Deus ex Machina

Mysteriös und geheimnisvoll, so gab man sich im ersten Trailer zu Transcendence, dem Regiedebüt von Christopher Nolans Stammkameramann Wally Pfister. Bloß nicht zu viel verraten schien die Devise zu sein. Also beschränkte man sich auf den allseits beliebten Johnny Depp, dessen Stimme und eine bedrohliche Einblendung, in welcher dem Darsteller Kabel aus dem Kopf wuchsen. Auch auf sämtlichen anderen Werbemitteln zum Film prangte das Konterfei des erfolgreichen Schauspielers als Hauptargument. Keine schlechte Strategie, denn verbunden mit den Erinnerungen an die von Herrn Pfister in seiner Laufbahn eingefangenen, berauschenden Bilderwelten werden auf diese Weise Erwartungen an einen interessanten und neuartigen Science-Fiction-Film geweckt. Umso überraschender ist das Endergebnis, das weder mit einer besonders innovativen Geschichte noch mit der Schauspielkunst von Johnny Depp glänzen kann.

Transcendence handelt von dem genialen Wissenschaftler Dr. Will Caster (Johnny Depp), der überzeugt davon ist, eine künstliche Intelligenz schaffen zu können, die der menschlichen weit überlegen ist und die Welt in eine neue, paradiesische Ära des Wohlstands und des Friedens führen kann. Nach einem Attentat schwer verletzt und im Sterben liegend willigt er ein, dass seine Frau und Mitvisionärin Evelyn Caster (Rebecca Hall) versuchen darf sein Gedächtnis unter Mithilfe seines besten Freundes Max Waters (Paul Bettany) in einen von ihm entwickelten Superrechner zu transferieren. Das Experiment gelingt und Will verwirklicht damit nicht nur seinen Lebenstraum, sondern wird gleichzeitig zum mächtigen Gott aus der Maschine. Als der beginnt, sich dank Internet über den Globus zu bewegen und Pläne für die Umgestaltung der Welt zu schmieden, setzt eine Gruppe von Technologiekritikern unter der Führung der hübschen und intelligenten Bree (Kate Mara) alles daran ihn zu stoppen.
Die Idee von sich verselbständigenden Supercomputern, welche ihre unglaublichen Fähigkeiten dazu nutzen die Menschheit zu beeinflussen und neu zu formen, wurde schon in zahlreichen anderen Werken und in diversen Variationen durchgekaut. Die Einspeisung eines menschlichen Geistes in ein solches System ergänzt das beliebte Konzept höchstens um eine Nuance. Generell wirkt die zu großen Teilen in ruhigem Tempo erzählte und von Jack Paglen geschriebene Handlung von Transcendence eher lose zusammengestückelt und extrem konstruiert denn gut durchdacht. Bei genauerer Betrachtung offenbaren sich dem geneigten Science-Fiction-Fan unzählige Logiklücken. Zu oft drängt sich die Frage nach dem Wieso auf.

Doch selbst wenn man alle erzählerischen Schwächen beiseite lässt, schafft es der Film nicht, sich über das Mittelmaß hinaus zu bewegen. Zu blass und unauffällig wirkt die im Voraus groß herausgestellte Galionsfigur Johnny Depp. Zu zögerlich und gleichzeitig blauäugig Rebecca Hall als seine vor Liebe blinde Komplizin. Selbst die schauspielerische Leistung von Kate Mara hält sich sehr in Grenzen, obwohl sie in der TV-Serie House of Cards (Link zu IMDB) ihr Können bereits bewiesen hat. Morgan Freeman geht in seiner Rolle als Computerspezialist Joseph Tagger als stichwortgebende Randfigur unter und Cillian Murphy stolpert als FBI-Agent Buchanan völlig unbeholfen durch die Szenerie. Aus der Masse herauszuragen und seinen Charakter durchweg glaubhaft und mit spürbarem Spaß zu verkörpern gelingt einzig und allein Paul Bettany.

Da helfen auch all die in ihrer klinisch-reinen Einfachheit bedrückend wirkenden Laborkulissen, die in regelmäßigen Abständen eingestreuten, symbolbehafteten Bilder und durchweg gut gemachten Spezialeffekte nichts. Wally Pfister mag ein exzellenter Kameramann sein, seine erste Arbeit als Regisseur hätte allerdings einen ausdifferenzierteren und ideenreicheren Entwurf des wortwörtlichen Deus ex Machina präsentieren müssen, um tatsächlich überzeugen zu können. So ist Transcendence zwar optisch gelungen und reißt in 119 Minuten zweifellos etliche kritische Untertöne an, führt jedoch keinen der vielen verarbeiteten Ideenschnipsel konsequent zu Ende. Die Ambitionen der Macher waren sicher groß, die Umsetzung wird diesem Anspruch leider nicht gerecht.

Elektrisierende Kletterpartie

Über Sinn und Unsinn von Remakes und Reboots wird unter Kritikern und Cineasten allerorts heftig und kontrovers diskutiert. Selten hat ein filmischer Neustart allerdings so viel Spaß gemacht, wie bei Marvels wandkrabbelndem Helden im hautengen, rot-blauen Anzug. Nach Abschluss von Sam Raimis Spider-Man-Trilogie entschied man sich bei Sony aus diversen Gründen anstelle einer Erweiterung der Serie dafür, den Vorhang fallen zu lassen und im Jahr 2012 unter dem Titel The Amazing Spider-Man (Link zu IMDB) ganz neu aufzuziehen. Wie sich – entgegen aller anfänglichen Zweifel – herausstellte, war dies genau der richtige Ansatz. Überschlugen sich in Spider-Man 3 (Link zu IMDB) noch die Ereignisse und versuchten die Macher krampfhaft, möglichst viel Inhalt in etwas mehr als 2 Stunden Film zu quetschen, besannen sich die neuen Drehbuchautoren zurück auf das Wesentliche: Ein Held und dessen Entwicklung plus ein klassischer Hauptgegner. Darüber hinaus wurden die Netzdrüsen eliminiert. Jene waren Spider-Fans bereits ab dem ersten Kinoauftritt des Netzschwingers ein Dorn im Auge. Der neue, jüngere Spider-Man hatte endlich Netzdüsen!

Nach dem rundum gelungenen ersten Teil, der den Spinnenmann wieder näher an die Comicvorlage rückte, waren die Erwartungen an die Fortsetzung entsprechend hoch. Skepsis schürten jedoch die Trailer zu The Amazing Spider-Man 2: Rise of Electro (The Amazing Spider-Man 2), enthielten sie schließlich Hinweise auf drei verschiedene Feinde. Obwohl im Film neben dem titelgebenden Meister der Elektrizität auch der Green Goblin und Rhino vorkommen, schaffen es Roberto Orci und Alex Kurtzman die Geschichte so zu konstruieren, dass sie keine wilden Kapriolen schlägt und Electro nie aus dem Fokus gerät. Die restlichen Figuren werden nicht mutwillig verheizt, sondern parallel entwickelt und aufgebaut. Anders als im Vorhinein suggeriert, spielt der Mann im mechanischen Nashornanzug lediglich eine sehr untergeordnete Rolle und auch die Einführung von Harry Osborn und dessen Wandlung zum Grünen Kobold auf dem Fluggleiter vollzieht sich so, dass sie dem Gewicht und der Bedrohlichkeit des blauhäutigen Blitzverteilers nicht schadet. Geschickt ist auch die Darstellung von Electro als gebeutelte und nicht von Natur aus bösartige Existenz – eine erfrischende Abwechslung zu den üblichen intrinsischen Weltherrschaftsfantasien von Superfeinden.

Zu der nicht zu schnell, nicht zu langsam und in atemberaubenden 3D-Bildern erzählten Geschichte, die sogar genügend Raum lässt, um Peter Parkers nicht gerade unproblematisches Privatleben zu beleuchten, kommen Darsteller, die ihre Rollen allesamt sichtlich genießen. Andrew Garfield verkörpert die typischen Eigenschaften des wendigen, vorlauten und nie um einen schlagfertigen Spruch verlegenen Spider-Man so viel stärker, als es Tobey Maguire jemals gelungen ist. Mit Emma Stone als Gwen Stacy begehrt er jene Frau, die auch in den Comics seine erste große Liebe ist. Zuhause gibt sich seine Tante May, gespielt von Sally Field, alle Mühe, die Gedanken ihres Schützlings zu verstehen und ihm mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Die Figur von Dane DeHaan als Harry Osborn und Peters Freund aus Kindertagen wirkt im ersten Augenblick etwas aus dem Zusammenhang gerissen, entwickelt sich aber schnell zu einer sinnvollen Ergänzung des Gesamtkonzepts und einem guten Ansatz für die beiden bereits geplanten Fortsetzungen zu The Amazing Spider-Man 2: Rise of Electro. Die meiste Zeit des Films über macht Jamie Foxx als Electro dem Netzschwinger das Leben schwer. Dass sein Aussehen an das aus dem Ultimativen Marvel Comicuniversum angelehnt ist, passt gut zu der jungen Version des Helden und entfaltet dank Computerunterstützung optimal seine Wirkung. Der Endkampf zwischen den beiden Kontrahenten ist so gekonnt animiert, dass er wahrhaftig wirkt, als seien Bilder aus einem Comicheft zum Leben erweckt worden.

Überhaupt verbreitet die in The Amazing Spider-Man 2: Rise of Electro von Regisseur Marc Webb und seinem Team präsentierte Action durchweg pures Superheldenflair. Die zwischendurch eingestreuten, langsamen und romantischen Szenen sind zwar präsent und für den Fortgang der Geschichte durchaus von Bedeutung, werden jedoch nicht unnötig in die Länge gezogen. Etliche Anspielungen auf weitere Charaktere und Hinweise auf die zukünftigen Leinwandabenteuer von Spider-Man und ein Ende, das als langersehnte Hommage an die Vorlage gesehen werden kann, vollenden den Film zu einer elektrisierenden Kletterpartie, die das Potenzial hat, sowohl Comicleser als auch reine Kinogänger zufriedenzustellen. Mit Kamerafahrten, die Bauchkribbeln auslösen, einem coolen Helden und interessanten Gegenspielern ist The Amazing Spider-Man: Rise of Electro den Preis für die Eintrittskarte ins nächstgelegene Filmtheater wert.

In den Straßen von London

TV-Serien, die in ihrem Verlauf immer besser werden und zusätzlich aus anfänglichen Fehlern lernen, sind rar gesät. Die von der BBC produzierte Fortsetzungsgeschichte um den hochintelligenten John Luther gehört zu diesen seltenen Exemplaren. Im Laufe von insgesamt drei jeweils kurzen Staffeln wird der mit unkonventionellen Methoden arbeitende Detective Chief Inspector (DCI) mit allerlei bizarren Mordfällen konfrontiert. Bei der Präsentation der Verbrechen gehen die Macher rund um Erfinder Neil Cross dabei wenig zimperlich vor. Stilistisch bedienen sie sich querbeet durch das Thriller- und Horror-Genre. Zuschauer mit schwachen Nerven gehören deshalb sicherlich nicht zur Zielgruppe der spannungsgeladenen TV-Serie.

Dass Iris Elbas schauspielerische Fähigkeiten weit über dem liegen, was im Allgemeinen als talentiert bezeichnet wird, hat er bereits eindrucksvoll in seiner Rolle als Russel „Stringer“ Bell, die rechte Hand eines Baltimorer Drogenbosses, in den fünf Staffeln von The Wire (Link zu Wikipedia) bewiesen. Die Figur des eigenbrötlerischen, mit privaten Problemen behafteten und sich um Regeln wenig scherenden John Luther ist ihm wie auf den Leib geschneidert. Als Hauptfigur der TV-Serie trägt er wesentlich zu deren Gelingen bei. In den ersten Episoden noch als etwas zu übermächtig und allwissend eingeführt, gerät der findige DCI glücklicherweise bald an seine Grenzen und wird spätestens ab er zweiten Hälfte der ersten Staffel mit ebenbürtigen Gegnern konfrontiert, die er nicht mehr auf den ersten Blick durchschaut. Stark präsentiert sich an seiner Seite Warren Brown als Detective Sergeant Justin Ripley. Der junge, engagierte Ermittler fungiert als sympathischer Teampartner für seinen mürrischen und sturen Kollegen. Zusätzlich auf Trab gehalten wird Luther durch die in mehrfacher Hinsicht begabte Alice Morgan, geschickt gespielt von Ruth Wilson.

Luther ist allerdings nicht nur wegen der exzellent ausgewählten Besetzung und den spannenden Mordfällen, für die sich im Laufe der Serie positiverweise immer mehr Zeit genommen wird, sehenswert. Es ist der durch geschicktes Framing erzeugte Look, der jeder Folge eine einzigartige Atmosphäre verleiht. Ungewöhnliche Kameraperspektiven und Bildausschnitte sind nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Im ersten Moment unter Umständen etwas gewöhnungsbedürftig, sind es jedoch genau diese Aufnahmen, welche die dunkle Seite der Hauptstadt des Vereinigten Königreichs so greifbar machen.

Mit insgesamt 14 Folgen verteilt auf 3 Staffeln ist Luther für Serienfans ein relativ kurzes Vergnügen. Ob und wie es weitergeht ist bisher nicht eindeutig bekannt. Gerüchte besagen, dass eine Fortsetzung in Form eines Films in Planung sein könnte. Eine vierte Staffel soll es laut Neil Cross allerdings nicht geben. Ob es ein Nachteil ist, eine beim Publikum beliebte und von Kritikern gefeierte TV-Serie so kurzfristig zu beenden, sei dahingestellt. Um sich vor Enttäuschungen zu schützen, sollte man sollte bekanntlich immer gerade dann aufhören, wenn es am schönsten ist. Ich persönlich würde mich freuen, wenn DCI John Luther eines Tages zurückkehren würde, um in den Straßen von London für Recht und Ordnung zu sorgen. Die Form wäre mir egal. Prinzipiell ist das Format durchaus für einen Film geeignet.

Wer Luther noch nicht gesehen hat und jetzt neugierig geworden ist, dem möchte ich den Kauf des Boxsets (Link zur Produktseite auf Amazon.co.uk) mit allen Episoden empfehlen. Wie immer lege ich jedem, der der englischen Sprache mächtig ist, die Originalversion ans Herz. Gegen die in Deutschland angebotene Fassung der Serie spricht in diesem besonderen Fall schon die Tatsache, dass sie nicht alle Episoden enthält, sondern lediglich eine für das ZDF gekürzte und auf die Länge von einem Fernsehfilm pro zwei Folgen zusammengeschnittene Version.

Stein auf Stein

Emmet ist Bauarbeiter und ein ganz normaler Typ. Er mag seinen Job. Als Teil eines riesigen Arbeiter-Teams sorgt er jeden Tag dafür, dass Steinstadt ein wenig größer wird. Der Name der Metropole ist Programm. Immerhin besteht sie ausschließlich aus LEGO-Steinen – ebenso wie die gesamte Welt um Emmet herum. Nicht nur bei der Arbeit, sondern auch in seinem einsamen Privatleben folgt der freundliche, kleine Kerl mit dem gelben Gesicht und den Klauenhänden artig den vorgegebenen Abläufen. Die Anleitung gibt vor und Emmet handelt danach. Dank eingefahrenen Prozessen lebt er weitgehend sorgenfrei. Diese zu Beginn von The LEGO Movie vorgestellte Utopie aus bunten Bausteinen kann ihren wahren Charakter nicht lange verbergen. Hinter der herrlich überzogenen und von massenhaft LEGO-Figuren inbrünstig singend demonstrierten Idealvorstellung steckt nämlich der geniale und nach Perfektion strebende Lord Business. Bauten und Verhaltensweisen jeglicher Art, welche sich außerhalb der vorgegebenen Normen bewegen, sind ihm ein Gräuel. Als der von alledem nichts ahnende Emmet eines Abends zufällig in den Besitz eines ganz besonderen Bauteils gelangt, stolpert er mitten in ein rasantes Abenteuer, das ihn quer durch das LEGO-Universum führt.

Grell, farbenfroh, fantastisch und chaotisch. Dies sind die Worte, mit denen man den LEGO-Film wohl am besten beschreiben kann. Von der bonbonfarbenen Optik sollte man sich allerdings weder abschrecken noch ablenken lassen, denn die unter der Regie von Phil Lord und Chris Miller entstandene computeranimierte Komödie birgt ein enormes Unterhaltungspotenzial. Dass The LEGO Movie gleich mehrere Wochen hintereinander Platz 1 der Kinocharts in den USA besetzte, ist aufgrund seines einzigartigen Charmes und den unzähligen Bezügen auf Zeitgeschehen und Popkultur durchaus berechtigt. Während die kleinen Zuschauer eine inspirierende Welt mit vielen Möglichkeiten zum zuhause Nachbauen und Nachspielen erleben, erkennt das ältere Publikum die bissige Satire hinter der dargestellten Gesellschaftsordnung. Bereitwillig den Befehlen der Obrigkeit folgende Arbeiter und überzogene Preise für Kaffee zum Mitnehmen sind nur zwei Beispiele einer schier unerschöpflichen Anzahl an Anspielungen, die sich beim ersten Sehen des Films fast gar nicht alle erfassen lassen. Hinzu kommt das wohlige Gefühl, das beim Anblick der Zeitreise durch die Highlights aus mehr als drei Jahrzehnten LEGO-Geschichte aufkommt. Dabei beleuchtet The LEGO Movie bei genauer Betrachtung sogar die immer weiter fortschreitende Spezialisierung des dänischen Klötzchenherstellers auf diverse Marken und Produktlinien kritisch und fordert gleichzeitig eine Zurückbesinnung auf die Fantasie und das Durchbrechen vorgegebener Grenzen. Ein mutiger und sympathischer Ansatz, der gerade durch zum Ende hin gezielt und gekonnt eingesetzte Realfilmelemente seine volle Wirkung entfaltet.

Die Charaktere in The LEGO Movie sind so vielfältig wie ihre Welt. Auf seiner Reise kommt Normalbürger Emmet neben liebenswerten Neuerfindungen, wie der taffen Heldin WildStyle, dem etwas schusseligen Zauberer Vitruvius und dem fiesen Bad Cop, auch mit diversen Berühmtheiten, wie Superman oder Chewbacca, in Kontakt. Im englischen Original sind an der Synchronisation von The LEGO Movie etliche Hollywoodgrößen beteiligt (z.B. Morgan Freeman und Liam Neeson). Dass der von sich selbst überzeugte und draufgängerische LEGO-Batman in der deutschen Version von Christian Bales Synchronstimme David Nathan gesprochen wird und auch die übrigen Sprecher sehr talentiert sind, macht diese nicht minder sehenswert. Absolut beeindruckend sind auch die technische Umsetzung und die unübersehbare Detailverliebtheit der Macher. Die Animationen sind so perfekt unvollkommen, dass der Film zu jeder Sekunde wie ein Blick ins Kinderzimmer wirkt. Einfach alles in The LEGO Movie besteht aus LEGO, inklusive sämtlicher Elemente und deren Effekte. Von den Bewegungen der Figuren, über deren Ausstattung, bis zu den Geräuschen ist alles wunderbar aufeinander abgestimmt. Darüber hinaus kann man die Beschaffenheit der verschiedenen Plastikoberflächen beim Betrachten in 3D beinahe zwischen den Fingern fühlen – gelegentliche Unebenheiten und Kratzer inbegriffen.

Stein auf Stein ergibt sich ein Spektakel, das zwar hier und da etwas hektisch präsentiert wird, an Originalität jedoch seinesgleichen sucht. The LEGO Movie ist ein familientauglicher Film, der trotz niedlichem Aussehen nicht kindisch ist, dessen Vielschichtigkeit sich eher dem erwachsenen Publikum offenbart und für den sich der Gang ins Kino allemal lohnt.

Schmelztiegel der Probleme

Christian Bale ist eines der bemerkenswertesten Talente, die Hollywood derzeit zu bieten hat. Seine Rollen, denen er sich durchweg buchstäblich mit Haut und Haar verschreibt, könnten unterschiedlicher kaum sein. Abmagern, trainieren, zunehmen – es gibt scheinbar nichts, was der stets voll konzentrierte und involvierte Schauspieler nicht tun würde, um den von ihm verkörperten Charakteren überzeugend Leben einzuhauchen. Nach seinem hinreißenden Auftritt als Trickbetrüger in American Hustle (Link zu IMDB) übernimmt er in Scoot Coopers neuestem Werk Auge um Auge (Out of The Furnace) einen dazu gänzlich verschiedenen Part. Als Stahlwerksmitarbeiter Russell Baze, dem man das harte Leben und das Schuften am Hochofen körperlich ansieht, wird er durch eine Verkettung unglücklicher Umstände auf einen gefährlichen Rachepfad gelenkt. Dabei gerät nicht nur Russell selbst, sondern auch sein spielsüchtiger Bruder Rodney mit dem Gesetz mehr oder weniger freiwillig in Konflikt.

Das Schauspielerensemble an der Seite von Christian Bale besteht fast durchweg aus echten Hollywood-Schwergewichten. Egal ob Willem Dafoe als zwielichtiger Geschäftsmann John Petty oder Woody Harrelson als Harlan DeGroat, seines Zeichens drogensüchtiger Hinterwäldler und erfolgreicher Veranstalter von brutalen Bareknuckle Fights – die Leistung aller Beteiligten ist erstklassig. Casey Affleck überzeugt als Irak-Veteran Rodney Baze, der vergeblich einen Weg ins normale Leben zurückzufinden versucht. Hier könnte sich der reale Bruder bisweilen eine große Scheibe abschneiden. Zoë Saldaña überrascht mit einem betont natürlichen Aussehen und Forest Whitaker passt prima in die Rolle als Kleinstadtpolizist Wesley Barnes, der den Gesetzeswidrigkeiten in der Wildnis der Apalachen zu seinem eigenen Bedauern viel zu wenig entgegenzusetzen hat.

Regisseur und Ko-Drehbuchautor Scott Cooper lässt sich beim Erzählen der Geschichte von Russell Baze betont Zeit. So kratzt das Geschehen nicht nur an der Oberfläche von einem wahren Schmelztiegel der Probleme, dem sämtliche Bewohner der Arbeiterstadt gegenüberstehen, sondern dringt bis in das Innerste der einzelnen Figuren durch. Jeder der Protagonisten kämpft auf seine eigene Weise um ein möglichst erstrebenswertes Leben in wirtschaftlich und politisch schwierigen Zeiten eines Landes, in dem ehrliche Arbeit als hohes Gut gilt, jedoch denen, die an ihr festhalten, in Wirklichkeit immer weniger einbringt. Die düsteren Farben und der wuchtige, mit Country-Gitarren angehauchte Soundtrack von Dickon Hinchliffe tragen ihr Übriges dazu bei, die beklemmende Atmosphäre zu unterstreichen.

Einzige Schwachstelle des realistischen und alles andere als zimperlich präsentierten Thriller-Dramas ist die Linearität des Plots. Gänzlich frei von möglichen Wendungen und Überraschungsmomenten plätschert die Story ihrem unvermeidlichen Ende entgegen. Vergleichsweise unglücklich gewählt ist deshalb der deutsche Filmtitel, suggeriert er doch eher einen bewussten und actiongeladenen Rachefeldzug, denn eine schicksalhafte Abfolge von Ereignissen. Trotz überragender Darsteller verbleibt am Ende das ungute Gefühl, dass man aus dem Los des Stahlarbeiters, dessen Bemühungen, sich aus seinem Hamsterrad aus Arbeit und Familie zu befreien, fruchtlos bleiben, so viel mehr hätte machen können. Abgesehen von diesem Pferdefuß ist Auge um Auge für Fans von harten und realistischen Filmen, die mit schaupielerischer Leistung statt Spezialeffekten zu überzeugen wissen, den Gang ins Kino aber durchaus wert.

Super Helden und super Schurken

Unaufhörlich rollt sie heran, die große Welle der Comicverfilmungen aus dem Hause Marvel, die in den nächsten Monaten über das Kinoprogramm hereinbrechen wird. Mit insgesamt vier Filmen innerhalb eines Jahres erreichen die Neuveröffentlichungen 2014 zahlenmäßig einen bisher unerreichten Höhepunkt. Den Anfang macht Captain America, der wohl amerikanischste aller Superhelden, in The Return of the First Avenger (Captain America: The Winter Soldier). Nach dem äußerst gelungenen ersten Solo-Auftritt des dank Kälteschlaf aus dem Zweiten Weltkrieg in die Gegenwart transportierten Gutmenschen vor drei Jahren (Captain America: The First Avenger, Link zu IMDB) waren die Erwartungen an die Fortsetzung entsprechend hoch. Das Endergebnis hält was die Trailer versprechen und bietet einen Superhelden-Blockbuster, an dem Comicbegeisterte und Actionfans gleichermaßen ihre Freude haben werden.

Die Ereignisse von The Return of the First Avenger sind zeitlich nach The Avengers (Link zu IMDB) und auch nach den zwischenzeitlich absolvierten Kinoabenteuern der übrigen Helden aus dem Marvel-Filmuniversum angesiedelt. Seine Zusammenarbeit mit Tony Stark alias Iron Man, dem Donnergott Thor und Konsorten hat Steve Rogers gut überstanden. In seine Rolle als Captain America und Galleonsfigur der Verbrechensbekämpfungsorganisation S.H.I.E.L.D. hat er sich schnell eingefunden, ist er bei seinen Missionen doch stets der Überzeugung das Richtige zu tun. Da ihm die Anpassung an die moderne Zeit noch immer schwer fällt, stürzt er sich lieber in kontinuierliches Training und waghalsige Aufträge, statt daran zu arbeiten, sich ein neues Privatleben aufzubauen. Als ein unbekannter Feind, der auf den Namen Winter Soldier hört und dem Cap beim Kräftemessen in nichts nachsteht, auftaucht und das Herz von S.H.I.E.L.D. attackiert, wird das mühsam und frisch aufgebaute Weltbild von Steve Rogers in den Grundfesten erschüttert. Gemeinsam mit Black Widow macht er sich auf die Suche nach dem brutalen und maskierten Übeltäter. Was er herausfindet reißt nicht nur alte Wunden auf, sondern offenbart eine Bedrohung, die so gewaltig ist, dass sie die gesamte Welt in katastrophaler Weise verändern könnte.

The Return of the First Avenger ist pures Kinovergnügen von der ersten bis zur letzten Sekunde. Dank der bei Marvel-Filmen gewohnten Mid- und Post-Credit-Scenes ist dies sogar wortwörtlich zu nehmen. Die Action reicht von explosiven Gefechten und Verfolgungsjagden bis zu grandios inszenierten Stealth-Missionen, bei deren Anblick Fans der Videospielreihe Splinter Cell feuchte Augen bekommen und sich für den kommenden Leinwandauftritt ihres Helden Sam Fisher nur eine ähnlich gute Umsetzung wünschen können. Sämtliche Kampfszenen des Caps sind treffsicher durchchoreografiert, sodass sein Schild für nicht-comiclesende Zuschauer als Waffe zu keinem Zeitpunkt seltsam wirkt. Die Dialoge sitzen und enthalten – neben jeder Menge kleinen Querverweisen zu anderen Avengers-Mitgliedern – stets die nötige Prise Humor, damit der vor Gutmütigkeit, Freiheitsliebe und Patriotismus triefende Held niemals abgehoben oder befremdlich wirkt. Hier haben die Drehbuchautoren Christopher Markus und Stephen McFeely erneut ihre Spuren hinterlassen. Scarlett Johansson, nimmt ihre Rolle als schlagkräftige Black Widow an der Seite von Captain America überzeugend wieder auf. Ergänzt wird die Heldentruppe durch Anthony Mackie, der als flügelbewehrter und äußerst wendiger Falcon den perfekten Gegenpart und gleichzeitig Teampartner zu Chris Evans in vielerlei Hinsicht blauäugigem Helden bildet. Samuel L. Jackson hat sichtlichen Spaß daran, zum wiederholten Mal den kauzigen S.H.I.E.L.D.-Anführer Nick Fury zu mimen. Der geheimnisvolle Winter Soldier wird von dem überraschend wandlungsfähigen Sebastian Stan verkörpert, auf dessen geplante Rückkehr in weiteren Filmen sich Marvel-Fans freuen können. Der Einzige, der etwas blass wirkt, ist Robert Redford als zwielichtiger S.H.I.E.L.D.-Mitarbeiter Alexander Pierce.

Wo der erste Teil mit Zurückhaltung und einem vergleichsweise gemächlichen Erzähltempo aufwartete, macht The Return of the First Avenger seinem Titelhelden ordentlich Feuer unter dem Hintern. Trotz einer Menge super Helden und super Schurken hat die Action jedoch durchweg genug Bodenhaftung, um nicht zu fantastisch und zu übertrieben zu wirken. Anthony und Joe Russo setzen damit den von Joe Johnston eingeschlagenen, realitätsnahen Kurs fort. Die Rückkehr des ersten Avenger ist furios und der Wechsel im Regiestuhl hat dem Gesamtbild, das sich aus beiden Captain-America-Filmen ergibt, nicht geschadet. Für Comicfans ist der Besuch des nächstgelegenen Filmtheaters für The Return of the First Avenger ohnehin Pflichtprogramm, immerhin hat der Cap seinen Erzfeind und einen seiner bekanntesten Teampartner im Gepäck. Wenngleich die Geschichten von deren Alter Egos im Vergleich zu den Comics variiert wurden, sind die Charaktere ihren Vorlagen doch erstaunlich nahe – viel näher, als es der Mandarin aus Iron Man 3 (Link zu IMDB) je sein wird. Liebhabern von gut gemachten Actionfilmen ist es durchaus ebenfalls zu empfehlen, eine Eintrittskarte für The Return of the First Avenger zu lösen und sich von den Heldenqualitäten der schlagfertigen Protagonisten zu überzeugen, selbst wenn sie bisher möglicherweise vor kostümierten Helden mit wundersamen Kräften zurückschreckten.

Im Rausch der Geschwindigkeit

Es ist eine schwierige Kombination, die sich Regisseur Scott Waugh für seinen neuen Film Need for Speed ausgesucht hat. Im Genre der testosterongeladenen Autoaction führt zweifellos kein Weg an der „Fast & Furious“-Reihe (Link zu Wikipedia) vorbei, deren siebter Film sich derzeit in Produktion befindet. Videospielverfilmungen auf der anderen Seite werden, aufgrund von diversen herben Enttäuschungen in den vergangenen Jahren, von ihren Fans grundsätzlich kritisch beäugt. Den unangefochtenen Primus Silent Hill aus dem Jahr 2006 (Link zu IMDB) konnte in Sachen Nähe zur Spielvorlage bisher kein anderes Werk vom verdienten Thron stürzen. Warum also sollte eine Verbindung aus diesen zwei ohnehin und für sich genommen schon problematischen Filmgattungen gelingen?

Die Absicht, welche die Macher von Need for Speed verfolgen, wird bei Betrachtung des Endergebnisses schnell klar: Man versucht, sich in beiden Bereichen so weit entfernt wie möglich von diversen Problemzonen zu positionieren und sich somit direkte Vergleiche zu sparen. Erstaunlicherweise erweist sich dies am Ende als genau die richtige Strategie. Need for Speed basiert zu einem nicht auf einem bestimmten Teil der Videospielserie, sondern bedient sich lediglich großzügig bei deren charakteristischen Merkmalen. So finden die waghalsigen Autorennen quer durch Stadt und Land statt und Streifenwagen sind des öfteren ebenfalls an der wilden, motorisierten Hatz beteiligt. Zum anderen setzt man – im Gegensatz zur CGI-unterstützten Action in den Filmen mit Vin Diesel und Konsorten – auf spannendes Renngeschehen und handgemachte Effekte. Damit erbringt Need for Speed den eindrucksvollen Beweis, dass ein gut inszeniertes Blechgemetzel mitunter mehr unter die Haut gehen kann, als riesige Explosionen. Realistische Aufnahmen von den Protagonisten aus den Cockpits unterstützen – gerade wenn es richtig kracht – geschickt die spannenden Kopf-an-Kopf-Duelle auf dem Asphalt. Schon lange hat das Zusehen bei einer ausgedehnten Autoverfolgungsjagd nicht mehr so viel Spaß gemacht wie in Need for Speed.

Schaupielerisch dominiert zweifellos der charismatische Aaron Paul das Filmgeschehen. Seine Darbietung des von seinem Kontrahenten und Erzrivalen auf üble Art hereingelegten Tobey Marshall überzeugt von der ersten bis zur letzten Minute, wenngleich er mit dieser Rolle sicherlich wenig gefordert wurde. Der junge Underground-Rennfahrer ist ein vom Schicksal ähnlich gebeutelter Charakter wie der von ihm in der TV-Serie „Breaking Bad“ verkörperte Jesse Pinkman. Mit Dominic Cooper als Dino hat er einen beharrlichen Gegner, der jedoch oftmals stärker wirken müsste, um tatsächlich als ebenbürtig wahrgenommen zu werden. Auch Immogen Poots Leistung schwankt als Tobeys Kopilotin Julia bisweilen etwas zu stark zwischen tougher Alleskönnerin und hilfsbedürftigem Mädchen. Trotzdem ist der Part mit ihr gut besetzt. Strippenzieher im Hintergrund, Veranstalter des begehrten De-Leon-Rennens und damit Herr über die illegale Rennszene ist der mysteriöse Monarch, gespielt von Michael Keaton. Er bestimmt, wer an seinen Wettfahrten teilnehmen darf und wer nicht. Um Dino zu schlagen und seinen Ruf wiederherzustellen, muss Tobey zuerst ihn überzeugen und am Ende die wichtige Rallye gewinnen. Die Geschichte von Need for Speed ist zwar erwartet einfach gestrickt, hält allerdings genügend Überraschungen parat, um für mehr als zwei Stunden zu unterhalten.

Kritisieren kann man an Need for Speed freilich viel, wenn man es denn möchte. So werden all jene, die auf explosive und möglichst spektakuläre Daueraction à la „Fast & Furious“ hoffen, den Kinosaal mit großer Wahrscheinlichkeit enttäuscht verlassen. Fans der Videospiele, die sich eine möglichst originalgetreue Verfilmung eines bestimmten Teils wünschen, kommen ebenfalls nicht auf ihre Kosten. Zusätzlich nicht empfehlenswert ist der Kauf eines Kinotickets für alle Liebhaber besonders realistischer Action zum Thema Autorennen. Zugunsten der Atmosphäre gibt es trotz echter Stunts viele Zugeständnisse. So werden beispielsweise während des Fahrens allerlei intensive Blicke ausgetauscht. Ich bin mir sicher, dass dies mindestens meinen lieben Freund und Blogger Herrn Hallmackenreuter (Link zu seiner Kritik zu Rush)  beim Zusehen zur Weißglut treiben würde.

So kommt es bei Need for Speed – wie so oft – auf die Erwartungen an. Es gibt wahrhaft weniger kurzweilige Beschäftigungen als mit Aaron Paul im Rausch der Geschwindigkeit waghalsig dahinzusausen. Dank guter Regiearbeit und einem ganz offensichtlich handwerklich äußerst begabten Stuntteam bietet dieser Film auch mit weniger Testosteron und Muckis gelungene Autoaction und kann somit durchaus als Wartezeitverkürzung bis „Fast & Furious 7“ genutzt werden.

Höhenflug kommt vor dem Fall

Liam Neeson ist ein talentierter und fleißiger Schauspieler. Dass er sich in der Rolle des launischen und zupackenden Actionhelden wohlfühlt und diese überzeugend verkörpern kann, hat er spätestens 2008 mit 96 Hours (Taken, Link zu IMDB) bewiesen. Nachdem die Fortsetzung 96 Hours – Taken 2 (Taken 2, Link zu IMDB) im Jahr 2012 qualitativ hinter den Erwartungen zurückblieb, ließ der rasante Trailer zu Non-Stop, dem neuesten Film mit Entführungsszenario und Liam Neeson als Hauptdarsteller, auf eine Neubelebung von dessen Heldenqualitäten in Form eines neuen Charakters hoffen. Jenen Erwartungen kann Jaume Collet-Serras Werk in meinen Augen am Ende nicht gerecht werden.

An dem über die gesamte Spielzeit spürbaren, langsamen und stetigen Abdriften des eigentlich interessanten Konzeptes von Non-Stop ins Mittelmaß trägt keinesfalls Liam Neeson die Schuld. Er mimt den kauzigen Sky Marshal Bill Marks, der auf einem Non-Stop-Flug von New York nach London von einem Unbekannten erpresst wird, glaubhaft. Der eigensinnige Gesetzeshüter mit allerlei menschlichen Macken, privaten Problemen und einer sehr direkten Art Lösungen anzugehen, soll dafür sorgen, dass 150 Millionen US-Dollar auf ein genanntes Konto überwiesen werden. Per SMS droht der gewiefte Gangster, die Passagiere nacheinander und im Abstand von 20 Minuten einzeln zu töten, wenn seine Forderungen nicht erfüllt werden sollten. Die Tatsache, dass plötzlich jeder Einzelne an Bord verdächtig ist und seltsame Vorgänge und Ermittlungen von den Mitreisenden auf kurz oder lang bemerkt werden müssen, macht die Enttarnung des Verbrechers zu einer echten Herausforderung für Bill. So beginnt ein waghalsiges Katz-und-Maus-Spiel über den Wolken, in dessen Verlauf der pflichtbewusste Sky Marshal lernen muss, dass es selbst unter den isolierten Bedingungen in einem Flugzeug diverse Möglichkeiten für hinterhältige Tricks und Überraschungen gibt.

Neben der von Liam Neeson sind auch die restlichen Rollen durchweg passend besetzt. Non-Stop krankt nicht an der schauspielerischen Leistung der Beteiligten, von denen sich alle spürbar Mühe geben, für die Zuschauer 106 Minuten lang geheimnisvoll zu bleiben und immer neue Rätsel aufzugeben. Optisch und handwerklich kann der Film ebenfalls überzeugen – vor allem dank der gut platzierten Einblendungen der SMS-Kommunikation zwischen Bill Marks und seinem Widersacher. Es ist das Storykonstrukt, das einer guten Idee folgt, jedoch insbesondere zum Schluss hin nicht zu verleugnende Schwächen offenbart. Zu konstruiert und überzogen wirkt das große Finale. Zu einfach hat man es sich bei der Auflösung letztendlich gemacht. Zu sinnlos wirkt mit einem Mal all das Gehirnschmalz, welches Hauptfigur und Publikum zuvor abverlangt wird. Was bleibt, ist der enttäuschende Eindruck, dass man aus der erzählten Geschichte so viel mehr hätte machen können.

Trotz dieser Mängel ist Non-Stop kein schlechter Film. Das Rätselraten ist durchweg unterhaltsam und das Enttarnen des Erpressers schwer genug, um selbst geübte Thriller- und Action-Fans hinreichend zu fordern und bis zum Ende zu beschäftigen. Mit etwas mehr Komplexität und Realismustreue hätte Non-Stop ein echter Höhenflug werden können. Für mich persönlich reicht das Ergebnis bestenfalls zu einem kurzen Flug der Gefühle in großer Höhe, dem recht schnell der Fall folgt. So warte ich weiter und hoffe, Liam Neeson schon bald wieder als Actionheld auf der Leinwand erleben zu dürfen, in einer Story, die ausgereifter und konsequenter ist und einem stringenteren Kurs folgt, als der Flieger in Non-Stop.

Blut, Schweiß und Waschbrettbäuche

Gut Ding will Weile haben. So lautet das Sprichwort. Auch in Hollywood benötigt manche Filmproduktion mehr Zeit als geplant. Dafür, dass das Ergebnis dank längerer Konzeptions- und Arbeitszeit dann ein gutes ist, gibt es freilich keine Garantie. Nach der äußerst erfolgreichen Verfilmung von Frank Millers Comicvorlage mit dem prägnanten Namen 300 (Link zu IMDB) im Jahr 2006 war eine Fortsetzung lange im Gespräch. Zur Umsetzung gelangte diese erst 8 Jahre später. Nun metzeln sich in 300: Rise of an Empire endlich wieder leichtbekleidete und muskelbepackte antike Krieger über die Kinoleinwand.

Der Inhalt des unter der Anleitung von Regisseur Noam Murro entstandenen Schlachtenepos ist rund um die Geschehnisse seines Vorgängers angesiedelt. So werden neben der Herkunftsgeschichte des mächtigen Persergroßkönigs Xerxes dessen Motive enthüllt und es wird vom Fortgang von dessen Kriegszug durch Griechenland erzählt. Wieder ist es eine zahlenmäßig unterlegene Armee, die dem größenwahnsinnigen und rachsüchtigen Gottkönig das Leben schwer macht. In einer verzweifelten Seeschlacht stellt sich der griechische Heerführer Themistokles dem übermächtig erscheinenden Feind entgegen. Doch nicht nur er ist ein Meister von List und Tücke. Den persischen Truppen steht die Xerxes treu ergebene Artemisia vor, die gewitzter und gefährlicher ist, als der König selbst und aus ganz eigenen Motiven nach Rache an den Griechen sinnt.

Zum Erfolg des ersten Teils maßgeblich beigetragen haben Frank Millers einfach strukturierte Heldenerzählung sowie deren brachiale, bildgewaltige und sich erstaunlich nahe an der Vorlage bewegende Umsetzung im einzigartigen Stil von Regisseur Zack Snyder. Wer sich auf die Suche nach historischer Korrektheit macht, der wird weder bei 300 noch bei 300: Rise of an Empire fündig. Der vom talentierten und berühmten Autor beim Erzählen verfolgte Zweck ist zweifellos nichts als die Unterhaltung. Dass Frank Millers Werke und bisweilen auch seine Statements polarisieren, ist bekannt. Zweifelhafte politische Botschaften sollte man jedoch besser in seinem Comic Holy Terror (Link zur Produktseite auf der Webseite des Panini Verlags) suchen, denn im Rest seiner absolut bemerkens- und lesenswerten Arbeiten. Obwohl die Comicvorlage zu 300: Rise of an Empire noch nicht erschienen ist, wird es sie geben. Sie wird den Namen „Xerxes“ tragen. Das Mitwirken des Künstlers am Film – als Ideengeber und einer der Produzenten – ist deutlich spürbar, ebenso die von von Zack Snyder, der dem neuen Regisseur sicherlich mit Rat und Tat zur Seite gestanden hat. Anders ist es kaum zu erklären, dass sich 300: Rise of an Empire nahtlos in das antike Filmuniversum einfügt. Die Rückkehr zu jenem effektiven Konzept, mit dem man die Zuschauer schon einmal begeistern konnte, wird durch ausreichend neue Elemente aufgefrischt, so dass über die gesamte Spielzeit nie der Eindruck von Einfallslosigkeit entsteht. Die ästhetisch und mit viel Liebe zum Detail inszenierten Schlachten wissen das Publikum in ihren Bann zu ziehen. Explizite Gewaltdarstellung dient dabei zum einen als künstlerisches Stilmittel und sorgt zu anderen dafür, dass bei genauem Hinsehen neben all dem Ergötzen am Kampfgeschehen ausreichend kritische Untertöne für beide der verfeindeten Seiten vernommen werden können.

Liebhaber der 300 tapferen, aber trotz allem Bemühen leider sieglos gebliebenen Spartaner freuen sich über ein Wiedersehen mit bekannten Gesichtern, wie Lena Headey als Königin Gorgo, die gleichzeitig als Erzählerin aus dem Off fungiert, sowie David Wenham als einäugiger Dilios. Positiv zu verzeichnen ist auch die Rückkehr von Rodrigo Santoro als Xerxes. Neuer Hauptcharakter in 300: Rise of an Empire ist der Grieche Themistokles, routiniert verkörpert von Sullivan Stapleton, der mehr mit Bauchmuskeln und Kampfhandlungen denn durch besonders viel Schauspielerei überzeugen darf. Obwohl er gleichwohl blasser wirkt als Gerard Butlers flammende Darbietung von König Leonidas in 300, spielt er seinen Part mit genügend Energie, um als Gegenpart zu Eva Green bestehen zu können. Die Schauspielerin mimt die von Rache beseelte Artemisia leidenschaftlich und mit vollem Körpereinsatz. Sie kann getrost als diejenige gelten, welche den Film über weite Strecken hinweg fast im Alleingang zu tragen vermag.

300: Rise of an Empire mag konzeptionell nicht so neu und innovativ wie sein Vorgänger wirken. Für alle, die gut gemachtes, historisch inspiriertes Actionkino mit Rennsandalen, Lendenschürzen und Schwertkampf zu schätzen wissen, birgt dieser Film dennoch einen großen Unterhaltungwert. Für 102 Minuten dröhnt und kracht es fast ununterbrochen aus allen Rohren, was den visuellen und teilweise fast hypnotischen Sog unterstützt, den eine schier endlose Menge Blut, Schweiß und Waschbrettbäuche entfaltet. Das eingangs genannte Sprichwort trifft auf 300: Rise of an Empire also tatsächlich zu. Nach einer langen Weile ist hier ein wirklich gutes „Ding“ entstanden, das für die große Leinwand gemacht ist.

Agent im Schatten

Nein. Dazu, den Tod von prominenten Persönlichkeiten nur ihrer Bekanntheit wegen – und weil es dank Internet und sozialen Netzwerken fast schon Mode geworden ist – besonders ausgiebig und öffentlich zu bedauern, neige ich nicht. Dennoch muss ich zugeben, dass mich das Ableben von manchen von ihnen durchaus trifft – auf ganz verschiedene Art und Weise. Zu diesen Fällen gehören der kürzlich verstorbene Autor und Regisseur Harold Ramis, der mich mit seinen Filmen (u.a. Ghostbusters, Link zu IMDB) seit meiner Kindheit über die Jahre hinweg vortrefflich unterhalten hat, sowie der zu meinen Lieblingsromanautoren zählende Tom Clancy. Der bekannteste Charakter, den Letzterer im Laufe seiner langjährigen Karriere geschaffen hat, ist Jack Ryan. Dessen Abenteuer habe ich in mehreren Büchern aufmerksam verfolgt. Vier Mal wurden die Geschichten des intelligenten und stets in streng geheimer Mission agierenden Analysten und CIA-Agenten bereits verfilmt, zuletzt 2002 in Der Anschlag (The Sum of All Fears, Link zu IMDB) mit Ben Affleck in der Hauptrolle. Nun, 12 Jahre später, wagt Kenneth Branagh mit Jack Ryan: Shadow Recruit einen weiteren Versuch, besagten Helden zurück auf die große Leinwand zu bringen. Herausgekommen ist ein solider Agenten-Thriller, der mit der Bürde des Namens seines bekannten Titelgebers schwer zu kämpfen hat.

Die Story von Jack Ryan: Shadow Recruit ist schnell erzählt und könnte kaum klassischer sein. Als Vergeltung für eine nicht erfolgte politische Unterstützung planen russische Terroristen einen Anschlag auf amerikanischem Boden. Der junge Patriot, Soldat und mehr oder weniger freiwillige CIA-Agent Jack Ryan muss die Pläne der Staatsfeinde aufdecken und den Angriff verhindern. Mehr brauchen und sollten alle, die den Film anzusehen planen, im Voraus nicht zu wissen. Sich die dazugehörigen Trailer anzusehen, kann ich zur Vorbereitung auf den Kinobesuch niemandem empfehlen, denn diese nehmen unglücklicher- und ungeschickterweise gleich mehrere Wendungen vorweg. Bezüglich Setting und Thematik liegt die Geschichte zweifellos in einem Bereich, der sich mit Tom Clancys Büchern überschneidet. Jedoch reicht sie in Sachen Komplexität und Intensität leider nicht im Geringsten an die Werke von Jack Ryans geistigem Schöpfer heran.

Die von Kenneth Branagh und seinem Team verfolgte Idee, den Inhalt des Films extra nicht auf einer bestimmten Buchvorlage aufzubauen, sondern den Werdegang und die Eigenschaften der einzelnen Charaktere herauszufiltern und basierend auf den Ergebnissen einen eigenen und unabhängigen Neuanfang zu spendieren, ist keine schlechte. Einiger Ballast kann durch das Transportieren des Beginns von Jack Ryans CIA-Karriere um etwa zwanzig Jahre in die Zukunft abgeworfen werden. Trotzdem wiegt allein der Name schwer, vor allem vor dem Hintergrund des nur einige Monate zurückliegenden Todes von Tom Clancy. Der hat dieser Vorgehensweise zwar zu Lebzeiten noch zugestimmt, ob ihm das Endergebnis zugesagt hätte ist hingegen mehr als zweifelhaft. Zu einfach machen es sich die Autoren gleich an mehreren Stellen, zu gewöhnlich stellt sich das Storykonstrukt im Nachhinein dar, zu flach wird insbesondere die Hauptfigur präsentiert. Viel Potenzial bleibt schlichtweg vergeben. Zum Ende hin wirkt der Film durch zu schnelle Schnitte und fehlende Erklärungen immer gehetzter und bemühter. Die Figuren scheinen nur noch in geradezu übermenschlicher Geschwindigkeit zu reagieren und nicht mehr zu agieren. Auswege aus brenzligen Situationen erscheinen per Zufall und durch Geisterhand. Gedankengänge werden festgestellt. Ihre Herkunft und damit das Innenleben der Handelnden bleibt zu oft im Dunkeln. Daraus resultiert ein latentes Gefühl des Bekannten, des Gewohnten, aber auch der Einfallslosigkeit.

Der Regisseur von Jack Ryan: Shadow Recruit betätigt sich in seinem Werk gleichzeitig schauspielerisch. Die Rolle des fiesen, russischen Oligarchen Viktor Cherevin gefällt Kenneth Branagh dabei sichtlich. Seinen aufgrund der Eindimensionalität der Figur nicht gerade als besonders anspruchsvoll zu bezeichnenden Part mimt er überzeugend. Die beste schauspielerische Leistung des Films liefert Kevin Costner als Jack Ryans Mentor, Thomas Harper, ab. Dank ihm gewinnt zumindest dieser Charakter über 105 Minuten Spielzeit hinweg etwas an Tiefe und Sympathie. Chris Pine mag als junger Captain Kirk zwar gute Arbeit leisten, in der Rolle des Jack Ryan wird allerdings deutlich, dass sein Repertoire, sich vielschichtig auszudrücken, begrenzt ist. Nicht jeder Actionheld muss über eine facettenreiche Mimik verfügen. Jack Ryan aber schon. Ebenso blass wirkt Keira Knightley als seine Frau, Cathy Ryan.

Trotz vieler Schwächen ist Jack Ryan: Shadow Recruit im Hinblick auf seine Unterhaltsamkeit kein Totalausfall. Es gibt einige wirklich spannende und gut gemachte Szenen, wie eine gelungene Flucht dank Sniper-Unterstützung. Wer einen soliden Agentenfilm erwartet, der wird nicht enttäuscht. Fans der Bücher von Tom Clancy hingegen müssen beide Augen zudrücken, um ihren Helden wiederzuerkennen. Ich persönlich habe das Gefühl, dass eine originalgetreue Verfilmung einer von Hollywood bisher unangetasteten Geschichte aus den Anfangstagen von Jack Ryans Karriere aus der Feder seines Schöpfers (z.B. „Red Rabbit“ oder „Der Kardinal im Kreml“) inklusive Beibehaltung von Zeiten und Orten im wirklich klassischen Stil oder aber die Fortschreibung der in den neueren Büchern beschriebenen Abenteuer seines Sohnes, Jack Ryan Jr. – während Jack Ryan selbst Präsident der USA ist – ein besserer Neustart hätte sein können. So bleibt Jack Ryan nur ein Agent im Schatten seines in den Büchern beschriebenen Selbst und im Schatten von diversen anderen Kinoagenten, wie  James Bond und Jason Bourne (Links zum jeweils letzten Teil der Filmreihen auf IMDB).