie vor als größte Liebe im Leben von Wolverine verbleibt. Zusätzlich wird dem Film dadurch viel Eigenständigkeit geraubt. Gerade im Hinblick auf die kommenden Mutantenabenteuer im Marvel-Filmuniversum, wäre eine konsequente Umsetzung des Urkonzeptes, einen Film zu schaffen, den auch Zuschauer vollständig verstehen können, die noch neu in Wolverines Welt sind, in meinen Augen etwas sinnvoller gewesen. Dadurch dass Wolverine sich ständig mit Jean beschäftigt, gibt es kaum Raum für die Entwicklung einer Liebe zwischen dem klauenbewehrten Mutanten und Mariko, die nur annähernd der besonderen Beziehung der beiden zueinander in den Comics gleicht. Die Macher haben den Fokus in meinen Augen etwas zu sehr auf die Vergangenheit und zu wenig auf die Zukunft gerichtet. Das ist für all jene, die wie ich große Fans der X-Men-Filme mit Patrick Steward als Professor X sind, leicht zu verschmerzen, zumal die Geschichte in Zukunft fortgeführt wird. Nur Quereinsteiger haben es schwer.

Ich möchte an dieser Stelle noch einmal betonen, dass ich Wolverine: Der Weg des Kriegers trotz der aufgeführten Schwächen sehr genossen habe. Nie war Wolverine seinem gezeichneten Vorbild näher als in diesem Film. Nie wurden seine animalische Art, seine inneren Konflikte und die Tatsache, dass er sich als Einzelgänger wohler als in jedem Team fühlt, besser verdeutlicht. Außerdem gibt es viele Szenen – wie den Kampf gegen eine ganze Horde Ninjas in einem Dorf – die herrlich nahe an der Comicvorlage sind und beim Zuschauen mein Herz hüpfen lassen. Regisseur James Mangold beweist mit diesem Werk erneut seine Vielseitigkeit und dass er auch im anspruchsvollen Metier der Comicverfilmungen, beobachtet von Fans mit Argusaugen, gut aufgehoben ist.

Bei der Besetzung leistet allen voran Hugh Jackman als Wolverine wieder einmal großartige Arbeit in seiner Paraderolle. Der Australier IST Wolverine, er lebt und atmet die Figur des grimmigen Eigenbrötlers mit jeder Faser seines gestählten Körpers. In Wolverine: Der Weg des Kriegers bekommt er endlich die Gelegenheit den Charakter eigenständig weiterzuentwickeln und zu vertiefen. Ich kann mir nach wie vor keinen Anderen und keinen Besseren für diese Rolle vorstellen. Tao Okamoto spielt ihre Version der attraktiven Mariko Yashida mit vornehmer Zurückhaltung. Da der Film den Fokus klar auf Wolverine legt, ist dies verständlich, allerdings hätte ein energischerer weiblicher Gegenpart – vor allem in Anbetracht der dominanten Präsenz von Famke Janssen als Jean Grey – nicht geschadet. So schafft es Rila Fukushima als Yukio mühelos und verdient diese Funktion zu übernehmen, was wiederum dazu beiträgt, dass die Bedeutung der Beziehung zwischen Wolverine und Mariko leidet. Nicht überzeugen konnte mich Svetlana Khodchenkova, die als giftspeiende Mutantin Viper mehr bemüht als überzeugend wirkt. Der Rest der Schauspieler wurde gut gecastet, allerdings sticht keiner durch sein Talent wirklich aus der Masse heraus.

Wolverine: Der Weg des Kriegers ist für alle Mutantenfans einen Gang ins gut klimatisierte Kino wert – auch in 3D – und wer den Kinosaal nicht sofort beim Start des Abspanns verlässt, wird sogar mit einem kleinen Teaser auf die kommenden Ereignisse im Mutantenstadel des Marvel-Filmuniversums belohnt. Ich hoffe auf viele weitere X-Men-Filme mit Hugh Jackman als Woverine und freue mich schon jetzt auf die ungeschnittene und blutigere Version von Wolverine: Der Weg des Kriegers auf Blu-ray, die den Film zumindest auf der Actionebene sicherlich noch etwas näher an die Comicvorlage rücken wird.

Auf das 2014 bevorstehende Crossover-Filmabenteuer der Ur-Film-X-Men und ihrer jüngeren Versionen aus X-Men: Erste Entscheidung (X-Men: First Class, Link zu IMDB) blicke ich nicht ohne Sorgenfalten im Gesicht. Mein Herz schlägt für die älteren X-Men und ich möchte nicht, dass sie von James McAvoy und Konsorten abgelöst werden. „X-Men: Erste Entscheidung“ hat mir nicht gefallen. Mein Professor X ist „Captain Picard“. Mir bleibt deshalb nichts anderes übrig, als auf Bryan Singer zu vertrauen und zu hoffen, dass er die epische Comic-Storyline „Days of Future Past“ congenial auf die Leinwand bringen wird. Immerhin wird Wolverine wieder dabei sein.

Für alle, die Wolverines markantes Soundword aus der Überschrift nicht kennen, hier der erklärende Link zum Urban Dictionary.

Wo Zorn und Rache heiraten …

… da wird die Grausamkeit geboren. Dieses russische Sprichwort enthält viel Wahrheit und kann stellvertretend für das Grundthema von Nicolas Winding Refns neuem Filmkunstwerk Only God Forgives stehen. Der dänische Autor und Regisseur gehört für mich zweifelsfrei zu den talentiertesten Personen im aktuellen Filmgeschäft. Sein letztes Werk, Drive (Link zu IMDB), erhielt verdientermaßen viele Nominierungen und Auszeichnungen und frenetischen Beifall von Seiten der Kritiker. Ganz im Gegensatz dazu spaltete Only God Forgives schon bei seiner ersten Aufführung bei den diesjährigen Filmfestspielen in Cannes die Zuschauer. Die einen jubelten, andere äußerten sich gar in Form von Buhrufen. Mich machten die geteilten Meinungen nur noch neugieriger und so habe ich keine Mühen gescheut, um mir Only God Forgives schon am Startwochenende anzusehen. Angesichts der Masse an bereits angelaufenen und noch bevorstehenden Sommerblockbustern war es gar nicht so einfach, ein Kino zu finden, das dieses Arthouse-Meisterwerk in sein Programm aufgenommen hatte. So unternahm ich also einen Ausflug nach Offenbach, der sich lohnte.

In Only God Forgives erzählt Nicolas Winding Refn die Geschichte des Drogendealers, Julian Thompson, der mit seinem Bruder Billy einen Fight Club in Bangkok besitzt. Dieser dient gleichzeitig als Fasade für ihre Geschäfte. Billy ist ein extrem gewalttätiger und triebgesteuerter Charakter. Eines Nachts vergewaltigt und tötet er auf abscheuliche Weise eine minderjährige Prostituierte. Seine Rechnung hat er dabei ohne den nicht minder gewaltbereiten Polizeichef Chang gemacht, der dem Vater des Mädchens kurzerhand erlaubt, Billy für seine Tat zu bestrafen und zu töten. Der Tod seines Bruders ruft Julians herrschsüchtige Mutter Cystal auf den Plan, die nach blutiger Rache sinnt. Es entbrennt eine Spirale der Gewalt, in deren Verlauf Julian die Bedeutung des eingangs genannten Sprichwortes nur allzu klar wird.

Only God Forgives ist ein schwerer und brutaler Rachethriller. Zartbesaitete Gemüter sollten definitiv Abstand nehmen. Auch wer eine Fortsetzung von oder etwas Ähnliches wie „Drive“ erwartet, wird enttäuscht werden. Ich bin mir ziemlich sicher, dass derartige Enttäuschungen für die Schmährufe in Cannes verantwortlich waren. Wer allerdings bereit ist, sich auf einen Film einzulassen, der seine Geschichte schonungslos erzählt und in visuell grandiosen aber expliziten Bildern malt, der erlebt intensives Autorenkino der Extraklasse.

Nicolas Winding Refn versteht es wie kaum ein anderer Bild und Ton zu einer untrennbaren Einheit zu verbinden, deren Wucht den Zuschauer in den Kinosessel drückt, selbst wenn der Klang bisweilen zart daherkommt und wenige Worte fallen. Seine erfolgreiche Zusammenarbeit mit Komponist Cliff Martinez setzt er fort. Der Autor und Regisseur erzählt seine düstere Story kompromisslos. Er setzt das um, was sich in seinem Kopf formt und hat auf Nachfrage von Journalisten schon mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass er sich nicht verbiegen lässt. Die Widmung für Alejandro Jodorowksy am Ende des Films bekräftigt diese Aussage. Gerade deswegen bewundere ich ihn: Es ist ihm egal, ob seine Filme massentauglich sind. Only God Forgives ist das sicherlich nicht, aber eben deshalb für jeden, der bereit ist, sich der Materie ohne Vorurteile und ohne bestimmte Erwartungen zu nähern, ein absolut fesselndes Erlebnis.

Aktuelles Geschehen verschmilzt mit Ausblicken auf unvermeidbare Konsequenzen und mit Visionen der Charaktere. Wenn Julian von den Ereignissen in einen Irrgarten aus Entscheidungen und Gewalt getrieben wird, folgt ihm die Kamera vorsichtig durch bedrohlich wirkende Gänge. Er, der sich in seinem Leben die Rolle des Zuschauers zu Eigen gemacht hat, wird manipuliert und gedrängt, bis er verzweifelt dem Weg folgt, auf den andere ihn zerren. Nicolas Winding Refns Version der Unterwelt von Bangkok ist trotz leuchtendem Farbspiel düster und trotz der Schönheit vieler Aufnahmen hässlich. Ich möchte an dieser Stelle absichtlich nicht zu viele Details verraten, denn ich bin der festen Überzeugung, dass der Film seine Wirkung nur dann komplett entfalten kann, wenn man nicht zu viel weiß. Only God Forgives ist in meinen Augen ein vielschichtiges Meisterwerk, das gerade durch seine im Gegensatz zu „normalen“ Thrillern lose Erzählstruktur überzeugt. Der Macher lässt seine Zuschauer am Ende mit mehr Fragen als Antworten zurück und verlangt ihnen dadurch quasi Mitarbeit im Geiste ab. Welche Denkansätze der Einzelne für sich am Ende verfolgt, wie er vieles von dem Gesehenen interpretiert, bleibt jedem selbst überlassen. Es gibt kein Richtig. Es gibt kein Falsch.

Der Film lebt nicht allein durch die Machart. Nicolas Winding Refn hat ein einzigartiges Gespür dafür, seine Darsteller zu Höchstleistungen zu treiben, sie ganz ihren individuellen Fähigkeiten nach in das Gesamtkonzept einzubauen. Ryan Gosling beweist in der Rolle des Julian erneut sein außergewöhnliches Talent, mit minimalen Mitteln maximale Ausdrucksstärke zu transportieren. Man muss seine Mimik sehr genau beobachten, denn nur wenn man das tut, wird einem die Genialität des Dargebotenen bewusst. Kein anderer Schauspieler kann innere Konflikte kongenial darstellen, von denen Julian einige auszufechten hat. Die eiskalte Mutter wird überzeugend und eindringlich verkörpert von Kristin Scott Thomas, die unter der Hand des Regisseurs zu Bestform aufläuft. Dank ihr wirkt die absolut unmütterliche und manipulative Crystal, die mehr einem Dämon denn einer Bezugsperson in Julians Leben gleicht, trotz aller Härte glaubwürdig und nicht aufgesetzt, was bei einem solchen Charakter eine wirklich große schauspielerische Leistung ist. Tom Burke hat als Billy nur einen relativ kurzen Auftritt, schafft es aber selbst in der kurzen Zeit die Abgründe von Julians Bruder aufzuzeigen. Über allem schwebt Vithaya Pansringarm als Racheengel Chang, der seine ganz eigenen Vorstellungen von Recht und Gesetz brutal durchsetzt mit dem Kurzschwert Urteile vollstreckt. Seine Rolle spielt er absolut bestechend und zeigt gerade bei den Wechseln von Familienvater zu Polizeichef zu Richter und Henker in einer Person die ganze Widersprüchlichkeit des Charakters. Darüber hinaus kann er mit seinem Gesang beeindrucken.

Only God Forgives ist kein leicht verdauliches Werk. Es ist eine Geschichte über Rache, Manipulation, Macht, Dominanz, Recht und Gerechtigkeit, in deren Verlauf trotz aller Brutalität etliche Fragen aufgeworfen werden, die sich viele Zuschauer selbst schon einmal gestellt haben werden. Vielleicht ist es gerade das Gefühl ertappt worden zu sein, vorgeführt zu werden und die möglichen Konsequenzen von gewissen Gedankengängen vorgeführt zu bekommen, die Ursache dafür, dass der Film bei manch einem Empörung hervorruft. Ich kann mich nur ein weiteres Mal vor der Genialität von Nicolas Winding Refn verneigen und mir viele weitere Filme von ihm wünschen – jeder neu und anders, keiner ein Abklatsch von den bisherigen. Wer Arthouse-Kino mag und bereit für eine fiebrige, albtraumhafte Vision der besonderen Art und für ein bisschen Stoff zum Nachdenken ist, der sollte sich Only God Forgives nicht entgehen lassen.

Monstrum et Machina

Es gibt kaum eine Zukunftsvorstellung, die mehr Autoren, Filmemacher und andere Künstler beschäftigt wie Mechs (oder Mechas, Link zu Wikipedia). Zwar gibt es heute einige Einsatzgebiete, wie die Forstwirtschaft, in denen Laufroboter zum Einsatz kommen, allerdings sind die in keinster Form von menschenähnlicher Gestalt. In der Science-Fiction sind aber gerade die Maschinen und Maschinenwesen am faszinierendsten, deren Schöpfer ihnen wesentliche Merkmale ihrer selbst übertragen haben. Mechs kommen in den verschiedensten Medien vor und Vorstellungen darüber, wie man sie kontrollieren kann, gibt es viele – querbeet durch alle Länder und Kulturen.

Insbesondere in den Welten von japanischen Mangas und Animes tummeln sich mannigfaltige Visionen von Mechs. Meine persönlichen Favoriten sind die riesigen EVA-Roboter aus Neon Genesis Evangelion (kurz: NGE, Link zu Wikipedia). Dieses Universum mit seiner dramatischen Story und unglaublich vielschichtigen Charakteren, fasziniert mich ungemein. Von Menschen gesteuerte, riesige Kampfmaschinen, die gegen ebenso gigantische Monster kämpfen um die Welt zu retten – ein Grundgerüst, das in einem Satz zusammengefasst werden kann, das jedoch viel komplexer ist, als man annehmen kann. Wer den Stilmitteln japanischer Comickunst nicht abgeneigt ist und die Welt von NGE nicht kennt, dem kann ich sowohl Manga wie auch Animes ans Herz legen.

Apropos japanische Filme und Monster. Bei diesen Stichworten denk wohl jeder sofort an den König der Monster: Godzilla. Der Monsterfilm hat in Japan Tradition und wer sich etwas tiefer mit der Materie befasst, wird schnell erkennen, dass Godzilla nicht das einzige Riesenmonster (japanisch Kaiju, Link zu Wikipedia) ist. Was passiert, wenn Kaijus sich gegenseitig beharken, war schon Gegenstand diverser Filme. Aber was passiert, wenn man Kajus gegen Mechs antreten lässt? Diese Frage hat sich wohl auch Regisseur Guillermo del Toro gestellt, als die Idee für Pacific Rim entstand. Eine Realfilmkombination von Kaiju Eiga (Monsterfilm) und Mechas, funktioniert das? Ja, es funktioniert, prächtig sogar. Das Ergebnis ist ein bombastischer, fantastischer Blockbuster, der die Soundsysteme der Kinosäle in diesem Sommer erzittern lässt.

Auf dem Grund des Pazifiks hat sich ein Riss aufgetan. Dieser Spalt führt nicht ins Erdinnere, sondern in eine andere Welt. Es ist ein Portal, aus dem riesige Kreaturen auf die Erde gelangen. Diese Kaijus sind nicht allein durch ihre Größe gefährlich, sie greifen die Menschheit direkt und ohne Gnade an. In Anbetracht der nicht abreißenden Kaiju-Attacken, hat die Menschheit sämtliche Differenzen beiseite gelegt und sich zusammengeschlossen um gemeinsam neue Waffensysteme zu entwickeln, mit denen man der Lage Herr zu werden versucht. Ergebnis der gemeinsamen Bemühungen sind die Jaeger, riesige Kampfroboter, die von mutigen Piloten gesteuert werden. Um Befehle auf die Maschinen zu übertragen, ist neben technischen Eingabegeräten auch Gedankenkraft vonnöten. Weil die neurale Belastung für einen Menschen alleine zu hoch wäre, stecken in jedem Mech mindestens zwei Piloten, die einen sogenannten Drift vollziehen müssen, bei dem sie ihre Gedanken und Erinnerungen miteinander synchronisieren und zu einer Einheit werden. Die Politiker der Welt werden unruhig ob der Ressourcen, die das Jaeger-Programm verschlingt und planen den Bau einer riesigen Mauer als Alternativplan zur Abwehr der Kaiju. Commander Stacker Pentecost, der an dem Vorhaben der Regierung zweifelt und einen eigenen Plan zur Rettung der Menschheit hat, bleiben mit seinem Team nur wenige Monate, um die Kaiju-Bedrohung ein für alle Mal zu beenden. Er rüstet die verbleibenden Jaeger und ihre Piloten für den finalen Schlag.

Die Welt von Pacific Rim ist eine düstere Zukunftsvision mit einem einzigartigen, comichaften Touch. Charaktere, Monster und Roboter, alles ist ein wenig anders, individuell – außergewöhnlich eben. Ich möchte es nicht „übertrieben“ nennen, denn innerhalb des Universums ist durchaus alles stimmig, auch wenn es einzeln und für sich betrachtet als „over the top“ angenommen werden kann. Zerlegt man das Konzept in seine Bestandteile und klaubt man einzelne Aspekte heraus um sie näher zu analysieren, kommt man zu dem Schluss, dass die Macher das Rad nicht neu erfunden haben. Alles ist irgendwo schon einmal dagewesen. In diesem Fall ist das aber kein Problem, sondern vielmehr ein Merkmal. Guillermo del Toro hat – laut eigenen Angaben in diversen Interviews – dem Fanboy in sich freie Hand gelassen. Er hat all das, was ihm am liebsten ist, genommen und zu etwas Neuem, etwas Großem verwoben. Pacific Rim ist eine im wahrsten Sinne des Wortes gigantische Hommage an Monsterfilme, kombiniert mit einer Mech-Armee, wie man sie vorher noch nie im westlichen Stil und als Realfilm umgesetzt gesehen hat. Die vielen, kleinen, erkennbaren Anspielungen, das immerwährende geradezu wohlige Gefühl des Bekannten zeugen von der großen Sorgfalt, mit der beim Schaffungsprozess recherchiert wurde. Die Widmung des Films an die großen Schöpfer der Monsterfilme, Ray Harryhausen und Ishirô Honda (Links zu Wikipedia), ist nur die logische Konsequenz. Dank grandioser Tricktechnik und geschickt eingesetzten 3D-Effekten wirkt die Welt von Pacific Rim, trotz des möglicherweise für den Mainstream gewagten Ansatzes, greifbar und begreifbar.

Es ist nicht der Fantasie des Regisseurs und Autors geschuldet, dass einige Aspekte des wirklich komplexen Universums auf der Leinwand nicht so detailreich herausgearbeitet werden, wie es ihnen im Grunde gebührt. Das von Guillermo del Toro geschaffene Universum hat so viel mehr erzählerisches Potenzial, als man in 132 Minuten Film packen kann. Es gibt jede Menge interessante Ansatzpunkte, an denen man weiterdenken, sich seine eigenen Geschichten im Kopf spinnen kann. Dass in dieser Welt und ihren Bewohnern mehr schlummert, zeigt schon die Comic-Vorgeschichte, die ich bereits vor Wochen in gieriger Vorfreude verschlang, noch bevor sie bei Cross Cult auf Deutsch erschien (Link zum Comic auf der Webseite des Verlages). Wem der Film gefallen hat oder wer seine Vorfreude noch ein wenig länger auskosten will, der sollte sich dieses Buch nicht entgehen lassen. Im Film beschränkt man sich die meiste Zeit über auf brachiale Action – Metall trifft krachend auf Kaiju. Die Charaktere sind mehr oder weniger Stichwortgeber. Ihre Eigenschaften werden zwar beleuchtet, vor allem die der beiden Piloten des Jaegers namens „Gipsy Danger“, allerdings kommen wegen der schieren Anzahl andere notwendigerweise zu kurz. Ich persönlich würde mich freuen, wenn dies nicht der einzige Ausflug in das faszinierende Universum bliebe. Pacific Rim hat eine Fortführung oder Erweiterung in irgendeiner Form verdient. Comic, Film oder Serie, das ist mir egal.

Neben der Komplexität des Universums kann Pacific Rim durch seinen hervorragenden Soundtrack punkten. Auch bei der musikalischen Untermalung zeigt sich das Herzblut, das die Macher in die Entstehung des gesamten Film gesteckt haben. Ramin Djawadi hat ein markantes Hauptthema geschaffen, das über die gesamte Länge des Films geschickt variiert wird und punktgenau der Story folgend zum Einsatz kommt. Schon lange hat mich kein Score mehr so begeistert, dass ich nach dem Abspann sofort die Musik kaufen wollte.

Hauptakteure des Films sind zweifelsfrei die Kaijus und die von außen betrachteten, abstrahierten Jaeger als Repräsentanten der Menschheit. Szenen wie ein Kampf in einer Häuserschlucht, bei dem ein ganzes Schiff als Schlagwaffe gegen ein Kaiju eingesetzt wird, treiben dem geneigten Monsterfan eine angenehme Gänsehaut auf die Gliedmaßen. Die Menschenebene kommt dennoch nicht zu kurz. Schließlich gibt es die Piloten und ihren strengen Anführer, Stacker Pentecost, gespielt von Idris Elba. Die Rolle des planenden und unnachgiebigen Anführers, der die Truppe von Individualisten zusammenhält, ist keine große Herausforderung für den talentierten Schauspieler. Charlie Hunnam darf als Jaeger-Pilot Raleigh Becket seinen Charme spielen lassen und beweist gleichzeitig, dass er in der Riege der jüngeren Mimen in Hollywood durchaus zu den talentierteren gehört. Gleiches gilt für Rinko Kikuchi, die man sicher in Zukunft auch außerhalb Japans mehr sehen wird. Sie spielt die japanische Pilotin Mako Mori. Positiv aus der Masse stechen außerdem Max Martini als bodenständiger Herc Hansen und die bezaubernde Mana Ashida als junge Version von Mako Mori hervor. Charlie Day und Burn Gorman genießen ihre Rollen als schräge Wissenschaftler sichtlich und Ron Perlman brilliert als zwielichtiger Schwarzmarkthändler Hannibal Chau. Der Rest geht leider im Monstertumult aus oben genannten Gründen etwas unter.

Wochen und Monate habe ich mich auf diesen Film gefreut, habe jeden Informationsschnipsel aufgesogen. Das lange Warten auf Pacific Rim hat sich aus meiner Sich auf jeden Fall gelohnt. Ich habe jede Minute der gigantischen Monsterschlacht genossen. Dieser Film lohnt sich für jeden, der gut gemachte Science-Fiction-Action zu schätzen weiß und bereit ist, auch einen gedanklichen Blick hinter die sehenswerte Fassade zu werfen. Wie beim Blick aus dem Flugzeug, stellt sich manches nach der Landung als weniger flach heraus, als man aus der puren Draufsicht denken mag.

Von fleißigen Magiern und faulen Tricks

Zauberkünstler und ihre Darbietungen faszinieren mich seit ich mich erinnern kann. Kein Clown der Welt konnte jemals eine ähnliche Anziehungskraft auf mich ausüben – mit Ausnahme von Pennywise und der beschränkt sich nicht auf den primären Wirkungsbereich von Clowns, an den ich im Zusammenhang mit Shows denke. Es war schon immer das scheinbar Übermenschliche, das mein Interesse weckte. So genoss ich – nachdem ich nur wenige Jahre auf der Welt war – die Shows des berühmten Mr. Cox (Link zu Wikipedia), der in den Achtzigerjahren auf der Showbühne im Hansapark in Sierksdorf an der Ostsee (Link zur Homepage des Parks) unglaubliche und aufwändige Illusionen vorführte. Dass der gute Mann ein wirklich großer seiner Zunft war – inzwischen ist er leider verstorben – begriff ich bereits im Kindesalter, spätestens als er bei „Wetten, dass ..?“ im Fernsehen auftrat. Ich erinnere mich noch heute gut und gerne an einen Trick, bei dem er kopfüber in einem Wassertank versenkt wurde und Sekunden später mit dem Motorrad die Treppe im Zuschauerraum heruntergefahren kam. Als Kind klappte mir vor Erstaunen glatt der Unterkiefer herunter.

Freizeitparks, Zirkusse, Feste – meine Eltern unternahmen viele schöne Dinge mit mir und wenn am Ausflugsort ein Zaubershow stattfand, wurde diese sofort in die Planung eingebaut und besucht. Angesichts dessen verwundert es sicher nicht, dass ich mich selbst schon früh an einigen Tricks aus dem Zauberkasten versuchte. Eine Hand voll kleiner Illusionen kann ich mit ein bisschen Übung immer noch vollführen. Diese beschränken sich allerdings auf Karten und Kordeltricks.

Meine Faszination für Zauberkünstler hat bis heute nicht gelitten. In der Zwischenzeit habe ich viele Shows und Fernsehsendungen gesehen, mit Zauberern und Solchen, die Magier und ihre Trick entlarven. Obwohl ich allerhand Erklärungen gehört und gesehen habe, lasse ich mich gerne in die Welt der Illusionen entführen. Normalerweise mag ich es gar nicht, an der Nase herumgeführt zu werden. Die Einzigen, von denen ich mich gerne hinters Licht führen lasse, sind und bleiben Magier.

Nachdem mit Now You See Me nun ein Film über Zauberer ins Kino kam, war ich schnell neugierig. Zwar entgingen mir mit einem Auge und einem Ohr die mäßigen Kritiken im Vorfeld nicht, abhalten ließ ich mich davon allerdings nicht. Meine Erwartungen an den Film waren – trotz meiner Begeisterung für Zauberer – zugegebenermaßen nicht besonders groß und detailliert. Ich wollte einfach unterhalten werden, brauchte ich doch eigentlich „nur“ einen Film um die Lücke zwischen dem hinreißenden Ich – Einfach unverbesserlich 2 und der bevorstehenden Mega-Kinowoche mit Pacific Rim und Only God Forgives (Links zu IMDB) zu schließen. Was ich sah, hat meine Erwartungen um einiges übertroffen und das geboten, was eine jede gute Zaubershow den Zuschauern bieten sollte: gute Unterhaltung.

Now You See Me erzählt die Geschichte von vier anfangs nur mäßig erfolgreichen Zauberern, die auf geheimnisvolle Weise zusammengeführt werden um gemeinsam in den Zauberolymp aufzusteigen. Die Auftritte der „Vier Reiter“, wie sie sich als Truppe bezeichnen, übertreffen alles bisher Dagewesene. Als sie während einer Show in Las Vegas eine Bank in Paris ausrauben und das Geld an die Zuschauer verteilen, haben sie nicht nur die Aufmerksamkeit des gesamten Publikums sicher, sondern ziehen auch die Blicke des FBI sowie des Zauberkritikers Thaddeus Bradley auf sich. Letzterer will die faulen Tricks der fleißigen Magier um jeden Preis enthüllen. Es beginnt ein rasanter Wettlauf auf der Suche nach der Wahrheit, nach den Erklärungen für die Illusionen, nach den Magiern und nach deren Plan, in dessen Verlauf mehrere Personen erkennen müssen, dass man seinen Augen nicht immer trauen kann.

Die Story von Now You See Me klingt im ersten Moment simpler und einfallsloser, als sie am Ende tatsächlich ist. Die Autoren können mit dem einen oder anderen Plottwist aufwarten und sorgen dafür, dass die Gehirne der Zuschauer den gesamten Film über nicht ermüden. In Verbindung mit dem aus seinen Transporter-Filmen bekannten dynamischen Erzählstil von Regisseur Louis Leterrier ergibt sich ein kurzweiliger Film, der für 116 Minuten gute Kinounterhaltung bietet und der dank gezielt eingesetzter Tricktechnik auf der großen Leinwand auch optisch ein Vergnügen ist. Hier und da sind ein paar Lücken erkennbar, die man besser hätte füllen können, die dem Vergnügen in diesem Fall jedoch nicht abträglich sind, da sie dank hohem Erzähltempo sowie schwung- und humorvoller Inszenierung geschickt kaschiert werden.

Schauspielerisch kann sich Now You See Me gleich mit einer ganzen Liste an Hollywoodbekanntheiten schmücken. Die „Vier Reiter“ werden verkörpert von Jesse Eisenberg als J. Daniel Atlas, Dave Franco als Jack Wilder, Isla Fisher als Henley Reeves und einem großartig aufgelegten Woody Harrelson als Merritt McKinney. Jeder der Vier ist auf ein anderes Gebiet der Zauberkunst spezialisiert und hat unterschiedliche Begabungen. Leider wird mit diesem durchaus interessanten Konzept in meinen Augen zu wenig experimentiert. Das ist nicht die Schuld der Schauspieler, sondern Drehbuch und Regie anzulasten. Nur Woody Harrelson als wortgewandter und verbal schlagfertiger Mentalist sticht durchgehend storytechnisch und schauspielerisch heraus. Der Rest der Zaubertruppe macht einen guten Job – nicht mehr und nicht weniger. Mehr überzeugen konnte mich dagegen Mark „Hulk“ Ruffalo als ehrgeiziger und verbissener FBI-Agent Dylan Rhodes, der seine Rolle mit sichtbarem Vergnügen und überzeugend bis zum Schluss spielt. Im Vergleich zu ihm wirkt sein Gegner im Wettrennen um die Wahrheit hinter dem großen Plan der Magier, Morgan Freeman als Thaddeus Bradley, doch recht blass und müde. Das ihm sonst so eigene Blitzen in den Augen fehlt bei Now You See Me leider gänzlich. Er muss sich in diesem Fall der Schauspielkunst des wie immer brillanten Michael Caine, der auch den kleinsten Rollen seinen einzigartigen Charme verleiht, geschlagen geben.

Wer einen Film sucht, der für einen Kinobesuch die einer Zauberdarbietung eigene, angenehme Kurzweil bietet, für den ist Now You See Me genau das Richtige. Für alle, die ihre Erwartungen allerdings allzu hoch schrauben, könnte sich dieser Film am Ende dennoch als Enttäuschung herausstellen. Ist das humorvolle, bunte und soundgewaltige Gesamtkonstrukt konsumiert, ist es etwas flüchtig. Außerhalb des Kinosaals löst sich die gute Unterhaltung auf, wie Pyropapier bei einem Zaubertrick und hinterlässt nur wenige Angriffspunkte für nachträgliche Überlegungen. Now You See Me ist leichte Kinokost für laue Sommerabende, die bei mir den folgenden, nicht negativ zu interpretierenden Gedanken auslöste: „Schön war’s und das war’s, aber kein Vergleich zu einem Liveauftritt von Mr. Cox.“ In diesem Sinne: Ruhe in Frieden, Mr. Cox.

Gelbes Gewusel

In den letzten Wochen und Monaten liefen ausgesprochen viele Animationsfilme im Kino an, von denen ich einige ausgelassen habe, weil ich mich zugunsten anderer Filmen entschied. Glücklicherweise gibt es diese kleinen, glänzenden Scheiben und andere Methoden, mit denen man das Heimkino befeuern kann. Dank immer kürzer werdenden Veröffentlichungszyklen muss man auch nicht mehr allzu lange warten, bis man verpasste Filme zuhause genießen kann. Ein Animationsfilm, den ich mir nicht entgehen lassen konnte, weil ich seinen Vorgänger bereits sehr genoss, ist Ich – Einfach unverbesserlich 2 (Despicable Me 2). Und siehe da, ich habe den Kinobesuch nicht bereut.

Die Geschichte von Ich  – Einfach unverbesserlich 2 knüpft nahtlos an die des ersten Teils an. Ex-Superschurke Gru hat dem Bösen endgültig entsagt. In seiner Rolle als Adoptivvater der drei Mädchen – Margo, Edith und Agnes – geht er vollständig auf. Einzig sein Arbeitsleben läuft noch nicht ganz so erfolgreich, wie er es gerne hätte. Die Marmeladen, die er mithilfe seiner treu ergebenen Minions herstellt, sind einfach ungenießbar. Bevor er an Rezepten zu deren Verbesserung arbeiten kann, wird er von der zielstrebigen Agentin Lucy Wilde entführt. Er soll als Agent der Geheimorganisation AVL (Anti-Verbrecher-Liga, Anti Villain League) rekrutiert werden und helfen, einen im Verborgenen arbeitenden Superschurken zu enttarnen und dessen finstere Pläne zu vereiteln. Wer eignet sich schließlich besser, einen Fiesling aufzuspüren, als jemand, der selbst einmal einer war? So beginnt ein kunterbuntes Abenteuer, in dessen Verlauf es um viel mehr geht als um den immerwährenden Kampf zwischen Gut und Böse. Gru hat dank seiner Mädels nämlich ein Familienleben, das auch ohne Helden und Schurken schon genug Herausforderungen bietet.

Ich – Einfach unverbesserlich 2 ist ein wunderschöner und moderner Animationsfilm mit hinreißenden Charakteren, denen man anmerkt, dass jeder von ihnen mit viel Liebe zum Detail entwickelt und gestaltet wurde. Der Begriff „Charakter“ trifft gleich in mehrfacher Hinsicht auf jede der Figuren zu. Alle sind äußerlich und innerlich absolute Unikate und Individualisten. Sie sind liebenswert und knuffig – vor allem in 3D – und gleichzeitig sind sie alle herrlich unperfekt. Agentin Wilde beispielsweise ist trotz ihrer großen Nase in ihrer Animationswelt eine überzeugende und attraktive Erscheinung. Alleine durch das Aussehen der Figuren wird bereits eine wunderbare Botschaft vermittelt, die man mit menschlichen Darstellern nicht besser hätte transportieren können.

Im Verlauf der Story werden von allen der animierten Darsteller vielfältige Wesenszüge offenbart. Der Film nimmt sich trotz der beachtlichen Anzahl verschiedener Figuren Zeit zu deren Entwicklung – diverse Wandlungen und Erkenntnisse inbegriffen. Mit viel Gefühl werden die unterschiedlichsten Themen behandelt. Von den kleinen aber feinen Herausforderungen im Familienleben über Jobangelegenheiten bis hin zu Freundschaft, Partnerschaft, Urteilen und Vorurteilen lässt Ich – Einfach unverbesserlich 2 kaum ein interessantes Thema aus.

Wer denkt, dass Ich – Einfach unverbesserlich 2 nur durch die kleinen gelben Minions lebt, der täuscht sich gewaltig. Die wuseligen überraschungseierkapselförmigen Helferlein sind in der Tat ein unverzichtbares Element in der Welt von Gru und seinen Freunden und ihre Abenteuer sind das Salz in der Animationssuppe. Das ist aber nicht gleichbedeutend damit, dass die restlichen Figuren weniger wichtig oder weniger charmant sind. Mehr noch ist das Gesamtkonzept von der Gestaltung über die Geschichte und ihre Botschaften bis zur Synchronisation gelungen. Dank schwungvoller Präsentation weiß dieser Film Groß und Klein zu begeistern und gefällt mir persönlich sogar einen Tick besser als sein Vorgänger.

Wer Animationsfilme mag und Ich – Einfach unverbesserlich 2 noch nicht gesehen hat, sollte nun schleunigst aufhören zu lesen und ins Kino gehen. Alle, die den Film bereits gesehen haben, können weiterlesen, denn im Folgenden werde ich noch einige Ideen los, die mir nach dem Ende so durch den Kopf spukten, die aber nicht spoilerfrei sind.

ACHTUNG SPOILER!

Von mir aus hätte die Story nämlich gerne noch ein bisschen abgefahrener sein, bzw. einige Wendungen mehr haben können. Teilweise hatte ich fast das Gefühl, man habe es sich hier und da ein wenig leicht gemacht, was aber durchaus sinnvoll sein kann, wenn man Zuschauer aus verschiedenen Altersgruppen gleichzeitig ansprechen will.

Ich jedenfalls hätte beispielsweise auf die lila Aggro-Minions verzichten können, denn ich finde sie in Originalform ungleich unterhaltsamer. Ein Endkampf zwischen einer Armee aus normalen, gelben Minions und Killerkarnickeln oder Killerhühnern wäre sicher ebenfalls cool gewesen. Andererseits hat der einzelne Aggro-Minion, der automatisch nachhause wanderte, zur Lösung beigetragen. Dann allerdings hätte die Freilassung der lila Armee noch für einige wahnsinnige Action sorgen können – dank Geleekanonen hätte man sie am Ende ja trotzdem unschädlich machen können.

Interessant wäre es sicher auch gewesen, einen weiteren Superbösewicht als Endgegner zu etablieren, den man während des Films noch nicht oder nur kurz im Hintergrund zu Gesicht bekommt (z.B. der grimmige, gemeine Verkäufer aus dem Einkaufszentrum). In diesem Zusammenhang hätte El Macho ebenfalls ein Ex-Fiesling sein können, der sich zur Ruhe gesetzt hat und das Familienleben genießt. Er hätte den Dritten dann zusammen mit Gru bekämpfen können. Immerhin hat Gru in der Filmlösung von Anfang an Recht, was in der zwischenzeitlichen Verwirrung um den Besitzer des Perrücken-Shops durchaus in Frage stand.

So oder so, meine Ideen sollen keine schwerwiegende Kritik an Ich – Einfach unverbesserlich 2  sein. Der Film ist gut, so wie er ist und bietet genügend Inhalte und wie man sieht beflügelt er enorm die Fantasie. Alles Weitere hätte die Erzählung wahrscheinlich unnötig verkompliziert. Für den sicher nicht ganz unwahrscheinlichen Fall, dass ein dritter Teil geplant wird und Hollywood jemanden sucht, der sich abgefahrene Geschichten ausdenken kann, wäre ich jedenfalls nicht abgeneigt etwas beizusteuern. Ich hätte da sicher noch ein paar Ideen für die Minions parat …