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König der Monster

Von Zeit zu Zeit entdeckt Hollywood den Reiz und den Charme von Monsterfilmen für sich neu. In Japan haben Riesenungeheuer (jap. Kajiū) hingegen eine lange Tradition und immer Saison. Das wohl berühmteste von ihnen ist Godzilla (jap. Gojira). Seit seiner Schöpfung vor 60 Jahren erfreut sich der König der Monster auch außerhalb Japans extremer Beliebtheit. Sogar ein Stern auf dem Walk of Fame wurde ihm bereits gewidmet. Im Jahre der Zeit hat die gigantische, aufrecht gehende Echse allerlei Nachahmer und Verehrer auf den Plan gerufen. 1998 versuchte sich Roland Emmerich am ersten, außerhalb Japans produzierten Godzilla-Film. Visuell zwar zum Erscheinungstermin auf dem neuesten Stand und mit allerlei Szenen ausgestattet, in denen der Regisseur seiner Leidenschaft für die imposant arrangierte Zerstörungswut freien Lauf ließ, fand das modernisierte Aussehen von Godzilla nicht überall Anklang, vornehmlich bei den eingefleischten Fans des Klassikers. Einen gänzlich anderen Ansatz wählte jüngst Guillermo del Toro, der sich mit seinem Actionspektakel Pacific Rim tief vor dem gesamten Kaiju-Genre verneigte. (Links in diesem Absatz zu IMDB.)

Zurück zu den Wurzeln. So lautet das Motto von Gareth Edwards, dem Inszenator von Godzillas neuestem Leinwandabenteuer. Seine große Liebe zum Original ist dabei von der ersten bis zur letzten Sekunde deutlich erkennbar und offenbart sich nicht nur im Monsterdesign. Die mit viel Ruhe erzählte Geschichte von Godzilla kommt mit wenigen Hauptcharakteren aus. Besonders Bryan Cranston brilliert einmal mehr mit seinem schier unerschöpflichen, schauspielerischen Talent. Wenngleich sein Auftritt verhältnismäßig kurz ist, mimt er den Familienvater Joe Brody, der sich auf einer verzweifelten Suche nach der Wahrheit befindet, mit extremer Eindringlichkeit und macht dessen Hysterie und Angst spürbar. Aaron Taylor-Johnson gibt sich als sein Sohn, Ford Brody, redlich Mühe, lässt als Charakterdarsteller allerdings einige Schwächen erkennen, vor allem in der Interpretation unterschiedlicher Gefühlsregungen. Sehr routiniert spielt Ken Watanabe seinen Part als Wissenschaftler und Godzilla-Experte Dr. Ichiro Serizawa. Dass er nicht mehr von seinem Talent zeigen kann, liegt nicht an ihm, sondern in der Konzentration des Films auf die Konsequenzen für die Masse und nicht für den Einzelnen.

Es gibt einiges, was Godzilla nicht ist. Dieses Werk ist kein Monsterfilm im eigentlichen Sinne. Es entpuppt sich vielmehr als waschechter Katastrophenfilm, garniert mit Riesenungeheuern. Diese überdimensionierten Launen der Natur setzen auf ihrem Weg zum alles entscheidenden Endkampf folgenschwere Ereignisse in Gang, welche verheerende Auswirkungen für die Menschheit haben. Dabei werden sie nicht einmal als absolut böse und niederträchtig dargestellt. Sie folgen einfach ihren Instinkten. Die zum Zuschauen gezwungenen Menschen können nichts weiter tun, als fieberhaft nach Mitteln zu suchen, um möglichst viele Exemplare der eigenen Art rechtzeitig in Sicherheit zu bringen und vor der unabwendbaren, ultimativen Zerstörung zu retten. Der Ansatz, die Motivation der Monster nicht als intrinsisch offensiv abzustempeln, ist ein erfrischender Gegensatz zu den sonst so oft genutzten Schwarz-Weiß-Mustern. Endlich darf der Zuschauer wieder Verständnis für alle Seiten aufbringen und sich mit dem sich daraus ergebenden Gewissenskonflikt auseinandersetzen. Wie im Original stehen die Ungeheuer darüber hinaus für wesentlich mehr als für allein wegen ihrer Größe zerstörerische Kolosse. Eine Menge Anspielungen auf reale Katastrophen der letzten Jahre und nicht nur unterschwellig integrierte Atomkraft-Kritik veranschaulichen die mutige Botschaft, dass die Menschheit zur Selbstüberschätzung neigt und niemals die vollständige Herrschaft über die Natur erlangen wird. An intensiven, düsteren und nachdenklichen Momenten mangelt es dem Film daher nicht.

Godzilla ist außerdem kein Non-Stop-Actionfeuerwerk. Der Weg ist das Ziel. So werden die monströsen Kombattanten von der Handlung die meiste Zeit über auf ihrer Reise zum endgültigen Treffpunkt begleitet. Verglichen mit Pacific Rim bietet Godzilla deshalb wenig „echte“ Monsteraction. Die finale Schlacht ist quasi als Sahnehäubchen auf beeindruckenden Katastrophenszenen zu sehen. Entsprechend spärlich ist der Anteil der Spielzeit von etwas mehr als zwei Stunden, welche auf den König der Monster selbst entfällt. Dafür orientiert sich sein Erscheinungsbild wieder eindeutig mehr an dem seines japanischen Urahnen als in Roland Emmerichs Film. Fans freuen sich außerdem über sein wirklich gelungenes und majestätisch anmutendes Gebrüll. Über das eigenwillige Design des Gegenparts kann man streiten. Um die Handlung und deren Inhalte in den Vordergrund zu rücken, wählten die Macher offenbar absichtlich keinen bekannten Godzilla-Gegner, sondern erfanden ein neues Kaiju. Hier haben Guillermo del Toro und sein Team bessere Arbeit geleistet, als sie die Feinde für die Jaeger in Pacific Rim entwarfen. Nichtsdestotrotz wirkt der sogenannte M.U.T.O. (massiver unbekannter terrestrischer Organismus) bedrohlich und ernstzunehmend genug, um zum Schluss einen würdigen Kontrahenten für Godzilla abzugeben.

Trotz aller Kritikpunkte ist Godzilla ein sehr gelungener Neustart für den Monsterkönig. In beeindruckenden Bildern und mit viel Gefühl erzählt, mit einem bombastischen Soundtrack hinterlegt und nahe am Erbe des Originals hat Gareth Edwards ein monumentales Abenteuer geschaffen, das seine Wirkung im dunklen Kinosaal und auf der großen Leinwand vollständig zu entfalten vermag.

Vergängliche Zukunft

Verschiedene Heldenteams, verschiedene Zeiten, verschiedene Filmstudios. So kontinuierlich sich Comic-Charaktere aus dem Hause Marvel in mehr oder minder regelmäßigen Abständen im Kino farbenfrohe und effektstrotzende Schlachten liefern, so zerfasert ist das stetig wachsende Filmuniversum mittlerweile. Geschuldet ist dies vor allem der wirren Verteilung der Rechte durch Lizenzgeber Marvel quer über die größten Studios Hollywoods. Nachdem Disney mit The Return of the First Avenger (Captain America: The Winter Soldier) und Sony mit The Amazing Spider-Man 2: Rise of Electro (The Amazing Spider-Man 2) in den letzten Monaten kräftig vorgelegt haben, ist nun 20th Century Fox mit dem neuesten Mutantenabenteuer X-Men: Zukunft ist Vergangenheit (X-Men: Days of Future Past) an der Reihe, den Bedarf der nach Heldengeschichten dürstenden Fans zu decken. Schließlich sind es Superheldenfilme, die wie kaum ein anderes Blockbuster-Genre auf spielerische Art zu unterhalten wissen und daher von Groß und Klein gleichermaßen geliebt werden.

Nach der von Regisseur Bryan Singer im Jahr 2000 äußerst erfolgreich gestarteten X-Men-Trilogie, bestehend aus X-Men, X-Men 2 (X2, 2003) und X-Men – Der letzte Widerstand (X-Men: The Last Stand, 2006), entschied man sich 2011 für den filmischen Neustart der Reihe mit X-Men: Erste Entscheidung (X-Men: First Class) für ein Prequel. Eingeführt wurde ein verjüngtes und in der Vergangenheit tätiges Mutantenteam um James McAvoy als Professor X, das nun in X-Men: Zukunft ist Vergangenheit seinen zweiten Einsatz hat. Der Clou: der neueste X-Men-Film ist nicht nur eine Fortsetzung, sondern auch in mehrfacher Hinsicht ein Comeback. So findet Bryan Singer den Weg zurück in den Regiestuhl und altbekannte Gesichter aus den ersten Filmen füllen erneut die Leinwand. Dies freut insbesondere all diejenigen, die  sich mit den in Jahren und Taten unerfahrenen X-Men bisher noch nicht richtig anfreunden konnten.

Große Namen prangen auf den Plakaten zu X-Men: Zukunft ist Vergangenheit gleich an mehreren Stellen, denn die Liste der bekannten Schauspieler ist lang und schon der Titel weckt bei Comicfans eine Menge Erwartungen. Wie schon X-Men: Erste Entscheidung basiert allerdings auch X-Men: Zukunft ist Vergangenheit nur sehr lose auf seiner gezeichneten Vorlage. Wer eine 1:1 Umsetzung erwartet, wird enttäuscht. Dennoch merkt man den Drehbuchautoren Simon Kinberg, Matthew Vaughn (Regisseur von X-Men: Erste Entscheidung) und Jane Goldman die Liebe zu den Figuren und ihren Abenteuern auf dem Papier an.

X-Men: Zukunft ist Vergangenheit spielt mit der Idee der in Comics äußerst beliebten Paralleluniversen und verschiedenen Realitäten. So ist es der Professor X aus einer düsteren Zukunftsversion der Erde (Patrick Stewart), der verzweifelt nach einer Möglichkeit sucht, einen alles vernichtenden Krieg gegen Mutanten und Menschen zu verhindern – und zwar bevor dieser überhaupt begonnen hat. Um sein jüngeres Ich rechtzeitig auf den richtigen Weg zu bringen, schickt er den Geist von Wolverine (Hugh Jackman) mithilfe der phasenverschiebenden Kräfte von Shadowcat (Ellen Page) in die Vergangenheit. Dessen nicht-alternder und selbstheilender Körper ist für die Strapazen der Zeitreise am besten geeignet (anders als in der Vorlage, in der Kitty Pride selbst zeitreist). 2023 im letzten Gefecht Seite an Seite vereint, stehen sich Professor X (James McAvoy) und Magneto (Michael Fassbender) 50 Jahre zuvor als Erzfeinde gegenüber. Dem von Natur aus aufbrausenden und ungeduldigen Wolverine werden somit gleich mehrere, wichtige Aufgaben zuteil. Er muss einen in Selbstmitleid zerfließenden und ganz und gar nicht an Heldentaten interessierten Charles E. Xavier davon überzeugen, sich aufzuraffen und die Welt zu retten, den in einem Hochsicherheitsgefängnis untergebrachten Magneto befreien und die beiden Streithähne dazu bringen, zusammenzuarbeiten. Nur mit vereinten Kräften, so die Meinung ihrer Alter Egos in der Zukunft, können sie den Start des sogenannten Sentinel-Programms stoppen. Es sind nämlich jene waffenstrotzenden Riesenroboter, die für die Vernichtung nahezu der gesamten Erdbevölkerung verantwortlich sein werden. Die Bedeutung der Redensart „erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt“ wird Wolverine bei seiner Zeitreise nur allzu schnell klar.

Das große Produktionsbudget merkt man X-Men: Zukunft ist Vergangenheit sofort an. Hier wird an allen Ecken und Enden geklotzt und nicht gekleckert. Die Spezialeffekte sind großartig umgesetzt und entfalten ihre Wirkung vor allem in den in 3D deutlich erkennbaren, winzigen Details. Superheldenschlachten werden diffizil ausgestaltet und zelebriert. Dabei schöpfen die Macher aus den Vollen und verhelfen einer Menge neuer Charaktere zu mehr oder weniger langen Auftritten. Die Mutanten Bishop (Omary Sy), Quicksilver (Evan Peters), und Blink (Fan Bingbing) sind nur ein paar Beispiele. Zuschauern, die mit der Welt der X-Men weniger vertraut sind, dürfte es deshalb schwer fallen, sämtliche Feinheiten zu erfassen. Fans freuen sich an unzähligen kleinen Anspielungen dafür umso mehr. Die rasant und fast ohne größere Verschnaufpausen erzählte Geschichte bildet eine geschickte Brücke zwischen den zuvor eher nebeneinanderher existierenden X-Men-Gruppen aus zwei Zeiten. Dass sie quasi auch als Abschied der „alten“ X-Men gesehen werden kann, stimmt jeden traurig, der sich fragt, wann James MyAvoy endlich seine langen Haare lässt und ob er mit Glatze wenigstens etwas mehr wie der Professor X aus den Comics wirkt. Patrick Stewart ist diese Rolle schon allein wegen seines Aussehens auf den Leib geschneidert.

Das überzeugendste Mitglied der jungen Mutantenversionen ist Michael Fassender als Magneto. Mühelos geht er in der Rolle des Superschurken auf und lässt diesen trotz vorhersehbarer Charakterentwicklung facettenreich wirken. Herrlich fies und gerissen wirkt auch Peter Dinklage als Erfinder der Sentinels, Bolivar Trask. Dass kein Anderer für den Part des Wolverine besser in Frage käme, als Hugh Jackman, steht schon lange und nicht erst seit seinen Soloauftritten im Kino außer Zweifel. Sehr talentiert zeigt sich außerdem Jennifer Lawrence, die zum zweiten Mal als Mystique zu sehen ist. Für eine äußerst positive Überraschung sorgt Evan Peters. Seine Interpretation des blitzschnellen Mutanten Quicksilver ist extrem charmant und die Szenen mit ihm gehören zu den besten des gesamten Films. Für den nächsten Avengers-Streifen The Avengers 2: Age of Ultron (geplanter Kinostart: 2015) bleibt in Anbetracht dessen nur zu hoffen, dass Aaron Taylor-Johnson die ältere Version dieser Figur ebenso gekonnt verkörpern und dass das Regieteam den Einsatz seiner Kräfte in ähnlich beeindruckenden Bildern umsetzen wird. An der Notwendigkeit, dass für zwei Filme zwei Schauspieler für eine einzige Figur zu benötigt werden, zeigt sich die eingangs bereits erwähnte, größte Schwäche des Marvel-Filmuniversums. Unterschiedliche Zeitlinien und unterschiedliche Filmstudios lassen von Fans heiß ersehnte Crossovers und Team-Ups nicht zu – zumindest bisher.

X-Men: Zukunft ist Vergangenheit übertrifft seinen Vorgänger in Sachen Unterhaltsamkeit, Effekte und „echtes“ X-Men-Gefühl meilenweit. Bryan Singers Handschrift ist deutlich zu spüren. Als „Meister der Mutanten“ schafft er den nicht unanspruchsvollen Spagat zwischen zwei Zeitgefügen und rückt die verschieden alten Ausführungen der Charaktere näher zueinander. Obschon ein wirklich gelungener und definitiv sehenswerter Superheldenfilm, verbleibt am Ende das Gefühl, dass in der Fortsetzung X-Men: Apocalypse (geplanter Kinostart: 2016) noch einiges getan werden muss, um die neue Truppe ähnlich routiniert und glaubwürdig aussehen zu lassen, wie Patrick Stewart, Ian McKellen und den Rest der Ur-Film-X-Men, deren Kinozukunft, mit Ausnahme der von Wolverine, vorerst so vergänglich ist, wie in der Handlung von X-Men: Zukunft ist Vergangenheit.

Alle Links in diesem Artikel zu IMDB.

Leben am Zeitlimit

Wer sich bei 3 Days to Kill, dem neuesten Leinwandabenteuer mit Hollywoodveteran Kevin Costner in der Hauptrolle, die Liste der Beteiligten ansieht, könnte eine gewisse Erwartungshaltung einnehmen. Auf den ersten Blick lässt die Kombination aus Regisseur McG und Drehbuchautor und Produzent Luc Besson durchaus auf ein gewaltiges Actionfeuerwerk hoffen. Doch bereits der zweite Trailer vermittelte, dass bei 3 Days to Kill neben handfesten Handgemengen und Shootouts der Humor ebenfalls nicht zu kurz kommt.

Die Geschichte um den an einer aggressiven Krebsform erkrankten CIA-Agenten Ethan Renner (Kevin Costner), der nach der niederschmetternden Diagnose in den vorzeitigen Ruhestand geschickt wird, kann nicht mit innovativen Ideen bestechen. Dem Vater einer Tochter (Hailee Steinfeld), die weitgehend ohne seine Anwesenheit aufwuchs, bleiben nur wenige Monate, um die während ständiger Einsätze in geheimer Mission versäumte Zeit mit seiner Familie aufzuholen. Als ihn die mysteriöse Agentin Vivi Delay (Amber Heard) bereits kurz nach seinem Eintreffen in Paris mit dem Versprechen auf ein experimentelles Medikament zur Verlängerung seiner Lebenszeit reaktiviert, beginnt eine rasante Hetzjagd auf einen gefährlichen Waffenhändler (Richard Sammel), der unter dem Namen „Der Wolf“ bekannt ist und nur von Ethan identifiziert werden kann. Vollprofi im Ausführen von Befehlen und Töten, jedoch völlig unerfahren in Familienangelegenheiten, muss der betagte aber wehrhafte Agent versuchen, alle Herausforderungen unter einen Hut zu bringen – und dabei nicht noch früher als ohnehin durch seine Erkrankung drohend sein Leben zu lassen.

Trotz des immanenten Gefühls des Bekannten und etlichen zu langatmigen und kitschigen Momenten, birgt die Mischung aus Elementen, welche quer durch das Actionfilmgenre bereits Verwendung gefunden haben, ein nicht zu vernachlässigendes Unterhaltungspotenzial. Hier und da hätten McG und Luc Besson noch eine Schippe drauflegen können, vor allem im Hinblick auf die Feuergefechte. Ethan Renners Leben am Zeitlimit wird mit seinem ständigen Wechsel aus komödiantischen Szenen und gut gemachter Action über die gesamten 117 Minuten Film allerdings nie langweilig.

In Kombination mit einem gut aufgelegten und erstaunlich viel Selbstironie beweisenden Hauptdarsteller, der von einer großen Anzahl ebenso motivierter Kollegen – darunter Connie Nielsen als Ethans Exfrau Christine Renner und Tómas Lemarquis als kahlköpfiger Verbrecher „Der Albino“ – unterstützt wird, ergibt sich am Ende eine solide Actionkomödie. 3 Days to Kill bietet einerseits weder Explosionen noch Schenkelklopfer am laufenden Band, ist andererseits doch weit von einem filmischen Totalausfall entfernt. Ungeachtet aller vernichtenden Kritiken ist es der Film allemal wert, gesehen zu werden.

Deus ex Machina

Mysteriös und geheimnisvoll, so gab man sich im ersten Trailer zu Transcendence, dem Regiedebüt von Christopher Nolans Stammkameramann Wally Pfister. Bloß nicht zu viel verraten schien die Devise zu sein. Also beschränkte man sich auf den allseits beliebten Johnny Depp, dessen Stimme und eine bedrohliche Einblendung, in welcher dem Darsteller Kabel aus dem Kopf wuchsen. Auch auf sämtlichen anderen Werbemitteln zum Film prangte das Konterfei des erfolgreichen Schauspielers als Hauptargument. Keine schlechte Strategie, denn verbunden mit den Erinnerungen an die von Herrn Pfister in seiner Laufbahn eingefangenen, berauschenden Bilderwelten werden auf diese Weise Erwartungen an einen interessanten und neuartigen Science-Fiction-Film geweckt. Umso überraschender ist das Endergebnis, das weder mit einer besonders innovativen Geschichte noch mit der Schauspielkunst von Johnny Depp glänzen kann.

Transcendence handelt von dem genialen Wissenschaftler Dr. Will Caster (Johnny Depp), der überzeugt davon ist, eine künstliche Intelligenz schaffen zu können, die der menschlichen weit überlegen ist und die Welt in eine neue, paradiesische Ära des Wohlstands und des Friedens führen kann. Nach einem Attentat schwer verletzt und im Sterben liegend willigt er ein, dass seine Frau und Mitvisionärin Evelyn Caster (Rebecca Hall) versuchen darf sein Gedächtnis unter Mithilfe seines besten Freundes Max Waters (Paul Bettany) in einen von ihm entwickelten Superrechner zu transferieren. Das Experiment gelingt und Will verwirklicht damit nicht nur seinen Lebenstraum, sondern wird gleichzeitig zum mächtigen Gott aus der Maschine. Als der beginnt, sich dank Internet über den Globus zu bewegen und Pläne für die Umgestaltung der Welt zu schmieden, setzt eine Gruppe von Technologiekritikern unter der Führung der hübschen und intelligenten Bree (Kate Mara) alles daran ihn zu stoppen.
Die Idee von sich verselbständigenden Supercomputern, welche ihre unglaublichen Fähigkeiten dazu nutzen die Menschheit zu beeinflussen und neu zu formen, wurde schon in zahlreichen anderen Werken und in diversen Variationen durchgekaut. Die Einspeisung eines menschlichen Geistes in ein solches System ergänzt das beliebte Konzept höchstens um eine Nuance. Generell wirkt die zu großen Teilen in ruhigem Tempo erzählte und von Jack Paglen geschriebene Handlung von Transcendence eher lose zusammengestückelt und extrem konstruiert denn gut durchdacht. Bei genauerer Betrachtung offenbaren sich dem geneigten Science-Fiction-Fan unzählige Logiklücken. Zu oft drängt sich die Frage nach dem Wieso auf.

Doch selbst wenn man alle erzählerischen Schwächen beiseite lässt, schafft es der Film nicht, sich über das Mittelmaß hinaus zu bewegen. Zu blass und unauffällig wirkt die im Voraus groß herausgestellte Galionsfigur Johnny Depp. Zu zögerlich und gleichzeitig blauäugig Rebecca Hall als seine vor Liebe blinde Komplizin. Selbst die schauspielerische Leistung von Kate Mara hält sich sehr in Grenzen, obwohl sie in der TV-Serie House of Cards (Link zu IMDB) ihr Können bereits bewiesen hat. Morgan Freeman geht in seiner Rolle als Computerspezialist Joseph Tagger als stichwortgebende Randfigur unter und Cillian Murphy stolpert als FBI-Agent Buchanan völlig unbeholfen durch die Szenerie. Aus der Masse herauszuragen und seinen Charakter durchweg glaubhaft und mit spürbarem Spaß zu verkörpern gelingt einzig und allein Paul Bettany.

Da helfen auch all die in ihrer klinisch-reinen Einfachheit bedrückend wirkenden Laborkulissen, die in regelmäßigen Abständen eingestreuten, symbolbehafteten Bilder und durchweg gut gemachten Spezialeffekte nichts. Wally Pfister mag ein exzellenter Kameramann sein, seine erste Arbeit als Regisseur hätte allerdings einen ausdifferenzierteren und ideenreicheren Entwurf des wortwörtlichen Deus ex Machina präsentieren müssen, um tatsächlich überzeugen zu können. So ist Transcendence zwar optisch gelungen und reißt in 119 Minuten zweifellos etliche kritische Untertöne an, führt jedoch keinen der vielen verarbeiteten Ideenschnipsel konsequent zu Ende. Die Ambitionen der Macher waren sicher groß, die Umsetzung wird diesem Anspruch leider nicht gerecht.

Elektrisierende Kletterpartie

Über Sinn und Unsinn von Remakes und Reboots wird unter Kritikern und Cineasten allerorts heftig und kontrovers diskutiert. Selten hat ein filmischer Neustart allerdings so viel Spaß gemacht, wie bei Marvels wandkrabbelndem Helden im hautengen, rot-blauen Anzug. Nach Abschluss von Sam Raimis Spider-Man-Trilogie entschied man sich bei Sony aus diversen Gründen anstelle einer Erweiterung der Serie dafür, den Vorhang fallen zu lassen und im Jahr 2012 unter dem Titel The Amazing Spider-Man (Link zu IMDB) ganz neu aufzuziehen. Wie sich – entgegen aller anfänglichen Zweifel – herausstellte, war dies genau der richtige Ansatz. Überschlugen sich in Spider-Man 3 (Link zu IMDB) noch die Ereignisse und versuchten die Macher krampfhaft, möglichst viel Inhalt in etwas mehr als 2 Stunden Film zu quetschen, besannen sich die neuen Drehbuchautoren zurück auf das Wesentliche: Ein Held und dessen Entwicklung plus ein klassischer Hauptgegner. Darüber hinaus wurden die Netzdrüsen eliminiert. Jene waren Spider-Fans bereits ab dem ersten Kinoauftritt des Netzschwingers ein Dorn im Auge. Der neue, jüngere Spider-Man hatte endlich Netzdüsen!

Nach dem rundum gelungenen ersten Teil, der den Spinnenmann wieder näher an die Comicvorlage rückte, waren die Erwartungen an die Fortsetzung entsprechend hoch. Skepsis schürten jedoch die Trailer zu The Amazing Spider-Man 2: Rise of Electro (The Amazing Spider-Man 2), enthielten sie schließlich Hinweise auf drei verschiedene Feinde. Obwohl im Film neben dem titelgebenden Meister der Elektrizität auch der Green Goblin und Rhino vorkommen, schaffen es Roberto Orci und Alex Kurtzman die Geschichte so zu konstruieren, dass sie keine wilden Kapriolen schlägt und Electro nie aus dem Fokus gerät. Die restlichen Figuren werden nicht mutwillig verheizt, sondern parallel entwickelt und aufgebaut. Anders als im Vorhinein suggeriert, spielt der Mann im mechanischen Nashornanzug lediglich eine sehr untergeordnete Rolle und auch die Einführung von Harry Osborn und dessen Wandlung zum Grünen Kobold auf dem Fluggleiter vollzieht sich so, dass sie dem Gewicht und der Bedrohlichkeit des blauhäutigen Blitzverteilers nicht schadet. Geschickt ist auch die Darstellung von Electro als gebeutelte und nicht von Natur aus bösartige Existenz – eine erfrischende Abwechslung zu den üblichen intrinsischen Weltherrschaftsfantasien von Superfeinden.

Zu der nicht zu schnell, nicht zu langsam und in atemberaubenden 3D-Bildern erzählten Geschichte, die sogar genügend Raum lässt, um Peter Parkers nicht gerade unproblematisches Privatleben zu beleuchten, kommen Darsteller, die ihre Rollen allesamt sichtlich genießen. Andrew Garfield verkörpert die typischen Eigenschaften des wendigen, vorlauten und nie um einen schlagfertigen Spruch verlegenen Spider-Man so viel stärker, als es Tobey Maguire jemals gelungen ist. Mit Emma Stone als Gwen Stacy begehrt er jene Frau, die auch in den Comics seine erste große Liebe ist. Zuhause gibt sich seine Tante May, gespielt von Sally Field, alle Mühe, die Gedanken ihres Schützlings zu verstehen und ihm mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Die Figur von Dane DeHaan als Harry Osborn und Peters Freund aus Kindertagen wirkt im ersten Augenblick etwas aus dem Zusammenhang gerissen, entwickelt sich aber schnell zu einer sinnvollen Ergänzung des Gesamtkonzepts und einem guten Ansatz für die beiden bereits geplanten Fortsetzungen zu The Amazing Spider-Man 2: Rise of Electro. Die meiste Zeit des Films über macht Jamie Foxx als Electro dem Netzschwinger das Leben schwer. Dass sein Aussehen an das aus dem Ultimativen Marvel Comicuniversum angelehnt ist, passt gut zu der jungen Version des Helden und entfaltet dank Computerunterstützung optimal seine Wirkung. Der Endkampf zwischen den beiden Kontrahenten ist so gekonnt animiert, dass er wahrhaftig wirkt, als seien Bilder aus einem Comicheft zum Leben erweckt worden.

Überhaupt verbreitet die in The Amazing Spider-Man 2: Rise of Electro von Regisseur Marc Webb und seinem Team präsentierte Action durchweg pures Superheldenflair. Die zwischendurch eingestreuten, langsamen und romantischen Szenen sind zwar präsent und für den Fortgang der Geschichte durchaus von Bedeutung, werden jedoch nicht unnötig in die Länge gezogen. Etliche Anspielungen auf weitere Charaktere und Hinweise auf die zukünftigen Leinwandabenteuer von Spider-Man und ein Ende, das als langersehnte Hommage an die Vorlage gesehen werden kann, vollenden den Film zu einer elektrisierenden Kletterpartie, die das Potenzial hat, sowohl Comicleser als auch reine Kinogänger zufriedenzustellen. Mit Kamerafahrten, die Bauchkribbeln auslösen, einem coolen Helden und interessanten Gegenspielern ist The Amazing Spider-Man: Rise of Electro den Preis für die Eintrittskarte ins nächstgelegene Filmtheater wert.

Stein auf Stein

Emmet ist Bauarbeiter und ein ganz normaler Typ. Er mag seinen Job. Als Teil eines riesigen Arbeiter-Teams sorgt er jeden Tag dafür, dass Steinstadt ein wenig größer wird. Der Name der Metropole ist Programm. Immerhin besteht sie ausschließlich aus LEGO-Steinen – ebenso wie die gesamte Welt um Emmet herum. Nicht nur bei der Arbeit, sondern auch in seinem einsamen Privatleben folgt der freundliche, kleine Kerl mit dem gelben Gesicht und den Klauenhänden artig den vorgegebenen Abläufen. Die Anleitung gibt vor und Emmet handelt danach. Dank eingefahrenen Prozessen lebt er weitgehend sorgenfrei. Diese zu Beginn von The LEGO Movie vorgestellte Utopie aus bunten Bausteinen kann ihren wahren Charakter nicht lange verbergen. Hinter der herrlich überzogenen und von massenhaft LEGO-Figuren inbrünstig singend demonstrierten Idealvorstellung steckt nämlich der geniale und nach Perfektion strebende Lord Business. Bauten und Verhaltensweisen jeglicher Art, welche sich außerhalb der vorgegebenen Normen bewegen, sind ihm ein Gräuel. Als der von alledem nichts ahnende Emmet eines Abends zufällig in den Besitz eines ganz besonderen Bauteils gelangt, stolpert er mitten in ein rasantes Abenteuer, das ihn quer durch das LEGO-Universum führt.

Grell, farbenfroh, fantastisch und chaotisch. Dies sind die Worte, mit denen man den LEGO-Film wohl am besten beschreiben kann. Von der bonbonfarbenen Optik sollte man sich allerdings weder abschrecken noch ablenken lassen, denn die unter der Regie von Phil Lord und Chris Miller entstandene computeranimierte Komödie birgt ein enormes Unterhaltungspotenzial. Dass The LEGO Movie gleich mehrere Wochen hintereinander Platz 1 der Kinocharts in den USA besetzte, ist aufgrund seines einzigartigen Charmes und den unzähligen Bezügen auf Zeitgeschehen und Popkultur durchaus berechtigt. Während die kleinen Zuschauer eine inspirierende Welt mit vielen Möglichkeiten zum zuhause Nachbauen und Nachspielen erleben, erkennt das ältere Publikum die bissige Satire hinter der dargestellten Gesellschaftsordnung. Bereitwillig den Befehlen der Obrigkeit folgende Arbeiter und überzogene Preise für Kaffee zum Mitnehmen sind nur zwei Beispiele einer schier unerschöpflichen Anzahl an Anspielungen, die sich beim ersten Sehen des Films fast gar nicht alle erfassen lassen. Hinzu kommt das wohlige Gefühl, das beim Anblick der Zeitreise durch die Highlights aus mehr als drei Jahrzehnten LEGO-Geschichte aufkommt. Dabei beleuchtet The LEGO Movie bei genauer Betrachtung sogar die immer weiter fortschreitende Spezialisierung des dänischen Klötzchenherstellers auf diverse Marken und Produktlinien kritisch und fordert gleichzeitig eine Zurückbesinnung auf die Fantasie und das Durchbrechen vorgegebener Grenzen. Ein mutiger und sympathischer Ansatz, der gerade durch zum Ende hin gezielt und gekonnt eingesetzte Realfilmelemente seine volle Wirkung entfaltet.

Die Charaktere in The LEGO Movie sind so vielfältig wie ihre Welt. Auf seiner Reise kommt Normalbürger Emmet neben liebenswerten Neuerfindungen, wie der taffen Heldin WildStyle, dem etwas schusseligen Zauberer Vitruvius und dem fiesen Bad Cop, auch mit diversen Berühmtheiten, wie Superman oder Chewbacca, in Kontakt. Im englischen Original sind an der Synchronisation von The LEGO Movie etliche Hollywoodgrößen beteiligt (z.B. Morgan Freeman und Liam Neeson). Dass der von sich selbst überzeugte und draufgängerische LEGO-Batman in der deutschen Version von Christian Bales Synchronstimme David Nathan gesprochen wird und auch die übrigen Sprecher sehr talentiert sind, macht diese nicht minder sehenswert. Absolut beeindruckend sind auch die technische Umsetzung und die unübersehbare Detailverliebtheit der Macher. Die Animationen sind so perfekt unvollkommen, dass der Film zu jeder Sekunde wie ein Blick ins Kinderzimmer wirkt. Einfach alles in The LEGO Movie besteht aus LEGO, inklusive sämtlicher Elemente und deren Effekte. Von den Bewegungen der Figuren, über deren Ausstattung, bis zu den Geräuschen ist alles wunderbar aufeinander abgestimmt. Darüber hinaus kann man die Beschaffenheit der verschiedenen Plastikoberflächen beim Betrachten in 3D beinahe zwischen den Fingern fühlen – gelegentliche Unebenheiten und Kratzer inbegriffen.

Stein auf Stein ergibt sich ein Spektakel, das zwar hier und da etwas hektisch präsentiert wird, an Originalität jedoch seinesgleichen sucht. The LEGO Movie ist ein familientauglicher Film, der trotz niedlichem Aussehen nicht kindisch ist, dessen Vielschichtigkeit sich eher dem erwachsenen Publikum offenbart und für den sich der Gang ins Kino allemal lohnt.

Schmelztiegel der Probleme

Christian Bale ist eines der bemerkenswertesten Talente, die Hollywood derzeit zu bieten hat. Seine Rollen, denen er sich durchweg buchstäblich mit Haut und Haar verschreibt, könnten unterschiedlicher kaum sein. Abmagern, trainieren, zunehmen – es gibt scheinbar nichts, was der stets voll konzentrierte und involvierte Schauspieler nicht tun würde, um den von ihm verkörperten Charakteren überzeugend Leben einzuhauchen. Nach seinem hinreißenden Auftritt als Trickbetrüger in American Hustle (Link zu IMDB) übernimmt er in Scoot Coopers neuestem Werk Auge um Auge (Out of The Furnace) einen dazu gänzlich verschiedenen Part. Als Stahlwerksmitarbeiter Russell Baze, dem man das harte Leben und das Schuften am Hochofen körperlich ansieht, wird er durch eine Verkettung unglücklicher Umstände auf einen gefährlichen Rachepfad gelenkt. Dabei gerät nicht nur Russell selbst, sondern auch sein spielsüchtiger Bruder Rodney mit dem Gesetz mehr oder weniger freiwillig in Konflikt.

Das Schauspielerensemble an der Seite von Christian Bale besteht fast durchweg aus echten Hollywood-Schwergewichten. Egal ob Willem Dafoe als zwielichtiger Geschäftsmann John Petty oder Woody Harrelson als Harlan DeGroat, seines Zeichens drogensüchtiger Hinterwäldler und erfolgreicher Veranstalter von brutalen Bareknuckle Fights – die Leistung aller Beteiligten ist erstklassig. Casey Affleck überzeugt als Irak-Veteran Rodney Baze, der vergeblich einen Weg ins normale Leben zurückzufinden versucht. Hier könnte sich der reale Bruder bisweilen eine große Scheibe abschneiden. Zoë Saldaña überrascht mit einem betont natürlichen Aussehen und Forest Whitaker passt prima in die Rolle als Kleinstadtpolizist Wesley Barnes, der den Gesetzeswidrigkeiten in der Wildnis der Apalachen zu seinem eigenen Bedauern viel zu wenig entgegenzusetzen hat.

Regisseur und Ko-Drehbuchautor Scott Cooper lässt sich beim Erzählen der Geschichte von Russell Baze betont Zeit. So kratzt das Geschehen nicht nur an der Oberfläche von einem wahren Schmelztiegel der Probleme, dem sämtliche Bewohner der Arbeiterstadt gegenüberstehen, sondern dringt bis in das Innerste der einzelnen Figuren durch. Jeder der Protagonisten kämpft auf seine eigene Weise um ein möglichst erstrebenswertes Leben in wirtschaftlich und politisch schwierigen Zeiten eines Landes, in dem ehrliche Arbeit als hohes Gut gilt, jedoch denen, die an ihr festhalten, in Wirklichkeit immer weniger einbringt. Die düsteren Farben und der wuchtige, mit Country-Gitarren angehauchte Soundtrack von Dickon Hinchliffe tragen ihr Übriges dazu bei, die beklemmende Atmosphäre zu unterstreichen.

Einzige Schwachstelle des realistischen und alles andere als zimperlich präsentierten Thriller-Dramas ist die Linearität des Plots. Gänzlich frei von möglichen Wendungen und Überraschungsmomenten plätschert die Story ihrem unvermeidlichen Ende entgegen. Vergleichsweise unglücklich gewählt ist deshalb der deutsche Filmtitel, suggeriert er doch eher einen bewussten und actiongeladenen Rachefeldzug, denn eine schicksalhafte Abfolge von Ereignissen. Trotz überragender Darsteller verbleibt am Ende das ungute Gefühl, dass man aus dem Los des Stahlarbeiters, dessen Bemühungen, sich aus seinem Hamsterrad aus Arbeit und Familie zu befreien, fruchtlos bleiben, so viel mehr hätte machen können. Abgesehen von diesem Pferdefuß ist Auge um Auge für Fans von harten und realistischen Filmen, die mit schaupielerischer Leistung statt Spezialeffekten zu überzeugen wissen, den Gang ins Kino aber durchaus wert.

Super Helden und super Schurken

Unaufhörlich rollt sie heran, die große Welle der Comicverfilmungen aus dem Hause Marvel, die in den nächsten Monaten über das Kinoprogramm hereinbrechen wird. Mit insgesamt vier Filmen innerhalb eines Jahres erreichen die Neuveröffentlichungen 2014 zahlenmäßig einen bisher unerreichten Höhepunkt. Den Anfang macht Captain America, der wohl amerikanischste aller Superhelden, in The Return of the First Avenger (Captain America: The Winter Soldier). Nach dem äußerst gelungenen ersten Solo-Auftritt des dank Kälteschlaf aus dem Zweiten Weltkrieg in die Gegenwart transportierten Gutmenschen vor drei Jahren (Captain America: The First Avenger, Link zu IMDB) waren die Erwartungen an die Fortsetzung entsprechend hoch. Das Endergebnis hält was die Trailer versprechen und bietet einen Superhelden-Blockbuster, an dem Comicbegeisterte und Actionfans gleichermaßen ihre Freude haben werden.

Die Ereignisse von The Return of the First Avenger sind zeitlich nach The Avengers (Link zu IMDB) und auch nach den zwischenzeitlich absolvierten Kinoabenteuern der übrigen Helden aus dem Marvel-Filmuniversum angesiedelt. Seine Zusammenarbeit mit Tony Stark alias Iron Man, dem Donnergott Thor und Konsorten hat Steve Rogers gut überstanden. In seine Rolle als Captain America und Galleonsfigur der Verbrechensbekämpfungsorganisation S.H.I.E.L.D. hat er sich schnell eingefunden, ist er bei seinen Missionen doch stets der Überzeugung das Richtige zu tun. Da ihm die Anpassung an die moderne Zeit noch immer schwer fällt, stürzt er sich lieber in kontinuierliches Training und waghalsige Aufträge, statt daran zu arbeiten, sich ein neues Privatleben aufzubauen. Als ein unbekannter Feind, der auf den Namen Winter Soldier hört und dem Cap beim Kräftemessen in nichts nachsteht, auftaucht und das Herz von S.H.I.E.L.D. attackiert, wird das mühsam und frisch aufgebaute Weltbild von Steve Rogers in den Grundfesten erschüttert. Gemeinsam mit Black Widow macht er sich auf die Suche nach dem brutalen und maskierten Übeltäter. Was er herausfindet reißt nicht nur alte Wunden auf, sondern offenbart eine Bedrohung, die so gewaltig ist, dass sie die gesamte Welt in katastrophaler Weise verändern könnte.

The Return of the First Avenger ist pures Kinovergnügen von der ersten bis zur letzten Sekunde. Dank der bei Marvel-Filmen gewohnten Mid- und Post-Credit-Scenes ist dies sogar wortwörtlich zu nehmen. Die Action reicht von explosiven Gefechten und Verfolgungsjagden bis zu grandios inszenierten Stealth-Missionen, bei deren Anblick Fans der Videospielreihe Splinter Cell feuchte Augen bekommen und sich für den kommenden Leinwandauftritt ihres Helden Sam Fisher nur eine ähnlich gute Umsetzung wünschen können. Sämtliche Kampfszenen des Caps sind treffsicher durchchoreografiert, sodass sein Schild für nicht-comiclesende Zuschauer als Waffe zu keinem Zeitpunkt seltsam wirkt. Die Dialoge sitzen und enthalten – neben jeder Menge kleinen Querverweisen zu anderen Avengers-Mitgliedern – stets die nötige Prise Humor, damit der vor Gutmütigkeit, Freiheitsliebe und Patriotismus triefende Held niemals abgehoben oder befremdlich wirkt. Hier haben die Drehbuchautoren Christopher Markus und Stephen McFeely erneut ihre Spuren hinterlassen. Scarlett Johansson, nimmt ihre Rolle als schlagkräftige Black Widow an der Seite von Captain America überzeugend wieder auf. Ergänzt wird die Heldentruppe durch Anthony Mackie, der als flügelbewehrter und äußerst wendiger Falcon den perfekten Gegenpart und gleichzeitig Teampartner zu Chris Evans in vielerlei Hinsicht blauäugigem Helden bildet. Samuel L. Jackson hat sichtlichen Spaß daran, zum wiederholten Mal den kauzigen S.H.I.E.L.D.-Anführer Nick Fury zu mimen. Der geheimnisvolle Winter Soldier wird von dem überraschend wandlungsfähigen Sebastian Stan verkörpert, auf dessen geplante Rückkehr in weiteren Filmen sich Marvel-Fans freuen können. Der Einzige, der etwas blass wirkt, ist Robert Redford als zwielichtiger S.H.I.E.L.D.-Mitarbeiter Alexander Pierce.

Wo der erste Teil mit Zurückhaltung und einem vergleichsweise gemächlichen Erzähltempo aufwartete, macht The Return of the First Avenger seinem Titelhelden ordentlich Feuer unter dem Hintern. Trotz einer Menge super Helden und super Schurken hat die Action jedoch durchweg genug Bodenhaftung, um nicht zu fantastisch und zu übertrieben zu wirken. Anthony und Joe Russo setzen damit den von Joe Johnston eingeschlagenen, realitätsnahen Kurs fort. Die Rückkehr des ersten Avenger ist furios und der Wechsel im Regiestuhl hat dem Gesamtbild, das sich aus beiden Captain-America-Filmen ergibt, nicht geschadet. Für Comicfans ist der Besuch des nächstgelegenen Filmtheaters für The Return of the First Avenger ohnehin Pflichtprogramm, immerhin hat der Cap seinen Erzfeind und einen seiner bekanntesten Teampartner im Gepäck. Wenngleich die Geschichten von deren Alter Egos im Vergleich zu den Comics variiert wurden, sind die Charaktere ihren Vorlagen doch erstaunlich nahe – viel näher, als es der Mandarin aus Iron Man 3 (Link zu IMDB) je sein wird. Liebhabern von gut gemachten Actionfilmen ist es durchaus ebenfalls zu empfehlen, eine Eintrittskarte für The Return of the First Avenger zu lösen und sich von den Heldenqualitäten der schlagfertigen Protagonisten zu überzeugen, selbst wenn sie bisher möglicherweise vor kostümierten Helden mit wundersamen Kräften zurückschreckten.

Im Rausch der Geschwindigkeit

Es ist eine schwierige Kombination, die sich Regisseur Scott Waugh für seinen neuen Film Need for Speed ausgesucht hat. Im Genre der testosterongeladenen Autoaction führt zweifellos kein Weg an der „Fast & Furious“-Reihe (Link zu Wikipedia) vorbei, deren siebter Film sich derzeit in Produktion befindet. Videospielverfilmungen auf der anderen Seite werden, aufgrund von diversen herben Enttäuschungen in den vergangenen Jahren, von ihren Fans grundsätzlich kritisch beäugt. Den unangefochtenen Primus Silent Hill aus dem Jahr 2006 (Link zu IMDB) konnte in Sachen Nähe zur Spielvorlage bisher kein anderes Werk vom verdienten Thron stürzen. Warum also sollte eine Verbindung aus diesen zwei ohnehin und für sich genommen schon problematischen Filmgattungen gelingen?

Die Absicht, welche die Macher von Need for Speed verfolgen, wird bei Betrachtung des Endergebnisses schnell klar: Man versucht, sich in beiden Bereichen so weit entfernt wie möglich von diversen Problemzonen zu positionieren und sich somit direkte Vergleiche zu sparen. Erstaunlicherweise erweist sich dies am Ende als genau die richtige Strategie. Need for Speed basiert zu einem nicht auf einem bestimmten Teil der Videospielserie, sondern bedient sich lediglich großzügig bei deren charakteristischen Merkmalen. So finden die waghalsigen Autorennen quer durch Stadt und Land statt und Streifenwagen sind des öfteren ebenfalls an der wilden, motorisierten Hatz beteiligt. Zum anderen setzt man – im Gegensatz zur CGI-unterstützten Action in den Filmen mit Vin Diesel und Konsorten – auf spannendes Renngeschehen und handgemachte Effekte. Damit erbringt Need for Speed den eindrucksvollen Beweis, dass ein gut inszeniertes Blechgemetzel mitunter mehr unter die Haut gehen kann, als riesige Explosionen. Realistische Aufnahmen von den Protagonisten aus den Cockpits unterstützen – gerade wenn es richtig kracht – geschickt die spannenden Kopf-an-Kopf-Duelle auf dem Asphalt. Schon lange hat das Zusehen bei einer ausgedehnten Autoverfolgungsjagd nicht mehr so viel Spaß gemacht wie in Need for Speed.

Schaupielerisch dominiert zweifellos der charismatische Aaron Paul das Filmgeschehen. Seine Darbietung des von seinem Kontrahenten und Erzrivalen auf üble Art hereingelegten Tobey Marshall überzeugt von der ersten bis zur letzten Minute, wenngleich er mit dieser Rolle sicherlich wenig gefordert wurde. Der junge Underground-Rennfahrer ist ein vom Schicksal ähnlich gebeutelter Charakter wie der von ihm in der TV-Serie „Breaking Bad“ verkörperte Jesse Pinkman. Mit Dominic Cooper als Dino hat er einen beharrlichen Gegner, der jedoch oftmals stärker wirken müsste, um tatsächlich als ebenbürtig wahrgenommen zu werden. Auch Immogen Poots Leistung schwankt als Tobeys Kopilotin Julia bisweilen etwas zu stark zwischen tougher Alleskönnerin und hilfsbedürftigem Mädchen. Trotzdem ist der Part mit ihr gut besetzt. Strippenzieher im Hintergrund, Veranstalter des begehrten De-Leon-Rennens und damit Herr über die illegale Rennszene ist der mysteriöse Monarch, gespielt von Michael Keaton. Er bestimmt, wer an seinen Wettfahrten teilnehmen darf und wer nicht. Um Dino zu schlagen und seinen Ruf wiederherzustellen, muss Tobey zuerst ihn überzeugen und am Ende die wichtige Rallye gewinnen. Die Geschichte von Need for Speed ist zwar erwartet einfach gestrickt, hält allerdings genügend Überraschungen parat, um für mehr als zwei Stunden zu unterhalten.

Kritisieren kann man an Need for Speed freilich viel, wenn man es denn möchte. So werden all jene, die auf explosive und möglichst spektakuläre Daueraction à la „Fast & Furious“ hoffen, den Kinosaal mit großer Wahrscheinlichkeit enttäuscht verlassen. Fans der Videospiele, die sich eine möglichst originalgetreue Verfilmung eines bestimmten Teils wünschen, kommen ebenfalls nicht auf ihre Kosten. Zusätzlich nicht empfehlenswert ist der Kauf eines Kinotickets für alle Liebhaber besonders realistischer Action zum Thema Autorennen. Zugunsten der Atmosphäre gibt es trotz echter Stunts viele Zugeständnisse. So werden beispielsweise während des Fahrens allerlei intensive Blicke ausgetauscht. Ich bin mir sicher, dass dies mindestens meinen lieben Freund und Blogger Herrn Hallmackenreuter (Link zu seiner Kritik zu Rush)  beim Zusehen zur Weißglut treiben würde.

So kommt es bei Need for Speed – wie so oft – auf die Erwartungen an. Es gibt wahrhaft weniger kurzweilige Beschäftigungen als mit Aaron Paul im Rausch der Geschwindigkeit waghalsig dahinzusausen. Dank guter Regiearbeit und einem ganz offensichtlich handwerklich äußerst begabten Stuntteam bietet dieser Film auch mit weniger Testosteron und Muckis gelungene Autoaction und kann somit durchaus als Wartezeitverkürzung bis „Fast & Furious 7“ genutzt werden.

Höhenflug kommt vor dem Fall

Liam Neeson ist ein talentierter und fleißiger Schauspieler. Dass er sich in der Rolle des launischen und zupackenden Actionhelden wohlfühlt und diese überzeugend verkörpern kann, hat er spätestens 2008 mit 96 Hours (Taken, Link zu IMDB) bewiesen. Nachdem die Fortsetzung 96 Hours – Taken 2 (Taken 2, Link zu IMDB) im Jahr 2012 qualitativ hinter den Erwartungen zurückblieb, ließ der rasante Trailer zu Non-Stop, dem neuesten Film mit Entführungsszenario und Liam Neeson als Hauptdarsteller, auf eine Neubelebung von dessen Heldenqualitäten in Form eines neuen Charakters hoffen. Jenen Erwartungen kann Jaume Collet-Serras Werk in meinen Augen am Ende nicht gerecht werden.

An dem über die gesamte Spielzeit spürbaren, langsamen und stetigen Abdriften des eigentlich interessanten Konzeptes von Non-Stop ins Mittelmaß trägt keinesfalls Liam Neeson die Schuld. Er mimt den kauzigen Sky Marshal Bill Marks, der auf einem Non-Stop-Flug von New York nach London von einem Unbekannten erpresst wird, glaubhaft. Der eigensinnige Gesetzeshüter mit allerlei menschlichen Macken, privaten Problemen und einer sehr direkten Art Lösungen anzugehen, soll dafür sorgen, dass 150 Millionen US-Dollar auf ein genanntes Konto überwiesen werden. Per SMS droht der gewiefte Gangster, die Passagiere nacheinander und im Abstand von 20 Minuten einzeln zu töten, wenn seine Forderungen nicht erfüllt werden sollten. Die Tatsache, dass plötzlich jeder Einzelne an Bord verdächtig ist und seltsame Vorgänge und Ermittlungen von den Mitreisenden auf kurz oder lang bemerkt werden müssen, macht die Enttarnung des Verbrechers zu einer echten Herausforderung für Bill. So beginnt ein waghalsiges Katz-und-Maus-Spiel über den Wolken, in dessen Verlauf der pflichtbewusste Sky Marshal lernen muss, dass es selbst unter den isolierten Bedingungen in einem Flugzeug diverse Möglichkeiten für hinterhältige Tricks und Überraschungen gibt.

Neben der von Liam Neeson sind auch die restlichen Rollen durchweg passend besetzt. Non-Stop krankt nicht an der schauspielerischen Leistung der Beteiligten, von denen sich alle spürbar Mühe geben, für die Zuschauer 106 Minuten lang geheimnisvoll zu bleiben und immer neue Rätsel aufzugeben. Optisch und handwerklich kann der Film ebenfalls überzeugen – vor allem dank der gut platzierten Einblendungen der SMS-Kommunikation zwischen Bill Marks und seinem Widersacher. Es ist das Storykonstrukt, das einer guten Idee folgt, jedoch insbesondere zum Schluss hin nicht zu verleugnende Schwächen offenbart. Zu konstruiert und überzogen wirkt das große Finale. Zu einfach hat man es sich bei der Auflösung letztendlich gemacht. Zu sinnlos wirkt mit einem Mal all das Gehirnschmalz, welches Hauptfigur und Publikum zuvor abverlangt wird. Was bleibt, ist der enttäuschende Eindruck, dass man aus der erzählten Geschichte so viel mehr hätte machen können.

Trotz dieser Mängel ist Non-Stop kein schlechter Film. Das Rätselraten ist durchweg unterhaltsam und das Enttarnen des Erpressers schwer genug, um selbst geübte Thriller- und Action-Fans hinreichend zu fordern und bis zum Ende zu beschäftigen. Mit etwas mehr Komplexität und Realismustreue hätte Non-Stop ein echter Höhenflug werden können. Für mich persönlich reicht das Ergebnis bestenfalls zu einem kurzen Flug der Gefühle in großer Höhe, dem recht schnell der Fall folgt. So warte ich weiter und hoffe, Liam Neeson schon bald wieder als Actionheld auf der Leinwand erleben zu dürfen, in einer Story, die ausgereifter und konsequenter ist und einem stringenteren Kurs folgt, als der Flieger in Non-Stop.