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Über tigermaus8

Comic fan, cineast, toy collector, video gamer and Fiat 500 driver, who loves TV series and reads books by Stephen King and Tom Clancy.

Die Kunst des Knotens

Es ist immer wieder erstaunlich, über welche Themen in den Medien – besonders in den Online-Medien – berichtet wird. Nicht alles, was im Internet publiziert wird, ist interessant. Viele Seltsamkeiten tummeln sich im Netz. An nicht wenigen kuriosen Berichten und Bildern bleibe ich regelmäßig hängen. Es ist sicher die kunterbunte Vielfalt im Netz, die auch große News-Seiten dazu inspiriert, das Interesse ihrer Leser mit auf den ersten Blick seltsam anmutenden Artikeln zu wecken, die näher betrachtet aber interessante Botschaften vermitteln. Hauptsache die Neugierde wird geweckt! So widmet sich Spiegel Online in einem lesenswerten Artikel dem Zusammenhang von Schuhen, Schnürsenkeln und Mathematik. (Quelle: Spiegel Online)

Zuerst faszinierte mich das Geschriebene, mehr noch weckte das letzte Bild der dazugehörigen Fotostrecke mein Interesse. Als ich den Text unter dem Bild las, traute ich meinen Augen kaum. Das Binden einer Schleife mag für den Außenstehenden nun nicht gerade ein spektakuläres Thema sein, über das es sich länger nachzudenken lohnt. Es gab diesbezüglich allerdings ein Erlebnis in meiner Kindheit, an das ich mich immer erinnern werde.

Es begab sich in den frühen Achtzigerjahren. Ich war im Kindergarten. Da die nette, verständnisvolle und für die Gruppe normalerweise zuständige Erzieherin aus irgendeinem Grund nicht zur Hand war, versuchte sich eine Vertreterin am täglichen Gruppenspiel im Stuhlkreis. Die resolute Dame mit der Absicht, den Kleinen an diesem Tag unbedingt etwas fürs Leben zu lehren, teilte an jedes Kind ein langes Band aus. Dieses musste im Sitzen um einen Oberschenkel gewickelt werden, auf dessen Oberseite eine Schleife gebunden werden sollte. In der Tat konnten einige Kinder sich noch nicht alleine die Schuhe zubinden. Dieser Zustand sollte nun für immer beendet werden.

Die Vertretungserzieherin zeigte langsam, wie das Schleifebinden ihrer Meinung nach richtig ging: Ein einfacher Knoten. Eine Schlaufe. Das andere Band um die Schlaufe herum. Durchziehen. Festziehen. Fertig. So musste das gemacht werden.

Dumm nur, dass ich nicht zu den Kindern gehörte, die keine Schleife binden konnten. Meine Mutter hatte mir schon längst beigebracht, meine Schuhe selbst zuzubinden, allerdings auf eine weniger komplizierte Art: Ein einfacher Knoten. Zwei Öhrchen (Schlaufen). Mit den Öhrchen einen weiteren einfachen Knoten binden. Festziehen. Fertig. Für mich als Kind ging das viel einfacher von der Hand, als die umständliche Wickelaktion mit anschließendem Durchziehen.

Zuerst versuchte ich der Verzieherin – in Anbetracht ihrer Sturheit sicher der passendere Ausdruck – zu erklären, dass es nicht nur eine Möglichkeit gab, musste mich argumentativ aber einem mehrfachen, profanen „Nein!“ geschlagen geben. Solche Situationen sollten mir im weiteren Leben – vor allem im Arbeitsleben – noch öfter begegnen. Sie wollte einfach nicht hören. Argumentieren zwecklos. Schließlich hatte sie sich zuvor penibelst zurechtgelegt, was sie an diesem Tag lehren wollte und es wäre ja unerhört, wenn sie sich da von einem kleinen Naseweis dazwischenfunken hätte lassen. Und wie sie es lehren wollte! Als es um das Leeren des Gruppenraumes am Ende des Vormittages ging, setzte sie kurzerhand fest, dass nur diejenigen Kinder aufstehen und gehen durften, die erfolgreich eine Schleife gebunden hatten.

Ein Mädchen neben mir verzweifelte an dem für Kinderhände komplizierten Knoten. Ich konnte das nicht mit ansehen und verweigerte mich zu dem Zeitpunkt innerlich schon aus purem Trotz dem Lerninhalt. Als die Verzieherin sich verzog und mir den Rücken zuwandte, da sie damit beschäftigt war, anderen Kindern ihre Wahrheit über schön gebundene Schleifen einzutrichtern, zeigte ich dem Mädchen geschwind meine Schleifentechnik. Sie begriff es sofort und freute sich. Verschwörerisch sah ich sie an und legte meinen Finger auf den Mund: „Pssst!“ Im nächsten Moment rief ich die sture Madam herbei und wir präsentierten ihr unsere Ergebnisse. Sie nickte erfreut und lobte obendrein die schönen, gleichmäßigen Schleifen. Dass diese anders gebunden worden waren, als von ihr vorgegeben, bemerkte sie auch mit prüfendem Blick nicht. Wir durften (endlich) gehen.

Jahre später stupste mich eines Tages bei einem Bummel in meiner Heimatstadt ein weibliches Wesen von der Seite an. „Hey! Ja! Du bist es!“ Ich war verwirrt. Wer war sie? Woher kannte sie mich? „Wir waren zusammen im Kindergarten! Du hast mir beigebracht, wie man Schuhe zubindet! Erinnerst du dich? Die Schleifen!“ Natürlich erinnerte ich mich an die Verzieherin, auch wenn ich inzwischen längst beide Schleifentechniken beherrschte. Aus dem Mund der jungen Dame folgte der erstaunlichste Satz der ganzen Geschichte: „Weißt du, ich binde meine Schuhe bis heute so zu!“ Ich war total baff und absolut gerührt. Weder den Tag im Kindergarten, noch das Wiedersehen werde ich jemals vergessen.

Zurück zum Foto auf Spiegel Online und dessen Beschreibungstext, in dem etwas von Kreuzknoten und Altweiberknoten steht, die miteinander verglichen werden. Beim Lesen ratterte es in meinem Hirn und da ich nicht sofort etwas mit den beiden Begriffen anfangen konnte, forschte ich nach. Wikipedia sei Dank (Links im Text) fand ich schnell heraus, was sich hinter den beiden Worten verbirgt und wo die Unterschiede liegen. Schleife ist eben doch nicht gleich Schleife! Die Methode, die mir meine Mutter als die einfachere beibrachte, die zwei kleinen Mädchen lange Erklärungen von einer sturen Frau ersparte, stellte sich am Ende doch als die eigentlich vorteilhaftere Schleife zum Schuhebinden heraus.

Untoter Unsinn

Zombies! Überall Zombies! Alle mögen Zombies! Die wandelnden und bissigen Untoten haben es geschafft, sich von einem nur von Horror-Fans beachteten Subgenre zum Mainstream-Phänomen zu wandeln. Als großer Fan von George A. Romeros frühen Zombie-Werken und von Robert Kirkmans Comic The Walking Dead beobachte ich diese Entwicklung schon seit einiger Zeit mit großem Interesse. Ja, auch ich mag Zombies! (Links in diesem Absatz zu Wikipedia)

Zombies bewegen sich (eigentlich) langsam voran. Langsam aber stetig haben sie die verschiedensten Medien zombifiziert. Zombie-Bücher, Zombie-Filme, Zombie-Comics, Zombie-TV-Serien, Zombie-Spiele – der Siegeszug der Zombies ist unaufhaltsam. Selbst Menschen mit schwächeren Nerven und einem Smartphone sind die schleichenden Beißer spätestens seit dem enormen Erfolg der Spiele-App Pflanzen gegen Zombies (Plants vs. Zombies, Link zu Wikipedia) ein Begriff. Die Schlacht der mutigen und wehrhaften Gewächse gegen die murmelnden Hirnvertilger hat die Toplisten sämtlicher Spieleplattformen im Sturm erobert.

Weniger niedlich geht es in der Verfilmung der oben genannten Comicreihe als TV-Serie zu, über die in der Presse schon viel berichtet wurde. Ich persönlich widme meine Aufmerksamkeit nach der ersten Staffel lieber weiter und ausschließlich der Comicvorlage. Zu eklatant sind für mich die offensichtlichen Unterschiede und die Kompromisse, welche man für die TV-Umsetzung einging. „The Walking Dead“ zählt zu meinen absoluten Lieblingscomics. Ich bewundere den Autor wegen seines Einfallsreichtums. Er führt das Zombie-Genre zurück zu seinen Wurzeln und offenbart den Lesern gleichzeitig immer wieder neue und noch nie dagewesene Aspekte. Obwohl die Zombieapokalypse das Grundthema der Geschichte ist, sind es die Abgründe der verbliebenen und ständig auf der Flucht befindlichen Menschen, die diese Erzählung so interessant und einzigartig machen.

Ein weiterer Autor, der sich dem Thema „Zombies“ auf verschiedenste Weisen nähert, ist Max Brooks. Der Sohn von Mel Brooks liefert die Buchvorlage für den aktuellen Kinofilm World War Z. Da ich grundsätzlich ein Herz für Zombies habe, ließ ich mir diesen Film nicht entgehen, wenngleich ich im Nachhinein davon überzeugt bin, dass ich mir lieber die Monster Uni hätte anschauen sollen, die ich – auf den Kinoplan für die nächsten Wochen schauend – voraussichtlich auf der großen Leinwand verpassen werde. Die in World War Z präsentierte Version der Zombieapokalypse hat mich jedenfalls schwer enttäuscht und alles andere als gut unterhalten.

Der Film erzählt die Geschichte des UN-Angestellten Gerry Lane, der von seinen Arbeitgebern auf die Suche nach dem Ursprung der sich weltweit mit enormer Geschwindigkeit ausbreitenden Zombie-Seuche geschickt wird. Er soll nach Lösungsansätzen fahnden während seine Familie im Austausch für seine Dienste auf einem Flugzeugträger in Sicherheit hausen darf. Die Zeit ist knapp, denn dank in mehrfacher Hinsicht rasender Zombiemassen schreitet die Pandemie voran und die Zahl der Überlebenden sinkt mit jeder Sekunde rapide.

Die Geschichte klingt im Grundsatz bekannt und trotzdem spannend. Das ist sie sicher auch – zumindest in Buchform. Ich selbst habe Max Brooks Werk zwar nicht gelesen, dafür aber andere Geschichten des Autors. Er nähert sich seinen Helden stets mit fantsievoller Realitätsnähe, Feingefühl für die einzelnen Charaktere und frischen Erzählansätzen. So hat mich die Comicreihe „G.I. Joe: Hearts & Minds“ begeistert, in der einzelne Charaktere in kurzen aber intensiven Geschichten vorgestellt und neu beleuchtet werden. Sein neuestes Werk in Bildergeschichtenform, „The Extinction Parade“, das in Zusammenarbeit mit Zeichner Raulo Caceres entsteht und die Zombieapokalypse mit der Not von Vampiren auf Nahrungssuche verbindet, konnte im ersten und bisher einzigen Heft ebenfalls meine Aufmerksamkeit erregen. Selbst wenn ich World War Z nicht gelesen habe, werde ich das Gefühl nicht los, dass der Film der Vorlage nicht gerecht wird. Betrachte ich die vielen Autoren, die sich am Drehbuch beteiligt haben (u.a. J. Michael Straczynski und Damon Lindelof) so ist das Ergebnis noch enttäuschender.

Nicht die fixen Zombies sind es, die mich stören, es sind die eklatanten Logik- und Storylücken. Natürlich muss man dem Zuschauer nicht jedes kleine Detail präsentieren. Nachdenken über einen Film und während einer Kinovorstellng macht Spaß. The Place Beyond the Pines (Link zu IMDB) beweist dies, wie ich an anderer Stelle beschrieben habe, eindrucksvoll.

Meine Gedankengänge am Anfang von World War Z kann ich am ehesten als „umgekehrtes Hangover-Erebnis“ bezeichnen. In The Hangover, wurden meiner Meinung nach schon früh zu viele Informationen und Hinweise (sich schließende Tür) präsentiert, weshalb mich letztlich das Ende enttäuschte. In World War Z dagegen wird zu wenig erzählt und erklärt. Die gesamte erste Hälfte des Films verbrachte ich damit, darüber nachzudenken warum um alles in der Welt sich Gerry mit seiner kompletten Familie im Schlepptau überhaupt ursprünglich auf den Weg gemacht hat, nur um dann komplett überrascht mit Zombies konfrontiert zu werden. War es, weil er einfach Urlaub machen wollte? War es, weil er im Fernsehen die Meldung über den ausgerufenen Ausnahmezustand sah? Ich kann es bis jetzt nicht sagen. Eine sinnlose Abfolge von zuckersüßen Bildern der glücklichen Familie genügt in den Augen der Macher als Botschaft und gleichzeitig Storybeginn offenbar.

Die Liste der Fragen, die in regelmäßigen Abständen in meinem Kopf aufflammten riss während des gesamten Films nicht ab. Warum wird er von seinem Vorgesetzten von der UN angerufen und warum ist er über den Anruf überrascht? Und warum zur Hölle vergisst jemand, der die ganze Zeit gegen beißwütige und lebensbedrohliche Zombies kämpft, von einer auf die andere Sekunde seine Waffe vor der Tür? Das sind nur einige wenige Beispiele. Zombiegeschichten haben ihre eigene Logik, die durchaus veränderbar und dehnbar ist. World War Z ist in meinen Augen kompletter Unsinn, wobei dies weniger die Grundgedanken als die Art betrifft, in der die Story präsentiert wird.

Zusätzlich zu den Inhalten schwächelt die Erzählweise in ihrer optischen Darstellung, die so mainstreamig ist, dass es jeden Fan von handfesten Horrorfilmen gruselt. Kommen die Zombies größer und einzeln ins Bild, wirken sie eher lächerlich, als angsteinflößend. Die Reaktionen der um mich herum befindlichen Menschen im Kinosaal bestätigen dies. Selten lachten in einem nicht als Komödie angesiedelten Film mehr Menschen, als in World War Z. Für mich ein eher seltsames Erlebnis.

Auf der Suche nach Pluspunkten für den Film werde ich leider auch bei der schauspielerischen Leistung nicht fündig. Brad Pitt fällt als Gerry Lane in seine Anfangszeiten als wechselweise grinsender und mit großen erstaunten Augen dreinblickender Sonnyboy zurück, selbst wenn er bei World War Z mit verschiedenen Waffen hantiert. Der Rest der Schauspieler verschwimmt zum schlagwortgebenden Einheitsbrei. Wer wann welchen Anstoß zum Fortgang der Story gibt, ist gleichgültig. Die blasse Mireille Enos ist dabei so unbedeutend wie der völlig übertrieben spielende Moritz Bleibtreu. Statt Schauspiel ist durchweg „Trauerspiel“ der passendere Begriff.

Die langatmige Geschichte mit all ihren sinnfreien Etappen wirkt wie ein Flickenteppich, der nur durch das kaum erkennbare Grundkonzept zusammengehalten wird. All die Schießereien und Flugzeugabstürze und all die wabernden und rennenden Zombiehorden, die zwangsläufig ab und an gezeigt werden müssen, können den Film nicht retten. World War Z bleibt der schwache Versuch, einen Zombiefilm für die breite Masse zu schaffen. Schade, denn auch ohne die Buchvorlage zu kennen, bin ich der festen Überzeugung, dass man mehr daraus hätte machen können und müssen. Für mich zählt World War Z zu den bisher größten Enttäuschungen des Jahres auf der Kinoleinwand.

Held der Helden

Wer meinen Artikeln auf diesem Blog schon länger folgt, weiß, dass meine Leidenschaft für Comics und Superhelden groß ist. Ich kann nicht mehr genau sagen mit welchem Helden genau meine Begeisterung für durchtrainierte Männer und Frauen in bunten, hautengen Kostümen anfing – ich habe jeden von ihnen sofort bei der ersten Begegnung ins Herz geschlossen. Allerdings weiß ich, dass Superman, der größte und mächtigste Held von allen, es schon sehr früh geschafft hat, meine Aufmerksamkeit zu erregen. Die Filme mit Christopher Reeve, der sich in seiner Rolle als Stählerner in den Herzen der Fans unsterblich gemacht hat, habe ich schon als Kind geliebt. Seitdem beleitet mich der muskulöse, fliegende Mann und wann immer seine Abenteuer in irgendeiner Form festgehalten werden, werden sie von mir gelesen oder angesehen. Die regelmäßig erscheinenden Comichefte, die sehr romantisch angesiedelte Serie Superman – Die Abenteuer von Lois & Clark, der sehr langweilig geratene und deshalb als Neustart im Kino ungeeignete Film Superman Returns und die grandiose Neuinterpretation von Clark Kents Jugend im TV, Smallville, ich kenne sie alle. Schon lange war ein weiterer Kinofilm, ein wirklicher Neustart, für Superman überfällig. Schließlich tummeln sich viele seiner Heldenkollegen seit einigen Jahren in regelmäßigen Abständen auf der großen Leinwand und seit Marvel’s The Avengers träume ich von einem ähnlichen Crossover-Film mit den Helden aus dem DC-Comicuniversum. Entsprechend groß war meine Vorfreude, seit bekannt wurde, dass der Mann aus Stahl tatsächlich einen Kinoneuanfang erhält. (Links in diesem und im folgenden Absatz zu IMDB)

Nachdem die erste Skepsis ob des seltsamen Fischerbootes und einem fischenden, bärtigen Clark Kent im Teaser-Trailer dank weiterer, wunderschöner Videos schnell verflogen war, stieg die Vorfreude bis zu meinem Endgültigen Kinobesuch ins Unermessliche. Gleichzeitig nagte im Hinterkopf stetig dieser kleine, sich nicht ganz auflösen wollende Zweifel, die Erinnerung and The Dark Knight Rises und an Iron Man 3, die mich beide dank krasser Änderungen bei essentiellen Charaktermerkmalen von wichtigen Figuren im Vergleich zur Comicvorlage herbe enttäuscht haben. Auch der letzte Film von Regisseur Zack Snyder, Sucker Punch, fand ganz und gar nicht meine Zustimmung, wenngleich mich seine restlichen Werke schwer begeisterten – insbesondere Watchmen und 300. Nachdem ich Man of Steel gesehen habe, kann ich bestätigen, dass der Film mit den prügelnden Schulmädchen nur ein Ausrutscher war. Herr Snyder hat es immer noch drauf und muss sich deshalb nicht in meine persönliche Negativ-Liste neben Steven Soderbergh, Taylor Hackford und Herrn Nolan einreihen. Ich kann in diesem Zusammenhang gar nicht sagen, wie froh ich bin, dass Mr. Nolan den neuen Superman-Streifen nur produziert und seine Finger vom Drehbuch gelassen hat. Zack Snyder gehört dagegen zu denjenigen Regisseuren, die ich besonders schätze, gerade weil sie einen ganz eigenen Stil haben,  diesen verfolgen und stetig optimieren. Mit Man of Steel führt er seinen beachtlichen Track Record an gelungenen Comicverfilmungen fort. Der Film profitiert auch durch Drehbuchautor David S. Goyer, der seine Liebe zu Superhelden seit Mitte der Neunziger konsequent pflegt und in Hollywood-Drehbüchern auslebt und durch das Mitwirken von Hans Zimmer, der das Geschehen auf der Leinwand mit einem bombastischen Soundtrack untermalt und das bekannte Superman-Thema auf wundervolle Weise neu interpretiert.

Die Story von Man of Steel ist schnell erzählt. Es ist die Anfangsgeschichte des Helden aller Helden, einem Außerirdischen vom Planeten Krypton. Kal-El wird als Baby von seinen Eltern kurz vor der Zerstörung seiner Heimatwelt in ein Raumschiff gelegt und zur Erde entsandt. Dort wächst er in der Obhut seiner bodenständigen und treusorgenden menschlichen Adoptiveltern Jonathan und Martha Kent auf einer kleinen Farm in Kansas unter dem Namen Clark Kent auf. Während er zu einem stattlichen und äußerst gut gebauten Mann heranwächst merkt er, dass er über verschiedene übermenschliche Fähigkeiten verfügt. Mit der Zeit lernt er diese zu beherrschen. Von Hilfsbereitschaft getrieben und auf der Suche nach seinem Platz auf der Welt reist er durch das Land, immer darauf bedacht nicht aufzufallen oder identifiziert zu werden. Sein bis dato anonymes Leben wird schlagartig auf den Kopf gestellt, als er in der Arktis eine Entdeckung macht, die ihm Klarheit über seine Herkunft verschafft und als ein weiterer Überlebender von Krypton, General Zod, die Erde bedroht und Kal-El dazu auffordert, sich zu stellen. Im Angesicht der Bedrohung vollzieht der einsame Reisende seine endgültige Wandlung zu Superman, denn nur er kann die Welt und die Menschheit retten.

Die Geschichte ist alt. Ja. Die Geschichte wurde schon mehrfach erzählt. Ja. Für einen Neustart muss sie aber ein weiteres Mal erzählt werden. Es führt einfach kein Weg daran vorbei. Die Version von Zack Snyder und David Goyer ist gleichzeitig komprimierter und düsterer, als die bisherigen Erzählungen. Man lässt sich nicht allzu lange Zeit für Vorgeplänkel. Dieser Superman wird schneller ins Kampfgeschehen geworfen, als es ihm lieb ist. Durch diverse kurze Rückblenden werden Blicke in die Vergangenheit von Clark Kent in Smallville geworfen. Inspiriert wurden die Filminhalte von so gut wie allen Auftritten des Helden, der seit dem Neustart des DC-Universums in den Heften und im Film seine rote Unterhose nicht mehr über dem blauen Anzug tragen muss. Das Comicuniversum (Mark Waids berühmte Miniserie Superman: Birthright, Link zu Wikipedia) und seine Charaktere werden zusammengeführt mit deutlich spürbaren Einflüssen der Smallville-TV-Serie und diversen Verneigungen vor den Christopher-Reeve-Filmen. Ich lag mit meinem nach Ansehen der Trailer selbstgeschaffenen Adjektiv „smallville-ig“ gar nicht so falsch. Mir gefällt die Mixtur der verschiedenen, bekannten Aspekte, kombiniert mit Zack Snyders einzigartiger Machart für Filme, sehr gut.

Was Comicverfilmungen anbelangt bin ich durchaus kein unkritischer Mensch. Wenn man Vorlagen und insbesondere Charaktere und ihre wesentlichen Eigenschaften bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt, werde ich fuchsteufelswild. Drehbuchschreiber und Regisseur haben bei Man of Steel so viele Dinge richtig gemacht. Ich persönlich bin mit diesem Neuanfang mehr als zufrieden. Es kursieren eine Menge Berichte und Meinungen in den Medien. Mark Waid, besagter Comicautor, entrüstete sich in seinem Blog über angebliche Untreue zu seiner Vorlage und mehr, dabei erzählt Man of Steel in weiten Teilen eine andere Geschichte. Spiegel Online versuchte Zack Snyder in einem Interview als stumpfsinnigen und effektgeilen Patrioten zu entlarven, dabei kann man den Film an mehreren Stellen sogar als amerikakritisch interpretieren. So begegnet man dem Stählernen im Land der unbegrenzten Möglichkeiten anfangs aus purer Angst mit einem riesigen Waffenarsenal, hinterfragt mehrmals seine Treue zu Amerika und versucht ihn sogar mit Drohnen zu beschatten. Superman begegnet allen (Lausch)angriffen und Anschuldigungen mit kühler Gelassenheit. Angebliche Super-Fans entrüsten sich über das Ende, dabei ist es dem Ausgang von „Superman 2“ mit dem als Non plus ultra hingestellten Christopher Reeve gar nicht so unähnlich. Außerdem ist es eine Comicverfilmungen und in Comics leben Totgesagte grundsätzlich länger … Ich kann die künstliche Aufregung nicht verstehen. Die gestraffte Erzählung, die wundervoll inszenierten Bilder und die brachiale Action tun dem Mann aus Stahl gut. Hätte man an dem lange praktizierten Erzählrhythmus mit Fokus auf Supermans romantischer Seite festgehalten, wäre der Film den gleichen Leuten sicher viel zu langweilig und langatmig geworden. Zack Snyder zeigt an den richtigen Stellen Mut zu Veränderungen. Kryptonit, das für Superman lebensbedrohliche Gestein seines Heimatplaneten, kommt beispielsweise in Man of Steel (noch) nicht zum Einsatz, dafür wurden andere, kreative und im Hinblick auf das Gesamtkonzept stimmige Möglichkeiten zur Beeinflussung seiner Kräfte gefunden. Gleichzeitig zollen die Macher den Vorlagen in vielen Szenen ihren aufrichtigen Respekt. Besonders gut gefiel mit eine Stelle, in der Clark Kent in einer Trucker-Bar mit einem Rüpel aneinander gerät und seine Identität im Konflikt nicht preisgeben darf. In „Superman 2“ folgte die Rache verzögert, in Man of Steel folgt sie auf dem Fuß, jedoch nicht am lebenden Objekt.

Wie sagte der Ehemann so schön als wir aus dem Kino kamen: „Das war mehr ein Actionfilm, als ein komplizierter Superheldenfilm. ‚Stirb Langsam 5‘ war dagegen eher ruhig.“ Recht hat er. Die Action steigert sich über den gesamten Film stetig und der Endkampf von Superman gegen Zod, inklusive Luftkampszenen, die direkt den Comicheften entsprungen zu sein scheinen und die mir eine wohlige Ganzkörpergänseaut bescherten, ist einfach nur atemberaubend und absolut episch. Zu viel Zerstörung und Kawumm? Wer das denkt hat noch nie ein Superman- oder Justice-League-Heft in Händen gehalten. In Superheldencomics geht regelmäßig alles zu Bruch. Das gehört so.

Die Auswahl der Schauspieler ist in Man of Steel durchweg sehr gut gelungen. Es mag durchaus weniger schauspielerisches Können, als das richtige Aussehen und erkennbare Muskelmasse vonnöten sein, um Superman darzustellen, Henry Cavill macht seine Sache jedoch sehr gut. Sein Superman ist energischer und wütender als seine Vorgänger, wird aber von denselben Motiven angetrieben und hat dieselben Ideale. In Sachen Romantik ist er um einiges weniger zögerlich, was ihn seinem Comic-Alter-Ego (dem aktuellen, seit dem Neustart des DC-Universums) gleichwohl näher bringt. Es macht großen Spaß dem neuen Leinwand-Superman zuzusehen wie er sich entwickelt. Die Freude, als er erkennt, dass er fliegen kann, die Verzweiflung, als ihn sein Feind zu einer finalen Entscheidung zwingt, das Staunen, als ihm sein leiblicher Vater, Jor-El, mehr über seine Herkunft verrät – eintönig und anspruchslsos ist das, was Henry Cavill in der Rolle des Mannes aus Stahl verkörpert, trotz aller Muskelspielchen auf keinen Fall.

Apropos Jor-El. Russell Crowe macht sich sehr gut als Supermans leiblicher Vater. Er spielt den weisen Erfinder überzeugend und wirkt als Vaterfigur glaubhaft. Positiv aufgefallen ist mir, dass man sich dazu entschieden hat, alle Kryptonier akzentfreier beziehungsweise britischer sprechen zu lassen, als die Bewohner Amerikas. Dieses Konzept gipfelte bei „Smallville“ in einem mit britischem Akzent sprechenden Zod. Michael Shannons General Zod spricht zwar nicht britisch, macht seinen Standpunkt aber stets ohne Umschweife klar. Er ist gefährlich, ein Krieger durch und durch, eine große und mächtige Erscheinung, ein würdiger Endgegner für Superman. Rache allein ist seine Motivation. Bei der Betrachtung von Zod muss ich den an Man of Steel beteiligten Kostümbildnern ein großes Lob aussprechen, denn sie unterstützen ihn und alle anderen Charaktere durch passende und aufwändige Kleindung sinnvoll. An Zods Seite treu ergeben steht Faora, gespielt von der deutschen Hollywood-Newcomerin Antje Traue. Viel bekommt sie nicht zu sagen. Wenn sie ins Bild kommt, macht sie eine gute Figur und an ihrem Schauspiel kann ich nichts aussetzen.

Eine Sache habe ich in Verbindung mit Zod doch an Man of Steel zu meckern. Meinen kritischen Augen und Ohren entgeht nichts! General Zod spricht die für ihn so typischen Worte kein einziges Mal. Dauernd dache ich „Gleich! Gleich sagt er es!“ und „Jetzt! Jetzt kommt es bestimmt!“. Jedoch kam er leider nie dazu „Kneel before Zod!“ (Kniet nieder vor Zod!) zu sagen. Es ist nur eine Winzigkeit, die mich als Fan dennoch gefreut hätte. Da der Rest so großartig ist, drücke ich hier gerne ein Auge zu.

Selbstverständlich spielt in Man of Steel auch Lois Lane mit, Supermans große Liebe. Verkörpert wird sie von Amy Adams. Ganz so gut wie die energische und in jeglicher Hinsicht schlagfertige Lois aus „Smallville“ gefiel mir die neue Lois nicht. Im Vergleich zu Erica Durace wirkt Amy Adams doch ein bisschen blass und zögerlich. Am besten kann ich die neue Lois als eine Mischung aus der Smallville-Lois und deren Vorgängerinnen bezeichnen. Sie ist energischer als Teri Hatcher und Margot Kidder, aber hilfsbedürftiger als Erica Durance. Da im Film der Held im blau-roten Anzug ganz klar im Vordergrund steht, ist die getroffene wahrscheinlich sogar die beste Lösung.

Auf der Seite der Menschen erwähnenswert sind auf jeden Fall noch Supermans Adoptiveltern, gespielt von Diane Lane und Kevin Costner. Beide Rollen sind vergleichsweise klein angesiedelt, in meinen Augen aber gut besetzt worden. Vor Kurzem wurde ich außerdem auf die Tatsache hingewiesen, dass Superman zwei Robin Hoods als Väter hat, was in vielerlei Hinsicht passend ist

Abschließend kann ich nur nochmals meine Begeisterung über Man of Steel zum Ausdruck bringen. Für mich war es ein Fest, die Rückkehr des Stählernen auf der Leinwand so gut umgesetzt zu sehen. Das Warten hat sich gelohnt und meine Vorfreude war berechtigt. Die in diesem Film gelegte Basis ist breit und bietet jede Menge Anknüpfungspunke für weitere Filme, diverse Verweise auf Supermans irdischen Erzfeind Lex Luthor inklusive. Was Zack Snyder und David Goyer bereits an Ideen für diesen Charakter verraten haben, weckt erneute Hoffnung und Vorfreude. Auch bietet die Thematik rund um die Festung der Einsamkeit – Supermans geheimer, arktischer Rückzugsort – durchaus noch Anknüpfungspunkte und über die Beziehung von Lois und Clark ist ebenfalls noch lange nicht alles erzählt.

Im nächsten Schritt wünsche ich mir eine Fortsetzung und eine gleichzeitige Vergrößerung des DC-Filmuniversums, damit irgendwann auch für Superman, Batman und Konsorten ein großes Team-Up als Justice League im Kino möglich wird.

In einer kleinen Stadt

Dass es in kleinen Städten jede Menge Geheimnisse, Intrigen und Lügen gibt und sie deswegen als Orte für Bücher und Filme gleichermaßen beliebt sind wie riesige Metropolen, ist nichts Neues. Schon der Meister des Horror, Stephen King, schuf mit Needful Things (dt. Titel: In einer kleinen Stadt, Link zu Wikipedia) im Jahr 1991 eine grandiose Geschichte über Kleinstädter und ihre verworrenen Beziehungen untereinander. Weniger mysteriös aber dafür nicht weniger spannend geht es in Derek Cianfrances neuem Film The Place Beyond the Pines zu, einem großartigen, filmischen Gemälde über das Kleinstadtleben und Gesellschaftsgruppen, die sich mal mehr und mal weniger an den Grenzen des Legalen und der gesellschaftlichen Wahrnehmung bewegen.

The Place Beyond the Pines spielt in Schenactady, einer Stadt im amerikanischen Bundesstaat New York. Der Name des Ortes verleiht gleichzeitig dem Film seinen Titel, denn frei abgeleitet bedeutet er in der Sprache der Mohawk „der Platz jenseits der mit Kiefern bewachsenen Ebenen“ (Schau-naugh-ta-da). Der Film erzählt nicht weniger als drei miteinander verbundene Geschichten über Väter und Söhne. Zum einen ist da der Motorradfahrer Luke Glanton, der ein Leben als in mehrfacher Hinsicht fahrender Künstler führt und von Jahrmark zu Jahrmarkt durch das Land zieht. Als er erfährt, dass er mit der Kellnerin Romina einen Sohn hat, beschließt er sein Leben zu ändern und einen Weg zu finden, für seinen Sohn zu sorgen. Eine Verknüpfung von Sehnsüchten, Absichten und daraus resultierenden Entscheidungen führt ihn auf einen schicksalhaften Pfad durch die Wälder von Schenactady. Der zweite Teil der Story widmet sich dem Polizisten Avery Cross. Nach seinem Jurastudium schloss sich der engagierte Idealist der Polizei von Schenactady mit der Absicht an, nicht wie sein Vater – ebenfalls Anwalt – nur zu reden, sondern wirklich etwas zu bewegen. Im Laufe der Geschichte wird er nicht nur mit einem traumatischen Erlebnis konfrontiert, sondern auch mit der Tatsache, dass im Leben der Blick hinter manche Fassade riskant sein kann. Sein Schicksal führt ihn auf verschlungene Pfade, auf denen er sich mehr als einmal bewusst werden muss, dass jede Entscheidung mit Konsequenzen behaftet ist. Den Handlungsbogen abschließend wirft der Film einen Blick auf das Leben der beiden Söhne dieser so verschieden anmutenden Männer und am Ende der Reise wird klar, dass jedes Ende ein neuer Anfang ist, dass die Pfade des Lebens in viele Richtungen führen und dass manche Wege nicht so unterschiedlich sind, wie sie anfangs scheinen.

Ich möchte an dieser Stelle nicht zu viel über die Story von The Place Beyond the Pines verraten, denn sie ist so groß und so unglaublich gut erzählt, dass es gut ist, wenn man nicht allzu viel darüber weiß, bevor man sich den Film ansieht. So kann das gewaltige Gesamtwerk seine regelrecht magische Wirkung am besten entfalten. Dieser Film, der gleichzeitig so umfassend und doch so wenig an altbekannten Mustern zu messen ist, lässt sich kaum ausreichend und passend kategorisieren. The Place Beyond the Pines vereint verschiedenste Genres und Ansätze zu einem wahrhaft intensiven und emotionsgeladenen  Filmerlebnis. Miteinander verwoben werden nicht nur die verschiedenen Geschichten, sondern auch Stilmittel aus Gangsterfilm, Thriller und Drama. Gescheiterte Existenzen treffen auf das Streben nach dem Sinn und Unsinn des Lebens, Taten in bester Absicht treffen auf unausweichliche Konsequenzen und so werden neben den Problemen der Einzelpersonen gleichzeitig gesellschaftliche Herausforderungen beleuchtet. Korruption, Verbrechen und die Suche nach dem richtigen Weg im Irrgarten des Daseins, die Inhalte des Films sind unbeschreiblich vielschichtig und bieten unzählige Denkansätze. Der Regisseur zeigt die Protagonisten in harten, ungeschönten und ganz und gar unglamourösen Bildern, er beobachtet. Durch diese Haltung wird auch dem Zuschauer die Rolle des ohnmächtigen Beobachters zuteil, der die Charaktere ihre Entscheidungen treffen sieht und sich auf das Gesehene anschließend selbst seinen Reim machen muss.

Manche Wendung der Story mag konstruiert erscheinen, dafür ist das Ganze aber eine Geschichte, eine Parabel mit mannigfaltigen Interpretationsmöglichkeiten. Für The Place Beyond the Pines gibt es am Ende keine richtitge und keine falsche Interpretation. Erzählerisch ist dieser Film eine monumentale Leistung, die gerade deswegen so überzeugend ist, weil sie die schier unglaubliche Fülle an Inhalten gleichermaßen ruhig und gelassen und dennoch in relativ kurzer Zeit präsentiert. Dieser Film ist ein leuchtendes Beispiel dafür, wie 140 Minuten Film genutzt werden können, ohne dass Hektik oder Langeweile aufkommt und wie man Spannung aufrecht erhalten und gleichzeitig entspannt erzählen kann.

Abgerundet wird The Place Beyond the Pines durch die herausragenden schauspielerischen Leistungen der Akteure. Ryan Gosling spielt den Motorradfahrer mit dem Spitznamen „Handsome Luke“ mit dem ihm eigenen Minimalismus mit großer Wirkung. Er verleiht dem zwiespältigen Charakter, der seine Entscheidungen oftmals aus besten Absichten heraus trifft und dessen Herz und Träume größer sind als sein Verstand, die nötige Tiefe. Spätestens nach Drive sollte jedem Filmliebhaber offensichtlich sein, dass Ryan Gosling zu den aktuell größten Talenten Hollywoods gehört. Großes Talent beweist auch Bradley Cooper, der sich in ernsten Rollen um ein Vielfaches besser macht, als in albernen Komödien wie The Hangover. Er spielt den Polizisten Avery Cross und zeigt eindrucksvoll wie dieser stets versucht die richtigen Entscheidungen zu treffen und dabei trotzdem seinem Schicksal nicht entgehen kann. Die Schlüsselszene, in der er sich letztendlich und nach langer Zeit den Konsequenzen seines Handelns stellt, ist unglaublich intensiv. Dieser Moment der Selbsterkenntnis ist für mich einer der absoluten Gänsehautmomente des Films. Die Rollen der Söhne im jugendlichen Alter sind mit Emory Cohen und Dane DeHaan gut besetzt. Generell kann ich die Auswahl der gesamten Besetzung nur loben, denn sie ist erstklassig bis in die Nebenrollen. So spielt Ben Mendelsohn den etwas einfältigen aber trotzdem großherzigen Einsiedler Robin mit sichtlicher Hingabe und lässt ihn zu einem entscheidenden Charakter in der Geschichte um Luke werden. Eva Mendes kann mit ihrer unpretentiösen Darbietung in der Rolle der Kellnerin Romina überzeugen und ganz am Rande ist es nett, zu sehen, dass auch sie mit steigendem Alter der Wirkung der Schwerkraft nicht entkommen kann. (Links in diesem Absatz zu IMDB)

The Place Beyond the Pines zählt für mich zu den bisher besten Filmen des Jahres. Ein Meisterwerk der filmischen Erzählkunst von seltener Tiefe. Wer auf der Suche nach etwas Außergewöhnlichem ist, einer Abwechslung von starren Genrezuweisungen, der sollte diesen Film nicht verpassen. Derek Cinafrance hat in meinen Augen einen zeitlosen Klassiker geschaffen, der nach seinem Ende noch lange in den Köpfen der Zuschauer nachwirkt. Dieses Werk ist großes Kino und zeigt, dass es immer noch neue Möglichkeiten gibt, das Medium Film für vielschichtige Erzählungen zu nutzen – ganz ohne Glanz, Gloria und Effekthascherei – und dass manche Geschichte über alltägliche Helden und Existenzkämpfer genauso faszinierend sein kann, wie die großen, bunten Leinwandabenteuer.

Apropos große, bunte Helden: Nachdem sich meine Kinoerlebnisse seit dem Reinfall vor zwei Wochen wieder stetig und exponentiell gebessert haben, bin ich bereit für die Landung des Stählernen in der kommenden Woche. Nach zwei realitätsnahen Filmen, steht mir der Sinn durchaus wieder nach knalliger Heldenaction. Ich werde berichten.

Leselieblinge

Kettenaktionen – egal ob es Briefe auf Papier, E-Mails oder Posts sind – stehe ich schon immer kritisch gegenüber. Etliche Kettenbriefe sind schon zu Schulzeiten bei mir versiegt. Die einzige Aktion, an der ich mich tatsächlich beteiligt habe, war der Hefekuchen „Hermann“, der irgendwann in der Schule die Runde machte. Ich habe ihn „gefüttert“ und gepflegt, bis er groß genug war, um gebacken zu werden. Er schmeckte hervorragend, weshalb ich seine Ableger, inklusive dazugehöriger Anleitung, sogar weiterverbreitet habe. Alle anderen Vorhaben, die auch nur annähernd an Kettenbriefe erinnerten, habe ich geflissentlich ignoriert.

Nun macht ein Kettenblogpost die Runde. Er nennt sich „Liebster-Blog-Award“. ponyhofbesucher war so freundlich und hat mich in diesem Zusammenhang bei der Aufzählung seiner Lieblingsblogs genannt. An dieser Stelle möchte ich mich dafür von Herzen bedanken. Ich bin froh, wenn es da draußen Leute gibt, die meinen Blog lesen und denen meine Artikel obendrein gefallen. Die Spielregeln, die sich die Teilnehmer bei der Vergabe des Awards auferlegen, sind vom Aufwand her nicht zu verachten, weshalb die Nominierung eine noch größere Ehre für mich ist.

Aber auch wenn ich die Aktion unter dem Aspekt, dadurch neue Blogs und Blogger kennenlernen zu können, toll finde, werde ich mich den Regeln der Kettenaktion nicht unterwerfen. Gleichwohl lasse ich mir einige Empfehlungen in eigener Sache nicht nehmen.

Um meine persönlichen Lieblingsblogs zu empfehlen habe ich meine Blogroll. Alle Seiten, die dort genannt sind, kann ich jedem Leser nur ans Herz legen, ganz ohne Ausnahme und ohne Wenn und Aber. Trotzdem möchte ich die Gelegenheit nutzen, um vier ganz besondere Blogger zu erwähnen, ohne die ich mir den Stream in meinen Reader einfach nicht mehr vorstellen kann.

Zum ersten ist da Herr Hallmackenreuter, den ich im Real Life schon lange kenne und dessen Freundschaft ich sehr schätze. Er schreibt treffend, charmant und witzig und bringt mich oft zum Schmunzeln. Das Einzige, was ich bei seinem Blog vermisse, sind Kommentarfunktionen. So muss ich ihm meine Anregungen auf anderem Wege zukommen lassen. Auch er lässt sich die eine oder andere Anmerkung zu meinem Blog nicht nehmen. Ich schreibe hier nun schon eine ganze Weile über dies und das und es macht mir riesigen Spaß. Herr Hallmackenreuter macht mich bisweilen dezent auf manchen Tippfehler und darauf aufmerksam, dass ich doch viel mehr über Filme, als über andere Dinge schreibe. Dabei ist es überhaupt nicht meine Absicht, mich ausschließlich mit einem Thema befassen oder mich thematisch festzufahren. Wie dem auch sei, ich werde mich weiterhin bemühen, abwechslungsreiches Lesevergnügen zu präsentieren – nicht nur für Herrn Hallmackenreuter, versteht sich.

Als zweiten Blogger möchte ich First.Person.Writer erwähnen. Auch er ist ein geschätzter Freund in der Welt außerhalb des Internet. Die Themenvielfalt, die er auf seinem Blog präsentiert, ist erstaunlich. In Artikeln von verschiedenen Länge – mal nur ein Satz, mal mehrere Seiten – widmet er sich allen Bereichen des Lebens. Ich mag seine Sicht auf die Dinge. Er ist ein wahres Interpretationsgenie und entdeckt in Videospielen einige Aspekte, der mir ohne ihn verborgen geblieben wären. Besonders schätze ich darüber hinaus den Austausch mit ihm über Filme.

Ein weiterer Schreiberling, den ich zwar nicht persönlich kenne, der mir aber mittlerweile sehr ans Herz gewachsen ist, ist niggli-aigner. Auf seinem bunten und stilvollen Blog präsentiert er eine tolle, interessante und immer aktuelle Mischung. Er verehrt den Meisterautor Stephen King genauso sehr wie ich, weswegen ich mit ihm gerne Gespräche über den Dunklen Turm und andere Welten führe. Zusätzlich ist er ein Filmenthusiast, was zu weiteren regen Diskussionen über dieses Thema führt.

Als letztes möchte ich eine Bloggerin erwähnen, die sich mit diversen Familiengeschichten innerhalb kürzester Zeit einen festen Platz in meinem Reader erobert hat: Good Word for Bad World. Die wortgewandt erzählten Erlebnisse entlocken mir nur allzu oft ein breites Lächeln und lächeln ist toll und gesund.

Weitere Leselieblinge befinden sich, wie oben bereits erwähnt, in meiner Blogroll. Über mich selbst und meine Gedankengänge erfahren geneigte Leser in meinen Artikeln genug. Ich verzichte deshalb darauf, zusammenhanglos weitere Fakten aufzulisten. Fragen an andere Blogger äußere ich lieber persönlich und in den Kommentaren zu den jeweiligen Artikeln – soweit Kommentarfunktion vorhanden, versteht sich. Und wer mir Fragen stellen will, nur zu. Ich bin zum Austausch jederzeit gerne bereit.

Ich freue mich über alle treuen, über alle neuen Leser und auf viele weitere Beiträge und Gespräche. Der ponyhofbesucher, dessen Blog über Games, alte Zeiten und andere Gedankengänge ich im Übrigen auch sehr schätze und regelmäßig lese, möge mir meinen eigenwilligen Umgang mit dem Liebster-Blog-Award verzeihen. Meine einzige wirkliche Ketten(re)aktion wird der Hefekuchen bleiben. Falls mir heute jemand einen solchen Teigableger anbieten würde, würde ich sogar ernsthaft überlegen, ihn wieder aufzupäppeln. Er war schon außerordentlich schmackhaft, der gute Hermann …

Maß und Ziel

Ein Film mit Dwayne Johnson, mit Realitätsbezug, kritischen Untertönen und weniger Action, als es mancher Trailer vermuten lässt. Funktioniert das? Davon abgesehen, dass „The Rock“ für mich einer der derzeit wichtigsten Actionstars ist und ich ihn gerne auf der Leinwand sehe, war das die zentrale Frage, die mich beschäftigte, als ich ins Kino ging um mir Snitch anzusehen.

Im Nachhinein kann ich nur sagen: Ja, es funktioniert, sehr gut sogar. Eine wichtige Info gleich vorab: Wer bei Snitch einen lauten Actionkracher erwartet, wird enttäuscht werden. Es gibt Actionszenen. Diese sind gut inszeniert, allerdings nicht der Hauptbestandteil des Films. Ich würde Snitch als Thriller mit Actioneinlagen bezeichnen.

Erzählt wird die Geschichte eines Vaters, der einen riskanten Deal mit der Staatsanwaltschaft eingeht, um die Haftstrafe für seinen wegen Drogenbesitzes im Gefängnis sitzenden Sohn zu verringern. Der Bauunternehmer John Matthews ist ein Macher, einer der gerne anpackt und für das, was er im Leben erreicht hat, hart gearbeitet hat. Während er seine Firma aufbaute und dabei selbst als Trucker durchs Land fuhr, ist seine erste Ehe gescheitert. Inzwischen hat er eine neue Familie. Sein Sohn aus erster Ehe ist ein Jugendlicher mit viel Wut im Bauch. Er ist unzufrieden mit seinem Leben und risikobereit. Zusammen mit einem Freund will er sich Drogen beschaffen, ausprobieren und verkaufen. Das Vorhaben scheitert kläglich, denn als das Packet mit den Rauschmitteln eintrifft, wird er sofort von der Drogenvollzugsbehörde verhaftet. Aufgrund der harten Gesetzgebung in den USA bei Drogenvergehen wird er zu einer Mindesthaftstrafe von 10 Jahren verurteilt. Eine Verringerung der Zeit im Gefängnis ist nur durch „Snitching“ möglich, also durch das Verraten von Anderen. Als der Sohn sich weigert, einen seiner Freunde anzuschwärzen, übernimmt sein Vater die Rolle des Informanten, auch wenn er dafür erst mühsam Beziehungen zum Drogenmilieu aufbauen muss. Er ist entschlossen, seine Versäumnisse als Vater wiedergutzumachen und alles dafür zu tun, um seinem Sohn zu helfen, früher aus dem Gefängnis zu kommen. Mit der Hilfe eines seiner Angestellten, der sein Leben eigentlich in den Griff bekommen will und seiner Familie zuliebe mit der Dealerszene abgeschlossen hat, nimmt er Kontakt zu wichtigen, kriminellen Personen auf und verhandelt einen Deal mit der Staatsanwaltschaft. Er hilft dabei, einen gesuchten Drogenboss zu verhaften und dafür wird die Haftstrafe des Sohnes auf ein Jahr gekürzt. Die Vereinbarung klingt einfacher, als sie am Ende tatsächlich ist, denn die Gier der Behörden führt dazu, dass der muskulöse Bauunternehmer mehr aufs Spiel setzen muss, als er jemals gedacht hätte.

Die Story von Snitch ist spannend und gut geschrieben. Darüber hinaus ist der Realitätsbezug zum amerikanischen Rechtssystem deutlich spürbar und die kritischen Untertöne regen die Zuschauer zum Nachdenken an. Fragen nach einem verhältnismäßigen und richtigen Strafmaß und danach, wie weit man das Leben von Zivilisten für Recht und Ordnung aufs Spiel setzen darf, sind nicht nur bezogen auf die USA interessant. Zusätzlich werden Themen wie die Wirtschaftskrise und Patchwork-Familien angerissen und es wird gezeigt, dass es Menschen gibt, die bereit sind sehr weit zu gehen, wenn sie sich für ihre Angehörigen einsetzen. Der Erzählstil des Films ist in Anbetracht der Themenvielfalt sehr gelassen. Der Regisseur fokussiert sich auf die einzelnen Charaktere und zeichnet eine vielschichtige und spannende Milieustudie im Thrillerstil.

Dass der Film die im Grunde doch recht vorhersehbaren Plottwists trotzdem spannend präsentiert und die Zuschauer für 112 Minuten zu fesseln weiß, verdankt er der Leistung der beteiligten Schauspieler. Dwayne Johnson ist muskulös – sicher etwas besser gebaut als der Ottonormaltrucker und -bauunternehmer – gekonnt ausgewählte Kleidung kaschiert seine Statur aber und ist ein wichtiges Element um seine Rolle als John Matthews nicht unwahrscheinlich wirken zu lassen. The Rock spielt den sich einsetzenden Vater sehr überzeugend und mit viel Gespür. Wer denkt, der klobige Wrestler könne nur testosterongeladene Sprüche klopfen und schießen, wird in Snitch eines Besseren belehrt. Ich persönlich kann seine Leistung nur würdigen und freue mich nun umso mehr auf weitere Filme mit ihm. Schauspielerisches Geschick beweist auch Jon Bernthal in seiner Rolle als Daniel James, der hin- und hergerissen ist zwischen seiner Vergangenheit in der Drogenszene und dem ersehnten Neuanfang mit seiner Familie. Er verleiht seinem Charakter sehr viel Tiefe und Authentizität. Positiv fällt außerdem Benjamin Bratt als mexikanischer Drogenbaron „El Topo“ auf. Nach einer langen Zeit, in der er nur als strahlender und sympathischer Doktor im „Grey’s Anatomy“-Ableger „Private Practice“ zu sehen war, tut ihm eine Rückkehr zu dunkleren und vielschichtigeren Charakteren sehr gut. Susan Sarandon als toughe und machthungrige Staatsanwältin, die bei der Suche nach dem richtigen Maß des Öfteren über das Ziel hinausschießt und Michael Kenneth Williams als Drogenboss Malik runden das gut gecastete Ensemble ab.

Snitch ist meiner Meinung nach ein wirklich unterhaltsamer Film. Hier und da sind durchaus Schwächen und Verbesserungspotenzial erkennbar. So sind die Dialoge von Vater und Sohn bei den Besuchen im Gefängnis sehr flach und fast schon unnötig, die kritischen Aspekte hätten an der ein oder andere Stelle besser herausgearbeitet werden können und ob es wirklich das Hollywod-Happy-End hätte geben müssen sei einmal dahingestellt. Eine Erzählweise, die die Zuschauer fordert und nicht jedes wichtige Element doppelt und dreifach wiederholt, bis es der Letzte Zuschauer begriffen hat, tröstet über gelegentliche Hänger jedoch hinweg. Vor allem macht die schauspielerische Leistung der Besetzung Snitch zu einem vielleicht nicht überragenden aber dennoch wirklich sehenswerten Film.

Katerstimmung im Kino

„Humor ist, wenn man trotzdem lacht.“ Dieses bekannte Zitat des Dichters Otto Julius Bierbaum, beinhaltet viel Wahrheit und trifft oft im Leben zu. Bei Filmen kommt es vor allem auf die Art der Gags an, denn die Richtung des Humors ist entscheidend dafür, wer von den Zuschauern lauthals lacht, wem gelangweilt das Gesicht einschläft und wer einfach trotzdem lacht, weil Lachen in großen Gruppen tatsächlich ansteckend sein kann.

Glücklicherweise gibt es, wie bei allen Genres, auch bei Komödien die verschiedensten Ausprägungen und es ist immer wieder interessant zu beobachten, wer über welche Witze lacht. So gehen die Vorstellungen über absolute Schenkelklopfer oftmals auseinander – selbst wenn ich bloß den Ehemann und mich betrachte. Es gibt viele Gags, über die wir uns gemeinsam amüsieren können, aber es gibt mindestens genauso viele Witze, bei denen nur einer von uns lacht. Es ist mitunter schwer, Humor und seine Ausprägungen genau einzugrenzen. Filme wie American Pie oder Road Trip entlocken mir höchstens ein müdes Stirnrunzeln, während der Mann Tränen lacht. Genau das gegenteilige Bild ergibt sich bei  Austin Powers oder Dumm und Dümmer, bei denen den Gatte regelrecht die Gesichtslähmung überfällt, während ich mich im Sitz kugele vor Lachen. Ich bin der Meinung, dass sich Humor nicht kategorisieren und nicht an einzelnen Elementen festmachen lässt. Eine Unterscheidung in „Männerhumor“ und „Frauenhumor“ lehne ich ab. Es ist am Ende wohl das gute, alte Ding mit dem Affen, der in die Seife biss: Geschmacksache. (Links in diesem Absatz zu IMDB)

Ein weiteres Filmbeispiel, bei dem die Meinungen im Hause Tigermaus auseinander gehen, ist Hangover. Der Mann ist ein großer Fan des ersten Teils und kann sich über den Spruch „Ihr Wagen, Officers!“ jederzeit unkontrolliert kaputtlachen. Für ihn einer der besten Gags der Filmgeschichte, für mich irgendwie nur doof. Ein paar Mal habe ich beim ersten Teil auch gelacht, das gebe ich zu, jedoch zerstörte das platte Ende für mich den kompletten Film. Wer mir am Anfang die sich schließende Dachtür überdeutlich zeigt, sollte sie am Ende nicht als sensationelle Auflösung präsentieren. Hätte ich nicht den ganzen Film über gedacht „Bitte lass den Kerl am Ende nicht auf dem Dach sitzen. Das wäre zu einfach.“ wäre ich vermutlich weniger enttäuscht aus dem Kino gegangen. Dass der zweite Teil nur ein Aufguss des ersten war, musste auch der Ehemann zugeben, amüsierte sich aber dennoch ein weiteres Mal.

Nun stand also Teil 3 auf dem Programm. Ich war von vornherein ziemlich sicher, dass Hangover 3 (The Hangover Part III) kein Film für mich werden würde, als Cineastin kann ich Filme jedoch eigentlich erst dann fundiert ablehnen, wenn ich sie tatsächlich gesehen habe und es kann außerdem nicht schaden, die Argumentationsgrundlage für ein mögliches viertes Austin-Powers-Leinwandabenteuer rechtzeitig aufzubauen. Es gibt Filme, die ich mir aus Prinzip nicht ansehe, Hangover 3 zählt nicht zu dieser Gattung.

Aufgrund des großen Erfolges der vorangegangenen Teile war der große Kinosaal bis auf den letzten Platz belegt. Eine Menge Fans warteten offenbar sehnsüchtig auf Nachschub und freuten sich auf ein neues Abenteuer des „Wolfsrudels“. Geradezu irritirend wenig wurde dann aber während des gesamten Films gelacht. In diesem Fall schien es nicht an unterschiedlichem Humorverständnis zu liegen, sondern vielmehr an der nahezu vollkommenen Abwesenheit von guten Gags.

Die Geschichte von Hangover 3 wirkt grob und lieblos zusammengeschustert. Vergeblich wird versucht, die beiden ersten Teile miteinander zu verbinden, einen irgendwie gearteten Abschluss zu finden und gleichzeitig die Filmrissgeschichte nicht ein drittes Mal abzufeiern. So stolpert das Wolfsrudel hilflos nach Mexiko und zurück nach Las Vegas auf der Suche nach Goldbarren und nach dem nervigen Mister Chow. Selbst mein persönlicher Hangover-Experte war am Ende bloß enttäuscht und verwirrt ob des Gesehenen.

Es sind nicht die Schauspieler, die die Schuld daran tragen, dass der Film zum kompletten Rohrkrepierer wird. Keinen davon halte ich für absolut unfähig. Zach Galifianakis hat in meinen Augen sogar großes schauspielerisches und humoristisches Potenzial. Über sein Team-Up mit Robert Downey Jr. in Stichtag (Due Date) habe ich mich königlich amüsiert – wohlgemerkt mehr als über alle Hangover-Filme zusammen. Es ist und bleibt der Inhalt, der nicht passt.

Wo waren bloß die Gagschreiber, als das Drehbuch verfasst wurde? Hatten sie Urlaub? Oder wollte Todd Phillips einfach sicherstellen, dass nach diesem Film garantiert keiner nach einem weiteren Hangover-Teil verlangt? Mir ist das Ganze ein Rätsel, dem Ehemann auch. Schade ist nur, dass viele Zuschauer ihr Geld doch ins Kino tragen werden und sich der kommerzielle Erfolg deshalb wohl trotzdem einstellen wird, selbst wenn es der Film überhaupt nicht verdient hat. Ich kann Hangover 3 jedenfalls nicht empfehlen – auch eingefleischten Fans der Filmreihe nicht.

Männer, Muskeln und Motoren

Schnell und wild. Die im Jahr 2001 gestartete „Fast & Furious“-Filmreihe (Link zu Wikipedia) macht ihrem Namen alle Ehre und bleibt ihrem Motto seit mittlerweile 12 Jahren treu. Für mich ist sie eine der besten neue(re)n Actionfilmreihen. Die Macher besinnen sich regelmäßig auf die Inhalte zurück, die gute Actionfilme ausmachen: coole Helden, irre Actionszenen und gewaltige, laute Explosionen.

Wie? Das war’s schon? Mehr ist nicht zu erwarten?
Ja. So ist es. Besser gesagt: Genau so muss es sein!

Actionfilme heißen Actionfilme, weil es darin primär um Action geht. Das sollten sich Kritiker, die sich diese Art von Filmen ansehen, immer wieder vor Augen führen. Wer in einen Actionfilm geht und hochanspruchsvolles Kunstkino erwartet, dem ist meiner Meinung nach nicht zu helfen. Zu oft muss ich lesen, wie unterhaltsame Filme in den Medien zerrissen werden, weil sich wieder jemand unbedingt auf die Suche nach dem großen Anspruch hinter jeder Explosion begeben wollte. Ich raufe mir über solche Kritiken regelmäßig die Haare.

Gute, reine Actionfilme, echte Kracher mit muskelbepackten Actionhelden, die dem Genre alle Ehre machen, gibt es immer weniger. Ich habe das Gefühl, dass Filmemacher – vielleicht aufgrund des Verhaltens einiger Kritiker – heute oft dazu tendieren, zu viel in einen Film hineinpacken zu wollen. Überall wird versucht, es möglichst vielen verschiedenen Zuschauergruppen recht zu machen. Filme werden lieber auf eine breite Basis gestellt, statt ein klares Ziel vor Augen zu haben und dieses stringent von Anfang bis Ende zu verfolgen. Echte Actionkracher haben nur ein Ziel: Sie wollen unterhalten.

Unterhaltung ist genau das, was Fast & Furious 6 bietet. Explosive, atemlose Action von der ersten bis zur letzten Sekunde, garniert mit coolen Sprüchen. Echte Actionhelden sind Meister in Sachen One-Liner und unter diesem Gesichtspunkt betrachtet, sind die Protagonisten in Fast & Furious 6 Großmeister. Dieser Film ist ein Fest für alle Liebhaber von coolen, knappen Dialogen. Muskelmänner mit schnellen Autos und großen Waffen müssen nun mal nicht viel reden um ihren Standpunkt klar vorzutragen. Schon die Actionhelden aus den 80ern wussten das und wurden genau dafür verehrt. Dialoge wie „Es war nicht schwer Dich zu finden, Toretto.“ „Ich  hab mich nicht versteckt.“ zaubern mir ein breites Grinsen aufs Gesicht. Ich grinste während des gesamten Films zufrieden von einem Ohr zum anderen.

Die Geschichte von Fast & Furious 6 führt die aus den vorangegangenen Filmen fort. Dominic „Dom“ Toretto und seine Crew haben Amerika verlassen und sich in Europa niedergelassen. Die Gangster mit dem fairen Kodex entgehen auf diesem Weg ihrer Verhaftung und Auslieferung. Als mit Owen Shaw ein neuer, professioneller Verbrecher auf den Plan tritt, der seine Raubzüge ebenfalls mithilfe von schnellen Autos und einer gut trainierten Crew durchführt, bittet Luke Hobbs, Agent des Diplomatic Security Service, Toretto um Hilfe. Es gilt Feuer mit Feuer zu bekämpfen und zu verhindern, dass eine gefährliche Cyber-Waffe in falsche Hände gelangt. Zur Zusammenarbeit überzeugen, kann er die schnellen und wilden Actionhelden mit der Aussicht auf Amnestie und Hinweisen auf Doms Exfreundin Letty Ortiz, die ihren Unfall aus Film Nummer 4 wider Erwarten überlebt zu haben scheint. Es beginnt eine furiose Jagd auf heißen Reifen quer durch Europa.

Garagen, Gangster, Gaspedale. Asphalt, Autos, Actionhelden. Die Welt von Fast & Furious 6 ist einfach, aber unglaublich unterhaltsam. Die Story mag zwar etwas hanebüchen sein, aber sie wird schon seit Beginn der Filmreihe kontinuierlich fortgeführt.  Darüber hinaus ist sie eine der immer seltener werdenden Originalgeschichten, die extra für die Leinwand geschrieben werden und die sich außer den Vorgängerfilmen keiner Vorlage verschreibt.

Die Actionszenen in Fast & Furious 6 gehören für mich zu den besten seit Langem. Autos, Panzer, Flugzeuge – alles was Räder hat, wird bekämpft, zum Explodieren gebracht und plattgemacht. Bei den Verfolgungsjagden entsteht selbstredend einiges an spektakulärem Kollateralschaden und zwischendurch wird sich ordentlich geprügelt. Dwayne Johnson und Gina Carano setzen coole Wrestling-Moves gekonnt ein und auch der Rest – egal ob Männlein oder Weiblein – weiß sich mit allen vier Gliedmaßen gut choreographiert zur Wehr zu setzen. Fast & Furious 6 ist ein wahrer Augenschmaus für Actionfans. Sämtliche Schauspieler tun genau das, was sie am besten können. Vin Diesel und „The Rock“ gehören zu den coolsten Muskelbergen, die das Kino momentan zu bieten hat und der Rest der Besetzung macht ebenfalls einen guten Job. Nach fünf Filmen sind mir als Fan die einzelnen Crewmitglieder mit ihren jeweiligen Eigenheiten ans Herz gewachsen. Bemerkenswert finde ich, dass Fast & Furious 6 als reiner Actionstreifen das schafft, was andere Filme, in denen viele Figuren vorkommen, genreunabhängig oftmals nicht vermögen: Trotz der beträchtlichen Menge an Charakteren, wird jedem Einzelnen genug Raum verschafft. Keiner kommt zu kurz oder wird übergangen, selbst wenn es noch so heiß hergeht.

Wer den alten Zeiten nachtrauert, damals, als Actionhelden noch nichts sein mussten, außer eben Actionhelden, der sollte sich Fast & Furious 6 unbedingt ansehen. Liebhaber der Reihe und Fans der verschiedenen Schauspieler gehen ohnehin ins Kino. Man muss die vorhergehenden fünf Filme nicht zwingend gesehen haben, um gut unterhalten zu werden. Ich persönlich bin von Fast & Furious 6 geradezu begeistert. Ja, manchmal braucht es eben nicht mehr als ästhetisches „Brumm! Brumm!“ und gut gemachtes „Bumm! Bumm!“, um mich vorzüglich zu unterhalten . Dieser Film hat genau das geboten, was ich erwartet hatte.

Über die gesamte Reihe hinweg, habe ich eigentlich nur den dritten Teil The Fast and the Furious: Tokyo Drift (Link zu IMDB) als vergleichsweise schwach empfunden (zu wenig Vin Diesel!). Ausblickend betrachtet, wird diesem Film aber scheinbar in Zukunft doch noch eine größere Bedeutung innerhalb der Reihe zugewiesen. Ich bin schon heute gespannt auf Teil 7, in dem der nächste, schlagfertige Actionheld mit wenig Haaren und vielen Muskeln seinen Weg in die Filmreihe finden wird.

Die Teufel tanzen wieder

„Bitte roh und blutig!“ So würde meine Antwort auf die Frage „Wie sollen wir Ihnen den Horrorfilm servieren?“ lauten. Hinzufügen würde ich: „Als Beilage hätte ich gerne untote Monster und Dämonen. Bitte würzen sie das Ganze mit Kämpfen und Schnetzeleien und verwenden Sie bei der Zubereitung verschiedene Schneidewerkzeuge und Haushaltsgegenstände. Und bitte verzichten Sie auf langhaarige Gruselkinder.“

Meine Faszination für das Genre, in dem die Fantasie von Machern und Zuschauern finstere Abgründe erforscht und Gänsehautgefühle erwünscht sind, begann früh. Vielfach wird diesen Filmen und ihren Fans wenig Verständnis entgegen gebracht, vor allem in Deutschland. Hierzulande wird jedes Werk, in dem das kleinste bisschen Kunstblut fließt, sofort kritisch beäugt. Der Staat schaltet sich ein, zensiert, indiziert, verbietet und verstümmelt damit gleichzeitig massenweise Filme. Wege, sich über diese Bevormundung hinwegzusetzen, lernt man als Fan schnell und so habe auch ich rasch Möglichkeiten gefunden, Horrorfilme ungeschnitten zu sehen. Zensur in jeglicher Form lehne ich strikt ab. Meiner Meinung nach obliegt die Entscheidung darüber, was man sich ansieht, was man liest und was man spielt, jedem einzelnen Menschen selbst. Dass bestimmte Materialien nicht in Kinderhand gehören, versteht sich dabei von selbst. Eine Alterskennzeichnung ist richtig und wichtig, Verbote sind nichts davon. Der Horrorfilm ist und bleibt ein Teil der Filmkunst, den nicht alle Menschen gleichermaßen verstehen und mögen, aber wie bei anderen Kunstformen gilt: Man muss nicht alles mögen, sollte aber gleichzeitig nichts prinzipiell und rigoros verurteilen.

Ein Horrorfilm, der in Deutschland schon lange indiziert und beschlagnahmt ist, ist Sam Raimis Tanz der Teufel (The Evil Dead, Link zu IMDB) aus dem Jahr 1981. Unter Fans genießt dieses Werk absoluten Kultstatus und auch für mich gehört „Tanz der Teufel“ zu den besten Horrorfilmen aller Zeiten. Der Held der Geschichte, Ashley „Ash“ J. Williams, ist in meinen Augen einer der coolsten Monsterbezwinger aller Zeiten. Seine Abenteuer nach der Evil-Dead-Trilogie (auf den ersten Film folgten zwei weitere in den Jahren 1978 und 1992, Links zu IMDB) werden seit einiger Zeit in den „Army of Darkness“-Comics bei verschiedenen US-Verlagen weitergeführt. Ich verfolge seine Reisen durch Raum und Zeit bis heute. „Tanz der Teufel“ hat Regisseur Sam Raimi und Darsteller Bruce Campbell zum Durchbruch in Hollywood verholfen – und das zu Recht. Sieht man einmal von der gezeigten Brutalität und den wirklich gelungenen Maskeneffekten ab, muss nämlich jeder Filmliebhaber eingestehen, dass die Stilmittel (z.B. Kameraperspektive aus Dämonensicht, schnelle Schnitttechniken), die Sam Raimi virtuos einsetzte, revolutionär und wegweisend waren, nicht nur für das Horrorgenre.

Evil Dead, dieser Kultfilm, der für mich und viele andere Fans über jeden Zweifel und jede Kritik erhaben ist, erhält nun eine Neuauflage. Entsprechend groß war die Skepsis in der Fangemeinde seit der Ankündigung. Hoffnung machte die Beteiligung von Sam Raimi und Bruce Campbell als Produzenten. Die Trailer waren gruselig und dämonisch genug um die Zuversicht zwischenzeitlich nicht aufzugeben. Aber sollte man ein solch großes Kultobjekt überhaupt anfassen? Ist nicht jedes Remake gleichzeitig ein Sakrileg? Und kann es Evil Dead ohne Ash überhaupt geben?

Nachdem ich Evil Dead gesehen habe, kann ich  sagen, dass mich der Film außerordentlich positiv überrascht hat und dass alle meine Hoffnungen erfüllt wurden. Was für ein Fest! Endlich wieder ein Horrorfilm, der sich traut zu den Wurzeln des Genres zurückzukehren!

Die erzählte Geschichte ist der des Originals sehr ähnlich und könnte klischeebehafteter kaum sein. Fünf Jugendliche treffen sich in einem einsamen Haus im Wald. Im Gegensatz zu anderen Horrorfilmen wird sogar ein plausibler Grund für den Aufenthalt präsentiert: Mia, ein Mitglied der Gruppe, ist drogenabhängig. Fern ab der Zivilisation soll ihr unter dem Beistand ihres Bruders und ihrer Freunde endlich der kalte Entzug gelingen. Dieses Vorhaben entpuppt sich als wesentlich schwieriger als angenommen, denn das Haus birgt ein dunkles Geheimnis. Im Keller finden die Fünf ein rätselhaftes Buch, das Necronomicon, mit dem sie versehentlich etwas Uraltes und absolut Böses befreien, das sich auf die Jagd nach ihren Seelen macht und sie gnadenlos heimsucht. Der Ausflug in die Natur wird zum brutalen Horrortrip.

Evil Dead präsentiert sich als absolut klassischer Horrorfilm. Frei nach dem Motto „Back to the Roots“ wird gemetzelt was das Zeug hält. An Kunstblut, Kunsthaut und Kunstgebein wurde bei der Produktion nicht gespart. Dass dieser Film in derselben Schnittfassung wie in den USA (R-Rating) in den deutschen Kinos läuft, freut Fans und Kinobetreiber gleichermaßen. Zartbesaiteten muss ich leider von einem Kinobesuch abraten. Für einige könnte dies tatsächlich der schockierendste Film sein, den sie jemals sehen werden. Ein paar unvorbereitete Zuschauer hatten nach der Kinovorstellung, die ich besucht habe, sichtlich weiche Knie. Horrorfilmfans dagegen sollten sich Evil Dead aller Skepsis zum Trotz nicht entgehen lassen.

So viel Liebe zum Detail, so viele klein(st)e Hinweise auf das Original (und auch auf dessen zweiten Teil), so viele Interpretationsmöglichkeiten – mein Herz hüpfte an vielen Stellen fröhlich in die Höhe. Konkrete Beispiele verkneife ich mir an dieser Stelle aus Rücksicht vor allen, die den Film noch nicht gesehen haben. Ein paar ausgewählte Schlagworte sollten ausreichen: Kettensäge, Schrotflinte, Dornenranke, Dämonenhand, Kellerluke. Fans bleiben bitte unbedingt bis zum Schluss, also bis nach dem Abspann, sitzen …

Vor zu viel Insidermaterial muss sich aber dennoch niemand fürchten. Evil Dead ist sowohl für Fans des Originals als auch für Horrorfans geeignet, die Sam Raimis Urwerk nie gesehen haben. Endlich ein Film, der sich zurückbesinnt auf die Wirkung von Masken und Prothesen und der sich bei Schockeffekten nicht auf CGI verlässt! Die Arbeit der an der Produktion beteiligten Maskenbildner ist in Kombination mit satten Soundeffekten zum Niederknien gut gelungen.

Regisseur Fede Alvarez, der gleichzeitig am Drehbuch mitschrieb, beweist mit Evil Dead großes Können und Fingerspitzengefühl für das Genre. Er weiß um die Bedeutung des Originals und inszeniert seine Version als grandiose Hommage, eine tiefe und aufrichtige Verbeugung vor den Machern. Ihm ist es zu verdanken, dass die ursprüngliche Trilogie trotz allem quasi unangetastet weiter im Horrorolymp existieren kann. Sam Raimi und Bruce Campbell haben eine vortreffliche Entscheidung getroffen, indem sie Fede Alvarez im Regiestuhl Platz nehmen ließen. Er verbindet klassisches Filmhandwerk mit brillanten Bildern und verleiht seinem Evil Dead einen einzigartigen Look, dem sich kein Zuschauer entziehen kann. Vor seinem Mut, alle Trends einfach Trends sein zu lassen und zu den Anfängen des modernen Horrorfilms zurückzukehren, kann ich nur den Hut ziehen.

Die Besetzung sämtlicher Rollen mit frischen und von Hollywood bisher unverbrauchten Talenten trägt neben dem bis dato eher unbekannten Regisseur zusätzlich dazu bei, dass Fans und Neulinge dem Film gleichermaßen neutral gegenübertreten können. Darüber hinaus sind alle beteiligten Schauspieler sehr talentiert. Die Darstellung von Angst, Panik und Gewalttaten erfordert trotz aller Maskerade enormes schauspielerisches Können. In vielen Horrorfilmen sind die Darsteller nur Kanonenfutter für die jeweiligen Monster. Mann kennt das: Schönes, dummes Mädchen fährt an einen See. Schönes, dummes Mädchen hat Sex. Schönes, dummes Mädchen schreit und rennt. Schönes, dummes Mädchen geht drauf. In Evil Dead ist dies nicht der Fall. Hier wird mit sichtlicher Hingabe und mit viel Ausdruck gespielt. Dieser Film ist Beweis genug dafür, dass bei Horrorfilmen fähige und talentierte Leute vor und hinter der Kamera vonnöten sind, um ein vollendetes Schockerlebnis auf die Leinwand zu bringen. Schon Alfred Hitchcock wusste das. Es gerät nur oftmals in Vergessenheit.

Wer meckern möchte, findet bei Evil Dead sicher einige Anhaltspunkte dazu. Der Film ist an vielen Stellen anders als das Original und auch für mich thront Sam Raimis Werk nach wie vor über allem. Fede Alvarez Version ist aber so gut, dass sie sich meiner Meinung nach einen Platz in den Herzen der Fans durchaus verdient hat. Man sollte das Ganze vielleicht weniger als reines Remake und vielmehr als neue Herangehensweise an die Materie sehen. Ash wird immer Ash bleiben und seinen Status als „The Chosen One“ kann und wird ihm keiner absprechen. Das Wirken des Necronomicon ist aber schon immer unergründlich und geht ganz eigene Wege.

Ich persönlich hoffe, dass weitere Filme dem Beispiel von Evil Dead folgen werden und dass es endlich eine Rückkehr zu mehr klassischem Horror geben wird. Ich bin bereit für mehr Monster, übermenschliche Slasher und handgemachte Effekte, die reine Computeranimationen noch heute locker in die Tasche stecken können. Der Horrorfilm hat ein zünftiges Revival verdient, ohne langhharige Gruselkinder.

Ich gebe hiermit meine Bestellung für die nächsten Horrorfilme auf und hoffe auf viele weitere Gänge à la Evil Dead.

Berauschende Bilderflut

Betrachtet man die wöchentlichen Neustarts im Kino so sind in den letzten Wochen und Monaten Verfilmungen, im Gegensatz zu den extra für die Leinwand erdachten und gemachten Werken, geradezu übermächtig. Comics, Bücher, bereits existierende Filme, alles wird (neu) verfilmt, mit neuer Technik aufbereitet und der Vorlage mehr oder weniger Respekt zollend in das Medium Film übertragen.

Prinzipiell habe ich nichts gegen Verfilmungen und Remakes. Wenn sie denn gut gemacht sind, spricht aus meiner Sicht nichts dagegen und es können durchaus mehrere unterschiedliche Versionen der gleichen Vorlage gleichberechtigt nebeneinander existieren. Ein gutes Beispiel dafür ist Stephen Kings Roman „The Shining“. Stanley Kubricks Version hat mit dem Buch (zu) wenig zu tun, besticht jedoch durch Jack Nicholsons einzigartige Schauspielkunst. Der TV-Zweiteiler arbeitet dagegen wesentlich näher an der Vorlage, was mich als Stephen-King-Fan sehr freut. Jede Version hat ihre Stärken und Schwächen.

Aus diesem Grund war ich sehr neugierig auf Baz Luhrmanns Neuverfilmung von F. Scott Fitzgeralds gleichnamigen Roman The Great Gatsby. Ich gebe offen und ehrlich zu, dass ich das Buch nie ganz gelesen habe. In meiner Schulzeit musste ich irgendwann einmal Ausschnitte daraus lesen, in einer Unterrichtseinheit über den Amerikanischen Traum. Die Geschichte des Buches und die weitreichenden Interpretationsmöglichkeiten der Geschichte sind mir deshalb bekannt. Ich kann mir jedoch nicht anmaßen, zu sagen wie genau der Film der Vorlage im Wortlaut und in den kleinsten Feinheiten folgt. Das muss ich anderen Kritikern überlassen.

Dennoch kann ich den Vorwurf, der Film sei bloß kitschig und komplett inhaltsleer, den ich in einigen Filmkritiken bereits gelesen habe, nicht teilen. Sämtlichen Aspekten der Geschichte, die mir bekannt sind, wird in irgendeiner Form Rechnung getragen. The Great Gatsby spielt in den 1920er Jahren in New York. Erzählt wird die Geschichte des reichen und geheimnisvollen Jay Gatsby aus der Sicht seines Freundes Nick Carraway, der ein kleines Haus neben der riesigen Villa des Millionärs bewohnt. Nick ist der Cousin der schönen Daisy, Gatsbys großer Liebe. Daisy ist verheiratet mit dem reichen Ex-Footballspieler Tom Buchanan und wohnt in einem Haus in derselben Bucht, genau gegenüber von Gatsby und Carraway. Der hoffnungsvolle Nick, der auf der Suche nach Reichtum und Erfolg nach New York gezogen ist, wird von Gatsby langsam in dessen Vorhaben verwickelt, Daisy für sich zurückzugewinnen, wobei Aufgeben keine Option darstellt. Ereignisse werden in Gang gesetzt, die langsam aber sicher auf ein dramatisches Ende zusteuern.

Die „Roaring Twenties“ inklusive ausufernden Partys, Untergrundlokalitäten aufgrund der Prohibition, die unübersehbaren Differenzen zwischen Arm und Reich, die durch die Wall Street geschürte Hoffnung auf das große Geld, Dekadenz, Rassenkonflikte, die tiefe Verwurzelung des Amerikanischen Traums in den Köpfen der Menschen, der vielschichtige und teilweise in sich gegensätzliche Charakter von Jay Gatsby – Baz Luhrmanns Verfilmung enthält jede Menge Ansätze zum Nachdenken und viele Botschaften, die bis heute nicht an Aktualität und Bedeutung verloren haben. Lässt sich nicht jeder Mensch ein bisschen durch seine Vergangenheit fesseln? Mit Geld kann man sich nicht alles kaufen, oder doch? Diese und viele weitere Fragen kann man sich als Zuschauer nach dem Film stellen.

Der interpretatorische Gehalt hat seinen Ursprung jedoch nicht im Film selbst, sondern in der Buchvorlage. Einiges kommt im Film durch, mehr jedoch wird plattgeklopft durch die schiere Wucht der Bilder. The Great Gatsby ist weniger ein Kostümfilm als vielmehr ein Kulissenfilm, durchgestylt bis ins kleinste Detail. Baz Luhrmann versucht, die Geschichte in zum Leben erweckten Gemälden darzustellen. Wallende Vorhänge, märchenhafte Gewächse, durchchoreographierte Partyszenen – hier wird nichts dem Zufall überlassen. Jede Rauchschwade windet sich in feinster Digitalqualität wie vorgesehen, jeder Anzug und jede Frisur sitzt perfekt. Ich kann den auf diese Weise entstandenen Bildern eine gewisse Faszination nicht absprechen, jedoch beherrschen viel zu oft Kulissen oder Accessoires die Szenerie. Die Schauspieler werden durch viel Glanz und Gloria wesentlich in ihren Möglichkeiten eingeschränkt, sie agieren in goldenen Käfigen aus Ausstattung und Technik. Besonders im Kopf geblieben ist mir eine Szene, in der Gatsby seiner geliebten Daisy sein Anwesen zeigt und sie mit seinen Reichtümern wortwörtlich überhäuft. Die Kamera zeigt dabei nicht die Gesichter der Protagonisten, wenngleich ich in einem winzigen Moment am Rande ein mitreißendes Minenspiel von Leonardo DiCapro beobachtet habe. Der Fokus liegt auf schwebenden, bunten Stoffen, was der Emotionalität der Szene nicht zuträglich ist.

Beispiele für ähnliche Szenen könnte ich viele aufzählen. Nur als die Protagonisten endlich alle in einem Raum zusammenkommen, kann man das wahre Potenzial erkennen, die Wucht der Emotionen, die hätte transportiert werden können. Bunte 3D-Technik ist schön und ich bin ein großer Freund davon, wenn neue Möglichkeiten ausgeschöpft und geschickt genutzt werden. Bombastische, bunte, berauschende Bilder alleine machen aber noch keinen guten Film. Dazu gehören nun mal die Schauspieler, von denen alle bei The Great Gatsby in meinen Augen leider nicht über ihre eigenen Standards hinauskommen. Leonardo DiCaprio hat sich seit seiner Zeit als ewiger Sonnyboy schon lange als ernst zu nehmender Schauspieler mit großem Potenzial etabliert. Als Gatsby kann er seine Magie leider nicht wirken. Tobey Maguire wird einmal mehr auf den großäugigen, hoffnungsvollen und leicht naiven Typen reduziert, seine Paraderolle. Joel Edgerton versucht, seinem Tom Buchanan etwas mehr Profil zu verleihen, wird im Wesentlichen aber auf die Rolle des moralbefreiten, untreuen Ehemannes reduziert. Der Rest der Besetzung bewegt sich leistungsmäßig mehr oder weniger im Durchschnittsbereich und nimmt die jeweils durch die Kulissen diktierten Plätze ein.

„Pomp and Circumstance“ ist leider nicht alles, schon gar nicht bei Filmen. Baz Luhrmanns The Great Gatsby  belegt dies eindrucksvoll. Trotz guter Besetzung und vielen, durchaus sehr gekonnten digitalen Kunstgriffen konnte mich der Film am Ende nicht begeistern. Zu viel Potenzial wird verschenkt, zu sehr verlässt sich der Regisseur auf die Ausdruckskraft der Bilder und die Inhalte der Geschichte selbst. Die Zusammenführung von Kulisse, Technik und Schauspiel zu einer Einheit gelingt ihm meiner Meinung nach leider über weite Teile des Films nicht, auch nicht durch den mutigen Soundtrack. Letzterer ist für mich das größte Highlight des Films, selbst wenn die enthaltenen Lieder nicht meinen Musikgeschmack treffen. Moderne Songs in Kombination mit einer hochstilisierten Interpretation der 20er-Jahre ist eine durchaus gewagte aber passende Kombination. Für die Auswahl der Lieder zeigt sich Rapper Jay-Z verantwortlich, dessen Arbeit auf jeden Fall bemerkenswert ist. Leider vermag er es dadurch nicht, die Übermacht der Ausstattung über das Schauspiel zu kaschieren, an dem der Film letzten Endes scheitert. Baz Luhrmann hatte die Personen und die Mittel, einen hervorragenden Film zu machen, mutmaßlich ist er durch zu große Wünsche und übertriebene Vorstellungen gescheitert – ganz nach Gatsby-Art.